Mara Suremann und Antonella Varela 20. Februar 2011 ... - BSCW
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HfH Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich<br />
Departement 2 | Psychomotoriktherapie 08/11<br />
Bachelor-Arbeit<br />
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder<br />
auf der Psychomotoriktherapie-warteliste.<br />
Planung, Durchführung <strong>und</strong> Evaluation eines Projektes.<br />
Eingereicht von:<br />
<strong>Mara</strong> <strong>Suremann</strong> <strong>und</strong> <strong>Antonella</strong> <strong>Varela</strong><br />
<strong>20.</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2011</strong><br />
Begleitung:<br />
lic. phil. Myrtha Häusler
Abstract<br />
Abstract<br />
Immer mehr Psychomotoriktherapie-Stellen sind mit langen Wartelisten konfrontiert.<br />
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Planung, Durchführung <strong>und</strong> Evaluation eines<br />
Entwicklungsprojektes. Sogenannte psychomotorische Förderst<strong>und</strong>en im Rahmen eines<br />
Gruppenangebots sollen die Wartezeiten der betroffenen Kinder sinnvoll überbrücken. Im<br />
Fokus steht die Art der Gestaltung des Förderangebotes, so dass die Entwicklung der<br />
Kinder in den psychomotorischen Förderbereichen unterstützt wird. Für die Konzeption<br />
haben wir uns auf die theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen von Renate Zimmer gestützt.<br />
Durchgeführt wurden acht Förderst<strong>und</strong>en an der Schule Sonnenberg in Thalwil. Die<br />
gemachten Bewegungs- <strong>und</strong> Sozialerfahrungen in der Gruppe unterstützten die Kinder in<br />
ihrer individuellen Entwicklung.<br />
Die konzipierten Förderst<strong>und</strong>en werden von StudentInnen der HfH im Rahmen einer<br />
Eigenleistung weiter geführt.
Danksagung der Autorinnen<br />
Danksagung der Autorinnen<br />
Zuerst bedanken wir uns ganz herzlich bei unserer Betreuerin, lic. phil. Myrtha Häusler.<br />
Sie ist uns mit grosser Unterstützung zur Seite gestanden <strong>und</strong> hat uns kompetent bei<br />
unserer Arbeit begleitet. Ihre Begeisterung für unser Projekt hat uns stets ermutigt <strong>und</strong> die<br />
vielen hilfreichen Tipps wiesen uns den weiteren Weg.<br />
Unser weiterer Dank gilt Silvia Schmid, der Schulleiterin vom Schulhaus Sonnenberg in<br />
Thalwil. Ihr haben wir es zu verdanken, dass wir unser Projekt in den Turnhallen des<br />
Schulhauses durchführen konnten. Zudem hat sie fre<strong>und</strong>licherweise dazu eingewilligt,<br />
dass die psychomotorische Gruppenförderung durch StudentInnen der HfH weitergeführt<br />
werden kann. Dies freut uns sehr.<br />
Nicht zuletzt sprechen wir der Psychomotoriktherapeutin Andrea Aegerter ein grosses<br />
Dankeschön aus. Sie hat uns geholfen, das ganze Projekt in die Wege zu leiten <strong>und</strong><br />
Vieles organisiert. Frau Aegerter war das Bindeglied zwischen uns <strong>und</strong> der Schule<br />
Sonnenberg, den Lehrpersonen <strong>und</strong> Kindergärtnerinnen sowie natürlich den Kindern <strong>und</strong><br />
Eltern. Sie war stets offen für unsere Anliegen <strong>und</strong> hat uns somit während dem ganzen<br />
Projekt sehr unterstützt. Wir waren sehr froh um die tolle Zusammenarbeit.<br />
Danke an die Lektoren, welche viel Zeit investiert haben, um unsere Arbeit durchzulesen.
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Abstract ............................................................................................................................ 2<br />
Danksagung der Autorinnen ............................................................................................. 3<br />
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................. 4<br />
1. Einleitung ................................................................................................................... 6<br />
1.1. Problemstellung .................................................................................................. 6<br />
1.2. Fragestellung ...................................................................................................... 7<br />
1.3. Methodisches Vorgehen ...................................................................................... 7<br />
2. Bereits bestehende Angebote in der Praxis der Psychomotoriktherapie<br />
(Ausgangslage) .......................................................................................................... 9<br />
2.1. Vorgehen ............................................................................................................ 9<br />
2.2. „Psychomotorik in der Grossgruppe“ in Willisau .................................................10<br />
2.3. Schulhaus Buchwiesen, Zürich-Seebach ...........................................................12<br />
2.4. Schlussfolgerung ................................................................................................13<br />
3. Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung ......................14<br />
3.1. Begriffserklärung: Psychomotorik / Psychomotoriktherapie / Psychomotorische<br />
Förderung ..........................................................................................................14<br />
3.2. Konzepte der psychomotorischen Gruppenförderung ........................................17<br />
3.2.1. STEP - St<strong>und</strong>enentwicklung im Prozess nach Michael Passolt <strong>und</strong> Veronika<br />
Pinter-Theiss ...............................................................................................17<br />
3.2.2. G-FIPPS: Grafomotorische Förderung ........................................................22<br />
3.2.3. ÜPS! Übungsprogramme für den Psychomotorisch-orientierten<br />
Sportunterricht .............................................................................................25<br />
3.2.4. Theorie <strong>und</strong> Praxis psychomotorischer Förderung nach Renate Zimmer.....27<br />
3.3. Entwurf des Projekt-Konzeptes ..........................................................................31<br />
3.3.1. Auswahl des Konzeptes <strong>und</strong> Begründung ...................................................31<br />
4. Lebensbereiche auf der Gr<strong>und</strong>lage der ‚Internationalen Klassifikation der<br />
Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘ ...........................................32<br />
4.1. ICF als Basis des Schulischen Standortgespräches (SSG) ................................32<br />
4.2. Die zehn Kategorien vom SSG zu „Aktivitäten <strong>und</strong> Partizipation“ .......................34<br />
4.3. Auswahl von drei Lebensbereichen als Anhaltspunkt für unsere Beobachtungen<br />
…………………………………………………………………………………………36<br />
5. Screening-Verfahren als Ausgangspunkt unseres Projektes .....................................37<br />
5.1. Beschreibung der psychomotorischen Vorabklärung von Prof. Dr. Martin Vetter<br />
<strong>und</strong> der Dipl. Päd. Karoline Sammann ...............................................................37<br />
5.2. Begründung für die Wahl des Verfahrens ...........................................................40<br />
6. Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste .................41<br />
6.1. Projektbeschrieb: Zeitlicher <strong>und</strong> organisatorischer Ablauf ..................................41<br />
6.1.1. Projektidee ..................................................................................................41<br />
6.1.2. Planung <strong>und</strong> Meilensteine ...........................................................................41<br />
6.1.3. Rahmenbedingungen ..................................................................................43<br />
6.2. Umsetzung der Projektidee ................................................................................43
Inhaltsverzeichnis<br />
6.2.1. Auswahl der Kindergruppe ..........................................................................43<br />
6.2.2. Resultate aus der psychomotorischen Abklärung von Frau Aegerter ...........45<br />
6.2.3. Resultate aus der psychomotorischen Vorabklärung (Screening nach ICF) 46<br />
6.2.4. Auswahl der Förderbereiche <strong>und</strong> Förderinhalte ...........................................51<br />
6.2.5. Planung der Förderst<strong>und</strong>en .........................................................................54<br />
6.3. Projektverlauf .....................................................................................................57<br />
6.3.1. Erste Förderst<strong>und</strong>e ......................................................................................57<br />
6.3.2. Zweite Förderst<strong>und</strong>e ...................................................................................59<br />
6.3.3. Dritte Förderst<strong>und</strong>e .....................................................................................61<br />
6.3.4. Vierte Förderst<strong>und</strong>e .....................................................................................63<br />
6.3.5. Fünfte Förderst<strong>und</strong>e ....................................................................................65<br />
6.3.6. Sechste Förderst<strong>und</strong>e .................................................................................67<br />
6.3.7. Siebte Förderst<strong>und</strong>e ....................................................................................69<br />
6.3.8. Achte Förderst<strong>und</strong>e .....................................................................................71<br />
6.3.9. Zusammenfassende Erkenntnisse / Fazit ....................................................73<br />
6.4. Projektevaluation ................................................................................................74<br />
6.4.1. Beobachtungen zu den Kindern ..................................................................74<br />
6.4.2. Hypothesen <strong>und</strong> Empfehlungen zu den gemachten Beobachtungen ...........83<br />
6.4.3. Qualitative Auswertung................................................................................86<br />
6.4.3.1. Fragebogen für die Kinder ...................................................................86<br />
6.4.3.2. Telefon-Interview mit den Eltern ..........................................................88<br />
7. Diskussion ................................................................................................................92<br />
7.1. Zusammenfassung der Erkenntnisse zur Gestaltung einer psychomotorischen<br />
Gruppenförderung ..............................................................................................92<br />
7.1.1. Beantwortung der ersten Forschungsfrage ..................................................92<br />
7.1.2. Beantwortung der zweiten Forschungsfrage ................................................93<br />
7.2. Persönlicher Prozess, Reflexion <strong>und</strong> Schlussfolgerungen ..................................94<br />
7.3. Ausblick: Weiterführung des Projektes als praktische Eigenleistung ..................96<br />
8. Literaturverzeichnis ...................................................................................................98<br />
Anhang (separates Buch)
Einleitung<br />
1. Einleitung<br />
1.1. Problemstellung<br />
Im Vorfeld unserer Bachelor-Arbeit haben wir von verschiedenen<br />
Psychomotoriktherapeutinnen vernommen, dass lange Wartelisten an den verschiedenen<br />
Therapiestellen ein grosses Problem darstellen. Dies hat uns dazu veranlasst, genauere<br />
Informationen über die Wartelisten-Problematik einzuholen.<br />
Ein telefonisches Gespräch mit dem ASTP (Schweizerischer Verband der<br />
Psychomotoriktherapeutinnen <strong>und</strong> -therapeuten) bestätigte, dass es im Kanton Zürich <strong>und</strong><br />
Umgebung an vielen Psychomotorik-Stellen Wartelisten gibt. Folgende Grafik soll diese<br />
Problematik visualisieren:<br />
Monate<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Abbildung 1: Wartezeiten eines Kindes auf der Psychomotoriktherapie-Warteliste<br />
Auch die Fachstelle Psychomotorik-Therapie der Stadt Zürich kennt Wartelisten <strong>und</strong><br />
bestätigte uns, dass eine solche an jeder Psychomotorik-Stelle der Stadt existiert. Um den<br />
langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz entgegenzuwirken, haben gewisse<br />
Therapiestellen (wie z.B. jene in Zürich-Seebach) bereits ein Angebot geschaffen.<br />
Beim Warten auf einen Therapieplatz verstreicht wertvolle Zeit <strong>und</strong> geht somit verloren.<br />
Deshalb müssten die Kinder aus unserer Sicht in dieser Übergangszeit sinnvoll gefördert<br />
werden.<br />
Durchschnittliche Wartezeiten (Stand 05.08.2009)<br />
AG SH SZ SG TG ZG ZH<br />
6
Einleitung<br />
1.2. Fragestellung<br />
Die beschriebene Problemstellung hat uns dazu motiviert ein Projekt zu entwerfen. Wir<br />
haben uns ganz zu Beginn der Arbeit zu folgendem Vorgehen entschlossen:<br />
Im Rahmen unserer praktisch orientierten Bachelor-Arbeit wollen wir ein<br />
psychomotorisches Gruppenangebot für Kinder auf der Psychomotoriktherapie (PMT)-<br />
Warteliste planen, durchführen <strong>und</strong> dokumentieren, als auch evaluieren.<br />
Die folgenden Forschungsfragen leiteten uns in der vorliegenden Bachelor-Arbeit:<br />
Wie muss ein psychomotorisches Überbrückungsangebot im Sinne einer<br />
Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste im Alter von 6 bis 7 Jahren<br />
aufgebaut sein, so dass unterschiedliche psychomotorische Förderbereiche<br />
angesprochen werden <strong>und</strong> eine Individualisierung möglich ist?<br />
Wie muss ein psychomotorisches Überbrückungsangebot im Sinne einer<br />
Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste im Alter von 6 bis 7 Jahren<br />
aufgebaut sein, um eine Weiterführung des Projektes durch StudentInnen der HfH zu<br />
gewährleisten?<br />
1.3. Methodisches Vorgehen<br />
� Forschungsdesign: Wir haben uns für die Forschungsstrategie Aktionsforschung<br />
entschieden. Das Design des Entwicklungsprojektes hat uns den Rahmen für diese<br />
Bachelor-Arbeit gegeben.<br />
� Inhaltsaufbau der Bachelor-Arbeit:<br />
Das erste Kapitel beschreibt die einleitenden Überlegungen für unsere Arbeit.<br />
Im zweiten Kapitel unserer Arbeit befassen wir uns mit bestehenden Förderkonzepten<br />
in der Praxis der Psychomotoriktherapie. Wir haben uns über zwei<br />
Grossgruppenkonzepte informiert, welche auf die Wartelisten-Problematik reagiert haben.<br />
Diese beschreiben wir <strong>und</strong> ziehen Folgerungen daraus für das Konzept unserer Arbeit.<br />
Im dritten Kapitel ist die theoretische Gr<strong>und</strong>lage des Projektes dargelegt. Darin<br />
grenzen wir den Begriff der Psychomotorischen Förderung von der<br />
Psychomotoriktherapie ab. Der andere Teil bildet die Auseinandersetzung mit vier<br />
verschiedenen Konzepten der psychomotorischen Gruppenförderung. Daraus folgt die<br />
Auswahl eines dieser Konzepte, welches den Rahmen des Gruppenprojektes darstellt.<br />
Darauffolgend, im vierten Kapitel, legen wir fest, welche Förderbereiche den<br />
Hauptbestandteil der psychomotorischen Gruppenförderung bilden. Dafür wählen<br />
7
Einleitung<br />
wir aus der ‚Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘ drei Lebensbereiche aus, welche wir in den Fokus für die Konzeption<br />
unseres Projektes nehmen. Das von uns ausgewählte Screening-Verfahren ist ebenfalls<br />
auf der ICF gegründet. Als Ausgangspunkt des Projektes dient es uns für die Auswahl<br />
<strong>und</strong> Festlegung der Förderbereiche der Kindergruppe. Dieses wird im Kapitel fünf<br />
vorgestellt.<br />
Der grösste Teil unserer Arbeit besteht aus dem Projektkonzept im sechsten Kapitel.<br />
Darin beschreiben wir die Projektplanung, die Projektvorbereitung, sowie den gesamten<br />
Projektverlauf. Es folgt eine qualitative Auswertung des Projektes durch die<br />
teilnehmenden Kinder <strong>und</strong> deren Eltern.<br />
Im Schlusskapitel, der Diskussion beantworten wir schliesslich die Forschungsfragen,<br />
äussern uns kritisch zum beendeten Projekt <strong>und</strong> werfen einen hoffnungsvollen Blick auf<br />
die Weiterführung der psychomotorischen Förderst<strong>und</strong>en.<br />
� Formales:<br />
In unseren Texten verwenden wir, wenn immer möglich, geschlechtsneutrale <strong>und</strong><br />
geschlechtsabstrakte Personenbezeichnungen. An manchen Stellen wird die feminine<br />
Form vorangestellt, um die Präsenz der Frauen zu unterstreichen.<br />
Die Namen der teilnehmenden Kinder <strong>und</strong> deren Eltern sind anonymisiert.<br />
8
Bereits bestehende Angebote in der Praxis der Psychomotoriktherapie<br />
(Ausgangslage)<br />
2. Bereits bestehende Angebote in der Praxis der<br />
Psychomotoriktherapie (Ausgangslage)<br />
2.1. Vorgehen<br />
Vor der eigentlichen Projektplanung wollten wir zuerst in Erfahrung bringen, ob eine<br />
Psychomotoriktherapie-Stelle in der Nähe (Stadt oder Kanton Zürich) Interesse dafür<br />
zeigen würde. Darum nahmen wir mit der ‚Fachstelle Psychomotorik-Therapie‘ der Stadt<br />
Zürich Kontakt auf.<br />
Die Fachleiterin, Frau Lenz konnte uns dazu Auskunft geben. Sie meinte, dass die<br />
Problematik langer Wartelisten praktisch an jeder Therapiestelle in der Stadt bestehe.<br />
Einzelne Therapeutinnen hätten darauf reagiert <strong>und</strong> ein Angebot für Kinder auf der<br />
Warteliste geschaffen. Das sogenannte „Wartelisten-Förderturnen“ werde von den<br />
Therapeutinnen selbst, meistens zu zweit durchgeführt. Diese Förderung (keine<br />
Therapie!) würde einmal pro Woche stattfinden. Die St<strong>und</strong>en würden nach dem Konzept<br />
von Renate Zimmer gestaltet. Wenn möglich finde das Ganze in einer Turnhalle der<br />
näheren Umgebung statt.<br />
In der Stadt Zürich würde daher kein Bedarf an einem zusätzlichen Angebot für Kinder auf<br />
der Warteliste bestehen, da die bestehenden gut funktionieren würden. An den übrigen<br />
Psychomotoriktherapie-Stellen im Kanton Zürich könnte jedoch möglicherweise Bedarf<br />
bestehen, so Frau Lenz.<br />
Uns interessierte nun, wie ein solches Angebot in der Stadt Zürich aussieht. Über die<br />
‚Fachstelle Psychomotorik-Therapie‘ fanden wir zwei Therapeutinnen in Seebach, welche<br />
ein wöchentliches „Wartelisten-Förderturnen“ anbieten. Fre<strong>und</strong>licherweise durften wir dort<br />
eine St<strong>und</strong>e mitverfolgen. Dies vermittelte uns erste Ideen <strong>und</strong> Anhaltspunkte für die<br />
Gestaltung solcher St<strong>und</strong>en.<br />
Im Weiteren lag uns ein Bericht aus der „Schweizerischen Zeitschrift für Heilpädagogik“<br />
über ein Angebot in Willisau vor. Um noch genauere Informationen zu erhalten, nahmen<br />
wir mit der leitenden Psychomotoriktherapeutin Frau Regula Dahinden telefonischen<br />
Kontakt auf.<br />
Unsere daraus resultierenden Erkenntnisse haben wir nachfolgend festgehalten.<br />
9
Bereits bestehende Angebote in der Praxis der Psychomotoriktherapie<br />
(Ausgangslage)<br />
2.2. „Psychomotorik in der Grossgruppe“ in Willisau<br />
(vgl. Dahinden & Blos, 2010)<br />
Regula Dahinden <strong>und</strong> Kimon Blos haben in ihrem Beitrag „Psychomotorik in der<br />
Grossgruppe“ in der Schweizerischen Zeitschrift für Heilpädagogik (2010) deren<br />
Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Interventionsmöglichkeiten beschrieben.<br />
Die Psychomotoriktherapie-Stelle der Schuldienste Willisau stand dem Problem<br />
gegenüber, dass die Anmeldezahlen für die Therapie anstiegen, der Pensenanspruch<br />
jedoch herabgesetzt worden war. Somit sahen Frau Dahinden <strong>und</strong> Herr Blos in der<br />
Installation eines Grossgruppenmodells die passende Lösung, welche sich mit dem<br />
vorgegebenen Pensum vereinen liess. Begonnen haben sie dann mit drei zeitlich<br />
begrenzten Projekten in der Grossgruppe. Die positiven Rückmeldungen seitens der<br />
Kinder, Eltern <strong>und</strong> Lehrpersonen motivierten sie, ein Konzept für dieses Angebot zu<br />
entwickeln:<br />
Die Inhalte der Lektionen richten sich dabei nach dem Förderbedarf der teilnehmenden<br />
Kinder. Das Angebot ist dabei so vielfältig wie in den Therapiest<strong>und</strong>en der Psychomotorik<br />
selbst. In der Betreuungsleistung inbegriffen sind nebst den Förderst<strong>und</strong>en die Diagnostik<br />
<strong>und</strong> die Beratung. Die Kinder werden von den Psychomotoriktherapeuten abgeklärt,<br />
welche auch Ansprechpersonen für die Eltern sind. Die Gruppengrösse variiert zwischen<br />
sechs <strong>und</strong> zwölf Kindern. Vorzugsweise haben sie für das Angebot eine Turnhalle in der<br />
Nähe genutzt. Die St<strong>und</strong>en sind auf den schulfreien Mittwochnachmittag gelegt, weil dann<br />
am meisten Kinder teilnehmen können. Die beiden Therapeuten sind der Meinung, dass<br />
die Lektionen mindestens 60 Minuten dauern sollten. Um die psychomotorische<br />
Förderung zu gewährleisten, braucht es zwei Psychomotoriktherapeuten im<br />
Teamteaching, welche die Gruppe begleiten. Die teilnehmenden Kinder werden auf die<br />
zwei Personen aufgeteilt, welche dann für deren Betreuung zuständig sind.<br />
Frau Dahinden <strong>und</strong> Herr Blos sehen die Grossgruppe als Gewinn für das<br />
Therapieangebot der Psychomotorik, weil die soziale Komponente darin ihren besonderen<br />
Stellenwert hat. Die Therapeuten haben die Möglichkeit, förderdiagnostische<br />
Beobachtungen des Verhaltens vom Kind im sozialen Gefüge vorzunehmen. Die Kinder<br />
arbeiten an ihrem Selbstkonzept, indem sie sich mit den anderen vergleichen, sie sogar<br />
imitieren oder sich von ihnen abgrenzen. Somit verhilft die Grossgruppe laut Dahinden<br />
<strong>und</strong> Blos zur Erweiterung der Sozialkompetenz jedes einzelnen Kindes. Die Arbeit in der<br />
Grossgruppe kann demnach für Ziele der Integration <strong>und</strong> Prävention eingesetzt werden.<br />
Die beiden Therapeuten aus Willisau betonen, dass die Grossgruppe die Einzel- <strong>und</strong><br />
Kleingruppentherapie nicht ersetzen kann <strong>und</strong> soll, sondern dieses Angebot als<br />
Ergänzung zu sehen ist.<br />
10
Bereits bestehende Angebote in der Praxis der Psychomotoriktherapie<br />
(Ausgangslage)<br />
Folgende Kinder nehmen an der psychomotorischen Förderung in der Grossgruppe teil:<br />
- Kinder auf der Warteliste<br />
- Kinder mit Auffälligkeiten vor allem im sozial-emotionalen Bereich<br />
- Kinder mit leichten motorischen Auffälligkeiten<br />
- Kinder mit besonderer oder ohne eindeutige Indikation<br />
- Kinder, welche die Gruppe als Ergänzung zur Einzeltherapie nutzen oder damit eine<br />
Periode der Einzeltherapie abschliessen (Fokus Sozialverhalten)<br />
Das Angebot kann von allen Kindern genutzt werden, die im Leistungsauftrag der<br />
Psychomotoriktherapie erwähnt sind. Eine Altersdurchmischung ist sinnvoll, jedoch sollte<br />
die Varianz nicht zu gross sein.<br />
Die Grossgruppe ist ein offenes Angebot, wodurch Kinder jederzeit neu einsteigen oder<br />
aufhören können. Drei Besuche können zum „Schnuppern“ genutzt werden. Danach ist<br />
eine regelmässige Teilnahme verbindlich. Die Dauer der psychomotorischen Förderung<br />
wird individuell bestimmt (freier Therapieplatz, Therapieabschluss).<br />
Bemerkung <strong>und</strong> Fazit<br />
Regula Dahinden erwähnte, dass es in einer solchen Gruppe schwierig sei individuell zu<br />
arbeiten. Es könnten nicht, im Gegensatz zur Therapie, die einzelnen Ziele der Kinder<br />
spezifisch verfolgt werden. Als Nachbereitung halten beide Therapeuten jeweils nach<br />
jeder Lektion ihre Beobachtungen betreffend den Kindern der Gruppe schriftlich fest. Die<br />
so gewonnenen Erkenntnisse dienen zur Planung der folgenden Förderst<strong>und</strong>en, sowie<br />
derjenigen der späteren Therapie.<br />
Zur Frage, auf welche theoretische Konzepte sie sich stützten, meinte Frau Dahinden,<br />
dass sie kein fixes Konzept hätten. Einige Bewegungsangebote nähmen sie aus der<br />
Sammlung „Mut tut gut!“. Die St<strong>und</strong>en hätten einen Anfang (Austausch) <strong>und</strong> Schluss<br />
(Reflexion), die immer gleich blieben.<br />
Interessant <strong>und</strong> erwähnenswert finden wir in diesem Zusammenhang folgendes Erlebnis:<br />
Es gab einen Fall, in welchem das Kind nach dem Besuch der Grossgruppe nicht mehr in<br />
die Einzeltherapie musste, weil es dort bereits genug Fortschritte gemacht hatte. Dies ist<br />
natürlich wünschenswert. Doch es ist klar, dass die Förderung in der Grossgruppe je nach<br />
Kind <strong>und</strong> Indikation nicht ausreichend ist.<br />
Dahindens Bericht entnehmen wir, dass sich die Grossgruppe durch das Übungsfeld der<br />
Sozialkompetenz auszeichnet. Im weiteren Verlauf unserer Dokumentation wird sich<br />
zeigen, dass der Aspekt Imitation oder Modell-Lernen einen weiteren grossen Stellenwert<br />
in unserem Projekt eingenommen hat (vgl. Kap. 6.4.1., S. 74).<br />
11
Bereits bestehende Angebote in der Praxis der Psychomotoriktherapie<br />
(Ausgangslage)<br />
Die beiden Therapeuten haben das Projekt mittels Fragebogen evaluiert. Für die Kinder<br />
haben sie Bogen mit Smileys gestaltet, welche die Kinder für die entsprechende Frage<br />
ankreuzen konnten. Diese Idee haben wir für unser Projekt übernommen.<br />
2.3. Schulhaus Buchwiesen, Zürich-Seebach<br />
Über die Fachstelle Psychomotoriktherapie der Stadt Zürich erfuhren wir, dass es in der<br />
Stadt Zürich bereits ein sogenanntes „Wartelisten-Förderturnen“ gibt. Daraufhin nahmen<br />
wir mit den zuständigen Psychomotoriktherapeutinnen Frau Annabelle Aebersold <strong>und</strong><br />
Frau Mariann Baumann Kontakt auf <strong>und</strong> vereinbarten einen Hospitationsbesuch.<br />
Die psychomotorischen Förderst<strong>und</strong>en, welche von ihnen wöchentlich durchgeführt<br />
werden, sind ein Angebot des Schul- <strong>und</strong> Sportdepartements der Stadt Zürich <strong>und</strong> finden<br />
in Absprache mit der jeweiligen Lehrkraft statt. Die teilnehmenden Kinder dürfen während<br />
dieser Zeit dem Kindergarten oder dem Schulunterricht fern bleiben. Die Teilnahme ist<br />
kostenlos, die Einwilligung <strong>und</strong> Anmeldung durch die Eltern verpflichtet zu einer<br />
regelmässigen Teilnahme.<br />
Die zwei Gruppen bestehen je aus maximal 12 Kindern, welche den 2. Kindergarten oder<br />
die 1. Klasse besuchen <strong>und</strong> sich auf der Psychomotorik-Warteliste befinden. Die Eltern<br />
dürfen in den ersten zwei bis drei St<strong>und</strong>en ihr Kind begleiten <strong>und</strong> die St<strong>und</strong>e hospitieren.<br />
Die durchschnittliche Dauer der Angebotsteilnahme beträgt ein bis zwei Semester.<br />
Während dieser Zeit werden die Kinder von den Psychomotoriktherapeutinnen abgeklärt,<br />
wobei sie die Beobachtungen aus den Förderst<strong>und</strong>en ebenfalls einfliessen lassen.<br />
Abschliessend findet ein Gespräch zwischen den Therapeutinnen <strong>und</strong> den Eltern statt.<br />
Die Erfahrung von Annabelle Aebersold <strong>und</strong> Mariann Baumann hat gezeigt, dass r<strong>und</strong> ein<br />
Viertel aller Kinder, welche am Förderangebot teilnehmen, keine Psychomotoriktherapie<br />
mehr benötigen.<br />
Bei unserer Hospitation konnten wir einer gut strukturierten Förderst<strong>und</strong>e beiwohnen,<br />
welche Regeln, ein Anfangsritual <strong>und</strong> sowohl geführte als auch freie Spielsequenzen<br />
beinhaltete. Gegen Ende der St<strong>und</strong>e wurde auch der Bereich der Grafomotorik<br />
eingebettet.<br />
12
Bereits bestehende Angebote in der Praxis der Psychomotoriktherapie<br />
(Ausgangslage)<br />
Bemerkung <strong>und</strong> Fazit<br />
Annabelle Aebersold <strong>und</strong> Mariann Baumann erklärten uns, dass man für diese Arbeit viel<br />
Humor <strong>und</strong> Toleranz benötigt. Es sei wichtig, den Kindern eine immer gleich bleibende<br />
Struktur zu geben, in welcher die Entwicklungsstadien der Bewegung beachtet werden<br />
können. Sie sind der Überzeugung, dass Kinder sich stets das aussuchen, was sie<br />
brauchen, so auch die Hilfe der Therapeutinnen. Es sei für sie immer wieder interessant<br />
festzustellen, dass sie bei gewissen Gruppen gegen Ende des Förderangebots nicht mehr<br />
benötigt würden beziehungsweise jeweils am Turnhallenrand sässen <strong>und</strong> beobachten<br />
könnten.<br />
2.4. Schlussfolgerung<br />
Keines der zwei beschriebenen Konzepte basiert auf einer konkreten Theorie. Es sind<br />
Erfahrungen aus der Praxis, welche die Gestaltung dieser Angebote prägen. Dies war für<br />
uns der ausschlaggebende Gr<strong>und</strong> nicht eines dieser zwei Praxiskonzepte zu<br />
übernehmen, sondern in der Fachliteratur nach bewährten <strong>und</strong> f<strong>und</strong>ierten Konzepten der<br />
psychomotorischen Gruppenförderung zu suchen, um anschliessend ein eigenes Konzept<br />
zu kreieren.<br />
Die gesammelten Informationen während unserer Recherchen in Willisau <strong>und</strong> Zürich-<br />
Seebach werden wir trotzdem im Hinterkopf behalten, da sie ein F<strong>und</strong>us bewährter<br />
Praxiserfahrung darstellen <strong>und</strong> uns somit bei der Umsetzung unseres Konzeptes behilflich<br />
sein könnten.<br />
13
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
3. Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen<br />
Gruppenförderung<br />
3.1. Begriffserklärung: Psychomotorik / Psychomotoriktherapie /<br />
Psychomotorische Förderung<br />
Psychomotorik:<br />
„Der Begriff Psychomotorik umfasst das Zusammenwirken von Bewegung, Fühlen,<br />
Denken <strong>und</strong> Wahrnehmung <strong>und</strong> deren Auswirkung auf die menschliche Entwicklung. Die<br />
Bewegung wird als Ausdrucksmittel der Persönlichkeit, als Gr<strong>und</strong>lage kognitiver<br />
Fähigkeiten <strong>und</strong> als funktionales Geschehen betrachtet“ (ASTP, 2010, S. 2).<br />
Psychomotorik verbindet äusserlich sichtbare Bewegungen mit inneren unsichtbaren<br />
Gefühlen. Über unsere Sinne nehmen wir die Welt wahr <strong>und</strong> über die Bewegungen treten<br />
wir in Kontakt mit ihr. Dabei erfahren wir etwas über die eigene Person<br />
(Körperwahrnehmung), über die Umwelt die uns umgibt (Materialwahrnehmung) <strong>und</strong> über<br />
unsere Mitmenschen (Sozialerfahrung). Durch Wahrnehmung <strong>und</strong> Bewegung schulen wir<br />
unser Verhalten <strong>und</strong> schaffen eine Basis für die Entwicklung unserer Persönlichkeit.<br />
Psychomotoriktherapie:<br />
Die Psychomotoriktherapie beschäftigt sich gr<strong>und</strong>sätzlich mit der Entwicklung des Kindes<br />
<strong>und</strong> versucht diese über das Medium der Bewegung zu fördern. Wie man aus dem<br />
schriftlich festgelegten Berufsbild des ‚Verbandes Schweizerischer<br />
Psychomotoriktherapeutinnen <strong>und</strong> -therapeuten‘ entnehmen kann, ist das gr<strong>und</strong>legende<br />
Ziel der Psychomotoriktherapie die Erweiterung des Selbstbildes sowie der Handlungs-<br />
<strong>und</strong> Interaktionskompetenz. Die Psychomotoriktherapie soll das Kind stärken, damit es<br />
sich in der Welt zurechtfinden <strong>und</strong> zu einem selbstständigen, unabhängigen Wesen<br />
entwickeln kann (vgl. ASTP, 2010, S. 2).<br />
Psychomotorische Förderung:<br />
Das Angebot der Psychomotorik umfasst zwei verschiedene Interventionsformen: Die<br />
Kind- bzw. fallbezogenen Interventionen <strong>und</strong> die Fachbezogenen Interventionen<br />
(Prävention).<br />
Die Fallbezogenen Interventionen beinhalten die Abklärung <strong>und</strong> Diagnostik, die<br />
ambulante Einzel- <strong>und</strong> Gruppentherapie, die integrative psychomotorische Förderung<br />
eines Kindes oder Jugendlichen im Klassenverband, sowie therapiebegleitende<br />
Massnahmen.<br />
14
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Die Fachbezogenen Interventionen setzen sich aus der Fachberatung, der<br />
fachbezogenen interdisziplinären Zusammenarbeit als auch den präventiven<br />
Interventionen (Arbeit in <strong>und</strong> mit Klassen) zusammen (vgl. Bildungsdirektion Kanton<br />
Zürich, Volksschulamt, 2007, S. 3).<br />
Aus der unteren Abbildung ist ersichtlich, inwieweit die einzelnen Interventionsformen der<br />
Psychomotorik sich voneinander unterscheiden, aber auch miteinander vernetzt sind.<br />
Vernetzung zwischen<br />
Prävention, Förderung <strong>und</strong> Therapie<br />
Screenings, Beratungen<br />
(Sek<strong>und</strong>ärprävention)<br />
Psychomotorische<br />
Prävention<br />
allgemeine Verhaltens<strong>und</strong><br />
Verhältnisprävention<br />
(Primärprävention)<br />
Psychomotorische<br />
Förderung<br />
Nachkontrollen<br />
(Tertiärprävention)<br />
Zuweisung<br />
Psychomotorische<br />
Eingangsdiagnostik<br />
PMTherapie<br />
Generalisierung Spezialisierung<br />
1<br />
Fachbezogene Interventionen Fallbezogene Interventionen<br />
Abbildung 2: Das Angebot der psychomotorischen Therapie: Interventionsformen (Jucker, 2010)<br />
Was ist der Unterschied zwischen den Fachbezogenen Interventionen <strong>und</strong> den<br />
Fallbezogenen Interventionen?<br />
Die psychomotorische Prävention als Teil der Fachbezogenen Interventionen hat als<br />
Zielgruppe alle Kinder <strong>und</strong> möchte mit einer „allgemeinen Bewegungsförderung in der<br />
Schule die Bewegungsentwicklung der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen unterstützen <strong>und</strong><br />
motorische Störungen vorbeugen“ (Bildungsdirektion Kanton Zürich, 2007, S. 4).<br />
Zu den Fallbezogenen Interventionen gehören die Psychomotorische Förderung <strong>und</strong> die<br />
Psychomotorische Therapie. Wie in der Darstellung ersichtlich, bilden die Zuweisung <strong>und</strong><br />
die psychomotorische Eingangsdiagnostik den Ausgangspunkt für beide<br />
Interventionsformen.<br />
Zu den Zielen dieser zwei Interventionsformen steht in ‚Angebote für Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen‘ folgendes:<br />
15
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Ambulante Therapie <strong>und</strong> integrative psychomotorische Förderung streben – ausgehend von<br />
einem umschriebenen spezifischen Förderbedarf <strong>und</strong> von den Ressourcen des Kindes oder<br />
Jugendlichen – folgende Ziele an:<br />
� Verbesserung der sensorischen <strong>und</strong> motorischen Basisfunktionen <strong>und</strong> Erweiterung<br />
des Repertoires an elementaren Sinnes- <strong>und</strong> Bewegungserfahrungen.<br />
� Verbesserung der Koordinationsfähigkeit, Verbesserung der grob-, fein- <strong>und</strong><br />
grafomotorischen Fertigkeiten in Bezug auf die situations- <strong>und</strong> materialgerechte<br />
Anwendung <strong>und</strong> Umsetzung (qualitative Ausdifferenzierung), Erweiterung des<br />
Repertoires an gr<strong>und</strong>legenden Bewegungsfertigkeiten.<br />
� Förderung der Bewegungsmotivation, der Bewegungsfreude <strong>und</strong> des<br />
Selbstvertrauens. (Bildungsdirektion Kanton Zürich, 2007, S. 4)<br />
Die Ambulante Einzel- oder Gruppentherapie findet an der zuständigen Therapiestelle<br />
statt <strong>und</strong> nutzt gezielt die therapeutische Infrastruktur (Therapieraum, -material). Der<br />
Inhalt der Therapie wird nach den spezifischen Förderzielen des einzelnen Kindes<br />
ausgerichtet.<br />
Die Integrative Psychomotorische Förderung richtet sich an Kinder mit<br />
psychomotorischem Förderbedarf. Sie besteht aus Einzelförderung im Klassenverband,<br />
Förderung in Kleingruppen der Klasse <strong>und</strong> der Arbeit mit der ganzen Klasse. Der<br />
besondere Fokus liegt auf der Ermöglichung der Partizipation am Unterrichtsgeschehen<br />
(vgl. Bildungsdirektion Kanton Zürich, 2007, S. 4).<br />
Nun hat sich uns die Frage gestellt, in welchen Bereich sich unser Projekt der<br />
psychomotorischen Gruppenförderung einordnen lässt.<br />
Zuerst einmal ist es offensichtlich, dass unsere Gruppenförderung nicht in den Bereich<br />
der Fachbezogenen Interventionen, folglich der psychomotorischen Prävention gehört.<br />
Denn das Angebot richtet sich an Kinder auf der Psychomotorik-Warteliste. Diese haben<br />
eine psychomotorische Eingangsdiagnostik durchlaufen <strong>und</strong> darum einen spezifisch<br />
umschriebenen Förderbedarf. Folglich gehört die psychomotorische Gruppenförderung<br />
also zu den Fallbezogenen Interventionen.<br />
Uns war es von Beginn weg ein Anliegen, dass wir uns mit unserem Angebot klar von der<br />
eigentlichen Psychomotoriktherapie abheben. Zudem können wir aus folgenden Gründen<br />
keinen Anspruch auf das Therapie-Setting erheben:<br />
- Erstens findet das Projekt nicht in einem Therapieraum mit der dazugehörenden<br />
Infrastruktur statt.<br />
- Zweitens können wir nicht mit derselben Intensität die einzelnen Förderziele der<br />
Kinder verfolgen.<br />
Darum gehört unser Projekt zur (Integrativen) Psychomotorischen Förderung. Der Aspekt<br />
Integrativ ist in Klammern gesetzt, weil wir beschränkt integrativ arbeiten. Natürlich haben<br />
wir mit unserem Angebot letztlich die Integration dieser Kinder zum Ziel. Dies geschieht<br />
16
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
durch die Förderst<strong>und</strong>en jedoch erst einmal auf eine separative Art <strong>und</strong> Weise. Wir<br />
arbeiten nicht direkt im Kindergarten oder in der Schule, sondern die Kinder üben bei uns<br />
in einem geschützten Rahmen psychomotorische Fertigkeiten. Unser Wunsch ist es, dass<br />
diese Kinder den Transfer der gewonnenen Stärken in den Kindergarten oder die Schule<br />
machen können. Die gemachten Entwicklungsschritte tragen dann zu einer verbesserten<br />
Fähigkeit der Unterrichtspartizipation bei.<br />
Letztlich dient die Psychomotorische Förderung als Brückenangebot bis zur<br />
Psychomotorischen Therapie mit offenem Ausgang.<br />
3.2. Konzepte der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
3.2.1. STEP - St<strong>und</strong>enentwicklung im Prozess nach Michael Passolt <strong>und</strong><br />
Veronika Pinter-Theiss<br />
(vgl. Passolt & Pinter-Theiss, 2006)<br />
Ursachen für das Konzept:<br />
Entstanden ist dieses Konzept durch die Beobachtung <strong>und</strong> Analyse zahlreicher<br />
Supervisionen in Österreich.<br />
Dieses Konzept wurde für die Praxis entwickelt <strong>und</strong> soll zur Auseinandersetzung mit<br />
methodisch/didaktischen Fragen der psychomotorischen Förderung sowie zum<br />
Nachdenken über die eigene Praxis anregen.<br />
Es soll eine Struktur zur St<strong>und</strong>enplanung liefern, welche sowohl für die Durchführung als<br />
auch für die nachträgliche Überprüfung psychomotorischer Praxis hilfreich sein kann. Die<br />
in der St<strong>und</strong>enplanung eingebetteten unterschiedlichen Phasen sind nachvollzieh- als<br />
auch übertragbar <strong>und</strong> sollen als Anhaltspunkte fungieren.<br />
Ziele der Gruppenförderung:<br />
Die Basis jeglicher psychomotorischer Arbeit (<strong>und</strong> somit auch der Gruppenförderung) ist<br />
die Beziehung zum Kind sowie der Dialog mit ihm.<br />
Die psychomotorische Förderung soll die Ressourcen des Kindes stärken, es in seiner<br />
Entwicklung unterstützen <strong>und</strong> seine individuelle Handlungsfähigkeit erweitern.<br />
Die Aufgabe der Psychomotorikerin ist es, die Kinder in ihrem selbstständigen Tun<br />
aufmerksam zu begleiten.<br />
17
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Gestaltung:<br />
Abbildung 3: STEP - St<strong>und</strong>enentwicklung im Prozess (Passolt & Pinter-Theiss, 2006)<br />
Eine psychomotorische Einheit ist in Phasen gegliedert <strong>und</strong> hat einen Zeitrahmen. Die<br />
Gesamtdauer einer solchen Einheit kann je nach Institution variieren, was sich wiederum<br />
auf die Länge der einzelnen Phasen auswirkt.<br />
Jede Phase unterscheidet sich im Inhalt, in der Atmosphäre <strong>und</strong> im Aktivitätsniveau. Die<br />
Phasen sind durch Übergänge miteinander verb<strong>und</strong>en.<br />
Eine psychomotorische Einheit beinhaltet folgende Phasen <strong>und</strong> Übergänge (vgl. Passolt &<br />
Pinter-Theiss, 2006, S. 81ff.):<br />
� Ankommen:<br />
Diese Phase beginnt vor dem offiziellen Beginn einer psychomotorischen Einheit. Sie<br />
beinhaltet das Umziehen in der Garderobe <strong>und</strong> die Verabschiedung der Eltern. Eine<br />
gewisse Vorfreude prägt die Atmosphäre des Ankommens, denn die Kinder freuen<br />
sich meistens auf die gemeinsame Bewegungsst<strong>und</strong>e.<br />
Beobachtungspunkte sind die Handlungskompetenz in Alltagshandlungen, die<br />
emotionale Bindung zwischen Kind <strong>und</strong> Eltern <strong>und</strong> das Abschied nehmen.<br />
Übergang: Der Übergang zwischen dem Ankommen <strong>und</strong> der Begrüssung gestaltet<br />
sich fliessend.<br />
� Begrüssung:<br />
An einem ruhigen Ort im Raum wird der offizielle Beginn der St<strong>und</strong>e durch ein Ritual<br />
gekennzeichnet. Ausserdem wird geprüft, ob die Gruppe vollständig <strong>und</strong> wie die<br />
Befindlichkeit der einzelnen Gruppenmitglieder ist. Die Frage nach der Befindlichkeit<br />
vermittelt eine Atmosphäre des Willkommen-Seins.<br />
Beobachtungspunkte sind die Position des Kindes in der Gruppe, die Merkfähigkeit<br />
(von Namen <strong>und</strong> Ritualen), die Fähigkeit Gefühle <strong>und</strong> Gemütszustände auszudrücken<br />
<strong>und</strong> die körperliche Verfassung.<br />
18
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Übergang: Der Übergang zwischen der Begrüssung <strong>und</strong> dem extensiven Spiel<br />
gestaltet sich durch einen Spielvorschlag mit dazugehörenden Regeln, wobei auch<br />
Spielideen oder Bewegungsimpulse der Kinder miteinbezogen werden können.<br />
� Extensives Spiel:<br />
Hier werden kooperative Bewegungsspiele ausgewählt, die zum Laufen animieren.<br />
Dies sind vor allem Lauf- <strong>und</strong> Fangspiele, aber auch Bewegungsformen mit Musik. Die<br />
Atmosphäre wird durch das Schreien <strong>und</strong> Kreischen der Kinder geprägt <strong>und</strong> ist somit<br />
laut <strong>und</strong> lebendig.<br />
Beobachtungspunkte sind Ausdauer, Kraft <strong>und</strong> Schnelligkeit.<br />
Übergang: Für den Übergang vom extensiven Spiel zur intensiven Phase werden die<br />
Kinder nochmals zum ersten Begegnungsplatz gebeten. Dort haben sie Zeit sich kurz<br />
auszuruhen <strong>und</strong> den Inhalt der nächsten Phase zu besprechen.<br />
� Intensive Phase:<br />
Diese stellt den Hauptteil der psychomotorischen Einheit dar <strong>und</strong> wird in vier Bereiche<br />
unterteilt; Einführung ins Thema, kreative Arbeit zum Thema, Wertschätzung <strong>und</strong><br />
(Rollen-) Spiel.<br />
Bei der Einführung ins Thema gibt entweder die Psychomotorikerin selbst ein Thema<br />
vor oder die Kinder wählen eines aus. Die Psychomotorikerin gibt dann ein Thema an,<br />
wenn eine Gruppe sehr gross ist oder wenn das vorgeschlagene Angebot ein präzises<br />
Ziel ansteuert. Die Kinder können ein Thema selbst auswählen, wenn die Gruppe klein<br />
ist, die Kinder sich gut kennen <strong>und</strong> die Psychomotorikerin sehr erfahren ist. Die<br />
Atmosphäre ist vom gemeinsamen Nachdenken <strong>und</strong> Ideen austauschen geprägt <strong>und</strong><br />
kann dabei sowohl ruhige als auch lebhafte Momente beinhalten.<br />
Beobachtungspunkte sind die Ideenvielfalt, die Fähigkeit Vorschläge zu machen <strong>und</strong><br />
der Umgang mit fremden Vorschlägen.<br />
Übergang: Der Übergang zwischen der Einführung in das Thema <strong>und</strong> der kreativen<br />
Arbeit geschieht nahtlos.<br />
Bei der kreativen Arbeit zum Thema beschäftigen sich die Kinder selbstständig <strong>und</strong><br />
intensiv mit der Fragestellung. Dabei verwenden sie verschiedene Materialien zum<br />
Thema <strong>und</strong> erweitern ihr Handlungsrepertoire. Die intensive Beschäftigung der Kinder<br />
mit sich selbst, dem Material, der Fragestellung <strong>und</strong> ihren Spielkameraden führt zu<br />
einer ruhigen Atmosphäre. Lärmig ist es nur am Anfang beim Suchen des passenden<br />
Materials <strong>und</strong> bei verbalen Problemlösungen in der Gruppe.<br />
19
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Beobachtungspunkte sind das Experimentierverhalten, Grob- <strong>und</strong> Feinmotorik,<br />
Bewegungsplanung, Konzentration, Aufmerksamkeit, Kontaktfreudigkeit, Strategien<br />
<strong>und</strong> Rollenverteilung.<br />
Übergang: Für den Übergang zwischen der kreativen Arbeit <strong>und</strong> der Wertschätzung ist<br />
eine frühzeitige Ankündigung des Spielschlusses notwendig.<br />
Bei der Wertschätzung betrachtet man gemeinsam die Werke der einzelnen Kinder<br />
oder der Kindergruppen. Dabei präsentiert der Erfinder oder die Erfindergruppe das<br />
eigene Werk <strong>und</strong> beantwortet allfällige Fragen. Es besteht hier die Möglichkeit der<br />
Rückmeldung durch andere Kinder. Bei einer gelungenen Wertschätzung ist die<br />
Atmosphäre von Zufriedenheit, Stolz <strong>und</strong> Ermutigung geprägt.<br />
Beobachtungspunkte sind das Selbstwertgefühl, die verbale Erklärungen, die<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Rückmeldungen in Form von Lob oder Kritik.<br />
Übergang: Nach der gegenseitigen Wertschätzung kommt es zur Sammlung der<br />
Spielvorschläge der Kinder für ein gemeinsames Spiel durch die Psychomotorikerin.<br />
Dies schafft den Übergang zum anschliessenden (Rollen-) Spiel.<br />
Beim (Rollen-) Spiel steht das gemeinsame Spiel im Zentrum. Das was die Kinder in<br />
der voran gegangenen Phase erprobt haben, wird nun zu einem gemeinsamen Spiel<br />
zusammengefügt. Dabei geht es vor allem um die Entstehung von<br />
Spielzusammenhängen <strong>und</strong> Rollenspielsituationen, wobei über das Tun hinaus auch<br />
Handlungszusammenhänge stattfinden können. Das gemeinsame Spiel führt<br />
wiederum zu einer lauten Atmosphäre.<br />
Beobachtungspunkte sind Wünsche <strong>und</strong> Gefühle äussern können, Bedürfnisse<br />
anderer wahrnehmen können, Kompromissbereitschaft, Regeln akzeptieren <strong>und</strong><br />
einhalten können, Rollenverteilung, motorische Basiskompetenzen, Materialauswahl,<br />
Umgang mit Grenzen/Anforderungen, Kooperation <strong>und</strong> Konfliktlösestrategien.<br />
Übergang: Für den Übergang zwischen dem (Rollen-) Spiel <strong>und</strong> der Entspannung ist<br />
eine frühzeitige Ankündigung des Spielschlusses notwendig. Anschliessend wird das<br />
gebrauchte Material noch aufgeräumt.<br />
� Ruhe <strong>und</strong> Entspannung<br />
In dieser Entspannungsphase sollen die Kinder ihren Körper in Ruhe erleben <strong>und</strong> dies<br />
als wohltuend empfinden können. Hier ist sowohl Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit<br />
möglich. Die Atmosphäre muss hier nicht ruhig sein, sondern mehr eine gelöste<br />
Stimmung verbreiten.<br />
Beobachtungspunkte sind Vor- <strong>und</strong> Endzustand, Reaktion des Kindes, Sensibilität,<br />
Fürsorglichkeit, Kraftdosierung <strong>und</strong> Merkfähigkeit.<br />
20
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Übergang: Gelingt die Entspannung ist der Übergang zur Reflexion der St<strong>und</strong>e bereits<br />
eingeleitet.<br />
� Reflexion:<br />
Durch Fragen zur St<strong>und</strong>e wird eine Reflexion eingeleitet. Die St<strong>und</strong>e kann auch durch<br />
eine kleine Arbeit mit kreativen Materialien (Buntstifte, Knete, Holzbausteine)<br />
reflektiert werden. Die Atmosphäre ist eher ruhig <strong>und</strong> kann sowohl ernste als auch<br />
fröhliche Inhalte aufweisen.<br />
Beobachtungspunkte sind das Gefühl am Ende der St<strong>und</strong>e, die kognitive<br />
Verarbeitung von Erfahrungen <strong>und</strong> Erlebnissen, die Reflexion durch kreative Medien,<br />
mögliche Gespräche <strong>und</strong> die Verabschiedung der Kinder.<br />
Übergang: Ein Abschlussritual eignet sich gut, um die St<strong>und</strong>e zu beenden.<br />
� Nachklang:<br />
Die Psychomotorikerin begleitet die Kinder zur Garderobe. Dort ziehen sich die Kinder<br />
um <strong>und</strong> werden abgeholt. Die Kinder sind nach der St<strong>und</strong>e meistens müde <strong>und</strong><br />
hungrig oder durstig.<br />
Beobachtungspunkte sind die Begrüssung, die Beziehungsebene, der Umgang mit<br />
der Bezugsperson, die Verfassung der Bezugsperson, die Reaktion des Kindes, die<br />
Gefühle, die Handlungskompetenz in Alltagshandlungen <strong>und</strong> die Fragen an die<br />
Leitung.<br />
Nicht jede psychomotorische Einheit muss in dieser Reihenfolge aufgebaut sein. Es<br />
besteht die Möglichkeit einzelne Phasen ausfallen zu lassen. Durch das Beobachten der<br />
Kinder können ihre Bedürfnisse erkannt <strong>und</strong> die St<strong>und</strong>e danach ausgerichtet <strong>und</strong><br />
angepasst werden.<br />
Rollen der Psychomotorikerin:<br />
Während dem extensiven Spiel ist die Psychomotorikerin vor allem Mitspielerin <strong>und</strong><br />
Hilfsperson. In der intensiven Phase besteht ihre Aufgabe darin präsent <strong>und</strong> aufmerksam<br />
zu sein <strong>und</strong> die Kinder zu beobachten. Während des (Rollen-) Spiels in der intensiven<br />
Phase kann sie bei Aufforderung der Kinder wiederum Mitspielerin sein.<br />
Bemerkung <strong>und</strong> Fazit<br />
Dieses Konzept macht keine konkreten Angaben zu Gruppengrösse <strong>und</strong> Alter der Kinder,<br />
scheint aber sowohl für grosse als auch kleine Gruppen jeglichen Alters geeignet zu sein.<br />
Obwohl es lediglich eine Strukturhilfe zur St<strong>und</strong>engestaltung sein soll, scheint uns dieses<br />
Konzept doch sehr detailliert zu sein. Was uns bei dieser Gruppenförderung fehlt, sind<br />
konkrete Spiel- <strong>und</strong> Umsetzungsideen für einen erleichterten Einstieg. Auch finden wir die<br />
21
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Förderziele sehr breit gesteckt <strong>und</strong> nicht überschaubar. Was uns hingegen von Vorteil<br />
erscheint sind die vorgeschlagenen Beobachtungspunkte zu jeder Phase der Einheit.<br />
3.2.2. G-FIPPS: Grafomotorische Förderung<br />
(vgl. Vetter, Amft, Sammann <strong>und</strong> Kranz, 2010)<br />
Inhaltliche Ausrichtung (Schwerpunkte):<br />
G-FIPPS steht für „grafomotorische Förderung in integrativ <strong>und</strong> präventiv ausgerichteter<br />
Psychomotorik“. Das Konzept ist das Resultat eines dreijährigen Projektes.<br />
Die G-FIPPS-Förderkonzeption will Kinder auf präventive <strong>und</strong> integrative Weise in den<br />
Basiskompetenzen des Schriftspracherwerbs fördern. Die grafomotorische Entwicklung ist<br />
ein komplexer Prozess, bestehend aus feinmotorischen Fähigkeiten,<br />
Wahrnehmungsprozessen, kognitiven Prozessen, affektiven Aspekten <strong>und</strong> der psycho-<br />
sozialen Situation des Kindes. Vernachlässigungen in diesen Bereichen können zu<br />
grafomotorischen Schwächen führen.<br />
Ein grosses Anliegen der G-FIPPS-Förderkonzeption ist:<br />
…Kindern, die Verzögerungen in der grafomotorischen Entwicklung zeigen, eine rechtzeitige<br />
psychomotorische „Nachentwicklung“ <strong>und</strong> damit den Anschluss an das Niveau der anderen<br />
Kinder zu ermöglichen. Aber auch alle anderen Kinder sollen hier spannende <strong>und</strong> anregende<br />
Aufgaben finden, an denen sie sich entwickeln <strong>und</strong> ihre Fähigkeiten verfeinern können.<br />
(Vetter, Amft, Sammann <strong>und</strong> Kranz, 2010, S. 15)<br />
Ziele der Gruppenförderung:<br />
Die G-FIPPS-Förderkonzeption orientiert sich am integrativen <strong>und</strong> inklusiven Gedanken<br />
der modernen Pädagogik. Jedes Kind in der Gruppe soll individuell, entsprechend den<br />
persönlichen Fähigkeiten gefördert werden.<br />
Ebenso stützen sich die Autoren auf wissenschaftliche Kenntnisse über die kindliche<br />
Entwicklung. G-FIPPS hat das Anliegen mit dem grafomotorischen Förderkonzept die<br />
kindliche Entwicklung angemessen zu begleiten.<br />
Spiel- <strong>und</strong> Bewegungssequenzen nehmen im Konzept eine wichtige Stellung ein, welche<br />
einen hohen Aufforderungscharakter für die Kinder haben sollen.<br />
Die zentralen Entwicklungsaufgaben in der G-FIPPS-Förderkonzeption sind somit:<br />
Die Entwicklung der Sprache, der sozialen Kooperation, des Körperbildes, des<br />
Selbstkonzeptes, der Verfeinerung motorischer Funktionen, <strong>und</strong> derjenigen von Fantasie<br />
<strong>und</strong> Spiel.<br />
Anlehnend an die allgemeinen Ziele der psychomotorischen Förderung möchte G-FIPPS<br />
die grafomotorischen Basiskompetenzen fördern <strong>und</strong> Verbesserungen in folgenden<br />
Bereichen des Kindes erzielen: Grob- <strong>und</strong> Feinmotorik, Bewegungsplanungsfähigkeit,<br />
22
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
visuelle Wahrnehmung, vestibuläre, taktil-kinästhetische <strong>und</strong> auditive Perzeption,<br />
Tonusregulation <strong>und</strong> im sozial kommunikativem Erleben.<br />
Alter:<br />
Das Praxisbuch richtet sich an Kindergruppen im Alter von vier bis acht Jahren. Die G-<br />
FIPPS-Förderkonzeption lässt sich sowohl im Kindergarten-, im Gr<strong>und</strong>schulbereich, als<br />
auch im ausserschulischen Bereich einsetzen.<br />
Gestaltung:<br />
Die Förderkonzeption gliedert sich in 24 Fördereinheiten. Jede Lektion dauert ca. 50<br />
Minuten. Das ganze Konzept soll über einen Zeitraum von drei Monaten, jeweils einmal<br />
wöchentlich angeboten werden. Inhaltlich ist die Konzeption logisch aufeinander<br />
aufgebaut, wodurch die vorgegebene Reihenfolge eingehalten werden soll. Die<br />
Fördereinheiten sind entweder als Förderst<strong>und</strong>e oder als Werkstattst<strong>und</strong>e gestaltet.<br />
Eingebettet sind die Förderst<strong>und</strong>en in die Geschichte von „Elmar“, welche die Kinder<br />
motivieren soll. Die Förderung findet in der ganzen Kindergruppe (Kindergartengruppe,<br />
Klasse) statt. Die Lektionen bestehen aus einem Anfangsteil, zwei Hauptteilen <strong>und</strong> einem<br />
Abschluss. Die Werkstattst<strong>und</strong>en sind in zwölf der Fördereinheiten eingebettet <strong>und</strong><br />
ermöglichen dem Kind das freie Arbeiten an verschiedenen Übungsposten.<br />
Durchgeführt werden die Lektionen durch eine Psychomotoriktherapeutin, wobei die<br />
Kindergärtnerin als Unterstützung anwesend ist.<br />
Evaluation/Auswirkung:<br />
Die G-FIPSS-Förderkonzeption wurde im Rahmen des gleichnamigen<br />
Forschungsprojektes evaluiert. Das Interesse galt der „Überprüfung von möglichen<br />
Effekten einer präventiv <strong>und</strong> integrativ ausgerichteten psychomotorischen Förderung auf<br />
fein- <strong>und</strong> grafomotorische Leistungen <strong>und</strong> - als Nebenaspekt - auf die Körperkoordination“<br />
(Vetter et al., 2010, S. 60).<br />
In der Längsschnittstudie im Experimental-/Kontrollgruppendesign wurden 188 Kinder<br />
untersucht. Mittels Testungen zu drei Messpunkten (Pretest <strong>und</strong> Posttest, follow-up)<br />
wurden Effekte in den Bereichen Grafomotorik <strong>und</strong> Körperkoordination geprüft. Getestet<br />
wurde mit den Messinstrumenten ‚Graphomotorische Testbatterie (GMT)‘ <strong>und</strong> dem<br />
‚Körperkoordinationstest (KTK)‘.<br />
Die Experimentalgruppe erhielt eine zwölfwöchige Förderung mit der Förderkonzeption G-<br />
FIPPS. Eine Kontrollgruppe hatte eine grafomotorische Förderung ohne<br />
psychomotorische Inhalte. Die andere Kontrollgruppe hatte keine Förderung neben dem<br />
regulären Kindergartenalltag.<br />
Die Studie kam zu interessanten Ergebnissen, welche die Wirksamkeit der<br />
Förderkonzeption zeigten. So verbesserten sich die grafomotorischen Leistungen der<br />
23
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Kinder in der Experimentalgruppe gegenüber den beiden Kontrollgruppen. Zudem machte<br />
die Experimentalgruppe in der psychomotorischen Leistungsfähigkeit die grösseren<br />
Fortschritte. So verzeichneten die Kinder, welche zu Messbeginn die schwächsten<br />
Leistungen zeigten die stärksten Verbesserungen in beiden Bereichen.<br />
Mit dem Forschungsprojekt konnte somit bewiesen werden, dass mit der G-FIPPS-<br />
Förderkonzeption nachhaltige Effekte in der Grafomotorik erzielt werden können.<br />
Bezugstheorien, Quellen:<br />
Im Allgemeinen hat sich die G-FIPPS-Konzeption an entwicklungstheoretischen Modellen,<br />
Handlungsmodellen <strong>und</strong> grafomotorischen Konzepten der Psychomotorik orientiert.<br />
Die Praxisideen entstanden hauptsächlich aus Inspirationen aus Arbeiten von Friedhelm<br />
Schilling, Ingrid Schäfer, Michael Wendler <strong>und</strong> Christina Liner.<br />
Für eine Ausdifferenzierung des Begriffs Psychomotorik werden unter anderem Theorien<br />
von Fischer, Seewald, Kiphard <strong>und</strong> Zimmer herangezogen. Das Verständnis von<br />
Grafomotorik ist vor allem gestützt auf Arbeiten von Schilling <strong>und</strong> Wendler.<br />
Der Begriff der Entwicklungsaufgaben ist angelehnt an das ursprüngliche Konzept von<br />
Robert J. Havighurst.<br />
Wichtige psychomotorische Kennzeichen sind in die Gestaltung der Förderlektionen<br />
eingeb<strong>und</strong>en. So finden sich die von Renate Zimmer formulierten Prinzipien einer<br />
Psychomotorikst<strong>und</strong>e in der Gestaltung <strong>und</strong> Durchführung der G-FIPPS wieder.<br />
Bemerkung <strong>und</strong> Fazit<br />
Die G-FIPPS legt den Fokus klar auf die Grafomotorik. Ziel des Konzeptes ist die<br />
Förderung der Basiskompetenzen vom Schriftspracherwerb <strong>und</strong> der grafomotorischen<br />
Entwicklung.<br />
Gemeinsam mit unseren Zielen ist, dass die Förderung in der Gruppe stattfindet. Und<br />
positiv ist auch, dass das Konzept nachweisbare Effekte auf die grafomotorischen<br />
Leistungen zeigt.<br />
Bei unserem Projekt soll jedoch nicht (nur) die Grafomotorik im Vordergr<strong>und</strong> stehen.<br />
Vielmehr ist es uns wichtig, dass die Kinder im grobmotorischen Bereich <strong>und</strong> im sozialen<br />
Umgang vielfältige Erfahrungen machen können.<br />
Ein paar Ideen (Arbeitsblätter) konnten wir aus der G-FIPPS für den Grafomotorik-Teil in<br />
unseren St<strong>und</strong>en verwenden.<br />
24
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
3.2.3. ÜPS! Übungsprogramme für den Psychomotorisch-orientierten<br />
Sportunterricht<br />
(vgl. Stachelhaus, 2005)<br />
Ursache für das Konzept:<br />
Andrea Stachelhaus schreibt in ihrem Buch diese provokative Einleitung:<br />
Unsere Kinder wachsen heute mehrheitlich unter anderen Bedingungen auf, als dies noch<br />
vor 20-30 Jahren der Fall war. Kindheit heute bedeutet nicht mehr im Wald zu spielen, sich<br />
frei auf Spielplätzen <strong>und</strong> in offenen Spielräumen zu bewegen, selber Spielzeug aus<br />
gef<strong>und</strong>enen Alltagsmaterialien zu basteln, die Welt also durch eigenständiges Erk<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
Entdecken zu erobern etc., sondern vielmehr Freizeit im Haus oder in institutionalisierten<br />
Erziehungsstätten zu verbringen, vorgefertigte <strong>und</strong> im Gebrauch monofunktionales<br />
Spielzeug zu benutzen <strong>und</strong> die Welt über Fernsehen <strong>und</strong> Medien aus zweiter Hand<br />
präsentiert zu bekommen. (Stachelhaus, 2005, S. 7)<br />
Als Gründe für diese veränderten Lebensbedingungen der Kinder sind die Verstädterung<br />
(Urbanisierung), die Verinselung, die Verhäuslichung, die veränderten Familienstrukturen,<br />
der Medienkonsum, sowie vorgefertigtes Spiel- <strong>und</strong> Sportmaterial zu sehen.<br />
Darum besteht zunehmend die Gefahr, dass Kinder sich insgesamt zu wenig bewegen<br />
<strong>und</strong> dadurch weniger intensive Erfahrungen mit dem eigenen Körper machen. Dies hat<br />
zur Folge, dass gr<strong>und</strong>legende Erfahrungen der taktilen, vestibulären, <strong>und</strong> kinästhetischen<br />
Wahrnehmung fehlen. Sie sind die Gr<strong>und</strong>lage für das eigene Körperbewusstsein <strong>und</strong> die<br />
kognitive Entwicklung.<br />
Ziele der Gruppenförderung:<br />
Stachelhaus fordert daher die Schule dazu auf, diese Defizite bei den Kindern auf<br />
spielerische Weise durch vielfältige Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Bewegungserfahrungen<br />
aufzuholen.<br />
Der psychomotorische Basisunterricht setzt dort an, indem er den Kindern vielfältige<br />
Möglichkeiten zu Körper-, Material- <strong>und</strong> Sozialerfahrung bietet.<br />
Die Spiele <strong>und</strong> Übungen sind in die drei Bereiche Sinneswahrnehmung <strong>und</strong><br />
Körpererfahrung, Materialerfahrung sowie Sozialerfahrung aufgeteilt.<br />
Der Förderschwerpunkt der Sinneswahrnehmung <strong>und</strong> Körpererfahrung ist wiederum nach<br />
den folgenden Themen unterteilt:<br />
Vestibuläre Wahrnehmung, taktile Wahrnehmung, kinästhetische Wahrnehmung, visuelle<br />
Wahrnehmung <strong>und</strong> visuomotorische Koordination, auditive Wahrnehmung, Grob- <strong>und</strong><br />
Feinmotorik/Koordination <strong>und</strong> motorische Geschicklichkeit, Raum- <strong>und</strong><br />
Richtungsorientierung, Links/Rechts-Orientierung, Tonusregulation/Entspannung.<br />
25
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Gestaltung:<br />
„Die psychomotorischen Förderangebote lassen sich problemlos in den alltäglichen<br />
Sportunterricht integrieren“ (Stachelhaus, 2005, S. 11). Damit kann entweder eine ganze<br />
St<strong>und</strong>e gestaltet werden, oder sie dienen als Ergänzung zum regulären Sportunterricht.<br />
Bewegungsparcours <strong>und</strong> -landschaften bieten dabei erlebnisreiche Möglichkeiten für<br />
Körper- <strong>und</strong> Sozialerfahrungen.<br />
Alter:<br />
Das Übungsprogramm richtet sich an die Gr<strong>und</strong>schule. In Deutschland besteht diese ab<br />
der ersten bis zur vierten Klasse. Die Kinder sind also zwischen sechs <strong>und</strong> zehn Jahre alt.<br />
Evaluation/Auswirkungen (vgl. Stachelhaus & Strauss, 2005, S. 194 ff.):<br />
Die Autorin hat im Rahmen ihrer Dissertation eine Längsschnittstudie durchgeführt. Darin<br />
wurden die Effekte psychomotorischer Übungen auf die grafomotorischen Leistungen von<br />
Schulanfängern untersucht. Bei der Experimentalgruppe wurde ein Training in Form des<br />
psychomotorischen Übungsprogramms (ÜPS!) angewendet. Die Übungen wurden<br />
während 10 Wochen regelmässig im Sportunterricht des ersten Schuljahres (6;7 Jahre)<br />
angeboten. Die Kinder wurden zu drei Messpunkten (vorher, nachher, follow-up) mit der<br />
Graphomotorischen Testbatterie (GMT) <strong>und</strong> dem Punktiertest von Schilling getestet.<br />
Damit konnte gezeigt werden, dass die psychomotorischen Übungen deutliche Effekte<br />
bezüglich der Genauigkeit <strong>und</strong> Präzision, jedoch nicht der Schnelligkeit erzielten.<br />
Stachelhaus <strong>und</strong> Strauss erklären sich die positiven Effekte damit, „dass durch die<br />
Stimulation auf sensomotorischer Ebene gr<strong>und</strong>legende Wahrnehmungs- <strong>und</strong><br />
Bewegungsprozesse angeregt wurden, die sich im Sinne einer ressourcenorientierten<br />
Förderung stabilisierend auf die Entwicklung grafomotorischer Fähigkeiten ausgewirkt<br />
haben“ (Stachelhaus & Strauss, 2005, S. 202).<br />
Bezugstheorien, Quellen:<br />
Das Übungsprogramm gehört zu den prozessorientierten Zugängen, welche auf die<br />
Prozesstheorie nach Kephart <strong>und</strong> die Theorie der Sensorischen Integration nach Ayres<br />
zurückgehen. Zudem ist das Programm nach den Psychomotorik-Konzepten von Eggert,<br />
Kiphard <strong>und</strong> Zimmer ausgerichtet. Inhaltlich orientieren sich die Spiele <strong>und</strong> Übungen an<br />
Praxisvorschlägen aus grafo- <strong>und</strong> psychomotorischen Arbeitsbüchern.<br />
26
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Bemerkung <strong>und</strong> Fazit<br />
Das Buch von Stachelhaus bietet viele Anregungen für Spiele mit psychomotorischen<br />
Förderschwerpunkten. Die Spiele <strong>und</strong> Übungen können beliebig ausgesucht <strong>und</strong><br />
zusammengestellt werden. Als Leiterin ist man also nicht an einen vorgegebenen Ablauf<br />
oder einen bestimmten Aufbau geb<strong>und</strong>en. Die Themen der Förderziele sind sehr<br />
vielseitig. Durch die Zuordnung der einzelnen Spiele zu den Förderschwerpunkten ist klar<br />
ersichtlich welche Fähigkeit bei den Kindern bearbeitet wird.<br />
Viele der Spiele sind jedoch an die Gruppe geb<strong>und</strong>en. Ausser den Bewegungsparcours<br />
<strong>und</strong> -landschaften bestehen nur wenig offene Angebote.<br />
Einige für uns interessante Spiele haben wir im „Handbuch der Psychomotorik“ (2007)<br />
von Renate Zimmer wieder gef<strong>und</strong>en.<br />
3.2.4. Theorie <strong>und</strong> Praxis psychomotorischer Förderung nach Renate<br />
Zimmer<br />
(vgl. Zimmer, 2007)<br />
Ursachen für das Konzept:<br />
Das „Handbuch der Psychomotorik“ von Renate Zimmer soll den Gr<strong>und</strong>gedanken, die<br />
Entstehungsgeschichte, die unterschiedlichen Ansätze sowie die Wirkfaktoren<br />
psychomotorischer Förderung darstellen. Es sollen laut der Autorin aber auch praktische<br />
Hinweise für eine psychomotorische Entwicklungsdiagnostik <strong>und</strong> konkrete<br />
Rahmenbedingungen psychomotorischer Förderpraxis darin Platz finden.<br />
Ziele der Gruppenförderung:<br />
Zimmer formuliert die Förderziele folgendermassen: „Ziel der psychomotorischen<br />
Förderung ist es, die Eigentätigkeit des Kindes zu fördern, es zum selbstständigen<br />
Handeln anzuregen, durch Erfahrungen in der Gruppe zu einer Erweiterung seiner<br />
Handlungskompetenz <strong>und</strong> Kommunikationsfähigkeit beizutragen“ (Zimmer, 2007, S. 23).<br />
Die Förderziele liegen im Bereich der Wahrnehmung, des Körpererlebens, der<br />
Körpererfahrung als auch des sozialen Lernens.<br />
Erlebnisorientierte Bewegungsangebote stehen dabei im Zentrum <strong>und</strong> unterstützen das<br />
Kind in seiner Selbstwirksamkeit. Dadurch ermöglicht man den Aufbau eines positiven<br />
Selbstkonzeptes.<br />
27
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Gruppenzusammensetzung, Gruppengrösse, Alter:<br />
Es ist sinnvoll, eine möglichst heterogene Gruppe zusammenzustellen, in welcher sich<br />
Kinder mit unterschiedlichen Verhaltens- oder Entwicklungsproblemen wiederfinden. Dies<br />
unterstützt das Lernen am Modell.<br />
Es ist von Vorteil Kinder in eine Gruppe einzuteilen, die von ihrem Entwicklungszustand<br />
her zueinander passen, also auch in den Altersstufen nah beieinander liegen. Auch bei<br />
Kindern, bei welchen der Schuleintritt ansteht, ist diese Art von Einteilung sinnvoll, da die<br />
Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen geübt werden kann.<br />
Die Gruppengrösse wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst; wie räumliche<br />
Bedingungen, individuelle Probleme der Kinder, Alter der Kinder, Betreueranzahl. Bei der<br />
Betreuung durch zwei Personen ist eine Gruppe von acht bis zehn Kindern durchaus<br />
denkbar.<br />
Gestaltung:<br />
Folgendes Gr<strong>und</strong>gerüst methodischen Vorgehens <strong>und</strong> zeitlicher Planung wird empfohlen:<br />
� Einstimmungsphase:<br />
Diese Phase wird durch ein Anfangsritual im Sitzkreis geprägt. Die<br />
Gruppenvollständigkeit wird geprüft, besondere Wünsche können geäussert <strong>und</strong><br />
Abmachungen der letzten St<strong>und</strong>e besprochen werden.<br />
� Individuelle, bewegungsintensive Angebote:<br />
Hier wird jedem Kind die individuelle Betätigung mit einem Material ermöglicht, um so<br />
den Bewegungsdrang zu stillen.<br />
� Gruppenbezogene Angebote:<br />
Diese Angebote sollen Erlebnisse des sozialen Miteinanders ermöglichen.<br />
� Abschlussphase:<br />
Hier werden Ruhe- <strong>und</strong> Entspannungsspiele angeboten <strong>und</strong> ein Abschlussritual im<br />
Sitzkreis durchgeführt. Dabei werden Wünsche für die nächste St<strong>und</strong>e erfragt <strong>und</strong> die<br />
Gruppe verabschiedet.<br />
Abgesehen von diesem Gr<strong>und</strong>gerüst beschreibt Renate Zimmer auch Spielideen, welche<br />
für die psychomotorische Förderung eingesetzt werden können <strong>und</strong> nach folgenden<br />
Schwerpunkten geordnet sind:<br />
Einstiegsspiele (E): Diese Spiele ermöglichen die individuelle Auseinandersetzung mit<br />
einem bestimmten Material <strong>und</strong> viel freie Bewegung. Sie sind für den St<strong>und</strong>enbeginn<br />
geeignet, da der Materialbedarf sehr gering ist.<br />
28
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Themenspezifische Spiel- <strong>und</strong> Bewegungsangebote (T): Diese Spiele beinhalten<br />
komplexere Handlungen <strong>und</strong> Themen. Diese sollen die Fantasie der Kinder anregen <strong>und</strong><br />
allenfalls zum Rollenspiel animieren. Damit sich aus diesen Spielen etwas entwickeln<br />
kann, brauchen die Kinder Zeit <strong>und</strong> der Materialbedarf ist auch grösser.<br />
Miteinander Spielen (M): Diese Spiele sollen das gemeinsame Spiel <strong>und</strong> das soziale<br />
Miteinander unterstützen. Es handelt sich dabei um Ideen, welche ausschliesslich in der<br />
Gruppe ausgeführt werden sollen.<br />
Zur Ruhe kommen (R): Am Ende einer bewegungsintensiven Phase soll den Kindern der<br />
Wechsel von Bewegung <strong>und</strong> Anspannung zu Ruhe <strong>und</strong> Entspannung bewusst gemacht<br />
werden. Diese Entspannungssequenz kann auch gut als St<strong>und</strong>enabschluss verwendet<br />
werden.<br />
Bei jeder einzelnen Spielidee werden auch die angesprochenen psychomotorischen<br />
Förderschwerpunkte aufgeführt.<br />
Die Spielideen aus der Kategorie MITEINANDER SPIELEN (M) können sowohl in der<br />
Einstiegssituation eingesetzt, als thematisches Angebot ausgebaut oder als Abschluss<br />
einer St<strong>und</strong>e verwendet werden.<br />
Eine psychomotorische Übungsst<strong>und</strong>e sollte wöchentlich durchgeführt werden <strong>und</strong><br />
zwischen 45 <strong>und</strong> 60 Minuten dauern. Die Gesamtdauer der Fördermassnahme sollte<br />
mindestens ein halbes Jahr betragen.<br />
Rolle der Pädagogin:<br />
Die Pädagogin zeigt ein nicht-direktives Verhalten <strong>und</strong> macht stattdessen Angebote,<br />
welche die Lust zu spielen <strong>und</strong> etwas ausprobieren fördern sowie neue Bewegungs- <strong>und</strong><br />
Selbsterfahrungen ermöglichen. Diese sind auf die Gruppe abgestimmt <strong>und</strong> können durch<br />
Alternativangebote erweitert werden. Bei der Planung der Angebote versucht die<br />
Pädagogin die Wünsche der Kinder einzubauen, beachtet die Geräte- <strong>und</strong><br />
Materialpräferenz der Kinder <strong>und</strong> überlegt sich wie Erfolgserlebnisse besonders einfach<br />
vermittelt werden können. Während den St<strong>und</strong>en baut sie zu jedem Kind eine persönliche<br />
Beziehung auf. Die Pädagogin nimmt eine beobachtende Rolle ein, steht aber als<br />
Ansprechpartnerin zur Verfügung. Sie verbalisiert Verhaltensweisen der Kinder, macht<br />
Erfolge bewusst <strong>und</strong> ist stets aufmerksam. Diese Aufmerksamkeit ermöglicht es ihr, sich<br />
je nach Situation einzubringen oder zurückzuhalten. Die Pädagogin begleitet die Kinder in<br />
ihrem Selbständigkeitsprozess, gibt Schutz, akzeptiert aber auch Distanz sowie<br />
Verweigerung <strong>und</strong> setzt organisatorische als auch soziale Grenzen.<br />
29
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Bemerkung <strong>und</strong> Fazit<br />
Dieses Konzept macht konkrete Angaben zur Gruppenzusammensetzung, -grösse <strong>und</strong><br />
zum Alter der Kinder. Die Strukturhilfe zur St<strong>und</strong>enplanung ist sehr einfach <strong>und</strong> offen<br />
gestaltet <strong>und</strong> lässt viel Spielraum. Viele konkrete Spiel- <strong>und</strong> Umsetzungsideen mit<br />
dazugehörenden psychomotorischen Förderschwerpunkten werden beschrieben. Als<br />
besonders wichtig erachten wir die detaillierte Aufstellung der Haltung <strong>und</strong> Rolle der<br />
Pädagogin. Renate Zimmer gelingt in diesem Buch eine gute Verknüpfung zwischen<br />
psychomotorischer Theorie <strong>und</strong> Erfahrungswerten aus der Praxis.<br />
30
Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der psychomotorischen Gruppenförderung<br />
3.3. Entwurf des Projekt-Konzeptes<br />
3.3.1. Auswahl des Konzeptes <strong>und</strong> Begründung<br />
Nach weitgehenden Überlegungen haben uns folgende Gründe dazu bewegt, das<br />
Konzept nach Renate Zimmer, wie es in ihrem „Handbuch der Psychomotorik“ (2007)<br />
beschrieben ist, als Vorlage für unser Projekt auszuwählen:<br />
� Die konkreten Angaben zur Gruppenzusammensetzung, -grösse sowie Alter der<br />
Kinder decken sich mit unseren eigenen Vorstellungen <strong>und</strong> unserer theoretischen<br />
Auseinandersetzung damit (vgl. Kap. 6.2.1., S. 43).<br />
� Das Gr<strong>und</strong>gerüst für die St<strong>und</strong>enplanung ist sehr simpel <strong>und</strong> offen aufgebaut <strong>und</strong><br />
lässt viel Spielraum für eigene Ideen. In Anbetracht dessen, dass unser Projekt<br />
durch jüngere Studenten <strong>und</strong> Studentinnen der Psychomotorik weitergeführt<br />
werden soll, scheint es uns wichtig, einen möglichst einfachen <strong>und</strong> doch flexiblen<br />
Raster für die St<strong>und</strong>engestaltung auszuwählen.<br />
� Die Sammlung der konkreten Spiel- <strong>und</strong> Umsetzungsideen mit den<br />
dazugehörenden psychomotorischen Förderschwerpunkten stellt einen der<br />
wichtigsten Gründe für die Auswahl dieses Konzeptes dar. Auch hier bedenken wir<br />
die Tatsache, dass unser Projekt durch jüngere Studenten <strong>und</strong> Studentinnen der<br />
Psychomotorik weitergeführt werden soll. Bei wenig eigener Praxiserfahrung sind<br />
bereits bestehende Spielideen <strong>und</strong> vor allem Anhaltspunkte betreffend<br />
Förderschwerpunkten sicherlich sehr hilfreich.<br />
Wir haben das Spielideenrepertoire von Renate Zimmer bereits erweitert <strong>und</strong><br />
Spiele aus dem Lehrmittel „Mut tut gut!“ einbezogen, da wir wussten, dass wir<br />
unser Projekt in einer Turnhalle durchführen werden. Wir ermutigen die<br />
StudentInnen, welche unser Projekt weiterführen werden, andere oder eigene<br />
Spielideen einzubauen.<br />
� Durch die Anwendung dieses Konzeptes ist die Förderung vieler<br />
psychomotorischer Bereiche möglich. Auch dies war einer der ausschlaggebenden<br />
Gründe für unsere Wahl.<br />
Den einzigen Bereich, welchen wir in diesem Konzept vermissten, war die<br />
Grafomotorik. Diese bauten wir selbstständig ins Konzept ein <strong>und</strong> verwendeten<br />
dafür sowohl eigene Umsetzungsideen als auch Aufgaben aus dem G-FIPPS.<br />
� Die detaillierte Aufstellung der Haltung <strong>und</strong> Rolle der Betreuungspersonen<br />
empfanden wir als sehr wichtig. Auch hier gilt unsere Überlegung der<br />
Weiterführung unseres Projektes durch jüngere Jahrgänge der<br />
Psychomotoriktherapie. Wenn jemand noch nie zuvor einen pädagogisch-<br />
therapeutischen Beruf ausgeübt hat, sind konkrete Anhaltspunkte diesbezüglich<br />
sicherlich willkommen.<br />
31
Lebensbereiche auf der Gr<strong>und</strong>lage der ‚Internationalen Klassifikation der<br />
Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘<br />
4. Lebensbereiche auf der Gr<strong>und</strong>lage der ‚Internationalen<br />
Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘<br />
Dieses Kapitel stellt eine zusammenfassende Einführung in das Instrument der<br />
‚Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘<br />
dar. Der Einschub dieser Thematik findet an dieser Stelle statt, weil die ICF eine<br />
Gr<strong>und</strong>lage unseres Projektes darstellt. Die ICF bildet die Basis für das Schulische<br />
Standortgespräch (SSG), an dessen Lebensbereiche wir mit dem Screening-Verfahren<br />
sowie Beobachtungen aus den Testungen <strong>und</strong> St<strong>und</strong>en anknüpfen (vgl. Kap. 4.3., S. 36).<br />
4.1. ICF als Basis des Schulischen Standortgespräches (SSG)<br />
Psychomotoriktherapeutinnen <strong>und</strong> -therapeuten stehen der Tatsache gegenüber, dass sie<br />
sich zunehmend mit dem Instrument der ‚Internationalen Klassifikation der<br />
Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘ auseinandersetzen müssen. Das<br />
Schulische Standortgespräch (SSG) bildet die gemeinsame Plattform von Lehrpersonen,<br />
Fachpersonen <strong>und</strong> Eltern, auf welcher die Therapeutinnen <strong>und</strong> Therapeuten ihre<br />
Beobachtungen einbringen können.<br />
Weil das SSG im Kanton Zürich Pflicht ist, finden wir es wichtig, dass wir mit unserem<br />
Projekt daran anknüpfen können.<br />
Das von uns verwendete Screening-Verfahren (vgl. Kap. 5, S. 37) ist ebenfalls ICF-<br />
basiert.<br />
Gleichzeitig mit der Umsetzung des neuen Volksschulgesetzes wird das Verfahren<br />
„Schulische Standortgespräche“ im Kanton Zürich mit dem Bildungsratsbeschluss vom<br />
4.9.2006 verbindlich (vgl. Hollenweger <strong>und</strong> Lienhard, 2008, S. 9).<br />
Das Schulische Standortgespräch (SSG) dient dazu, die Förderplanung <strong>und</strong> Zuweisung<br />
von sonderpädagogischen Massnahmen zu regeln. Im Gespräch werden die<br />
Beobachtungen aller Beteiligten zusammengeführt. Aufgr<strong>und</strong> dessen wird dann die für<br />
das Kind sinnvollste Förderung oder Massnahme bestimmt.<br />
Das Verfahren „Schulische Standortgespräche“ wurde in Anlehnung an die Internationale<br />
Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF) entwickelt.<br />
Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Behinderung werden einerseits auf der Ebene des Körpers mit<br />
seinen Funktionen <strong>und</strong> Strukturen, andererseits auf der Ebene des Individuums als aktiv<br />
handelnde (Aktivitäten) <strong>und</strong> als sozial teilnehmende Person (Partizipation) definiert. Die<br />
Funktionsfähigkeit ist immer an Situationen oder die Umwelt geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> von inneren<br />
Faktoren der betroffenen Person mitbestimmt. Der Ges<strong>und</strong>heitszustand (Krankheit, Störung,<br />
Syndrom) <strong>und</strong> die Funktionsfähigkeit beeinflussen sich gegenseitig. Diese Interaktionen sind<br />
im folgenden Modell dargestellt:<br />
32
Lebensbereiche auf der Gr<strong>und</strong>lage der ‚Internationalen Klassifikation der<br />
Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘<br />
Abbildung 4: Wechselwirkungen zwischen den Komponenten der ICF (DIMDI, 2005)<br />
Im schulischen Standortgespräch stehen die für alle Personen beobachtbaren Aspekte der<br />
Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Behinderung im Zentrum. Deshalb basieren die Formulare, welche<br />
als Gesprächsgr<strong>und</strong>lage dienen, auf den Lebensbereichen der ICF mit den vorhandenen<br />
Aufgaben <strong>und</strong> geforderten Handlungen. (Hollenweger <strong>und</strong> Lienhard, 2008, S.16)<br />
Die ICF besteht aus zwei Teilen mit je zwei Komponenten. Der erste Teil heisst<br />
„Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Behinderung“ bestehend aus den Komponenten<br />
„Körperfunktionen <strong>und</strong> -strukturen“ <strong>und</strong> „Aktivitäten <strong>und</strong> Partizipation [Teilhabe]“. Der<br />
zweite Teil „Kontextfaktoren“ ist aus den „Umweltfaktoren“ <strong>und</strong> „Personbezogene<br />
Faktoren“ zusammengesetzt (vgl. DIMDI, 2005, S.16).<br />
Das SSG nimmt die Komponente „Aktivitäten <strong>und</strong> Partizipation [Teilhabe]“ als Gr<strong>und</strong>lage.<br />
Die ICF enthält dafür folgende Definitionen:<br />
Eine Aktivität bezeichnet die Durchführung einer Aufgabe oder Handlung (Aktion) durch<br />
einen Menschen.<br />
Partizipation [Teilhabe] ist das Einbezogensein in eine Lebenssituation.<br />
Beeinträchtigungen der Aktivität sind Schwierigkeiten, die ein Mensch bei der<br />
Durchführung einer Aktivität haben kann.<br />
Beeinträchtigungen der Partizipation [Teilhabe] sind Probleme, die ein Mensch beim<br />
Einbezogensein in eine Lebenssituation erlebt. (DIMDI, 2005, S.16) 1<br />
1<br />
[4. Überblick über die Komponenten der ICF. Definitionen.] der ICF wurde abgedruckt mit fre<strong>und</strong>licher<br />
Erlaubnis der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (WHO). Alle Rechte liegen bei der WHO.<br />
33
Lebensbereiche auf der Gr<strong>und</strong>lage der ‚Internationalen Klassifikation der<br />
Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘<br />
Die Komponente „Aktivität <strong>und</strong> Partizipation“ ist wiederum unterteilt in neun<br />
Lebensbereiche. Diese sind: „Lernen <strong>und</strong> Wissensanwendung“, „Allgemeine Aufgaben<br />
<strong>und</strong> Anforderungen“, „Kommunikation“, „Mobilität“, „Selbstversorgung“, „Häusliches<br />
Leben“, „Interpersonelle Interaktionen <strong>und</strong> Beziehungen“, „Bedeutende Lebensbereiche“<br />
<strong>und</strong> „Gemeinschafts-, soziales <strong>und</strong> staatsbürgerliches Leben“ (vgl. DIMDI, 2005, S. 20).<br />
4.2. Die zehn Kategorien vom SSG zu „Aktivitäten <strong>und</strong> Partizipation“<br />
(vgl. Hollenweger & Lienhard, 2008)<br />
In Anlehnung an die eben beschriebenen Lebensbereiche aus der ICF wurden für das<br />
SSG die folgenden zehn Lebensbereiche formuliert (stichwortartig aufgeführt):<br />
� Allgemeines Lernen:<br />
Zuschauen; Zuhören; Hinspüren; Aufmerksam sein; Sich Verse, Melodien,<br />
Bewegungen merken <strong>und</strong> wiedergeben; Sich Dinge merken; Formen benennen,<br />
beschreiben <strong>und</strong> darstellen; Durch Spielen Dinge <strong>und</strong> Beziehungen erk<strong>und</strong>en;<br />
Lösungen finden <strong>und</strong> umsetzen; Strategien anwenden; Planen; Üben.<br />
� Mathematisches Lernen:<br />
Zählen; Sich in räumlichen Zusammenhängen orientieren (hinten/vorne,<br />
oben/unten); Grössen <strong>und</strong> Mengen erfassen <strong>und</strong> nach Kriterien sortieren; Sich im<br />
Zahlenraum orientieren; Gesetzmässigkeiten erkennen; Mathematische<br />
Operationen verstehen <strong>und</strong> anwenden; Kopfrechnen; Schriftlich rechnen;<br />
Rechnungen in Sätzen verstehen <strong>und</strong> lösen; Den Rechenstoff, der in der Klasse<br />
durchgenommen wird, verstehen <strong>und</strong> beherrschen.<br />
� Spracherwerb <strong>und</strong> Begriffsbildung:<br />
Lautgetreu nachsprechen; Sinn von Wörtern Symbolen verstehen; Korrekte Sätze<br />
bilden; Altersentsprechenden Wortschatz aufbauen; Sprache dem Sinn<br />
entsprechend modulieren (Erst- <strong>und</strong> Zweitsprache).<br />
� Lesen <strong>und</strong> Schreiben:<br />
Buchstaben von anderen Symbolen unterscheiden; Laute erkennen,<br />
unterscheiden, benennen; Buchstaben in Formvarianten erkennen, benennen <strong>und</strong><br />
Lauten zuordnen; Wörter selbständig schreiben <strong>und</strong> erlesen; Gedanken bildlich<br />
oder schriftlich darstellen; Verstehen, was es liest; Lesen; Laut vorlesen.<br />
34
Lebensbereiche auf der Gr<strong>und</strong>lage der ‚Internationalen Klassifikation der<br />
Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘<br />
� Umgang mit Anforderungen:<br />
Allein oder in der Gruppe eine Aufgabe ausführen; Aufgetragene Aufgaben<br />
selbständig erledigen; In der Gruppe eine Aufgabe lösen; Verantwortung<br />
übernehmen; Den Tagesablauf einhalten; Sich in eine Aufgabe vertiefen; Das<br />
eigene Verhalten steuern; Mit Freude <strong>und</strong> Frust umgehen.<br />
� Kommunikation:<br />
Nonverbale <strong>und</strong> verbale Ausdrucksformen verstehen; Gedanken nonverbal <strong>und</strong><br />
verbal in verständlicher Form ausdrücken; Das ausdrücken können, was man<br />
meint; Anderen Menschen Dinge erklären; Schrift als Kommunikationsmittel<br />
verwenden; Sachverhalte schriftlich darlegen; Gespräche <strong>und</strong> Diskussionen mit<br />
Gleichaltrigen <strong>und</strong> Erwachsenen führen.<br />
� Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
Grobmotorische Bewegungsabläufe planen, koordinieren <strong>und</strong> nachmachen;<br />
Feinmotorische Bewegungsabläufe planen, koordinieren <strong>und</strong> nachmachen;<br />
Zeichen- <strong>und</strong> Schreibgeräte kontrolliert führen; Beide Hände unterschiedlich <strong>und</strong><br />
dennoch kontrolliert einsetzen.<br />
� Für sich selber sorgen:<br />
Sich an- <strong>und</strong> ausziehen; Auf Körperpflege, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Ernährung achten;<br />
Sich vor gefährlichen Situationen schützen; Keine schädlichen Substanzen<br />
konsumieren.<br />
� Umgang mit Menschen:<br />
Mit anderen Menschen der Situation entsprechend Kontakt aufnehmen; Achtung,<br />
Wärme <strong>und</strong> Toleranz entgegenbringen <strong>und</strong> annehmen; Nähe <strong>und</strong> Distanz regeln;<br />
Mit Kritik umgehen; Fre<strong>und</strong>e finden <strong>und</strong> behalten.<br />
� Freizeit, Erholung <strong>und</strong> Gemeinschaft:<br />
Am gemeinschaftlichen Leben teilnehmen; An Aktivitäten von Vereinen, Clubs,<br />
Organisationen teilnehmen; In Spiele <strong>und</strong> anderen Freizeitaktivitäten einbezogen<br />
sein/Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe; Hobbies pflegen; Alleine <strong>und</strong>/oder<br />
mit anderen zusammen spielen; Sich erholen.<br />
35
Lebensbereiche auf der Gr<strong>und</strong>lage der ‚Internationalen Klassifikation der<br />
Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘<br />
4.3. Auswahl von drei Lebensbereichen als Anhaltspunkt für unsere<br />
Beobachtungen<br />
In unserer Arbeit wollen wir den Fokus auf die drei Bereiche „Umgang mit<br />
Anforderungen“, „Bewegung <strong>und</strong> Mobilität“ <strong>und</strong> „Umgang mit Menschen“ legen, da wir der<br />
Meinung sind, die psychomotorische Gruppenförderung könne vor allem für diese<br />
Lebensbereiche ein Gewinn sein.<br />
Während den Förderst<strong>und</strong>en haben wir darum Beobachtungen zum Verhalten der Kinder<br />
in den entsprechenden Bereichen festgehalten. Weitere Beobachtungen, die sich nicht<br />
den drei Bereichen zuordnen liessen, haben wir in der Kategorie „Anderes“ notiert (vgl.<br />
Kap. 6.4.1., S. 74).<br />
Die Resultate aus den Testungen mit den Kindern sind ebenfalls nach dem ICF-Raster<br />
dargestellt. Somit wird die Datenübertragung in das SSG erleichtert (vgl. Kap. 6.2.2. &<br />
6.2.3., S. 45-47).<br />
36
Screening-Verfahren als Ausgangspunkt unseres Projektes<br />
5. Screening-Verfahren als Ausgangspunkt unseres<br />
Projektes<br />
5.1. Beschreibung der psychomotorischen Vorabklärung von Prof. Dr.<br />
Martin Vetter <strong>und</strong> der Dipl. Päd. Karoline Sammann<br />
(vgl. Vetter & Sammann, 2009)<br />
Die Vorabklärung setzt sich zusammen aus einem Vorgespräch mit den Eltern, einem aus<br />
bekannten Tests <strong>und</strong> Verfahren entwickelten psychomotorischen Screening (inkl.<br />
Auswertung) sowie einem abschliessenden Elterngespräch. Die Ergebnisse der<br />
Vorabklärung werden in einem zur ICF <strong>und</strong> zum schulischen Standortgespräch<br />
kompatiblen Vorbereitungsbogen dokumentiert.<br />
Die psychomotorische Vorabklärung soll generell einen möglichen psychomotorischen<br />
Unterstützungsbedarf abklären <strong>und</strong> ist keine differenzierte Abklärung welche konkrete<br />
Förder- oder Therapieziele herausfiltert. Das darin ausgeführte Screening ist als<br />
Grobanalyse zu betrachten <strong>und</strong> kann als Vorstufe zur psychomotorischen Abklärung<br />
angesehen werden.<br />
Wir werden uns anschliessend nur mit dem Aufbau des Screenings auseinandersetzen<br />
<strong>und</strong> nicht die gesamte Vorabklärung ins Auge fassen, da wir uns im Rahmen unserer<br />
Arbeit vor allem mit dem Screening befasst haben.<br />
Das Screening besteht aus Subtests <strong>und</strong> Aufgaben bekannter Verfahren. Es handelt sich<br />
dabei um standardisierte <strong>und</strong> normierte Testverfahren, welche psychomotorische<br />
Kompetenzen aus den Bereichen Grob-, Fein- <strong>und</strong> Grafomotorik, des Selbstkonzeptes,<br />
der Wahrnehmung, Konzentration <strong>und</strong> Aufmerksamkeit erfassen.<br />
Folgende Testverfahren finden in der Zusammenstellung des Screenings ihre Anwendung<br />
(vgl. Vetter & Sammann, 2009, S. 27):<br />
� Grobmotorik: Movement Assessment Battery for Children (M-ABC2)<br />
� Selbstkonzept: Harter Skalen<br />
� Wahrnehmung, Konzentration <strong>und</strong> Aufmerksamkeit: Frostigs Entwicklungstest<br />
der visuellen Wahrnehmung 2 (FEW-2), Kaseler Konzentrations Aufgabe (KKA),<br />
bp-Test aus Basisdiagnostik Umschriebener Entwicklungsstörungen im<br />
Gr<strong>und</strong>schulalter (BUEGA)<br />
� Grafomotorik: Grafomotorische Testbatterie (GMT), Grafomotorisches<br />
Komplexbild (GMK), Qualitative Schriftprobe<br />
37
Screening-Verfahren als Ausgangspunkt unseres Projektes<br />
Für die Zusammenstellung des Screenings wird man auf einen fixen Bestandteil<br />
(sogenannter Basis-Bausteinkasten), dessen Durchführung immer empfohlen wird <strong>und</strong><br />
variabel einzusetzende Bausteine (sogenannter Optionaler-Bausteinkasten) hingewiesen.<br />
Der Basis-Bausteinkasten stellt sich aus Aufgaben folgender Verfahren zusammen:<br />
� M-ABC2<br />
� Harter Skalen<br />
� KKA, bp-Test<br />
� GMT, Schriftprobe<br />
Folgende Aufgaben aus der M-ABC 2 stehen für den Screening-Baustein Grobmotorik<br />
zur Auswahl:<br />
� BF1 zweihändiges Bohnensäckchenfangen (bis 6 Jahre), zweihändiges Ballfangen<br />
(ab 7 Jahre)<br />
� BL1 Ein-Bein-Stand (bis 6 Jahre), Ein-Bein-Balance (ab 7 Jahre)<br />
� BL2 Mattenhüpfen 1 (bis 6 Jahre), Mattenhüpfen 2 (ab 7 Jahre)<br />
Folgende Aufgaben aus den Harter Skalen stehen für den Screening-Baustein<br />
Selbstkonzept zur Auswahl:<br />
� Kognitive Kompetenz (bis 2. Klasse)<br />
� Peerakzeptanz (bis 2. Klasse)<br />
� Sportkompetenz (bis 2. Klasse)<br />
→ Items zur Mutterakzeptanz werden jeweils nicht durchgeführt!<br />
Folgende Testverfahren stehen für den Screening-Baustein Aufmerksamkeit/<br />
Konzentration zur Auswahl:<br />
� KKA für 3-8-jährige Kinder<br />
� bp-Test (aus BUEGA) für 1. bis 5. Klasse<br />
Folgende Aufgaben aus verschiedenen Testverfahren stehen für den Screening-<br />
Baustein Grafomotorik zur Auswahl:<br />
� M-ABC2, HG3 Spur nachzeichnen<br />
� GMT, GT (bis 6;11 Jahre)<br />
� Schriftprobe, bei Bedarf GMT GT (ab 7 Jahre)<br />
� GMT, SZT (bis 6;11 Jahre)<br />
� Qualitative Auswertung der Strichprobe<br />
38
Screening-Verfahren als Ausgangspunkt unseres Projektes<br />
Der Optionaler-Bausteinkasten beinhaltet Aufgaben aus folgenden Verfahren:<br />
� Baustein Grobmotorik: M-ABC2<br />
� Baustein Selbstkonzept: Harter Skalen, BSSK<br />
� Baustein Aufmerksamkeit: KKA, bp-Test<br />
� Baustein Wahrnehmung: FEW2<br />
� Baustein Grafomotorik: GMT, GMK, Schriftprobe<br />
Die Durchführungsdauer sollte insgesamt ca. 60 bis 90 Minuten dauern. Für den Einstieg<br />
mit einer strukturierten Spielsituation werden ca. 10 Minuten empfohlen. Der Basis-<br />
Bausteinkasten sollte in ca. 30 Minuten durchgeführt werden. Für den Optionaler-<br />
Bausteinkasten werden 30 Minuten zur Verfügung gestellt. Für das anschliessende<br />
Eltern-/Kindgespräch werden 30 Minuten einberechnet.<br />
Für Kinder, bei welchen noch keine detaillierte Vorinformationen bestehen, eignet sich die<br />
Durchführung des Basis-Bausteinkasten. Die darin enthaltenen Aufgaben können den<br />
psychomotorischen Entwicklungsstand des Kindes erfassen.<br />
Die Anwendung des Optionalen-Bausteinkastens ist hilfreich, falls Vorinformationen<br />
vorhanden sind <strong>und</strong> geprüft werden soll, ob eine psychomotorische Förderung angezeigt<br />
ist oder ein Förderbedarf in einem anderen Therapiebereich besteht. Dasselbe gilt, wenn<br />
das Kind während dem Screening in einem bestimmten Bereich psychomotorischen<br />
Förderbedarf zeigt.<br />
39
Screening-Verfahren als Ausgangspunkt unseres Projektes<br />
5.2. Begründung für die Wahl des Verfahrens<br />
Wir haben das Screening-Verfahren ausgewählt, weil:<br />
- die psychomotorische Vorabklärung für Kinder von Privatschulen ein im Sommer 2009<br />
neu entwickeltes Verfahren <strong>und</strong> dadurch auf dem neusten Stand ist.<br />
- Herr Martin Vetter <strong>und</strong> Frau Karoline Sammann auf bekannte Tests <strong>und</strong> Verfahren<br />
zurückgreifen, welche hohe Testgütekriterien aufweisen. Daher zeichnet sich das<br />
Screening-Verfahren unserer Meinung nach durch eine hohe Qualität aus.<br />
- das Verfahren zu einem ersten groben Überblick über die psychomotorischen<br />
Kompetenzen des Kindes verhilft. Für unser Projekt war es nicht nötig, dass wir eine<br />
ausführliche psychomotorische Abklärung mit dem Kind durchführten. Bei der Hälfte<br />
der Kinder zumindest war die Notwendigkeit zur Therapie auf Testergebnisse gestützt.<br />
Das Screening-Verfahren ist also eine Vorabklärung <strong>und</strong> soll den psychomotorischen<br />
Abklärungsbedarf überprüfen. Für uns war das Screening in dieser Hinsicht optimal,<br />
da wir herausfinden wollten, in welchen psychomotorischen Bereichen das Kind den<br />
grössten Förderbedarf hatte.<br />
- das Screening alle psychomotorischen Kompetenzen aus den Bereichen der Grob-,<br />
Fein- <strong>und</strong> Grafomotorik, des Selbstkonzeptes, der Sozialkompetenz, der<br />
Wahrnehmung <strong>und</strong> Konzentration erfasst. Die Beschränkung liegt auf jenen drei<br />
Bereichen (Umgang mit Anforderungen, Bewegung <strong>und</strong> Mobilität, Umgang mit<br />
Menschen), über welche die Psychomotoriktherapie vor allem Aussagen machen<br />
kann.<br />
- das Verfahren auf die Kinder zwischen vier <strong>und</strong> acht Jahren zugeschnitten ist. Dies ist<br />
auch in etwa der Altersbereich, den wir für unser Projekt ausgewählt haben.<br />
- wir es hinsichtlich der Neuerungen im sonderpädagogischen Bereich ausserdem sehr<br />
wichtig finden wir, dass die Ergebnisse des Screenings kompatibel zur ‚Internationalen<br />
Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (ICF)‘ <strong>und</strong> zum<br />
‚Schulischen Standortgespräch (SSG)‘ sind.<br />
- die einzelnen Bausteine des Screenings in beliebiger Reihenfolge durchgeführt<br />
werden können. Zudem gibt es Aufgaben, die dem Kinde entsprechend angepasst<br />
werden können.<br />
- der Zeitaufwand deutlich geringer als bei einer psychomotorischen Abklärung ist, da<br />
jeweils nicht die gesamten Testverfahren durchgeführt werden.<br />
40
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6. Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der<br />
PMT-Warteliste<br />
6.1. Projektbeschrieb: Zeitlicher <strong>und</strong> organisatorischer Ablauf<br />
6.1.1. Projektidee<br />
Der Inhalt unseres Projektes soll ein psychomotorisches Gruppenangebot für Kinder auf<br />
der PMT-Warteliste im Alter von sechs bis sieben Jahren darstellen.<br />
Unsere Förderst<strong>und</strong>en stellen ein Übergangsangebot dar <strong>und</strong> werden Eltern von<br />
betroffenen Kindern angeboten. Mit unserem Projekt verfolgen wir das Konzept einer<br />
psychomotorischen Gruppenförderung. Diese grenzt sich deutlich von der<br />
Psychomotoriktherapie ab (vgl. Kap. 3.1., S. 14).<br />
Mit dem Programm der Förderst<strong>und</strong>en wollen wir auf die natürlichen<br />
Bewegungsbedürfnisse der Kinder eingehen <strong>und</strong> die Arbeit in gezielten Förderbereichen<br />
ermöglichen.<br />
Weiter soll diese psychomotorische Gruppenförderung so gestalten sein, dass die<br />
Weiterführung durch andere PsychomotorikstudentInnen gewährleistet ist.<br />
6.1.2. Planung <strong>und</strong> Meilensteine<br />
Nach der Untersuchung der Problemstellung durch die Kontaktaufnahme mit dem<br />
Verband schweizerischer Psychomotoriktherapeutinnen <strong>und</strong> -therapeuten während den<br />
Sommerferien 2010 (KW25–27) versendeten wir ein kurzes Informationsmail zu unserem<br />
Projekt an die Psychomotorik-Stellen des Kanton Zürichs.<br />
Daraufhin meldeten sich ein paar interessierte Psychomotorik-Stellen bei uns, wobei<br />
mehrere davon sich in grösserer Entfernung zu Zürich befanden. Aus praktischen <strong>und</strong><br />
zeitlichen Gründen entschieden wir uns deshalb, als erstes mit der<br />
Psychomotoriktherapeutin Andrea Aegerter vom Schulhaus Sonnenberg in Thalwil<br />
Kontakt aufzunehmen <strong>und</strong> den anderen Psychomotorik-Stellen vorerst abzusagen.<br />
In unserem ersten Treffen (KW36) mit Andrea Aegerter stellten wir unser Projekt kurz vor<br />
<strong>und</strong> erstellten anschliessend (auf ihren Wunsch) ein kurzes Abstract für die Schulleitung.<br />
In der gleichen Woche befassten wir uns mit zwei bereits bestehenden Praxiskonzepten<br />
in Willisau <strong>und</strong> Zürich-Seebach <strong>und</strong> hospitierten diese nach Möglichkeit.<br />
In der anschliessenden Woche (KW37) wurde unser Projekt in der Elternratssitzung des<br />
Schulhauses Sonnenberg in Thalwil genehmigt <strong>und</strong> wir erhielten eine definitive Zusage.<br />
Andrea Aegerter suchte daraufhin nach möglichen freien Räumen für das Screening <strong>und</strong><br />
die Durchführung des Projektes. Dies war für uns zugleich der definitive Startschuss.<br />
41
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
In den darauffolgenden Wochen (KW38–39) setzten wir uns nochmals mit Andrea<br />
Aegerter zusammen, analysierten die bestehende Psychomotorik-Warteliste <strong>und</strong> wählten<br />
vierzehn Kinder aus.<br />
Während wir ein Anmeldungs- <strong>und</strong> Informationsblatt für die Eltern dieser Kinder erstellten<br />
<strong>und</strong> uns für ein definitives Screening (Vetter & Sammann, 2009) entschieden, kontaktierte<br />
Andrea Aegerter die ausgewählten Familien <strong>und</strong> kündigte ihnen unser Anruf an.<br />
Anschliessend meldeten wir uns bei den besagten Familien <strong>und</strong> erhielten zehn Zusagen.<br />
Diesen Familien sendeten wir das Informations- <strong>und</strong> Anmeldeblatt sowie ein frankiertes<br />
Couvert für das Zurücksenden eines Talons zur Erlaubnis von Video- respektive<br />
Fotoaufnahmen.<br />
Die Hälfte dieser Kinder waren bereits durch Andrea Aegerter abgeklärt worden (vgl. Kap.<br />
6.2.2., S. 45). Mit den Eltern der anderen fünf Kinder vereinbarten wir telefonisch einen<br />
Termin für ein Einzelscreening (KW40). Eines dieser fünf Kinder war bereits in den Ferien<br />
<strong>und</strong> wurde daher nach den Herbstferien (KW43) kurz vor unserem Projektbeginn<br />
abgeklärt (vgl. Kap. 6.2.3., S. 46). Auf ein Elterngespräch haben wir aus zeitlichen<br />
Gründen verzichtet.<br />
In den darauffolgenden Wochen (KW41–42) werteten wir unsere Screenings aus,<br />
analysierten die Resultate der bereits abgeklärten fünf Kinder, entschieden uns für ein<br />
definitives Konzept (nach Renate Zimmer), filterten Förderbereiche <strong>und</strong> -inhalte heraus<br />
<strong>und</strong> begannen mit den Vorbereitungen der ersten paar Förderst<strong>und</strong>en.<br />
Die Eltern eines Kindes meldeten kurz vor Beginn der Projektdurchführung ihr Kind ab,<br />
weil sie den Video- <strong>und</strong> Fotoaufnahmen doch nicht zustimmen konnten. Also starteten wir<br />
unser Projekt (KW43) mit neun Kindern. Während der Projektdurchführung (KW43–50)<br />
hielten wir unsere Beobachtungen fest <strong>und</strong> beschäftigten uns mit den Vor- <strong>und</strong><br />
Nachbereitungen der Förderst<strong>und</strong>en. In unserer letzten Förderst<strong>und</strong>e (KW50) füllten die<br />
Kinder den Fragebogen aus <strong>und</strong> wir beendeten damit unser Projekt.<br />
Nach Beendigung des Projektes kontaktierten wir die Eltern der Kinder <strong>und</strong> führten ein<br />
kurzes Telefoninterview durch (KW51).<br />
In der anschliessenden Woche (KW52) werteten wir sowohl die Kinderfragebogen als<br />
auch die Telefoninterviews der Eltern aus.<br />
42
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.1.3. Rahmenbedingungen<br />
Die definitiven Rahmenbedingungen für die Durchführung unseres Projektes sahen<br />
folgendermassen aus:<br />
Ort: Schulhaus Sonnenberg, Turnhalle 2, Thalwil<br />
Zeit: Freitag 14.00–15.00 Uhr, Woche 43–50 (8 Förderst<strong>und</strong>en)<br />
Start: Freitag, den 29. Oktober 2010<br />
Kinderanzahl: 9 Kinder<br />
6.2. Umsetzung der Projektidee<br />
6.2.1. Auswahl der Kindergruppe<br />
Auf der Psychomotoriktherapie-Warteliste von Thalwil waren über 20 Kinder zu finden.<br />
Wir haben uns dazu entschieden, die Auswahl auf Kindergärtner <strong>und</strong> Erstklässler zu<br />
beschränken, um in Bezug auf das Alter <strong>und</strong> den Entwicklungsstand eine möglichst<br />
einheitliche Gruppe zusammenzustellen. Da die Kinder in diesem Alter relativ grosse<br />
Entwicklungsschritte machen, ist es schwierig in einer gemischten Altersgruppe auf die<br />
verschiedenen Anforderungsniveaus einzugehen. Bei einem zu grossen Altersunterschied<br />
wären die jüngeren Kinder zudem überfordert. Die älteren Kinder wiederum würden sich<br />
langweilen <strong>und</strong> zu kurz kommen.<br />
Wir sind der Meinung, dass die Kinder im Kindergartenalter möglichst breit gefördert<br />
werden müssen. In dieser Lebensphase werden die vielfältigsten Erfahrungen gemacht,<br />
welche die spätere Entwicklung prägen. Die psychomotorischen Förderst<strong>und</strong>en<br />
ermöglichen den Kindern diese gr<strong>und</strong>legenden Erfahrungen zu machen, welche später oft<br />
nicht mehr aufgeholt werden können.<br />
Kinder sind mit dem Übertritt vom Kindergarten in die Schule mit einer grossen<br />
Veränderung konfrontiert. Diesen Übergang <strong>und</strong> die dazugehörenden<br />
Entwicklungsschritte können wir mit den Psychomotorik-Förderst<strong>und</strong>en begleiten.<br />
Die im Kindergarten intensiv erlebten Bereiche Spiel <strong>und</strong> Bewegung bleiben weiterhin ein<br />
Bedürfnis der Erstklässler. Die Kinder können den Bewegungsdrang <strong>und</strong> die<br />
Selbstwirksamkeit durch die kreative Betätigung in den St<strong>und</strong>en weiterhin ausleben. Ein<br />
weiterer Bereich ist die Grafomotorik, welche in den Förderst<strong>und</strong>en aufgenommen wird.<br />
Die Kinder beginnen in der ersten Klasse den Lernprozess des Schreibens. Einige Kinder<br />
zeigen dabei Schwierigkeiten, welche in den Förderst<strong>und</strong>en aufgefangen werden können.<br />
In den St<strong>und</strong>en üben sich die Kinder in den Basisfunktionen der Schrift.<br />
43
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Durch die Altersbeschränkung sank die Anzahl von 20 Kindern auf 14 Kindergärtner <strong>und</strong><br />
Erstklässler. Schliesslich meldeten neun Eltern ihr Kind definitiv an (vgl. Kap. 6.1.2., S. 41<br />
f.)<br />
44
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.2.2. Resultate aus der psychomotorischen Abklärung von Frau Aegerter<br />
Andrea Aegerter hat mit fünf Kindern bereits eine psychomotorische Abklärung im August<br />
<strong>und</strong> September 2010 durchgeführt. Dafür hat sie sich auf die Testverfahren ‚Motoriktest<br />
für 4- bis 6-jährige Kinder (MOT 4-6)‘, ‚Diagnostisches Inventar motorischer<br />
Basiskompetenzen (DMB-Screening)‘, ‚Zürcher Neuromotoriktest‘, ‚Naville Abklärung‘,<br />
‚Movement Assessment Battery for Children (M-ABC)‘ <strong>und</strong> ‚Grafomotorische Testbatterie<br />
(GMT)‘ gestützt.<br />
Die folgenden Förderbereiche (<strong>und</strong> Ressourcen) hat Frau Aegerter aufgr<strong>und</strong> der<br />
durchgeführten Abklärung für die fünf Kinder bestimmt. Die Bereiche sind nach den drei<br />
ausgewählten Kategorien aus der ICF geordnet.<br />
Tabelle 1: Abgeleitete Förderbereiche <strong>und</strong> -themen aus der psychomotorischen Abklärung<br />
von Andrea Aegerter<br />
Name Umgang mit Bewegung <strong>und</strong> Mobilität Umgang mit Anderes<br />
Anforderungen<br />
G.C. Körperwahrnehmung,<br />
Körperschema, Schneiden,<br />
Strichführung, Anspannung-<br />
Entspannung erleben,<br />
Stifthaltung, Motorische<br />
Unruhe<br />
Ressourcen: Grobmotorik<br />
E.B. Arm-Bein-Koordination,<br />
R.G. Führen <strong>und</strong><br />
führen lassen<br />
M.P. Setzt sich selber<br />
unter Druck,<br />
Selbstkonzept,<br />
Umgang mit den<br />
eigenen<br />
Schwächen <strong>und</strong><br />
Stärken<br />
Werfen & Fangen<br />
(Visuomotorik),<br />
Gleichgewicht, Dissoziation,<br />
automatisierte Bewegungen<br />
Bewegungsabläufe, Tonus,<br />
automatisierte Bewegungen,<br />
Werfen & Fangen,<br />
Grafomotorik (Visuomotorik)<br />
Hoher Tonus (auch in der<br />
Grafomotorik),<br />
Raumerfassung <strong>und</strong><br />
-orientierung,<br />
Bewegungsfluss,<br />
Gleichgewicht<br />
Menschen<br />
Ressourcen:<br />
spricht viel<br />
Ressourcen:<br />
Kognition<br />
45
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
D.P. Rhythmische<br />
Bewegungsfolgen (aufgr<strong>und</strong><br />
von wenig<br />
Bewegungserfahrung),<br />
Stifthaltung (4-Punkte-Griff),<br />
Strichführung, Schneiden,<br />
Raumorientierung,<br />
Körpererfahrung <strong>und</strong><br />
-orientierung<br />
Hört sehr<br />
wenig auf<br />
einem Ohr<br />
(rechte<br />
Seite), Loch<br />
im Herz<br />
6.2.3. Resultate aus der psychomotorischen Vorabklärung (Screening<br />
nach ICF)<br />
Von den anderen vier Kindern lagen uns nachfolgende Anmeldungsgründe für die<br />
Psychomotoriktherapie von den Kindergärtnerinnen <strong>und</strong> Lehrpersonen vor. Die<br />
Förderbereiche sind wiederum geordnet nach den Kategorien aus der ICF.<br />
Tabelle 2: Anmeldungsgründe für die Psychomotoriktherapie von Kindergärtnerinnen <strong>und</strong><br />
Lehrpersonen<br />
Name Umgang mit Bewegung <strong>und</strong> Mobilität Umgang mit Anderes<br />
Anforderungen<br />
M.R. Motorische Auffälligkeiten<br />
M.S. Konzentrationsphase<br />
relativ kurz<br />
in gezielten Bewegungen,<br />
Mitbewegungen der Arme,<br />
Zunge etc.<br />
Grobmotorisch unsicher &<br />
ängstlich, kann<br />
Bewegungen noch nicht<br />
wirklich dosieren,<br />
zappelig, hektisch,<br />
feinmotorische<br />
Schwierigkeiten<br />
B.S. Unsicherheit <strong>und</strong><br />
Ängstlichkeit in der<br />
Grobmotorik (Hüpfen, von<br />
etw. herunterspringen).<br />
Ziel: Sicherer <strong>und</strong> lockerer<br />
werden (enorme<br />
Fortschritte gemacht).<br />
Menschen<br />
Frühgeburt,<br />
Zwilling<br />
46
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
N.S. Selbstsicherheit<br />
stärken<br />
Grafomotorik unterstützen:<br />
sehr unsichere<br />
Strichführung, wenig<br />
Druck, Stifthaltung noch<br />
immer schwierig, sowie<br />
Schneiden <strong>und</strong><br />
Leimdosierung,<br />
Körperspannung<br />
Mit diesen vier Kindern haben wir die psychomotorische Vorabklärung, ein Screening<br />
nach ICF (vgl. Kap. 5, S. 37 ff.) durchgeführt. Unser Ziel war es, eine Grobeinschätzung<br />
der grob- <strong>und</strong> feinmotorischen Fähigkeiten sowie ein Bild ihres Selbstkonzeptes zu<br />
erhalten.<br />
Für das Screening haben wir Aufgaben aus den vorgeschlagenen standardisierten<br />
Testverfahren verwendet. Angewendet nach den entsprechenden testeigenen Kriterien<br />
haben wir die Tests ‚MABC-2‘, ‚Das Grafomotorische Komplexbild (GMK)‘, ‚Die<br />
Grafomotorische Testbatterie (GMT)‘ <strong>und</strong> die ‚Harter Skalen‘.<br />
Jedes der vier Kinder wurde für ca. eine St<strong>und</strong>e in den Psychomotorikraum in Thalwil<br />
eingeladen, in welchem wir die Testaufgaben in beliebiger Reihenfolge durchführten.<br />
Nach der Auswertung der einzelnen Tests hielten wir die Resultate fest (unten ersichtlich).<br />
Vom MABC-2 haben wir vier Untertests <strong>und</strong> vom GMT drei Untertests verwendet. Die<br />
Harter Skalen sind in drei Kategorien unterteilt.<br />
Beim ‚Grafomotorischen Komplexbild‘ haben wir den Fokus darauf gelegt, welche<br />
Schwierigkeiten das Kind bei der Durchführung der Aufgabe zeigt.<br />
(vgl. Tabellen 7-10, S. 49 f.).<br />
47
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Tabelle 3: Resultate aus dem Screening mit M.R.<br />
HG3 BF1 BL1 BL3 GT SZT GMT Kogn. Peer Sport<br />
MABC2 7 8 7 11<br />
GMT RW18<br />
Harter<br />
Skalen<br />
PR 15<br />
RW 2<br />
PR 20<br />
RW 6<br />
PR 5<br />
16 24 20<br />
Tabelle 4: Resultate aus dem Screening mit M.S.<br />
HG3 BF1 BL1 BL3 GT SZT GMT Kogn. Peer Sport<br />
MABC2 4 8 10 12<br />
GMT RW23<br />
Harter<br />
Skalen<br />
PR 60<br />
RW 3<br />
PR 40<br />
RW11<br />
PR 80<br />
13 17 17<br />
Tabelle 5: Resultate aus dem Screening mit B.S.<br />
HG3 BF1 BL1 BL3 GT SZT GMT Kogn. Peer Sport<br />
MABC2 11 9 8 1<br />
GMT RW13<br />
Harter<br />
Skalen<br />
PR 10<br />
RW 0<br />
PR 5<br />
RW 9<br />
PR 60<br />
13 8 14<br />
Tabelle 6: Resultate aus dem Screening mit N.S.<br />
HG3 BF1 BL1 BL3 GT SZT GMT Kogn. Peer Sport<br />
MABC2 7 8 14 11<br />
GMT RW35<br />
Harter<br />
Skalen<br />
PR 95<br />
RW 2<br />
PR 20<br />
RW17<br />
PR 80<br />
22 14 21<br />
Abkürzungen: HG3 = Untertest Spur nachzeichnen 1, BF1 = Bohnensäckchen fangen,<br />
BL1 = Ein-Bein-Stand, BL3 = Mattenhüpfen [Standartwerte]<br />
GT = Graphestesia Test, SZT = Symmetrie-Zeichen-Test,<br />
GMT = Grafomotorischer Test [Rohwerte <strong>und</strong> dazugehörende Prozentränge]<br />
Kogn. = Kognitive Kompetenz, Peer = Peerakzeptanz, Sport = Sportkompetenz<br />
[Anzahl Punkte von einem Maximum von je 24 Punkten]<br />
48
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Tabelle 7: Resultate aus dem GMK, Schwierigkeiten von M.R. im Bereich Grafomotorik<br />
GMK von M.R.<br />
Arbeitsatmosphäre Abgelenkt<br />
Körper- <strong>und</strong> Sitzhaltung Schlaffe Körperhaltung, malt “mit der Nase“<br />
Feinmotorische<br />
Handgelenk blockiert, verkrampfte Schreibhand/auswärts<br />
Geschicklichkeit<br />
gedreht, 3-Punktegriff mit Daumen über Zeigefinger/<br />
übereinandergelegte Finger<br />
Visuomotorische<br />
Stockende <strong>und</strong> ungezielte/überschiessende<br />
Koordination/Strichführung Bewegungssteuerung, starker Schreibdruck (verstärkt sich<br />
mit Zunahme der Schwierigkeit), eher starke<br />
Abweichungen bei Wiederholung einer Form<br />
Visuelle Wahrnehmung/ Erkennt Raumanordnung der Kreise nicht, erkennt die<br />
Formerfassung<br />
verschiedenen Stellungen der Elemente nicht<br />
Grafomotorische<br />
Beherrscht die Gr<strong>und</strong>elemente wenig sicher, malt die<br />
Gr<strong>und</strong>elemente<br />
Elemente zu gross oder zu klein, Gestaltanordnung<br />
bezüglich der Raumlage nicht umgesetzt, räumliche<br />
Beziehung der Elemente zueinander ungenau,<br />
ungleichmässiges Überlagern <strong>und</strong> Überkreuzen der<br />
Elemente, Zusammensetzung von Einzelelementen zu<br />
Mustern ungleichmässig<br />
Tabelle 8: Resultate aus dem GMK, Schwierigkeiten von M.S. im Bereich Grafomotorik<br />
GMK von M.S.<br />
Arbeitsatmosphäre Schwatzt/erzählt immer wieder<br />
Mimik <strong>und</strong> Gestik Macht Pausen; äussert verbal, dass es anstrengend ist<br />
Körper- <strong>und</strong> Sitzhaltung Sitzt eher vorne auf dem Stuhl<br />
Feinmotorische<br />
Geschicklichkeit<br />
4-Punktegriff, hält den Stift weit vorne<br />
Visuomotorische<br />
Hat ein eher schnelles Tempo, eher starke Abweichungen<br />
Koordination/Strichführung bei Wiederholung einer Form<br />
Visuelle Wahrnehmung/<br />
Formerfassung<br />
Grafomotorische<br />
Gr<strong>und</strong>elemente<br />
Hat die Punkte nicht eingezeichnet, erkennt die<br />
unterschiedliche Grösse <strong>und</strong> die zentrierte Anordnung der<br />
Kreise nicht, die verschiedenen Stellungen der Elemente<br />
sind nicht überall motorisch umgesetzt, muss immer<br />
wieder ermuntert werden genau hinzusehen, um nichts zu<br />
übersehen<br />
Beherrscht die Gr<strong>und</strong>elemente sicher bis wenig sicher<br />
(Kreise), Kreise sind nicht immer geschlossen, einzelne<br />
Elemente malt er zu gross, Gestaltanordnung bezüglich<br />
der Raumlage wurde bei den Ballonen, Seifenblasen <strong>und</strong><br />
dem Gras nicht umgesetzt, Anordnung der Elemente<br />
ungenau, ungleichmässiges Überlagern <strong>und</strong> Überkreuzen<br />
der Elemente, Zusammensetzung von Einzelelementen zu<br />
Mustern ungleichmässig<br />
49
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Tabelle 9: Resultate aus dem GMK, Schwierigkeiten von B.S. im Bereich Grafomotorik<br />
GMK von B.S.<br />
Arbeitsatmosphäre Unterbricht Arbeit, zwischendurch abgelenkt<br />
Mimik <strong>und</strong> Gestik Macht Pausen, atmet tief durch, gähnt<br />
Körper- <strong>und</strong> Sitzhaltung Sitzt eher vorne, stützt/legt Kopf manchmal auf linken Arm<br />
Feinmotorische<br />
Zeigefinger durchgedrückt, Daumen über Zeigefinger<br />
Geschicklichkeit<br />
gelegt<br />
Grafomotorische<br />
Gr<strong>und</strong>elemente<br />
Überkreuzungen gelingen noch nicht (Zaun), Anordnung<br />
der Elemente eher ungenau, bei Zaun <strong>und</strong> Dach werden<br />
die Einzelelemente nicht zu Mustern zusammengesetzt/<br />
ungleichmässig<br />
Tabelle 10: Resultate aus dem GMK, Schwierigkeiten von N.S. im Bereich Grafomotorik<br />
GMK von N.S.<br />
Feinmotorische<br />
Geschicklichkeit<br />
Visuomotorische<br />
Koordination/Strichführung<br />
Visuelle Wahrnehmung/<br />
Formerfassung<br />
Grafomotorische<br />
Gr<strong>und</strong>elemente<br />
Unterarm blockiert, Schreibhand steif/verkrampft, hält Stift<br />
weit vorne, durchgedrückte Finger, wenig Fingerbewegung<br />
/verkrampft<br />
Ausfahrende Bewegungssteuerung, starker Schreibdruck<br />
(verstärkt sich mit Zunahme der Schwierigkeit)<br />
Erkennt Raumanordnung der Kreise nicht<br />
Beherrscht die Gr<strong>und</strong>elemente wenig sicher, räumliche<br />
Beziehung der Elemente zueinander ungenau (man sieht<br />
die Bemühung es genau machen zu wollen!),<br />
ungleichmässiges Überlagern <strong>und</strong> Überkreuzen der<br />
Elemente, Zusammensetzung von Einzelelementen zu<br />
Mustern ungleichmässig<br />
50
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.2.4. Auswahl der Förderbereiche <strong>und</strong> Förderinhalte<br />
Als Zusammenfassung der Resultate aus der psychomotorischen Abklärung, dem<br />
psychomotorischen Screening <strong>und</strong> den Anmeldungsgründen hielten wir für jedes Kind die<br />
Förderschwerpunkte fest.<br />
Fett markiert sind jene Bereiche, zu denen wir mit den Inhalten der psychomotorischen<br />
Förderst<strong>und</strong>en einen unterstützenden Beitrag leisten wollten (vgl. Kap. 6.2.4., S. 53). Dies<br />
war die Gr<strong>und</strong>lage für die Planung der acht St<strong>und</strong>en.<br />
Tabelle 11: Zusammenfassende Förderschwerpunkte für die einzelnen Kinder<br />
Name Umgang mit Bewegung <strong>und</strong> Umgang mit Anderes<br />
Anforderungen Mobilität<br />
Menschen<br />
G.C. Körperwahrnehmung,<br />
Körperschema,<br />
Anspannung-<br />
Entspannung erleben<br />
Stifthaltung,<br />
Schneiden,<br />
Strichführung<br />
Ressourcen:<br />
Grobmotorik<br />
E.B. Arm-Bein-<br />
Koordination, Werfen<br />
& Fangen<br />
(Visuomotorik),<br />
Gleichgewicht,<br />
Dissoziation,<br />
automatisierte<br />
R.G. Führen <strong>und</strong> führen<br />
lassen<br />
Bewegungen<br />
Bewegungsabläufe,<br />
Körperspannung,<br />
automatisierte<br />
Bewegungen, Werfen &<br />
Fangen<br />
M.P. Selbstkonzept,<br />
Grafomotorik<br />
(Visuomotorik)<br />
Kraftdosierung (auch<br />
Umgang mit den in der Grafomotorik),<br />
eigenen Schwächen Raumerfassung <strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> Stärken -orientierung,<br />
Bewegungsfluss,<br />
Gleichgewicht<br />
D.P. Rhythmische<br />
Bewegungsfolgen<br />
(aufgr<strong>und</strong> wenig<br />
Bewegungserfahrung)<br />
Raumorientierung,<br />
Körpererfahrung <strong>und</strong><br />
-orientierung<br />
Stifthaltung (4-Punkte-<br />
Griff), Strichführung,<br />
Schneiden<br />
Ressourcen:<br />
Kommunikationsfreude<br />
Ressourcen:<br />
Kognition<br />
Hört sehr<br />
wenig auf<br />
einem Ohr<br />
(rechte<br />
Seite), Loch<br />
im Herz<br />
51
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
M.R. Selbstkonzept:<br />
angemessene<br />
Selbsteinschätzung<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
Konzentration<br />
M.S. Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
Konzentration<br />
Selbstkonzept:<br />
angemessene<br />
Selbsteinschätzung<br />
B.S. Selbstkonzept:<br />
angemessene<br />
Selbsteinschätzung<br />
N.S. Selbstsicherheit<br />
stärken<br />
Fangen,<br />
Gleichgewicht,<br />
Wahrnehmen <strong>und</strong><br />
Wiedergeben von<br />
Formen, symmetrisches<br />
Zeichnen,<br />
Feinkoordination von<br />
Bewegungsabläufen,<br />
Körperhaltung,<br />
Stifthaltung,<br />
Bewegungssteuerung,<br />
Auge-Hand-<br />
Koordination, visuelle<br />
Wahrnehmung,<br />
grafomotorische<br />
Gr<strong>und</strong>elemente<br />
Grobmotorische<br />
Sicherheit,<br />
Kraftdosierung,<br />
Bewegungssteuerung<br />
Feinmotorik,<br />
symmetrisches<br />
Zeichnen, Stifthaltung,<br />
Auge-Hand-<br />
Koordination, visuelle<br />
Wahrnehmung,<br />
Strichführung,<br />
grafomotorische<br />
Gr<strong>und</strong>elemente<br />
Grobmotorische<br />
Sicherheit (Hüpfen, von<br />
etw. herunterspringen),<br />
Gleichgewicht, Hüpfen<br />
Wahrnehmen <strong>und</strong><br />
Wiedergeben von<br />
Formen, symmetrisches<br />
Zeichnen, Stifthaltung,<br />
grafomotorische<br />
Gr<strong>und</strong>elemente<br />
Fangen,<br />
Körperspannung<br />
Strichführung,<br />
Druckdosierung,<br />
Schneiden <strong>und</strong><br />
Leimdosierung, Auge-<br />
Hand-Koordination,<br />
symmetrisches<br />
Zeichnen,<br />
Fingerbewegungen,<br />
Stifthaltung,<br />
grafomotorische<br />
Gr<strong>und</strong>elemente<br />
Ressourcen:<br />
Kommunikationsfreude<br />
Fre<strong>und</strong>e<br />
finden<br />
Fre<strong>und</strong>e<br />
finden<br />
Frühgeburt,<br />
Zwilling<br />
52
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Bei den Spiel- <strong>und</strong> Förderideen von Renate Zimmer haben wir gute Parallelen zu unseren<br />
Förderschwerpunkten gef<strong>und</strong>en. Wir haben darum vor allem Spiele <strong>und</strong> Aufgaben von ihr<br />
ausgewählt, welche folgende Fähigkeiten fördern sollen:<br />
� Koordination<br />
� Körpererfahrung<br />
� Materialerfahrung<br />
� Gleichgewicht<br />
� Reaktion<br />
� Visuelle Wahrnehmung<br />
� Taktile Wahrnehmung<br />
� Kinästhetische Wahrnehmung<br />
� Tiefenwahrnehmung<br />
� Sozialerfahrung<br />
� Selbsteinschätzung<br />
� Mut<br />
� Krafteinsatz, -dosierung<br />
� Sprungkraft<br />
� Motorische Geschicklichkeit<br />
� Raumorientierung<br />
� Ausdauer<br />
� Bewegungsrhythmus<br />
� Auge-Hand-Koordination<br />
� Handlungsplanung<br />
� Anpassungsfähigkeit<br />
� Problemlösestrategien<br />
� Entspannung<br />
� Grafomotorik: Lockere Armbewegung, Stifthaltung, Bewegungsfluss, Auge-Hand-<br />
Koordination, Fingerbewegung<br />
Mögliche Parallelen zwischen unseren Förderschwerpunkten <strong>und</strong> den<br />
St<strong>und</strong>enschwerpunkten von Renate Zimmer sind beispielsweise folgende:<br />
� Fre<strong>und</strong>e finden – Sozialerfahrung<br />
� Selbstkonzept – Selbsteinschätzung, Mut<br />
� Grobmotorische Sicherheit – Körper- <strong>und</strong> Materialerfahrung<br />
Teilweise sind Begriffe der Förder- <strong>und</strong> St<strong>und</strong>enschwerpunkte deckungsgleich.<br />
Für die Schwerpunkte der Förderst<strong>und</strong>en haben wir die oben aufgeführten Begriffe von<br />
Renate Zimmer verwendet (vgl. Kap. 6.3., S. 57 ff.).<br />
53
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.2.5. Planung der Förderst<strong>und</strong>en<br />
Nach dem Vorbild Renate Zimmers geben wir unseren Förderst<strong>und</strong>en eine Struktur <strong>und</strong><br />
teilen sie in folgende vier Phasen ein: „Einstimmungsphase“, „Gruppenbezogenes<br />
Angebot“, „Individuelle, bewegungsintensive Angebote“ <strong>und</strong> „Abschlussphase“.<br />
Dessen Inhalte schildern wir nachfolgend:<br />
Einstimmungsphase: Wir holen unsere Kinder in der Garderobe ab <strong>und</strong> begrüssen sie mit<br />
einem Händedruck. Nach der Begrüssung treffen wir uns alle jeweils auf einer Matte im<br />
Sitzkreis <strong>und</strong> beginnen mit unserem St<strong>und</strong>enritual, indem wir gemeinsam überlegen, ob<br />
jemand aus der Gruppe fehlt <strong>und</strong> anschliessend unsere Regeln repetieren.<br />
Folgende Regeln stellen wir auf <strong>und</strong> kennzeichnen sie mit einem passenden Bild (vgl.<br />
Anhang D):<br />
1. Wir sorgen füreinander <strong>und</strong> lösen Streitigkeiten selbstständig.<br />
2. Wir tragen Sorge zum Material <strong>und</strong> achten darauf es nicht zu beschädigen.<br />
3. Wenn es uns im Spiel zu viel wird, rufen wir laut Stopp <strong>und</strong> die anderen Kinder<br />
haben dies zu respektieren.<br />
4. Wenn wir müde sind, gehen wir zum Ruheplatz <strong>und</strong> machen eine Pause. Es<br />
können jeweils immer nur zwei Personen gleichzeitig auf dem Ruheplatz sein.<br />
5. Wenn wir aufs WC müssen, drehen wir das WC-Schild auf „Besetzt“. Es ist jeweils<br />
immer nur ein Kind auf dem WC. Wenn man fertig ist, dreht man das WC-Schild<br />
wieder auf „Frei“.<br />
6. Wenn wir Durst haben, drehen wir das Schild mit dem Glas um. Es ist jeweils<br />
immer nur ein Kind am Trinken. Wenn man fertig ist, dreht man das Schild mit dem<br />
Glas wieder um.<br />
Gruppenbezogenes Angebot: Nach dem gemeinsamen Einstieg wählen wir ein<br />
Gruppenspiel, welches Erlebnisse des sozialen Miteinanders ermöglicht. Wir benutzen<br />
den Fallschirm als Medium für diese Gruppenspiele, weil er viele Spielvariationen<br />
ermöglicht. Dabei orientieren wir uns sowohl an Praxisbeispielen von Renate Zimmer als<br />
auch an eigenen Erfahrungen. Nach dem Gruppenspiel treffen wir uns auf der<br />
Anfangsmatte wieder.<br />
Individuelle, bewegungsintensive Angebote: Nach dem gemeinsamen Spiel, leiten wir den<br />
freien Bewegungsteil der St<strong>und</strong>e ein, indem wir kurz den Themeninhalt dieser Sequenz<br />
erklären. Anfangs wählen wir ein bestimmtes Material als Hauptthema <strong>und</strong> stellen den<br />
Kindern Bewegungsangebote mit ausschliesslich diesem Material bereit. Später wählen<br />
54
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
wir eine bestimmte Bewegungsqualität aus <strong>und</strong> stimmen die Bewegungsangebote darauf<br />
ab. Gegen Ende versuchen wir eine Bewegungsbaustelle 2 durchzuführen.<br />
Abbildung 5: Bewegungsbaustelle, 7. Förderst<strong>und</strong>e (10.12.2010)<br />
Diese drei Varianten „individueller, bewegungsintensiver Angebote“ sind gut durchführbar<br />
<strong>und</strong> liefern viele Spielideen. Wir lehnen uns dafür an Spielideen von Renate Zimmer oder<br />
den Spielkarten des „Mut tut gut!“ an. Es bleibt den Kindern überlassen, ob sie uns ins<br />
Geschehen einbeziehen oder nicht.<br />
Den Abschluss dieser Sequenz leiten wir mit einer Pfeife ein. Beim Ertönen der Pfeife<br />
versammeln sich die Kinder auf der Anfangsmatte wieder. Dort wird kurz besprochen wer<br />
was aufräumt.<br />
Abbildung 6:<br />
Grafomotorische Sequenz<br />
Abschlussphase: Nach dem Aufräumen versammeln wir uns erneut<br />
auf der Anfangsmatte <strong>und</strong> leiten die Abschlussphase ein. Je nach<br />
Verfassung der Kinder ist dies eine grafomotorische Übung auf der<br />
Langbank oder ein Entspannungsritual im Kreis/zu zweit.<br />
Bei der Grafomotorik darf man den Fokus nicht so sehr auf funktionale Aspekte lenken, da<br />
dies in der Turnhalle aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Stühle <strong>und</strong> Tische nur beschränkt umsetzbar<br />
wäre. Besser ist es, diese Sequenz als lustvollen Zugang zum Stift <strong>und</strong> zum Thema<br />
Schreiben zu sehen.<br />
Im anschliessenden Abschlusskreis auf der Anfangsmatte geben wir einen Ball herum<br />
<strong>und</strong> jedes Kind darf, sobald es denn Ball erhalten hat, sagen, was ihm am Besten gefallen<br />
hat <strong>und</strong> allenfalls einen Wunsch für die nächste St<strong>und</strong>e äussern.<br />
2 Eine Bewegungsbaustelle ist ein offenes Spielangebot, welches zur individuellen Auseinandersetzung mit dem Material<br />
<strong>und</strong> dem Raum <strong>und</strong> somit zur Handlung anregen soll.<br />
55
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Dieser Grobaufbau bleibt immer gleich. Er lässt uns aber die Möglichkeit sowohl an den<br />
St<strong>und</strong>enschwerpunkten zu arbeiten als auch auf die Bedürfnisse <strong>und</strong> Tagesverfassungen<br />
der Kinder einzugehen. So können Teile weggelassen, durch andere Angebote ersetzt<br />
oder erweitert werden.<br />
Innerhalb der verschiedenen Phasen herrscht viel Spielraum. Dies ermöglichte es uns<br />
den individuellen, bewegungsintensiven Teil der St<strong>und</strong>e immer freier zu gestalten <strong>und</strong> die<br />
Führung den Kindern abzugeben. So konnten wir auch die Wünsche der Kinder<br />
berücksichtigen <strong>und</strong> einbauen.<br />
56
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3. Projektverlauf<br />
Im Folgenden beschreiben wir die einzelnen Förderst<strong>und</strong>en mit Ablauf, Inhalt <strong>und</strong><br />
Schwerpunkten. Jeweils anschliessend gehen wir auf Besonderheiten der St<strong>und</strong>en ein.<br />
6.3.1. Erste Förderst<strong>und</strong>e<br />
Tabelle 12: 1. Förderst<strong>und</strong>e<br />
1. Lektion 29.10.2010<br />
Zeit Ablauf/Posten Material<br />
15 Min.<br />
� Hände schütteln: Bei der Türe<br />
� Begrüssung auf der Matte:<br />
Jedes Kind wird einzeln begrüsst<br />
<strong>und</strong> mit Namen beschriftet<br />
� Regeln einführen: Anhand der<br />
vorbereiteten Kärtchen<br />
� Fallschirm: Namenspiel<br />
30 Min. � Posten zum Thema Matten:<br />
- Rutschbahn (vgl. „Mut tut<br />
gut!“, 2006, S. 28)<br />
- Mattenkippe (vgl. „Mut tut<br />
gut!“, 2006, S. 37)<br />
- Intercity-Express (vgl.<br />
Zimmer, 2007, S. 230)<br />
15 Min. � Entspannung: Mit Musik<br />
� Schlussr<strong>und</strong>e: Kleiner Ball<br />
herumgeben � Was war für mich<br />
gut/nicht gut? Was habe ich für<br />
einen Wunsch?<br />
� Gruppenverabschiedung:<br />
Hände halten <strong>und</strong> „Ciao, ciao,<br />
ciao“ sagen<br />
� Hände schütteln: Noch auf der<br />
Matte<br />
Schwerpunkte:<br />
� Kennenlernen<br />
� Kinästhetische Wahrnehmung<br />
� Koordination<br />
� Körpererfahrung<br />
� Gleichgewicht<br />
� Reaktion<br />
� Visuelle Wahrnehmung<br />
� Mut<br />
� Krafteinsatz<br />
- 2 kleine Matten<br />
- Regelkärtchen<br />
- Klebeband<br />
- Fallschirm<br />
- 4 Elefantenmatten<br />
- 3 Langbänke<br />
- 4 Seile<br />
- 3 Schwedenkasten<br />
- 4 Rollbretter<br />
- Pfeife<br />
- Musik<br />
- Kleiner Ball<br />
57
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Besonderheiten/Erkenntnisse:<br />
Wir haben für das Aufstellen der Geräte zu wenig Zeit eingerechnet.<br />
Als die Kinder um 14:00 Uhr alle pünktlich da waren, holten wir sie in der Garderobe ab.<br />
Weil es die erste St<strong>und</strong>e war, kam dem Einstiegsteil eine besondere Bedeutung zu. Wir<br />
begrüssten jedes Kind ausführlich <strong>und</strong> versuchten gleich die Namen zu lernen.<br />
Miteinander schauten wir uns die Regeln an, welche wir auch gleich an die Wand<br />
hängten.<br />
Die Kinder begannen sogleich mutig die einzelnen Posten auszuprobieren. Jemand von<br />
uns musste stets beim Intercity-Express <strong>und</strong> jemand bei der Mattenkippe anwesend sein,<br />
um die Kinder zu unterstützen <strong>und</strong> ihnen den Posten attraktiver zu machen.<br />
Wir merkten, dass es sinnvoll ist die Kinder künftig ins Aufräumen zu integrieren. Zum<br />
einen lernen sie, dass zum Spielen auch das Aufräumen gehört <strong>und</strong> zum anderen ist<br />
dieses auch effizienter.<br />
Die Entspannung zeigte nicht die gewünschte Wirkung, da die Kinder zu weit weg von der<br />
Musikanlage lagen <strong>und</strong> der Lärm in den anderen beiden Turnhallen störte.<br />
58
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3.2. Zweite Förderst<strong>und</strong>e<br />
Tabelle 13: 2. Förderst<strong>und</strong>e<br />
2. Lektion 05.11.2010<br />
Zeit Ablauf/Posten Material<br />
15 Min. � Hände schütteln: Bei der Türe - 2 kleine Matten<br />
� Regeln wiederholen: Anhand - Regelkärtchen<br />
der vorbereiteten Kärtchen - Klebeband<br />
� Fallschirm: Namenspiel<br />
- Fallschirm<br />
30 Min. � Posten zum Thema Seile:<br />
- Zauberschlange (vgl. Zimmer,<br />
2007, S. 219)<br />
- Tauziehen<br />
- Pferdegespanne (vgl.<br />
Zimmer, 2007, S. 238)<br />
- Seilspringen<br />
- Hängebrücke (vgl. Zimmer,<br />
2007, S. 229)<br />
- Gletscherspalte (vgl. „Mut tut<br />
gut!“, 2006, S. 18)<br />
� Aufräumen: Seile <strong>und</strong> kleine<br />
Matten versorgen<br />
15 Min. � Grafomotorik: Mit Musik<br />
� Schlussr<strong>und</strong>e: Kleiner Ball<br />
herumgeben � Was war für mich<br />
gut/nicht gut? Was habe ich für<br />
einen Wunsch?<br />
� Gruppenverabschiedung:<br />
Hände halten <strong>und</strong> „Ciao, ciao,<br />
ciao“ sagen<br />
� Hände schütteln: Noch auf der<br />
Matte<br />
Schwerpunkte:<br />
� Reaktion<br />
� Raumorientierung<br />
� Ausdauer<br />
� Sozialerfahrung<br />
� Taktile Wahrnehmung<br />
� Kinästhetische Wahrnehmung<br />
� Visuelle Wahrnehmung<br />
� Bewegungsrhythmus<br />
� Gleichgewicht<br />
- 3 Barren<br />
- 8 kleine Matten<br />
- 2 Elefantenmatten<br />
- Viele Seile<br />
- Pfeife<br />
- Musik<br />
- Schlangen-<br />
Arbeitsblatt<br />
(vgl. Anhang, S.<br />
131)<br />
- Klebeband<br />
- Farbstifte<br />
- Schleifpapier<br />
- Kleiner Ball<br />
� Grafomotorik: Lockere Armbewegung, Stifthaltung, Bewegungsfluss<br />
59
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Besonderheiten/Erkenntnisse:<br />
Der Posten „Gletscherspalte“ war bei allen Kindern sehr beliebt. Die meisten haben sich<br />
vor allem dort aufgehalten. Das Problem war, dass nicht mehr als fünf Kinder gleichzeitig<br />
in der „Gletscherspalte“ spielen konnten. Darum mussten wir spontan dieses obere Limit<br />
festlegen. Für eine nächste St<strong>und</strong>e geben wir den Kindern im Voraus bekannt, wie viele<br />
von ihnen gleichzeitig an einem Posten sein können.<br />
Wir entschieden uns dafür, die „Gletscherspalte“ zum Beispiel in der Abschlussst<strong>und</strong>e<br />
noch einmal aufzustellen. Dann jedoch in grösserer Form, so dass sich alle Kinder<br />
gleichzeitig darauf bewegen können.<br />
Die Blätter für den Grafomotorik-Teil hat eine Person während dem Bewegungsteil auf<br />
den Boden geklebt. Damit beide Personen die Kinder betreuen <strong>und</strong> beobachten können,<br />
werden wir jedoch künftig die Blätter bereits vor der St<strong>und</strong>e vorbereiten.<br />
Dies ermöglicht einen lückenlosen Übergang vom Bewegungs- zum Grafomotorik-Teil.<br />
60
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3.3. Dritte Förderst<strong>und</strong>e<br />
Tabelle 14: 3. Förderst<strong>und</strong>e<br />
3. Lektion 12.11.2010<br />
Zeit Ablauf/Posten Material<br />
15 Min. � Hände schütteln: Bei der Türe - 2 kleine Matten<br />
� Regeln wiederholen: Anhand - Regelkärtchen<br />
der vorbereiteten Kärtchen - Klebeband<br />
� Fallschirm: Wellenspringen,<br />
Katze <strong>und</strong> Maus<br />
- Fallschirm<br />
30 Min. � Posten zum Thema<br />
Gleichgewicht:<br />
- Busfahrt (vgl. Zimmer, 2007,<br />
S. 228)<br />
- Pedalo fahren (vgl. „Mut tut<br />
gut!“, 2006, S. 41)<br />
- Wippe (vgl. „Mut tut gut!“,<br />
2006, S. 55)<br />
- Klettern auf Barren (vgl. „Mut<br />
tut gut!“, 2006, S. 49)<br />
� Aufräumen: Langbänke mit<br />
Rollen, dünne Matten, Pedalos<br />
15 Min. � Grafomotorik: Kreisbewegung,<br />
Seifenblasen zeichnen<br />
� Schlussr<strong>und</strong>e: Kleiner Ball<br />
herumgeben � Was war für mich<br />
gut/nicht gut? Was habe ich für<br />
einen Wunsch?<br />
� Gruppenverabschiedung:<br />
Hände halten <strong>und</strong> „Ciao, ciao,<br />
ciao“ sagen<br />
� Hände schütteln: Noch auf der<br />
Matte<br />
Schwerpunkte:<br />
� Gleichgewicht<br />
� Selbsteinschätzung<br />
� Materialerfahrung<br />
� Sozialerfahrung<br />
� Mut<br />
- 2 Langbänke<br />
- 2 Rollbretter<br />
- Pedalos<br />
- Oberteil von<br />
Schwedenkasten<br />
- 2 kleine Matten<br />
- 2 Barren<br />
- Schwedenkasten<br />
- ca. 2 mittlere<br />
Matten<br />
- Pfeife<br />
- Seifenblasen-<br />
Arbeitsblatt<br />
(vgl. Anhang, S.<br />
132)<br />
- Klebeband<br />
- Neocolor<br />
- Schleifpapier<br />
- Kleiner Ball<br />
61
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Besonderheiten/Erkenntnisse:<br />
Der ältere Bruder von M.R. war zu Besuch.<br />
Das Klettern auf den Barren <strong>und</strong> die Busfahrt waren bei praktisch allen Kindern sehr<br />
beliebt. Die Wippe hat nur ein Kind ausprobiert.<br />
Heute haben wir nicht mit den Kindern aufgeräumt, weil die Zeit zu knapp war.<br />
Für den Grafomotorik-Teil haben wir die Kinder heute anders hingesetzt. Die Sitzordnung<br />
war, wie schon bei den beiden ersten St<strong>und</strong>en, ein Kreis. Heute haben jedoch alle Kinder<br />
nach aussen <strong>und</strong> nicht nach innen geschaut. Dies hat sich bewährt, da sie so weniger<br />
abgelenkt waren <strong>und</strong> besser für sich arbeiten konnten.<br />
In der Wunschr<strong>und</strong>e am Schluss haben viele wieder die „Gletscherspalte“ genannt. Zwei<br />
Jungs wünschten sich Fussball.<br />
62
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3.4. Vierte Förderst<strong>und</strong>e<br />
Tabelle 15: 4. Förderst<strong>und</strong>e<br />
4. Lektion 19.11.2010<br />
Zeit Ablauf/Posten Material<br />
15 Min. � Hände schütteln: Bei der Türe - 2 kleine Matten<br />
� Regeln wiederholen: Anhand - Regelkärtchen<br />
der vorbereiteten Kärtchen - Klebeband<br />
� Fallschirm: Katze <strong>und</strong> Maus - Fallschirm<br />
30 Min. � Gleichgewichtsparcours:<br />
Weg mit Wackel- <strong>und</strong> Igelkissen,<br />
Luftballone auf der flachen Hand<br />
transportieren<br />
� Posten zum Thema (Auge-<br />
Hand-) Koordination:<br />
- Bälle <strong>und</strong> geknüllte Zeitungen<br />
in Wägeli treffen<br />
- Mini-Tramp (vgl. „Mut tut<br />
gut!“, 2006, S. 32)<br />
- Hüpfspiele mit Reifen<br />
� Aufräumen: Bälle, Zeitungen,<br />
Luftballone, Igel- <strong>und</strong><br />
Wackelkissen<br />
15 Min. � Grafomotorik: Finger<br />
aufwärmen, Kugelbahnen (vgl. G-<br />
FIPPS, 2010, AB Nr.5 & 6)<br />
� Schlussr<strong>und</strong>e: Kleiner Ball<br />
herumgeben � Was war für mich<br />
gut/nicht gut? Was habe ich für<br />
einen Wunsch?<br />
� Gruppenverabschiedung:<br />
Hände halten <strong>und</strong> „Ciao, ciao,<br />
ciao“ sagen<br />
� Hände schütteln: Noch auf der<br />
Matte<br />
Schwerpunkte:<br />
� Auge-Hand-Koordination<br />
� Visuelle Wahrnehmung<br />
� Raumorientierung<br />
� Reaktion<br />
� Sprungkraft<br />
� Kraftdosierung<br />
� Motorische Geschicklichkeit<br />
- Wackelkissen<br />
- Igelkissen<br />
- Luftballone<br />
- Wägeli<br />
- Bälle<br />
- Zeitungen<br />
- 2 Langbänke<br />
- Mini-Tramp<br />
- 2 Elefantenmatten<br />
- Kleine Matten<br />
- Reifen<br />
- Pfeife<br />
- Kugelbahnen-<br />
Arbeitsblätter<br />
(vgl. Anhang, S.<br />
133-134)<br />
- Klebeband<br />
- Langbank<br />
- Farbstifte<br />
- Schleifpapier<br />
- Kleiner Ball<br />
63
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Besonderheiten/Erkenntnisse:<br />
An diesem Nachmittag waren M.R. <strong>und</strong> G.C. krank.<br />
Wir haben die Kinder auf der Matte begrüsst <strong>und</strong> nicht an der Türe zur Garderobe. Die<br />
Regeln haben wir ab diesem Tag nicht mehr jedes Mal ausführlich besprochen, da die<br />
Kinder diese schon gut beherrschten. Es reichte daher, die Blätter mit den Regeln<br />
aufzuhängen.<br />
An diesem Tag waren die meisten Kinder sehr aufgedreht. Darum beschlossen wir zu<br />
Beginn der nächsten St<strong>und</strong>e einen kurzen Teil zum Austoben einzuplanen.<br />
Nach dem Fallschirm haben wir alle zusammen einen Gleichgewichts-Parcours zum üben<br />
der Auge-Hand-Koordination durchlaufen.<br />
Beim Posten mit dem Trampolin brauchte es jemanden von uns, der ständig anwesend<br />
war. So war die Sicherheit gewährleistet <strong>und</strong> es konnte garantiert jedes Kind springen.<br />
Dieser Posten war eindeutig der Hit. Die anderen beiden wurden kaum gewürdigt.<br />
Das Aufräumen mit den Kindern zusammen mussten wir wiederum aus Zeitgründen<br />
weglassen.<br />
Wir haben festgestellt, dass es für die Kinder schwierig ist die Grafomotorikblätter auf dem<br />
Boden zu bearbeiten.<br />
64
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3.5. Fünfte Förderst<strong>und</strong>e<br />
Tabelle 16: 5. Förderst<strong>und</strong>e<br />
5. Lektion 26.11.2010<br />
Zeit Ablauf/Posten Material<br />
15 Min. � Hände schütteln: Bei der Türe - 2 kleine Matten<br />
� Regeln wiederholen: Nur - Regelkärtchen<br />
aufhängen<br />
- Klebeband<br />
� Austoben: Rössli-Gespann; - Seile<br />
immer 2 Kinder zusammen,<br />
jemand führt <strong>und</strong> der Andere ist<br />
das Pferd<br />
� Fallschirm: Gefrässiges Krokodil<br />
- Fallschirm<br />
30 Min. � Posten zum Thema Körper-<br />
wahrnehmung:<br />
- Hamburger (vgl. Zimmer,<br />
2007, S. 241)<br />
- Reifen-Matten-Rolle (vgl.<br />
„Mut tut gut!“, 2006, S. 24)<br />
- Rutschen mit der Matte (vgl.<br />
„Mut tut gut!“, 2006, S. 4)<br />
- Reifenhaus<br />
15 Min. � Entspannung: Waschanlage<br />
(vgl. Zimmer, 2007, S. 242)<br />
� Schlussr<strong>und</strong>e: Kleiner Ball<br />
herumgeben � Was war für mich<br />
gut/nicht gut? Was habe ich für<br />
einen Wunsch?<br />
� Gruppenverabschiedung:<br />
Hände halten <strong>und</strong> „Ciao, ciao,<br />
ciao“ sagen<br />
� Hände schütteln: Noch auf der<br />
Matte<br />
Schwerpunkte:<br />
� Tiefenwahrnehmung<br />
� Sozialerfahrung<br />
� Körpererfahrung<br />
� Taktil-kinästhetische Wahrnehmung<br />
� Krafteinsatz<br />
- 2 mittlere Matten<br />
- Reifen<br />
- 4 kleine Matten<br />
- Elefantenmatte<br />
- Pfeife<br />
- Tennisbälle<br />
- Rollbretter<br />
- 2 kleine Matten<br />
- Schwedenkasten<br />
- Kleiner Ball<br />
65
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Besonderheiten/Erkenntnisse:<br />
An diesem Tag waren die Kinder sehr unruhig <strong>und</strong> brauchten viel Struktur. Trotz des<br />
Austobens am Anfang der St<strong>und</strong>e dauerte es sehr lange bis die Kinder sich beruhigt<br />
hatten.<br />
In der freien Spielsequenz zeigten sie sich sehr fantasievoll, begannen selber Spiele zu<br />
entwickeln <strong>und</strong> machten aus dem bestehenden Angebot eine Bewegungsbaustelle. Die<br />
Reifen-Matten-Rolle war besonders beliebt. Es kam zu einer spontanen Verlängerung der<br />
freien Bewegungssequenz (35 Min.) <strong>und</strong> folglich zur Kürzung der Schlusssequenz (10<br />
Min.).<br />
In der „Waschanlage“ zum Schluss der St<strong>und</strong>e konnten die Kinder nicht so richtig<br />
entspannen.<br />
Die Schlussr<strong>und</strong>e haben wir aufgr<strong>und</strong> der unruhigen Stimmung <strong>und</strong> der fortgeschrittenen<br />
Zeit weggelassen.<br />
66
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3.6. Sechste Förderst<strong>und</strong>e<br />
Tabelle 17: 6. Förderst<strong>und</strong>e<br />
6. Lektion 03.12.2010<br />
Zeit Ablauf/Posten Material<br />
15 Min. � Hände schütteln: Bei der Türe - 2 kleine Matten<br />
� Regeln wiederholen: Nur - Regelkärtchen<br />
aufhängen<br />
- Klebeband<br />
� Fallschirm: Gefrässiges Krokodil - Fallschirm<br />
30 Min. � Bewegungsbaustelle<br />
� Aufräumen: Möglichst viel<br />
kleines Material<br />
15 Min. � Grafomotorik: Mäuse fressen<br />
Käse<br />
� Schlussr<strong>und</strong>e: Kleiner Ball<br />
herumgeben � Was war für mich<br />
gut/nicht gut? Was habe ich für<br />
einen Wunsch?<br />
� Gruppenverabschiedung:<br />
Hände halten <strong>und</strong> „Ciao, ciao,<br />
ciao“ sagen<br />
� Hände schütteln: Noch auf der<br />
Matte<br />
Schwerpunkte:<br />
� Krafteinsatz<br />
� Handlungsplanung<br />
� Sozialerfahrung<br />
� Anpassungsfähigkeit<br />
� Problemlösestrategien<br />
� Körpererfahrung<br />
� Materialerfahrung<br />
� Grafomotorik: Auge-Hand-Koordination, Fingerbewegung<br />
- Verschiedenes<br />
Material (je nach<br />
Bedarf)<br />
- Pfeife<br />
- Mäuse-<br />
Arbeitsblatt<br />
(vgl. Anhang, S.<br />
135)<br />
- Klebeband<br />
- Langbank<br />
- Farbstifte<br />
- Kleiner Ball<br />
67
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Besonderheiten/Erkenntnisse:<br />
Während der Bewegungsbaustelle ist sehr viel entstanden (vgl. Abb. 5, S. 55). Auffallend<br />
war, dass die Kinder uns nur selten einbezogen oder um Hilfe baten <strong>und</strong> stattdessen sehr<br />
selbstständig waren. Die Kinder waren so begeistert, dass wir sie kaum wieder vom Spiel<br />
abbringen konnten. Dies bewog uns dazu die Bewegungsbaustelle in der nächsten<br />
St<strong>und</strong>e zu wiederholen; jedoch noch zusätzlich einen kleinen Arbeitsauftrag einzubauen.<br />
68
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3.7. Siebte Förderst<strong>und</strong>e<br />
Tabelle 18: 7. Förderst<strong>und</strong>e<br />
7. Lektion 10.12.2010<br />
Zeit Ablauf/Posten Material<br />
15 Min. � Hände schütteln: Bei der Türe - 2 kleine Matten<br />
� Regeln wiederholen: Nur - Regelkärtchen<br />
aufhängen<br />
- Klebeband<br />
� Fallschirm: Transportband (vgl.<br />
Zimmer, 2007, S. 240)<br />
- Fallschirm<br />
35 Min. � Bewegungsbaustelle: Mit der<br />
Aufgabenstellung etwas zu<br />
bauen/spielen <strong>und</strong> es in der<br />
Schlussr<strong>und</strong>e zu erzählen<br />
� Aufräumen: Möglichst viel<br />
kleines Material<br />
10 Min. � Entspannung: Wetterkarte (vgl.<br />
Zimmer, 2007, S. 243)<br />
� Schlussr<strong>und</strong>e: Kleiner Ball<br />
herumgeben � Was habe ich<br />
heute gebaut/gespielt?<br />
� Gruppenverabschiedung:<br />
Hände halten <strong>und</strong> „Ciao, ciao,<br />
ciao“ sagen<br />
� Hände schütteln: Noch auf der<br />
Matte<br />
Schwerpunkte:<br />
� Sozialerfahrung<br />
� Anpassungsfähigkeit<br />
� Krafteinsatz<br />
� Reaktion<br />
� Gleichgewicht<br />
� Handlungsplanung<br />
� Problemlösestrategien<br />
� Körpererfahrung<br />
� Materialerfahrung<br />
� Tiefenwahrnehmung<br />
� Entspannung<br />
- Verschiedenes<br />
Material (je nach<br />
Bedarf)<br />
- Pfeife<br />
- Kleiner Ball<br />
69
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Besonderheiten/Erkenntnisse:<br />
Auch in dieser St<strong>und</strong>e ist während der Bewegungsbaustelle sehr viel entstanden. Zum<br />
Beispiel haben die einen Knaben ein Rollenspiel entwickelt, indem der „Polizist“ den<br />
„Räuber“ ins Gefängnis bringt (als Transportmittel diente der leere Ballwagen). Die Kinder<br />
haben sich zu kleinen Grüppchen zusammengeschlossen; sie bauten <strong>und</strong> spielten<br />
zusammen. Es entstanden Konstruktionen <strong>und</strong> Rollenspiele, welche dann in der<br />
Schlussr<strong>und</strong>e noch verbalisiert wurden.<br />
70
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3.8. Achte Förderst<strong>und</strong>e<br />
Tabelle 19: 8. Förderst<strong>und</strong>e<br />
8. Lektion 17.12.2010<br />
Zeit Ablauf/Posten Material<br />
15 Min. � Hände schütteln: Bei der Türe - 2 kleine Matten<br />
� Regeln wiederholen: Nur - Regelkärtchen<br />
aufhängen<br />
- Klebeband<br />
� Fallschirm: Transportband (vgl.<br />
Zimmer, 2007, S. 240)<br />
- Fallschirm<br />
30 Min. � Grosse Gletscherspalte (vgl.<br />
„Mut tut gut!“, 2006, S. 18): Auf<br />
Wunsch der Kinder<br />
� Aufräumen: Kleine Matten <strong>und</strong><br />
Seile<br />
15 Min. � Grafomotorik: Schriftliche<br />
Kinderbefragung durchführen <strong>und</strong><br />
zeichnen<br />
� Schlussr<strong>und</strong>e: Kleiner Ball<br />
herumgeben � Was hat mir am<br />
Besten gefallen?<br />
� Gruppenverabschiedung:<br />
Hände halten <strong>und</strong> „Ciao, ciao,<br />
ciao“ sagen<br />
� Hände schütteln: Noch auf der<br />
Matte<br />
Schwerpunkte:<br />
� Anpassungsfähigkeit<br />
� Krafteinsatz<br />
� Reaktion<br />
� Gleichgewicht<br />
� Kinästhetische Wahrnehmung<br />
� Koordination<br />
� Körpererfahrung<br />
� Verabschiedung<br />
- 4 Elefantenmatten<br />
- 4 kleine Matten<br />
- 2 Barren<br />
- Seile<br />
- Pfeife<br />
- Fragebogen (vgl.<br />
Anhang, S. 177-<br />
178)<br />
- Langbank<br />
- Farbstifte<br />
- Kleiner Ball<br />
71
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Besonderheiten/Erkenntnisse:<br />
Auf Wunsch der Kinder gestalteten wir die Bewegungssequenz unserer letzten St<strong>und</strong>e mit<br />
einer grossen „Gletscherspalte“. Diesmal bauten wir sie so gross, dass alle Kinder sie<br />
gemeinsam benutzen konnten.<br />
72
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.3.9. Zusammenfassende Erkenntnisse / Fazit<br />
Wir durften feststellen, dass sich das Konzept der „Psychomotorischen Förderung“ von<br />
Renate Zimmer sehr bewährt hat. Der Aufbau der Förderst<strong>und</strong>e mit den vier Phasen<br />
(„Einstimmungsphase“, „Gruppenbezogenes Angebot“, „Individuelle, bewegungsintensive<br />
Angebote“ <strong>und</strong> „Abschlussphase“) blieb während dem gesamten Projekt erhalten. An<br />
dieser Struktur konnten sich die Kinder orientieren <strong>und</strong> sich den Ablauf allmählich<br />
einprägen. Die Fallschirm-Spiele haben wir zusätzlich als Ritual fix eingeplant. Immer<br />
zwei aufeinander folgende Förderst<strong>und</strong>en wurden mit demselben Spiel eingeleitet (das<br />
erste Mal diente zum Kennenlernen des Spiels).<br />
Die acht Förderst<strong>und</strong>en waren geprägt vom Explorieren der Kinder. Da die Aufgaben nicht<br />
fix vorgegeben waren, liessen sie Handlungsspielraum. So wählten die Kinder das<br />
entsprechende Angebot selber aus <strong>und</strong> sammelten dabei vielfältige Erfahrungen. Von<br />
unserer Seite genügte eine kurze Einführung, um die aufgestellten Posten zu<br />
demonstrieren (das Vorgezeigte war als Vorschlag gedacht). Während dem „Individuellen,<br />
bewegungsintensiven Angebot“ war unsere ständige Präsenz nicht erforderlich, ausser<br />
ein Kind bezog uns in sein Spiel mit ein. (Ausnahmen bildeten z.B. die Aufsicht beim<br />
Posten mit dem Mini-Tramp.) Darum war es uns besonders wichtig, dass die Geräte bei<br />
den einzelnen Posten gut abgesichert waren, um die Unfallgefahr möglichst gering zu<br />
halten.<br />
Wir erkannten die Wichtigkeit, dass insbesondere die ersten paar Förderst<strong>und</strong>en gut<br />
strukturiert sein müssen. Vor allem die Regeln halfen den Kindern, sich zurechtzufinden<br />
<strong>und</strong> gaben dem Miteinander einen verbindlichen Rahmen. Es hat sich bewährt, dass die<br />
Regeln stets gut sichtbar aufgehängt waren <strong>und</strong> die Kinder zum Handeln aufgefordert<br />
haben (Regeln WC/Trinken). Nach einigen Förderst<strong>und</strong>en konnte dann das Programm<br />
nach dem Prinzip der Bewegungsbaustelle offener gestaltet werden. Der passende<br />
Zeitpunkt sollte jedoch situativ anhand des Spielverhaltens der Kinder bestimmt werden.<br />
Wir empfehlen bezüglich der Befindlichkeit der Kinder stets wachsam zu sein <strong>und</strong> das<br />
Programm der Förderst<strong>und</strong>e dementsprechend anzupassen (z.B. eine Phase<br />
verlängern/kürzen, ein Angebot weglassen).<br />
Für das Aufstellen der Geräte muss genügend Zeit einberechnet werden (zwischen 15-30<br />
Min.). Es ist durchaus hilfreich, die Beobachtungsbogen für die einzelnen Kinder während<br />
den Förderst<strong>und</strong>en auszufüllen. Die Videoaufnahmen haben uns zusätzlich geholfen, das<br />
Verhalten der Kinder zu beschreiben. Zudem haben wir festgestellt, dass die Turnhalle als<br />
Umgebung ungeeignet ist, um die grafomotorischen Fertigkeiten gezielt fördern zu<br />
können. Daher achteten wir darauf, keine Forderungen an die Kindern zu stellen, welche<br />
sie aufgr<strong>und</strong> der suboptimalen Bedingungen nicht erfüllen konnten.<br />
73
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.4. Projektevaluation<br />
Im vorliegenden Kapitel fassen wir die Beobachtungen zu den Kindern aus allen<br />
Förderst<strong>und</strong>en zusammen. Während dem Projekt verwendeten wir einen<br />
Beobachtungsbogen bestehend aus den drei ICF-Bereichen „Umgang mit<br />
Anforderungen“, „Bewegung <strong>und</strong> Mobilität“ <strong>und</strong> „Umgang mit Menschen“ sowie der Rubrik<br />
„Anderes“ (vgl. Anhang E). Anschliessend geben wir unsere Empfehlungen zum weiteren<br />
Förder- oder Therapieverlauf der Kindergruppe.<br />
6.4.1. Beobachtungen zu den Kindern<br />
G.C.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
Als wir einmal bereits mit einer St<strong>und</strong>e begonnen hatten, war G. noch auf dem<br />
Pausenplatz ins Spielen vertieft. Er hatte vergessen zu uns in die Turnhalle zu kommen.<br />
Bei den Grafomotorik-Aufgaben begann er meistens sofort <strong>und</strong> führte sie motiviert durch.<br />
Das Umdrehen des Regel-Schildes vergass er manchmal.<br />
Es fiel auf, dass G. nicht lange bei einem Posten blieb, sondern oft wechselte.<br />
In einer St<strong>und</strong>e zeigte er viel Geduld <strong>und</strong> Ausdauer bis er das Reifenhaus aufgebaut<br />
hatte.<br />
G. hatte eigene Ideen, die er jedoch oft wieder fallen liess (v.a. beim Spielen mit anderen).<br />
Auf Anfrage der Anderen was er gerade machen würde, verweigerte er ihnen eine<br />
Antwort.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
G. bewegte sich immer gerne. Es fiel auf, dass G. oft in Bewegung war <strong>und</strong> durch die<br />
Halle rannte.<br />
Das Zuschauen bei Anderen ermutigte ihn bei gewissen Aufgaben.<br />
Beim Klettern auf den Barren zeigte er sich geschickt.<br />
Es gelang ihm so vorsichtig durch das Reifenhaus zu kriechen, dass dieses nicht<br />
zusammenfiel. Darauf schien er stolz zu sein.<br />
Er traute sich, von ca. der Mitte der Sprossenwand auf die Matte zu springen.<br />
Sich selber stellte er die Aufgabe, Tennisbälle in den Schwedenkasten zu treffen. Dies<br />
gelang ihm gut.<br />
Es zeigte sich, dass ihm das Öffnen von Knoten schwer fällt.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
Die Seitwärtsrolle, welche G. auf der schrägen Matte machte, wollte er uns Leiterinnen<br />
gerne vorzeigen.<br />
Er mochte es, wenn man seine Erfolge mit Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Lob bestärkte.<br />
74
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Zu Beginn sprach er nicht viel. Trotzdem war er meistens mit den anderen Kindern<br />
zusammen <strong>und</strong> schien gerne mit den Knaben zu spielen. Einmal konnte er an ein<br />
Rollenspiel zweier Knaben anknüpfen. Ein anderes Mal nahm er jedoch zwei Mädchen<br />
die Spielsachen weg.<br />
Wir haben beobachtet, dass es ihm schwer fiel Anschluss an die anderen Kinder der<br />
Gruppe zu finden. In den letzten St<strong>und</strong>en versuchte er auf gewaltsame Art <strong>und</strong> Weise<br />
Kontakt mit ihnen aufzunehmen (Dinge wegnehmen, zerstören). Das Ziel,<br />
Aufmerksamkeit zu erhalten, erreichte er damit dann auch prompt.<br />
Als er einmal ein Haus baute, erhielt er diese Aufmerksamkeit ohne darum kämpfen zu<br />
müssen. Die Kinder näherten sich ihm aus Interesse heraus (dies war eine konstruktive<br />
Möglichkeit für G., eine erfolgreiche Annäherung zu haben).<br />
Anderes:<br />
G. fiel durch sein asiatisches (thailändisches) Aussehen auf. Er wirkte auf uns als ein<br />
fröhlicher Junge, der oft lächelte.<br />
G. war ein eher stilles Kind. Er war hilfsbereit <strong>und</strong> unser „Strahlemann“.<br />
E.B.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
Von E. war oft die Forderung „ich will selber“ zu hören.<br />
Wenn E. merkte, dass sie es alleine nicht schafft, hat sie uns um Hilfe gebeten. Einmal<br />
bei einer Grafomotorik-Aufgabe hat sie gezögert <strong>und</strong> gefragt: „Was muss ich machen?“<br />
Bei einem Posten waren schon zu viele Kinder, so dass sie warten musste. Sie ging dann<br />
auf unser Angebot ein, mit dem grossen Seil ein Seilspringen zu machen.<br />
Bei einem Spiel zeigte sich E. enttäuscht, weil sie nicht in der gewünschten Rolle sein<br />
konnte.<br />
E. zeigte sich ausdauernd an einer Aufgabe oder Station. Dies war zum Beispiel beim<br />
Bauen des Reifenhauses ersichtlich, obwohl es oft nicht klappte <strong>und</strong> wieder<br />
zusammenfiel.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
Grobmotorisch zeigte sie sich teilweise noch unsicher <strong>und</strong> unkoordiniert oder es fehlten<br />
ihr die Erfahrungen. Doch E. zeigte Mut Neues auszuprobieren.<br />
Sie schaffte es nicht, alleine auf den Barren zu klettern <strong>und</strong> bat uns um Hilfe. Es schien,<br />
dass ihr die Handlungsplanung dazu fehlte <strong>und</strong> deshalb nicht wusste, welchen Fuss sie<br />
wohin bewegen sollte.<br />
E. kletterte gerne.<br />
75
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
E. versuchte Seil zu springen, was ihr nicht gelang. Als wir mit dem grossen Seil<br />
schwangen, gelangen ihr ein paar Sprünge.<br />
Sie hatte Mühe mit dem Gleichgewicht beim Hüpfen sowie beim Abstoppen nach<br />
Sprüngen.<br />
Auf dem Trampolin zeigte sich, dass sie die Beine unkoordiniert bewegt (setzt diese nicht<br />
gleichzeitig ab) <strong>und</strong> daher stark hin <strong>und</strong> her spickte. E. zeigte starke Armbewegungen <strong>und</strong><br />
die Ellbogen waren meist in der Luft.<br />
Einmal gelang es ihr mit dem Reifen den „Hullahopp“ zu machen; nach ihrer Aussage<br />
zum ersten Mal!<br />
Als wir in einer St<strong>und</strong>e das Reifenhaus aufgebaut hatten, schaffte sie es mit dem<br />
Vierfüsser-Gang hindurchzukriechen ohne es zum Einstürzen zu bringen.<br />
E. konnte Kraft aufbringen, um sich in der „Gletscherspalte“ dem Seil entlang auf den<br />
Rand der Elefantenmatte hochzuziehen.<br />
Im Bereich Feinmotorik war sie sehr geschickt, zum Beispiel öffnete sie immer gerne<br />
Knoten.<br />
In der Grafomotorik arbeitete sie genau <strong>und</strong> sorgfältig. Den Stift hielt sie weit hinten <strong>und</strong> in<br />
einer steilen Lage. Die Gr<strong>und</strong>form vom Kreis beherrschte sie gut. Manchmal waren die<br />
Kreise noch ungenau geschlossen.<br />
E. konnte den Ballon nicht aufblasen.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
Sie suchte von Anfang an die Nähe <strong>und</strong> den Körperkontakt zu uns. Zudem hat sie immer<br />
wieder gerne etwas mit uns Leiterinnen gespielt. Sie war auch jenes Kind, welches als<br />
erstes offen auf uns zuging.<br />
E. <strong>und</strong> R.G. halfen <strong>und</strong> unterstützen sich gegenseitig. Die Beiden spielten <strong>und</strong> turnten fast<br />
immer miteinander. Als R.G. einmal in einer St<strong>und</strong>e fehlte, schien sie sich ein wenig<br />
verloren zu fühlen <strong>und</strong> beschäftigte sich darum fast die ganze St<strong>und</strong>e lang mit jemandem<br />
von uns Leiterinnen.<br />
E. konnte ihre Bedürfnisse klar ausdrücken.<br />
E. wollte stets viel wissen <strong>und</strong> fragte dann auch bei uns nach.<br />
Sie war immer hilfsbereit <strong>und</strong> sah, wenn es etwas anzupacken gab.<br />
Anderes:<br />
E. zeigte sich als aufgewecktes, interessiertes <strong>und</strong> fröhliches Mädchen. Wenn sie etwas<br />
wissen wollte, scheute sie sich nicht zu fragen.<br />
E. konnte sich die Regeln von Anfang an gut merken.<br />
76
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
R.G.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
R. hatte immer ein Strahlen im Gesicht, wenn sie einen Erfolg erzielte.<br />
Sie konnte lange bei einer Aufgabe bleiben.<br />
Wenn sie mit einer Anforderung Mühe hatte, bat sie uns um Hilfe.<br />
Bei einem Posten waren schon zu viele Kinder, so dass sie warten musste. Sie ging dann<br />
auf unser Angebot ein, mit dem grossen Seil ein Seilspringen zu machen.<br />
Beim ersten Grafomotorik-Blatt traute sie sich nicht, von sich aus anzufangen.<br />
Bei einem Spiel mit dem Schwungtuch wollte sie keine aktive Rolle übernehmen.<br />
Zusammen mit E.B. versuchte sie in einer Lektion das Reifenhaus zu bauen. Sie zeigte<br />
viel Ausdauer beim Ausprobieren <strong>und</strong> dem Wiederaufbau bis es klappte.<br />
In der letzten St<strong>und</strong>e konnte sie ihre Idee (ein Seil durch die Schlaufen der beiden<br />
Elefantenmatten ziehen, um die „Spalte“ zu schliessen) bei der „Gletscherspalte“<br />
erfolgreich einbringen.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
Im Bereich Grobmotorik zeigte sich R. zu Beginn zurückhaltend beim Ausprobieren von<br />
Neuem <strong>und</strong> Unbekanntem. Doch sie wurde zusehends mutiger. In der ersten St<strong>und</strong>e war<br />
sie ängstlich beim Herunterspringen. Durch das Zuschauen bei E.B. liess sie sich dann<br />
jedoch ermutigen. Um auf den Barren zu klettern, benötigte sie unsere Hilfe. Sie wusste<br />
nicht, wie sie es anstellen sollte. Das Seilspringen für sich alleine gelang ihr nicht. Als wir<br />
mit dem grossen Seil schwangen, konnte sie ein paar Sprünge machen.<br />
R. kletterte gerne <strong>und</strong> wünschte sich darum auch für eine nächste St<strong>und</strong>e die<br />
„Klettermatte“.<br />
Beim Hüpfen waren Mitbewegungen der Arme zu erkennen.<br />
In einer St<strong>und</strong>e war zu beobachten, dass sie mit dem rechten Arm geworfen <strong>und</strong> dabei<br />
das rechte Bein vorne hatte. Dabei stand sie seitlich <strong>und</strong> für die Wurfbewegung holte sie<br />
neben dem Kopf aus.<br />
In der Grafomotorik arbeitete sie sorgfältig. Die Kreise zeichnete sie eher gross <strong>und</strong> schön<br />
r<strong>und</strong>.<br />
Sie konnte den Ballon aufblasen.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
R. spielte fast immer mit E.B. zusammen. Ihr Zusammensein hatte positive Auswirkungen,<br />
weil R. durch das Verhalten von E.B. ermutigt wurde <strong>und</strong> deren Mut als Vorbild nahm. So<br />
wagte sie eher etwas, als wenn sie alleine gewesen wäre.<br />
R. nahm stets Rücksicht auf die anderen Kinder.<br />
77
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Anderes:<br />
R. schien anfänglich ein eher scheues <strong>und</strong> vorsichtiges Mädchen zu sein. Sie zeigte sich<br />
zu Beginn des Projektes zurückhaltend, zögerlich <strong>und</strong> unsicher.<br />
Sie wurde von St<strong>und</strong>e zu St<strong>und</strong>e mutiger <strong>und</strong> öffnete sich immer mehr.<br />
Bei jenen Kindern, die sie gut kannte, konnte sie klar sagen was sie wollte <strong>und</strong> was nicht.<br />
In der ersten St<strong>und</strong>e zog sie sich selbständig auf die Ruhematte zurück, als sie dies<br />
brauchte.<br />
R. konnte sich die Regeln von Anfang an gut merken.<br />
M.P.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
M. zeigte sich als selbständiges Kind, welches eigene Wünsche äussern <strong>und</strong> sich wehren<br />
kann. In den Spielsequenzen fand er sofort eine Beschäftigung <strong>und</strong> begann unmittelbar<br />
zu spielen. Er hatte immer viele Spielideen.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
M. bewegte sich sehr gerne <strong>und</strong> zeigte sich sehr mutig (Klettern/Herunterspringen). Er<br />
baute <strong>und</strong> explorierte mit Materialien <strong>und</strong> erfand selber Spiele.<br />
Bei feinmotorischen Bewegungsabläufen zeigte er Probleme in der Tonusregulation.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
Während den ersten St<strong>und</strong>en nahm M. eher eine Mitläuferrolle ein <strong>und</strong> orientierte sich<br />
stark an N.S.. Nach <strong>und</strong> nach wurde er selbst zum Anführer <strong>und</strong> leitete die Gruppe bei der<br />
Umsetzung einer Idee an, indem er Aufgaben verteilte. M. wirkte dabei sehr bestimmend<br />
<strong>und</strong> beharrte auf seiner Idee. Aus diesem Gr<strong>und</strong> zog er sich teilweise auch zurück <strong>und</strong><br />
beschäftigte sich alleine. Wenn ihm etwas nicht passte, wehrte er sich <strong>und</strong> wurde laut.<br />
D.P.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
D. hatte Mühe, Aufträge auditiv aufzunehmen <strong>und</strong> sich an Regeln zu halten. Wenn er mit<br />
etwas spielen wollte, das von einem anderen Kind bereits benutzt wurde, wartete er bis es<br />
wieder frei war ohne sich anderweitig zu beschäftigen. Er rannte häufig planlos in der<br />
Halle herum. D. blieb nicht lange bei einem Spiel <strong>und</strong> betätigte sich kaum längerfristig an<br />
einem Geschehen. Beim Aufräumen versuchte er systematisch um die Aufgabe herum zu<br />
kommen.<br />
78
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
In der Grafomotoriksequenz blieb er nur dann an einer Aufgabe, wenn wir ihn dazu<br />
ermutigten. D. konnte stets um Hilfe bitten.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
D. bewegte sich viel <strong>und</strong> probierte bestehende Angebote gerne aus. Er verpackte viele<br />
der Angebote in Rollenspiele.<br />
Bei feinmotorischen Bewegungsabläufen zeigte er Probleme bei der Strichführung <strong>und</strong><br />
wies ein zittriges Schriftbild auf.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
D. nahm oft eine Mitläuferrolle ein <strong>und</strong> orientierte sich stark an N.S.. Er wollte anfangs mit<br />
niemand anderem spielen als mit N.S. oder M.P.. Bei den Rollenspielen fand er nach <strong>und</strong><br />
nach Zugang zu seinem neuen Spielkameraden M.S.. D. hatte grosse Mühe sich<br />
zurückzunehmen <strong>und</strong> hatte Schwierigkeiten, auf die anderen Kinder einzugehen.<br />
Uns gegenüber hatte er gegen Ende des Projektes weniger Respekt <strong>und</strong> wir mussten ihn<br />
mehrmals zurechtweisen <strong>und</strong> beiseite nehmen.<br />
Anderes:<br />
Aufgr<strong>und</strong> seiner Zahnlücke war es schwierig ihn zu verstehen.<br />
M.R.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
Als die Mutter M. nach der ersten St<strong>und</strong>e abholte, wollte er ihr den Purzelbaum zeigen,<br />
welchen er zuvor geübt hatte. Dies gelang ihm jedoch nicht. Auf unsere Nachfrage hin<br />
äusserte er den Wunsch, den Purzelbaum zu üben.<br />
M. konnte lange am selben Posten bleiben <strong>und</strong> sich dort gut alleine beschäftigen.<br />
Es zeigte sich, dass sich M. oft überschätzte. Er wollte zum Beispiel einen Salto machen,<br />
was nicht gelang.<br />
Er konnte sich aber auch selber herausfordern. So hat er beim Gleichgewichts-Parcours<br />
die Schwierigkeitsstufe für den Ballon-Transport von sich aus erhöht.<br />
Einmal in der „Gletscherspalte“ hatte er ein Seil für sich in Anspruch genommen. Als ihm<br />
ein anders Kind dieses wegnahm, konnte er sich nicht dagegen wehren.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
Auf der schrägen Mattenebene hüpfte er mit geschlossenen Füssen herunter.<br />
Er ging ohne grosse Anstrengung über die Hängebrücke.<br />
M. war in seinen Bewegungen teilweise unsicher <strong>und</strong> zögerlich.<br />
79
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Auf dem Trampolin zeigte er eine gute Sprungkraft. Dabei waren seine Beine stark<br />
angezogen <strong>und</strong> er sprang hin <strong>und</strong> her.<br />
M. liess sich gerne von einer Leiterin in der Mattenschaukel hin <strong>und</strong> her wiegen. Zudem<br />
gefiel ihm die Reifen-Matten-Rolle, in welcher er sich lange aufhielt. In der<br />
„Gletscherspalte“ hat er sich mit grossem Vergnügen fallen lassen <strong>und</strong> mochte das<br />
Wackeln der Matten.<br />
Im Bereich Grafomotorik hatte M. Schwierigkeiten mit der Auge-Hand-Koordination. Die<br />
Strichführung war ein wenig ausfahrend. Er machte eher kleine Kreise, welche oft nicht<br />
geschlossen waren.<br />
Er konnte keinen Ballon aufblasen.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
Er war oft alleine an den Posten, ohne Kontakt zu den anderen Kindern.<br />
M. spielte nicht gerne mit N.S. <strong>und</strong> D.P. zusammen. Diese waren eher wild, M. dagegen<br />
ruhig <strong>und</strong> leicht ängstlich. In einer St<strong>und</strong>e kam sein älterer Bruder zu Besuch. Mehrere<br />
Male schien M. sich wegen dessen Bemerkungen zu ärgern.<br />
Einmal äusserte er den Wunsch, alleine in der Reifen-Matten-Rolle zu sein <strong>und</strong> dass nur<br />
eine Leiterin anstossen dürfe.<br />
Einige Male gab es Situationen, da wurde es ihm zu viel. Zum Beispiel hatten ihm zwei<br />
andere Kinder fast die Finger eingeklemmt. In dieser Situation konnte er ihnen klar sagen,<br />
dass sie aufhören sollen.<br />
Im Allgemeinen verhielt er sich sehr angepasst verhalten.<br />
Allmählich begann er zu uns Leiterinnen Kontakt aufzunehmen <strong>und</strong> uns in seine<br />
fröhlichen Spiele miteinzubeziehen. In der zweitletzten St<strong>und</strong>e spielte er zum ersten Mal<br />
mit anderen Kindern zusammen. Er fand den Anschluss, indem er fragte, was sie gerade<br />
spielen würden. Von den Anderen liess er sich dann gerne im Wagen herumstossen.<br />
In der „Gletscherspalte“ fühlte er sich einmal von einem anderen Jungen bedrängt <strong>und</strong><br />
wechselte darum auf die andere Seite.<br />
Anderes:<br />
M. ist ein eher scheuer, zurückhaltender Junge. Er war die meiste Zeit für sich alleine <strong>und</strong><br />
konnte sich gut selber beschäftigen. Wir konnten beobachten, wie er jedes Mal mutiger<br />
wurde <strong>und</strong> dies auch mit Stolz zeigte.<br />
80
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
M.S.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
M. zeigte sich anfangs als scheuer, ängstlicher Knabe, der seine Wünsche aber klar<br />
äussern kann. Er hatte Mühe Aufträge auditiv aufzunehmen. Er wirkte im Anfangskreis oft<br />
abgelenkt <strong>und</strong> konnte schlecht warten. Während dem Spiel rannte er oft quer durch den<br />
Raum <strong>und</strong> hatte Mühe an einer Aufgabe zu bleiben. Beim Aufräumen half er gerne mit.<br />
Gegen Ende des Projektes zeigte sich M. mutiger <strong>und</strong> wagte sich an Neues heran.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
M. rannte viel durch die Halle <strong>und</strong> bewegte sich gerne. Er baute <strong>und</strong> explorierte mit<br />
Materialien <strong>und</strong> erfand selber Spiele. M. schien eine Vorliebe für Rollenspiele zu haben,<br />
da er diese immer wieder einbaute. Bei bewegteren Spielen war er eher vorsichtig <strong>und</strong><br />
nahm sich zurück (stand bei der Gletscherspalte in die Mitte der Matten) oder wich dem<br />
Spiel aus (Mattenkippe). Ein paar Mal gelang es ihm, seine Angst zu überwinden <strong>und</strong> ein<br />
Spiel doch auszuprobieren (sprang vom Schwedenkasten auf den fahrenden Mattenzug/<br />
sprang von der Sprossenwand auf die Matte/traute sich ins Mattensandwich <strong>und</strong> in die<br />
Mattenrolle).<br />
Bei grobmotorischen Bewegungsabläufen zeigte er Unsicherheiten im Bereich der<br />
Körperkoordination (Trampolin). Das Aufblasen eines Ballons gelang ihm noch nicht.<br />
Bei feinmotorischen Bewegungsabläufen zeigte er Probleme bei der Strichführung <strong>und</strong><br />
wies ein zittriges Schriftbild auf.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
M. schien in der Gruppe die Orientierung zu verlieren <strong>und</strong> wirkte oft überfordert. Er spielte<br />
auffällig häufig mit B., welche er aus dem Kindergarten <strong>und</strong> der Kinderkrippe bereits gut<br />
kennt. Bei Rollenspielen fand er mit D.P. einen neuen Spielkameraden.<br />
Anderes:<br />
M. war sehr verspielt <strong>und</strong> zeigte eine grosse Entdeckerlust.<br />
B.S.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
Beim Umziehen in der Garderobe hatte B. Mühe ihre Schuhe selbständig anzuziehen <strong>und</strong><br />
schaffte dies auf Aufforderung bloss einmal.<br />
Anfangs wirkte B. sehr verträumt <strong>und</strong> verweilte oft an einem Ort ohne sich einer Tätigkeit<br />
zu widmen. Wir bemerkten, dass B. viel Zeit brauchte, um sich auf ein Spiel einzulassen.<br />
81
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Wenn sie etwas fand, das ihre Aufmerksamkeit weckte (Bau eines Reifenhauses/Knüpfen<br />
von Seilen), zeigte sie viel Ausdauer <strong>und</strong> Experimentierfreude. B. spielte oft alleine <strong>und</strong><br />
sie schien das sehr zu geniessen. Beim Aufräumen half sie gerne mit <strong>und</strong> entknotete am<br />
Liebsten die Seile.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
B. spielte gerne mit Gegenständen, die zu ruhigeren Spielen animierten <strong>und</strong> zeigte sich<br />
sehr gewandt beim Knüpfen von Seilen. Bei bewegteren Spielen war sie eher vorsichtig<br />
<strong>und</strong> wählte die für sie einfachere Variante aus (hielt sich bei der „Gletscherspalte“<br />
zwischen den Matten auf/Mattenzug sollte anhalten, damit sie springen konnte/„Katze <strong>und</strong><br />
Maus-Spiel“ auf dem Fallschirm).<br />
Bei grobmotorischen Bewegungsabläufen zeigte sie Unsicherheiten im Bereich des<br />
Gleichgewichts (Parcours) <strong>und</strong> der Körperkoordination (Trampolin). B. versuchte aber<br />
immer wieder Bewegungen anderer Kinder nachzuahmen. Das Aufblasen eines Ballons<br />
gelang ihr noch nicht.<br />
Bei feinmotorischen Bewegungsabläufen war sie noch unsicher. Sie hielt den Stift oft mit<br />
der Faust, sehr steil <strong>und</strong> weit vorne. Es fiel ihr schwer, geschlossene Formen<br />
wiederzugeben <strong>und</strong> in der Strichführung hatte sie auch Mühe; ihre Striche waren oft<br />
ausfahrend.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
B. zeigte bis zum Schluss eine beobachtende Haltung. Sie nahm sich zwischendurch<br />
immer wieder aus dem Geschehen heraus <strong>und</strong> schaute den anderen Kindern zu.<br />
Auffallend war, dass sie den anderen Mädchen oft nachlief ohne wirklich den Kontakt zu<br />
ihnen zu suchen. Oft spielte sie mit M.S. zusammen, da sie ihn aus dem Kindergarten <strong>und</strong><br />
der Kinderkrippe bereits gut kennt. In ihrem gemeinsamen Spiel übernahm sie die<br />
Führungsrolle <strong>und</strong> wenn M.S. sich entfernte, erinnerte sie ihn an die gemeinsam<br />
begonnene Tätigkeit. Trotzdem zeigte sich B. gegenüber allen Kindern hilfsbereit <strong>und</strong> war<br />
auch fähig Nein zu sagen.<br />
N.S.<br />
Umgang mit Anforderungen:<br />
N. wirkte im Anfangskreis oft abgelenkt. Da er viel mit seinem Nachbarn schwatzte, war<br />
es für ihn schwierig unsere Anweisungen auditiv wahrzunehmen. Wartezeiten im<br />
Anfangskreis <strong>und</strong> im gemeinsamen Kreisspiel bereiteten ihm Mühe <strong>und</strong> führten dazu,<br />
dass er nicht richtig mitmachte bzw. den Kasper spielte. Den anderen Kindern gegenüber<br />
wirkte er dabei etwas überheblich. Wenn er den Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe zu<br />
schmälern versuchte, tendierte er zur Selbstüberschätzung (Stehen auf dem Fallschirm).<br />
82
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Während der freien Spielsequenz hingegen blühte er auf, zeigte sehr viele Spielideen <strong>und</strong><br />
konnte seine Wünsche gut äussern.<br />
Bewegung <strong>und</strong> Mobilität:<br />
N. war sehr oft in Bewegung <strong>und</strong> traute sich vieles zu. Er experimentierte mit Materialien<br />
<strong>und</strong> erfand neue Spiele. Auf Gegenstände (z.B. Matten) <strong>und</strong> Spielideen, die ihn taktil-<br />
kinästhetisch reizten, sprach er besonders gut an.<br />
Bei grobmotorischen Bewegungsabläufen im Bereich des Gleichgewichts zeigte er<br />
verkrampfte Mitbewegungen der linken Hand. Das Aufblasen eines Luftballons gelang ihm<br />
gut.<br />
Bei feinmotorischen Bewegungsabläufen war er sehr bemüht, es gut zu machen. Er hatte<br />
Probleme in der Strichführung <strong>und</strong> verkrampfte sich teilweise sehr stark.<br />
Umgang mit Menschen:<br />
N. nahm selten Rücksicht auf seine Spielkameraden (Vordrängeln in der Warteschlange/<br />
Absichtliches Umkippen der Matte, damit keine anderen Kinder hinaufklettern konnten)<br />
<strong>und</strong> konnte nur schlecht auf Kompromisse eingehen. N. spielte sehr oft mit M.P., da sie<br />
die einzigen Erstklässler der Gruppe waren.<br />
Anderes:<br />
N. zeigte sich sehr sprachgewandt. Er erklärte Sachverhalte mit ausgewählten Worten.<br />
6.4.2. Hypothesen <strong>und</strong> Empfehlungen zu den gemachten Beobachtungen<br />
G.C.<br />
Für G. scheint Psychomotoriktherapie in der Kleingruppe sinnvoll. Es wäre ein gutes<br />
Übungsfeld, um ihm in den zwischenmenschlichen Schwierigkeiten zu helfen. G. könnte<br />
lernen kooperativ zu sein <strong>und</strong> seine guten Ideen auf eine konstruktive Art <strong>und</strong> Weise<br />
einzubringen.<br />
Seine Stärke sind die Fröhlichkeit <strong>und</strong> die Offenheit gegenüber Neuem.<br />
E.B.<br />
Die grosse Kommunikationsbereitschaft <strong>und</strong> ihre Offenheit sind Stärken von E.. Wir<br />
denken, dass sie dies in einer Gruppenförderung gut einbringen könnte. Zudem könnte<br />
sie im Bereich Grobmotorik durch die Imitation der Anderen ihre Erfahrungen vermehren.<br />
83
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
R.G.<br />
Für R. wäre es hilfreich, wenn sie weiterhin die Gruppenförderung besuchen könnte. So<br />
würde sie von anderen Kindern profitieren, sich weiter an Unbekanntes heranwagen <strong>und</strong><br />
neue Erfahrungen machen. Ihre Stärken sind die Sorgfalt <strong>und</strong> Genauigkeit in der<br />
Grafomotorik.<br />
M.P.<br />
Für M. scheint die Massnahme der Gruppenförderung sinnvoll zu sein. Er ist während<br />
unserem Projekt stark aufgeblüht <strong>und</strong> hat viel Neues entdeckt <strong>und</strong> ausprobiert. Wir<br />
glauben auch, dass er in diesem Setting am Umgang mit Gleichaltrigen arbeiten kann, da<br />
er im kognitiven <strong>und</strong> verbalen Bereich Stärken zeigt.<br />
D.P.<br />
D. schien in unseren Augen eine wenig ausgeprägte Spielkultur zu haben. D. zeigte wohl<br />
eine grosse Bewegungs- <strong>und</strong> Spielfreude, hatte aber Mühe mit der Handlungsplanung<br />
<strong>und</strong> verlor sein Spielziel immer wieder aus den Augen. D. hatte ausserdem Mühe, sich an<br />
Regeln zu halten <strong>und</strong> zeigte uns sowie den anderen Kindern gegenüber wenig Respekt.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> würden wir für D. als erstes eine Einzeltherapie empfehlen <strong>und</strong><br />
anschliessend eine Therapie in der Kleingruppe, damit er auch an seinen<br />
Verhaltensformen mit Gleichaltrigen arbeiten kann.<br />
M.R.<br />
Das Beobachten der anderen Kinder ermutige M. offensichtlich auch Unbekanntes <strong>und</strong><br />
Neues auszuprobieren. Deshalb würde ihm die Gruppenförderung weiterhin gut tun. M.<br />
könnte somit auch lernen, sich zu öffnen <strong>und</strong> seine Ideen <strong>und</strong> Wünsche zu äussern. Es ist<br />
seine Stärke, dass er sich gerne bewegt.<br />
84
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
M.S.<br />
Durch das Beobachten der anderen Kinder liess sich M. offensichtlich ermutigen, Neues<br />
auszuprobieren. Aufgr<strong>und</strong> seiner erheblichen Aufmerksamkeits- <strong>und</strong><br />
Konzentrationsschwierigkeiten würden wir ihm aber eher Psychomotoriktherapie in der<br />
Kleingruppe empfehlen, da er in der grossen Gruppe schnell den Überblick verliert <strong>und</strong><br />
sichtlich überfordert ist.<br />
B.S.<br />
B. beobachtete sehr gut, was ihr ermöglichte ihren Platz in der Gruppe zu finden <strong>und</strong> Mut<br />
für neue Tätigkeiten aufzubringen. Ausserdem schien sie ihre Erfahrungen im<br />
motorischen Bereich durch Imitation der anderen Kinder zu erweitern. Die<br />
Gruppenförderung scheint uns eine angemessene Massnahme für sie zu sein. Lediglich<br />
aufgr<strong>und</strong> der Schwächen im grafomotorischen Bereich würden wir für B. eine Therapie in<br />
der Kleingruppe ins Auge fassen.<br />
N.S.<br />
Seine Schwierigkeiten sich zurückzuhalten <strong>und</strong> seine Rücksichtslosigkeit gegenüber<br />
Anderen nahmen wir nicht als absichtliche Bosheiten wahr, sondern vielmehr als N.‘s<br />
Versuch, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er scheint ein sehr tiefes<br />
Selbstwertgefühl zu haben <strong>und</strong> versucht dies durch clowneskes Verhalten zu überspielen.<br />
Ausserdem weist er für einen Erstklässler noch grosse grafomotorische Schwierigkeiten<br />
auf, welche im Setting der Gruppenförderung nicht präzise genug angegangen werden<br />
können. Aufgr<strong>und</strong> des mangelnden Selbstvertrauens <strong>und</strong> der grafomotorischen<br />
Schwierigkeiten empfehlen wir einen schnellen Wechsel in eine Einzel- oder<br />
Kleingruppentherapie.<br />
85
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.4.3. Qualitative Auswertung<br />
6.4.3.1. Fragebogen für die Kinder<br />
Ich habe mich auf die Psychomotorik-Förderst<strong>und</strong>e am Freitag gefreut.<br />
4 Mal JA<br />
4 Mal NEIN (3 Mädchen, 1 Knabe)<br />
Der Älteste der Gruppe meinte er hätte sich manchmal auf die St<strong>und</strong>e gefreut <strong>und</strong><br />
manchmal auch nicht.<br />
Mir haben die Psychomotorik-Förderst<strong>und</strong>en Spass gemacht.<br />
4 Mal JA<br />
3 Mal NEIN (Mädchen)<br />
Zwei der Knaben (darunter der Älteste) haben geäussert, dass ihnen die St<strong>und</strong>en<br />
manchmal Spass bereitet haben <strong>und</strong> manchmal eben nicht.<br />
Ich habe mich nach der Psychomotorik-Förderst<strong>und</strong>e so gefühlt:<br />
4 Mal GUT GEFÜHLT<br />
3 Mal NICHT GUT GEFÜHLT (3 Mädchen)<br />
Zwei Knaben (darunter der Älteste) haben angegeben, dass sie sich manchmal gut <strong>und</strong><br />
manchmal nicht so gut gefühlt haben.<br />
Ich fand das Psychomotorik-Förderprogramm:<br />
5 Mal GUT (1 Mädchen, 4 Knaben)<br />
3 Mal MITTELMÄSSIG (2 Mädchen, 1 Knabe)<br />
1 Mal NICHT GUT<br />
Ich würde gerne wieder an einem Psychomotorik-Förderprogramm teilnehmen.<br />
2 Mal JA<br />
5 Mal NEIN (3 Mädchen, 2 Knaben)<br />
Die zwei ältesten Knaben sind sich nicht sicher, ob sie nochmals teilnehmen würden,<br />
schliessen aber die Möglichkeit nicht aus.<br />
Zeichne was dir am Besten gefallen hat.<br />
Alle neun Kinder haben die „Gletscherspalte“ gezeichnet.<br />
86
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Interpretation der Auswertung:<br />
Dieser Kinderfragebogen wird von uns eher als Momentaufnahme betrachtet, da Kinder<br />
oft von dem berichten was sie zuletzt erlebt haben.<br />
Den drei Mädchen scheint das Psychomotorik-Förderprogramm nicht zugesagt zu haben.<br />
Eines der Mädchen gab aber trotzdem an, dass ihr das gesamte Projekt gefallen habe.<br />
Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte die Überzahl an Knaben in der<br />
Gruppe sein, so dass die Mädchen möglicherweise nicht ganz auf ihre Kosten kamen.<br />
Während der Durchführung der Befragung bemerkten wir zudem, dass die Mädchen<br />
Schwierigkeiten hatten sich für eines der Smileys zu entscheiden <strong>und</strong> dann oft einfach bei<br />
der Nachbarin oder dem Nachbarn abgeschrieben haben.<br />
Die Tendenz beim Anderen zu schauen <strong>und</strong> das Gleiche zu schreiben war allgemein sehr<br />
hoch. Nur die zwei ältesten Kinder antworteten differenziert <strong>und</strong> liessen sich nicht von<br />
ihren Kameraden beeinflussen.<br />
Augenfällig ist, dass mehr als die Hälfte der Kinder angab, sich nach der Psychomotorik-<br />
Förderst<strong>und</strong>e jeweils nicht so gut gefühlt zu haben. Eine mögliche Erklärung dafür ist,<br />
dass die Kinder nach der St<strong>und</strong>e sehr müde waren <strong>und</strong> ihnen dieser<br />
Erschöpfungszustand nicht bekam. Denn einige Kinder mussten den einzigen freien<br />
Nachmittag für die Psychomotorik investieren, andere erlebten am Freitag einen<br />
nahtlosen Kindergartentag, welcher sich bis in den Abend hineinzog.<br />
Beim Erstellen der Zeichnung zögerte keines der Kinder. Jedes fing sofort an zu zeichnen<br />
<strong>und</strong> am Ende hatten wir neun verschiedene „Gletscherspalten“-Zeichnungen. Das zeigte<br />
uns die Wichtigkeit, Wünsche der Kinder zu erfragen <strong>und</strong> umzusetzen, damit sie das Spiel<br />
als ihre eigene Kreation wahrnehmen können <strong>und</strong> sich selbstwirksam erleben.<br />
Persönliche Wahrnehmung der Kinder:<br />
Um 14:00 Uhr stürmten die Kinder jeweils in die Turnhalle <strong>und</strong> bek<strong>und</strong>eten ihr Interesse<br />
an den aufgestellten Geräten. Zudem gingen sie im freien Bewegungsteil selbständig <strong>und</strong><br />
mit Freude auf die einzelnen Posten zu. Nie sahen wir ein Kind lustlos oder gelangweilt<br />
herumsitzen. Diese Beobachtungen sind für uns ein Zeichen, dass alle Kinder gerne in die<br />
Förderst<strong>und</strong>en kamen <strong>und</strong> unsere Spielangebote ihren Bedürfnissen entsprachen.<br />
Es war uns klar, dass sich die Kinder am Freitagnachmittag erschöpft fühlten. Doch wir<br />
staunten immer wieder über die Energie, die sie aufbringen konnten. Teilweise äusserten<br />
sie sogar Enttäuschung über das schnelle Enden der St<strong>und</strong>e.<br />
Über die ganze Zeit hinweg gesehen, gab es nebst kleinen Auseinandersetzungen nie<br />
einen Streit unter ihnen. Die St<strong>und</strong>en waren geprägt von einer fröhlichen Stimmung <strong>und</strong><br />
der Bewegungsfreude der Kinder.<br />
87
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
6.4.3.2. Telefon-Interview mit den Eltern<br />
Nach Beendigung des Projektes (vor den Weihnachtsferien) haben wir mit den beteiligten<br />
Eltern ein Telefon-Interview mit offenen Fragen durchgeführt. Es soll aufgr<strong>und</strong> der<br />
qualitativ ausgerichteten Fragestellung eine diesbezügliche Auswertung ermöglichen.<br />
Acht von neun Elternteilen konnten wir ausführlich interviewen. Bei einem Elternpaar<br />
wurde das Telefon-Interview durch deren Fremdsprachigkeit erschwert.<br />
Uns war es wichtig von den Eltern zu erfahren, wie sie ihr Kind <strong>und</strong> das Projekt erlebt<br />
haben. Die Antworten sollten uns aufzeigen, wie gross die Eltern den Nutzen des<br />
Projektes für ihr Kind einschätzen. Ihre Fremdwahrnehmung bildete die Ergänzung zur<br />
Selbsteinschätzung des Kindes (vgl. Kap. 6.4.3.1., S. 86). Gleichzeitig diente uns dieses<br />
Gespräch dazu, mit den Eltern einen Abschluss des Projektes finden zu können. Im<br />
Weiteren haben wir sie darüber informiert, dass sie ihr Kind zu einer Fortsetzung der<br />
Förderst<strong>und</strong>en nach den Sportferien <strong>2011</strong> anmelden können.<br />
Nachfolgend sind die einzelnen Fragen des Telefon-Interviews aufgeführt. Darauf folgen<br />
die zusammengefassten Antworten der Eltern. Die Namen der interviewten Elternteile<br />
sind anonymisiert.<br />
Fragen:<br />
1. Was ist Ihre Meinung zu den Psychomotorik-Förderst<strong>und</strong>en?<br />
2. Was hat Ihnen das Kind darüber erzählt? Hat sich Ihr Kind auf die St<strong>und</strong>en<br />
gefreut? In welcher Stimmung war Ihr Kind nach den Förderst<strong>und</strong>en?<br />
3. Haben Sie in dieser Zeit Veränderungen bei Ihrem Kind wahrgenommen?<br />
Wenn ja, welche?<br />
4. Wie war für Sie das Verhältnis von Aufwand <strong>und</strong> Ertrag? Hat Sie dieses Projekt<br />
zusätzlich Zeit gekostet?<br />
5. Was möchten Sie noch ergänzen? Haben Sie noch eine Rückmeldung an uns?<br />
6. Haben Sie Interesse an der Weiterführung der Förderst<strong>und</strong>en?<br />
88
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Antworten:<br />
Herr B., Vater von E.B.<br />
Herr B. vertrat die Meinung, dass Sport immer gut sei.<br />
E. habe nicht viel erzählt. Die St<strong>und</strong>en haben ihr gefallen <strong>und</strong> sie habe sich jeweils auf<br />
den Freitag gefreut. Er habe bei seiner Tochter keine grossen Veränderungen bemerkt.<br />
Sie sei mutig, was sie jedoch schon immer gewesen sei.<br />
Für ihn bedeutete das Projekt keinen Mehraufwand, da die Babysitterin E. hingebracht<br />
<strong>und</strong> wieder abgeholt habe.<br />
Herr B. erk<strong>und</strong>igte sich, wie wir E. wahrgenommen haben <strong>und</strong> wollte wissen wie er sie im<br />
Alltag fördern kann. Er treibe viel Sport mit E. (z.B. Ski fahren <strong>und</strong> Klettern).<br />
Er zeigte sich interessiert an einer Weiterführung der Förderst<strong>und</strong>en.<br />
Herr G., Vater von R.G.<br />
Herr G. äusserte sich sehr erfreut über das Projekt. Er empfand die Förderst<strong>und</strong>en als<br />
positiv. R. sei zufrieden gewesen <strong>und</strong> habe gerne die St<strong>und</strong>en besucht. Zuhause habe sie<br />
mit Freude davon erzählt. Er habe bei R. keine Veränderungen bezüglich der<br />
psychomotorischen Fähigkeiten wahrgenommen.<br />
Das Projekt war für Herr G. nicht mit einem Mehraufwand verb<strong>und</strong>en; denn R. sei vor <strong>und</strong><br />
nach den St<strong>und</strong>en in der Krippe gewesen <strong>und</strong> hätte jeweils mit E.B. zusammen gehen<br />
können.<br />
Er bedankte sich bei uns für das gesamte Projekt. Es interessierte ihn, wie wir R. erlebt<br />
haben. Gerne wolle er R. auch im Alltag fördern <strong>und</strong> bat um entsprechende Tipps.<br />
An einer Weiterführung der Förderst<strong>und</strong>en zeigte er sich sehr interessiert.<br />
Frau P., Mutter von M.P.<br />
Die lange Therapie-Warteliste in Thalwil stimmte Frau P. nachdenklich. Sie fragte sich,<br />
wieso so viele Kinder auf Psychomotoriktherapie angewiesen sind. Sie sah die Ursachen<br />
im zunehmenden Bewegungsmangel der Kinder <strong>und</strong> in der erhöhten Aufmerksamkeit für<br />
Defizite. Frau P. fand die Gruppengrösse von neun bis zehn Kindern gut. So könnten die<br />
Kinder mehr profitieren als in einem Freizeitangebot.<br />
M. habe das Angebot sehr geliebt. Er habe sich sehr gefreut auf den Freitag <strong>und</strong> hätte<br />
sogar kommen wollen, als er krank war. Auf Nachfrage der Eltern habe er von den<br />
St<strong>und</strong>en erzählt. M. sei am Freitagnachmittag gut gelaunt <strong>und</strong> voller Energie nach Hause<br />
gekommen.<br />
Sie habe festgestellt, dass M. ausgeglichener sei <strong>und</strong> mehr Mut zeige. Er probiere nun<br />
auch Neues aus.<br />
89
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Der Freitagnachmittag war für die Familie P. nicht optimal. Es sei der einzig freie<br />
Nachmittag von M. gewesen, den er sonst mit Fre<strong>und</strong>en verbringt. Das Holen <strong>und</strong> Bringen<br />
war für Frau P. umständlich, weil sie noch ein Kleinkind hat. Der Aufwand habe sich<br />
jedoch gelohnt, meinte sie.<br />
Die Mutter von M. wünschte sich eine Rückmeldung über ihren Sohn.<br />
Herr P., Vater von D.P.<br />
Herr P. hat das Projekt sehr gut gef<strong>und</strong>en. D. habe viel erzählt zuhause <strong>und</strong> sich sehr auf<br />
die bevorstehenden St<strong>und</strong>en gefreut.<br />
Einen negativen Nebeneffekt haben die Eltern am Verhalten von D. im Kindergarten<br />
beobachtet. D. <strong>und</strong> N.S. haben sich schon gekannt aus der Kindergartenzeit. D. habe<br />
während der Zeit des Projektes im Kindergarten eine grosse Unruhe (Hyperaktivität,<br />
Reinschwatzen) gezeigt. Die Eltern vermuten, dass D. durch das auffällige Verhalten von<br />
N.S. beeinflusst war.<br />
D. habe sich aber auch positiv verändert durch das Projekt. Er sei sicherer <strong>und</strong> klettere<br />
viel öfters als vorher.<br />
Bezüglich des Aufwandes sei es für sie ein idealer Zeitpunkt gewesen. Beide hätten es<br />
sich gut einrichten können.<br />
Herr P. findet das Projekt positiv. Er habe sich gefreut, dass D. mitmachen konnte. Zudem<br />
sei er interessiert an einer Weiterführung der Förderst<strong>und</strong>en (jedoch nur, wenn N.S. nicht<br />
dabei sei). Es interessierte ihn, wie wir D. wahrgenommen haben.<br />
Frau R., Mutter von M.R.<br />
Frau R. konnte nicht viel über die Beurteilung des Projektes sagen, da M. nichts erzählt<br />
habe zuhause. Er sei gerne gekommen <strong>und</strong> zufrieden als auch begeistert gewesen.<br />
Die Mutter staunte über die Entwicklung ihres Sohnes. Er sei mutiger geworden (macht<br />
Purzelbäume, traut sich herunterzuspringen).<br />
Das Bringen <strong>und</strong> Abholen ihres Sohnes war für sie kein Mehraufwand, denn sie konnte es<br />
mit dem Einkauf verbinden. Nur einmal habe es eine Terminkollision gegeben.<br />
Frau R. ist interessiert an der Weiterführung des Projektes.<br />
Herr S., Vater von M.S.<br />
Herr S. fand die Förderst<strong>und</strong>en super.<br />
M. habe sich sehr auf die St<strong>und</strong>en gefreut. Er habe zuhause auf Nachfrage der Eltern<br />
davon erzählt. M. sei jeweils am Freitagabend sehr müde gewesen <strong>und</strong> habe gut<br />
geschlafen.<br />
90
Psychomotorische Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste<br />
Der Vater hat bei M. Veränderungen wahrgenommen. M. habe weniger Angst vor<br />
Unbekanntem <strong>und</strong> würde im Alltag Neues ausprobieren. Zudem sei er ruhiger <strong>und</strong><br />
ausgeglichener als vorher.<br />
Für Herrn S. bedeutete das Projekt keinen zusätzlichen Aufwand, ausser dem Screening.<br />
Doch habe er im Voraus gewusst, dass dieses zeitaufwendig werden würde.<br />
Er bedankte sich, dass wir M. von der Krippe abgeholt <strong>und</strong> wieder zurückgebracht haben.<br />
An einer Weiterführung der Förderst<strong>und</strong>en ist er sehr interessiert.<br />
Frau S., Mutter von B.S.<br />
B. sei während dem Projekt sehr zufrieden gewesen <strong>und</strong> habe sich stets auf die<br />
Förderst<strong>und</strong>en gefreut. Sie hätte viel Spass gehabt dabei <strong>und</strong> jeweils gefragt: „Wann ist<br />
Freitag?“. Zuhause habe B. von den St<strong>und</strong>en erzählt. Am Freitagabend sei sie immer sehr<br />
müde gewesen. Dies läge sicherlich daran, dass sie diesen Tag sowohl im Kindergarten<br />
<strong>und</strong> der Krippe als auch in der Förderst<strong>und</strong>e verbrachte.<br />
Frau S. zeigte sich positiv überrascht vom veränderten Verhalten ihrer Tochter. Obwohl<br />
sie B. stets als scheu wahrnehme, habe sich B. Fremden anvertraut, sei zufrieden<br />
gewesen <strong>und</strong> habe Mut bewiesen. Dies war für die Mutter eine neue Erfahrung. Es sei ein<br />
Zeichen, dass es B. bei uns gefallen habe.<br />
Das Projekt habe für sie keinen zusätzlichen Aufwand bedeutet, da wir B. in der Krippe<br />
abholten <strong>und</strong> wieder zurück gebracht haben. So hätten wir ihr die Teilnahme ermöglicht;<br />
wofür Frau S. sehr dankbar war.<br />
Sie habe sich gefreut, weil B. sehr auf die Förderst<strong>und</strong>en angesprochen habe.<br />
Frau S., Mutter von N.S.<br />
N. sei gr<strong>und</strong>sätzlich gerne in die Förderst<strong>und</strong>en gekommen. Sie hat bei ihm jedoch<br />
gemischte Gefühle wahrgenommen. Frau S. vermutet, dass er gelangweilt gewesen sein<br />
könnte. Dies, weil er der einzige (<strong>und</strong> ein spät eingeschulter) Erstklässler in der Gruppe<br />
war. N. sei gut gelaunt nach Hause gekommen, wenn es ihm gefallen hat. Sie hat keine<br />
Veränderungen bei N. wahrgenommen.<br />
Das Projekt habe für sie keinen zusätzlichen Aufwand bedeutet. Weil N. in der Nähe der<br />
Turnhalle wohnt, sei er jeweils selbständig gekommen. Frau S. war froh um die<br />
Förderst<strong>und</strong>en, weil N. nun schon seit einem Jahr auf der Therapie-Warteliste ist. Ob sie<br />
ihn zu einer Fortsetzung der Förderst<strong>und</strong>en anmelde, wisse sie noch nicht.<br />
91
Diskussion<br />
7. Diskussion<br />
7.1. Zusammenfassung der Erkenntnisse zur Gestaltung einer<br />
psychomotorischen Gruppenförderung<br />
Dieses Unterkapitel stellt unser Fazit bezüglich der Gestaltung unserer<br />
psychomotorischen Gruppenförderung dar. Es besteht hierbei nicht der Anspruch eines<br />
allgemeingültigen Gestaltungsrezeptes, sondern soll lediglich unsere Umsetzungsform<br />
psychomotorischer Gruppenförderung aufzeigen <strong>und</strong> begründen.<br />
7.1.1. Beantwortung der ersten Forschungsfrage<br />
Die erste Forschungsfrage lautete:<br />
Wie muss ein psychomotorisches Überbrückungsangebot im Sinne einer<br />
Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste im Alter von 6 bis 7 Jahren<br />
aufgebaut sein, so dass unterschiedliche psychomotorische Förderbereiche<br />
angesprochen werden <strong>und</strong> eine Individualisierung möglich ist?<br />
Sowohl der Einbezug Andrea Aegerters Resultate der fünf abgeklärten Kinder, als auch<br />
die Ergebnisse aus dem psychomotorischen Screening der anderen vier Kinder führten<br />
uns zur Auswahl gezielter psychomotorischer Förderbereiche.<br />
Durch das gewählte Screeningverfahren beschränkten wir uns dabei auf die drei<br />
Lebensbereiche des SSGs „Umgang mit Anforderungen“, „Bewegung <strong>und</strong> Mobilität“ <strong>und</strong><br />
„Umgang mit Menschen“. Dies ermöglichte uns eine Reduzierung der Förderbereiche <strong>und</strong><br />
somit eine Fokussierung auf individuelle Förderziele der Kinder.<br />
Das Konzept von Renate Zimmer half uns bei der Auswahl der Angebote unserer<br />
Förderst<strong>und</strong>en. Die entdeckten Parallelen zwischen den psychomotorischen<br />
Förderschwerpunkten Renate Zimmers <strong>und</strong> den von uns gewählten Förderzielen waren<br />
der ausschlaggebende Gr<strong>und</strong> für die Verwendung ihrer Spielideen. Ebenfalls hilfreich war<br />
die offene St<strong>und</strong>enstruktur ihres Konzeptes, welche uns Raum für viele<br />
Gestaltungsmöglichkeiten bot. Die ausgewählten Spielideen in Form offener Angebote<br />
ermöglichten den Kindern eine gezielte Auseinandersetzung mit ihren persönlichen<br />
Förderzielen <strong>und</strong> führten zu individuellen <strong>und</strong> für uns beobachtbaren Fortschritten in ihrer<br />
Entwicklung. Die gewählte Gruppengrösse erleichterte uns die individuelle Beobachtung<br />
<strong>und</strong> Unterstützung der einzelnen Kinder.<br />
92
Diskussion<br />
7.1.2. Beantwortung der zweiten Forschungsfrage<br />
Die zweite Forschungsfrage lautete:<br />
Wie muss ein psychomotorisches Überbrückungsangebot im Sinne einer<br />
Gruppenförderung für Kinder auf der PMT-Warteliste im Alter von 6 bis 7 Jahren<br />
aufgebaut sein, um eine Weiterführung des Projektes durch StudentInnen der HfH zu<br />
gewährleisten?<br />
Die psychomotorische Vorabklärung von Prof. Dr. Martin Vetter <strong>und</strong> der Dipl. Päd.<br />
Karoline Sammann stellt ein umfassendes Screeningverfahren dar, welches jedoch einen<br />
zeitlich geringeren Aufwand generiert. Das Screening erfordert lediglich die<br />
Auseinandersetzung mit den ausgewählten, normierten Subtests. Dabei besteht kein<br />
Anspruch, die gesamten Tests zu kennen oder bereits angewendet zu haben.<br />
Die Übernahme des Konzeptes von Renate Zimmer als Vorlage für die St<strong>und</strong>engestaltung<br />
bewährt sich aus mehreren Gründen; simples Gr<strong>und</strong>gerüst für den St<strong>und</strong>enaufbau,<br />
Angebot bewährter Spiel- <strong>und</strong> Umsetzungsideen, Spielraum für den Einbezug eigener<br />
Spielideen oder zusätzlicher Förderbereiche (z.B. Grafomotorik), detaillierte Aufstellung<br />
der Haltung <strong>und</strong> Rolle der Betreuungspersonen.<br />
Die Auswahl der drei Lebensbereiche des SSGs „Umgang mit Anforderungen“,<br />
„Bewegung <strong>und</strong> Mobilität“ <strong>und</strong> „Umgang mit Menschen“ als Beobachtungsbereiche<br />
ermöglicht eine Fokussierung <strong>und</strong> Einordnung der gemachten Beobachtungen.<br />
Für die Gewährleistung der Weiterführung unseres Projektes durch jüngere Semester von<br />
Psychomotorikstudierenden erachten wir folgende Kriterien für wichtig:<br />
- die Auswahl eines übersichtlichen Screeningverfahrens<br />
- ein einfaches, offen gestaltetes Konzept<br />
- ein gut anwendbares Beobachtungsraster.<br />
Es ermöglicht PsychomotorikstudentInnen auch mit noch wenig Praxis- oder<br />
Berufserfahrung das Projekt in unserem Sinne weiterzuführen.<br />
93
Diskussion<br />
7.2. Persönlicher Prozess, Reflexion <strong>und</strong> Schlussfolgerungen<br />
Persönlicher Prozess:<br />
Die Resonanz von PsychomotoriktherapeutInnen bezüglich der beschriebenen<br />
Problemstellung hat uns dazu bewogen, ein handfestes Projekt zu gestalten <strong>und</strong><br />
durchzuführen.<br />
Die Auseinandersetzung mit der Projektplanung hat uns gezeigt, dass die Betrachtung<br />
mehrerer Teilbereiche notwendig ist. Sowohl ein gr<strong>und</strong>legendes Konzept, als auch ein<br />
Screening- <strong>und</strong> Beobachtungsverfahren empfanden wir als wichtige Bestandteile für eben<br />
diese Planung. Die Vertiefung der Bereiche anhand bestehender Literatur war sehr<br />
interessant, bereichernd <strong>und</strong> hat unserem Projekt eine wichtige Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Ausgangslage<br />
gegeben.<br />
Wenn es im Rahmen der Bachelor-These möglich gewesen wäre, hätten wir gerne mehr<br />
Zeit für die Durchführung unseres Projektes verwendet. Durch die eingeschränkten<br />
zeitlichen Ressourcen konnten wir nur acht Förderst<strong>und</strong>en einplanen <strong>und</strong> so lediglich<br />
Forschungsfragen zu der Gestaltung einer psychomotorischen Förderung formulieren <strong>und</strong><br />
in der Umsetzbarkeit auswerten. Trotzdem beobachteten wir bei der Mehrheit der Kinder<br />
selbst in dieser kurzen Zeitspanne Fortschritte in ihrer individuellen Entwicklung. Dieser<br />
positive Effekt war für uns ein zusätzlicher Ansporn ein Nachfolgeangebot zu<br />
gewährleisten.<br />
Es ist uns zudem ein besonderes Anliegen im Rahmen einer anknüpfenden Bachelor-<br />
These unser Projekt auf seine Wirksamkeit zu evaluieren. Da die Weiterführung eine<br />
Mindestdauer von einem halben Jahr beinhaltet, sind wir der Überzeugung, dass sich bei<br />
einzelnen Kindern deutliche Fortschritte zeigen werden. Die Erfahrungsdokumentationen<br />
aus bestehenden Gruppenförderangeboten untermauern diese These zusätzlich, indem<br />
sie von Kindern berichten, welche aufgr<strong>und</strong> der Förderung keine Therapie mehr<br />
benötigen. Dieses Szenario steht uns visionär vor Augen!<br />
Reflexion:<br />
Kritisch möchten wir anmerken, dass das Einbeziehen der Eltern gegen Ende des<br />
Projektes zu kurz gekommen ist. Anhand der Elternrückmeldungen wurde uns bewusst,<br />
dass die Eltern bei Projektschluss über die Fortschritte ihres Kindes hätten informiert<br />
werden sollen. Bei der Weiterführung muss daher unbedingt darauf geachtet werden,<br />
dass die Angaben über die Beobachtungen der Kinder den Weg zu Andrea Aegerter<br />
finden, damit diese im Rahmen eines SSGs einbezogen werden können. Dies wird somit<br />
eine weitere wichtige Aufgabe der PsychomotorikstudentInnen sein.<br />
94
Diskussion<br />
Schlussfolgerungen:<br />
Bei der spannenden <strong>und</strong> harmonischen Arbeit im Zweierteam konnten wir voneinander<br />
profitieren <strong>und</strong> unsere Ressourcen ergänzten sich gut. Der gegenseitige Austausch war<br />
sehr wichtig als auch hilfreich <strong>und</strong> gab uns Hinweise zur Umstrukturierung der St<strong>und</strong>en.<br />
Die tatkräftige Unterstützung von Andrea Aegerter war dabei unentbehrlich <strong>und</strong> wir<br />
danken nochmals dafür.<br />
Am Schluss steht das Gefühl, vieles gelernt zu haben sowie das Wissen, eine sehr<br />
wichtige Problematik aufgegriffen <strong>und</strong> eine mögliche Lösung dafür kreiert zu haben.<br />
95
Diskussion<br />
7.3. Ausblick: Weiterführung des Projektes als praktische Eigenleistung<br />
Den PsychomotorikstudentInnen empfehlen wir folgende Kapitel unserer Arbeit zu lesen:<br />
� 3.2.4. Theorie <strong>und</strong> Praxis psychomotorischer Förderung nach Renate Zimmer<br />
� 3.3. Entwurf des Projekt-Konzeptes<br />
� 4.2. Die zehn Kategorien vom SSG zu „Aktivitäten <strong>und</strong> Partizipation“ (nur die<br />
Bereiche „Umgang mit Anforderungen“, „Bewegung <strong>und</strong> Mobilität“ <strong>und</strong> „Umgang<br />
mit Menschen“)<br />
� 4.3. Auswahl von drei Lebensbereichen als Anhaltspunkt für unsere<br />
Beobachtungen<br />
� 5.1. Beschreibung der psychomotorischen Vorabklärung von Prof. Dr. Martin<br />
Vetter <strong>und</strong> der Dipl. Päd. Karoline Sammann (Vetter & Sammann, 2009).<br />
� 6.2. Umsetzung der Projektidee<br />
� 6.3. Projektverlauf (fakultativ)<br />
� 6.4.1 Beobachtungen zu den Kindern<br />
� 6.4.2. Hypothesen <strong>und</strong> Empfehlungen zu den gemachten Beobachtungen<br />
� 7.2. Persönlicher Prozess, Reflexion <strong>und</strong> Schlussfolgerungen<br />
Ausserdem legen wir ihnen ans Herz, die Anwendung eigener Spielideen nicht zu<br />
scheuen <strong>und</strong> sich mit Literatur zu psychomotorischen Angeboten auseinanderzusetzen.<br />
Wichtig ist uns dabei ausschliesslich, dass die angebotenen Spiele durchdacht <strong>und</strong> mit<br />
einem klaren Förderziel verknüpft sind. Es empfiehlt sich, die Posten immer selber kurz<br />
auszuprobieren.<br />
Empfehlenswert ist auch die Anschaffung einer Trillerpfeife <strong>und</strong> einer „Grafomaterialbox“.<br />
Darin sollten sich folgende Materialien befinden: Blei- <strong>und</strong> Farbstifte (von Vorteil GRIP<br />
Stifte von Faber Castell, dreieckige Form), Neocolor, Schreibunterlagen (rutschfest) <strong>und</strong><br />
Klebeband. Das Sponsoring dieser Materialien sollte unserer Meinung nach das<br />
Schulhaus Sonnenberg in Thalwil übernehmen. Andrea Aegerter kann hierfür als<br />
Vermittlerin angefragt werden.<br />
An der Hochschule für Heilpädagogik wird ein Ordner zur Verfügung stehen, welcher<br />
sowohl die St<strong>und</strong>enbilder (inkl. Vorlagen der Grafomotorikarbeitsblätter) aus unserer<br />
Arbeit als auch die laminierten Regelkarten <strong>und</strong> das laminierte Garderobenschild<br />
beinhaltet. Dieser Ordner wird von Myrtha Häusler verwaltet.<br />
96
Diskussion<br />
An der Psychomotorik-Stelle in Thalwil wird ein Ordner zu Verfügung stehen, welcher<br />
sowohl die Resultate des psychomotorischen Screenings inkl. dazugehörenden<br />
Förderzielen (vier Kinder), die Förderziele aus der Abklärung (fünf Kinder) als auch die<br />
abschliessenden Beobachtungszusammenfassungen beinhaltet. Dieser Ordner wird von<br />
Andrea Aegerter verwaltet.<br />
Die Aufgabe der PsychomotorikstudentInnen umfasst folgende Punkte:<br />
� Schriftliches Festhalten der Förderziele aus der Abklärung bei Kindern, die neu in<br />
die Gruppe treten.<br />
� Ausführung des psychomotorischen Screeningverfahrens bei Kindern, die neu in<br />
die Gruppe eintreten <strong>und</strong> noch nicht von Andrea Aegerter abgeklärt worden sind.<br />
� Schriftliches Festhalten der Screeningresultate inkl. dazugehörender Förderziele.<br />
� Schriftliches Festhalten der Beobachtungen zu den Kindern.<br />
� Schriftliches Festhalten der Hypothesen <strong>und</strong> Empfehlungen zu den gemachten<br />
Beobachtungen.<br />
→ Diese Dokumente werden alle im Ordner an der Psychomotorik-Stelle Thalwil<br />
abgelegt. Aus Datenschutzgründen ist dies sehr wichtig!<br />
� Schriftliches Festhalten der St<strong>und</strong>enbilder (inkl. Vorlagen der<br />
Grafomotorikarbeitsblätter).<br />
→ Diese Dokumente werden im Ordner an der Hochschule für Heilpädagogik<br />
abgelegt.<br />
Die Vorlagen für die schriftlichen Arbeiten werden wir in digitaler Form auf einer CD<br />
speichern <strong>und</strong> diese ebenfalls im Ordner der Hochschule für Heilpädagogik aufbewahren.<br />
97
Literaturverzeichnis<br />
8. Literaturverzeichnis<br />
Asendorpf, J. B. & Aken, M. A. G. v. (1993). Self-Perception Profile for Children –<br />
deutsche Fassung (SPPC-D). Berlin: Humboldt Universität, Institut für Psychologie.<br />
ASTP Schweizerischer Verband der Psychomotoriktherapeutinnen <strong>und</strong> -therapeuten<br />
(2010). Berufsbild. Internet: http://www.astp.ch/berufsverband/dokumente-pdf/<br />
[10.02.<strong>2011</strong>].<br />
Bildungsdirektion Kanton Zürich, Volksschulamt (Hrsg.) (2007). Angebote für<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen.<br />
Psychomotorische Therapie (1. Auflage). Zürich: Lehrmittelverlag des Kantons<br />
Zürich.<br />
Dahinden, R. & Blos, K. (2010). Psychomotorik in der Grossgruppe. Schweizerische<br />
Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 16, 7-8/10, 40-45.<br />
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation <strong>und</strong> Information, DIMDI, WHO-<br />
Kooperationszentrum für das System Internationaler Klassifikationen (Hrsg.).<br />
(2005). ICF. Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit. Internet:<br />
http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/downloadcenter/icf/endfassung/icf_endfassu<br />
ng-2005-10-01.pdf [08.01.<strong>2011</strong>].<br />
Hollenweger, J. & Lienhard, P. (2008). Schulische Standortgespräche. Ein Verfahren zur<br />
Förderplanung <strong>und</strong> Zuweisung von sonderpädagogischen Massnahmen (4.<br />
Ausgabe, unverändert). Zürich: Lehrmittelverlag der Kantons Zürich.<br />
Horst, R. (1986). Graphomotorische Testbatterie. Weinheim: Beltz.<br />
Jucker, D. (2010). Vernetzung zwischen Prävention, Förderung <strong>und</strong> Therapie.<br />
Unveröffentlichtes Skript, Hochschule für Heilpädagogik, Zürich.<br />
Passolt, M. & Pinter-Theiss, V. (2006). Ich habe eine Idee…. Psychomotorische Praxis<br />
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Entwicklungspsychologie <strong>und</strong> Pädagogische Psychologie 37, 194-204.<br />
Seiffert, E. & Wendler, M. (1995). Kinder mit Lese- <strong>und</strong> Schreiblernschwierigkeiten: Zum<br />
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Wendler, M. (2001). Diagnostik <strong>und</strong> Förderung der Grafomotorik. Konzeptionelle<br />
Überlegungen zu einem Entwicklungs- <strong>und</strong> bewegungsorientierten<br />
Schriftspracherwerb. Dissertation, Universität Marburg.<br />
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psychomotorischen Förderung von Kindern (2. Auflage der vollständig<br />
überarbeiteten Neuausgabe, 9. Gesamtauflage). Freiburg im Breisgau: Verlag<br />
Herder.<br />
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Literaturverzeichnis<br />
Bilder:<br />
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http://gallery.marcostolze.de/v/stop.jpg.html [15.02.<strong>2011</strong>].<br />
Happy Toys (2010). Trinkglas "Biene Maja". Internet:<br />
http://www.happytoys.de/ShowDetailPage-cf1-ti6-ii150103-<br />
Trinkglas_Biene_Maja.html%3Bjsessionid=11F81150DA01BAB2FB6931205FBB3F<br />
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http://www.inlife.de/blog/search/lecker+wecker [15.02.<strong>2011</strong>].<br />
Judogemeinschaft Dortm<strong>und</strong> (<strong>2011</strong>). Fre<strong>und</strong>schaft. Internet:<br />
http://www.judogemeinschaft-dortm<strong>und</strong>.de/html/judo-werte.html [15.02.<strong>2011</strong>].<br />
Piranha Windsurfing Club (2009). WC. Internet:<br />
http://www.piranha-surf.ch/?p=810 [15.02.<strong>2011</strong>].<br />
Preisroboter (<strong>2011</strong>). Softblocks Jumbo. Internet:<br />
http://www.preisroboter.de/ergebnis3123996.html [15.02.<strong>2011</strong>].<br />
Psychomotorik-Therapie (2009). Informationsbroschüre für Eltern <strong>und</strong> Lehrpersonen.<br />
Internet: http://www.psychomotorik-therapie.ch/de/text/PMEntwicklung.pdf<br />
[15.02.<strong>2011</strong>].<br />
100
Literaturverzeichnis<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Wartezeiten eines Kindes auf der Psychomotoriktherapie-Warteliste 6<br />
Abbildung 2: Das Angebot der psychomotorischen Therapie: Interventionsformen 15<br />
Abbildung 3: STEP – St<strong>und</strong>enentwicklung im Prozess 18<br />
Abbildung 4: Wechselwirkungen zwischen den Komponenten der ICF 33<br />
Abbildung 5: Bewegungsbaustelle, 7. Förderst<strong>und</strong>e (10.12.2010) 55<br />
Abbildung 6: Grafomotorische Sequenz 55<br />
101
Literaturverzeichnis<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1: Abgeleitete Förderbereiche <strong>und</strong> -themen aus der psychomotorischen Abklärung<br />
von Andrea Aegerter 45<br />
Tabelle 2: Anmeldungsgründe für die Psychomotoriktherapie von Kindergärtnerinnen <strong>und</strong><br />
Lehrpersonen 46<br />
Tabelle 3: Resultate aus dem Screening mit M.R. 48<br />
Tabelle 4: Resultate aus dem Screening mit M.S. 48<br />
Tabelle 5: Resultate aus dem Screening mit B.S. 48<br />
Tabelle 6: Resultate aus dem Screening mit N.S. 48<br />
Tabelle 7: Resultate aus dem GMK, Schwierigkeiten von M.R. im Bereich Grafomotorik 49<br />
Tabelle 8: Resultate aus dem GMK, Schwierigkeiten von M.S. im Bereich Grafomotorik 49<br />
Tabelle 9: Resultate aus dem GMK, Schwierigkeiten von B.S. im Bereich Grafomotorik 50<br />
Tabelle 10: Resultate aus dem GMK, Schwierigkeiten von N.S. im Bereich Grafomotorik<br />
Tabelle 11: Zusammenfassende Förderschwerpunkte für die einzelnen Kinder 51<br />
Tabelle 12: 1. Förderst<strong>und</strong>e 57<br />
Tabelle 13: 2. Förderst<strong>und</strong>e 59<br />
Tabelle 14: 3. Förderst<strong>und</strong>e 61<br />
Tabelle 15: 4. Förderst<strong>und</strong>e 63<br />
Tabelle 16: 5. Förderst<strong>und</strong>e 65<br />
Tabelle 17: 6. Förderst<strong>und</strong>e 67<br />
Tabelle 18: 7. Förderst<strong>und</strong>e 69<br />
Tabelle 19: 8. Förderst<strong>und</strong>e 71<br />
50<br />
102