Masterarbeit - BSCW
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Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
HfH<br />
Interkantonale Hochschule für<br />
Heilpädagogik Zürich<br />
<strong>Masterarbeit</strong><br />
Persönlichkeit, ein vernachlässigter Aspekt<br />
bei Heilpädagoginnen und Heilpädagogen?<br />
Begleitung:<br />
Dr. phil. Marianne Wagner Lenzin<br />
Departement 1 /<br />
Studienschwerpunkt Pädagogik bei<br />
Schulschwierigkeiten<br />
Studiengang TZ 2008 / 2011<br />
!<br />
Eingereicht von :<br />
Anina Spalinger<br />
Anja Hilber<br />
Pascal Kaeser<br />
Abgabedatum: 10.1.2011
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Abstract<br />
Welche Persönlichkeitsfaktoren der schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen beeinflus-<br />
sen die Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern positiv? Dieser Forschungsfrage wurde in der<br />
vorliegenden Masterthese nachgegangen. Im Zentrum standen Lehrpersonenmeinungen, die per<br />
Umfragebogen erhoben und quantitativ ausgewertet wurden. Die Umfrage stützte sich ab auf das<br />
NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) von Paul T. Costa und Robert R. McCrae. Zusätzlich wur-<br />
den Experten mittels Leitfadeninterviews befragt. Ihre Aussagen ergänzten die Ergebnisse der<br />
Lehrpersonenbefragung.<br />
Die quantitative und qualitative Analyse der erhobenen Daten zeigt auf, dass sich alle Faktoren<br />
des oben erwähnten Inventars positiv auf die Interaktion zwischen den schulischen Heilpädagogin-<br />
nen/Heilpädagogen und den Lernenden auswirken.<br />
2
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
VORWORT ........................................................................................................................................6<br />
1. EINLEITUNG .................................................................................................................................7<br />
1.1 AUSGANGSLAGE UND PERSÖNLICHER BEZUG...............................................................................8<br />
1.2 ERLÄUTERUNG UND BEGRÜNDUNG DER THEMENWAHL .................................................................8<br />
1.3 FRAGESTELLUNG .....................................................................................................................10<br />
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN ..............................................................................................11<br />
2.1 PERSÖNLICHKEIT .....................................................................................................................11<br />
2.1.1 Geschichte des Begriffs Persönlichkeit ..........................................................................13<br />
2.1.2 Persönlichkeitstheorien ..................................................................................................14<br />
2.1.3 Typen- und Eigenschaftstheorien...................................................................................15<br />
2.1.3 Dynamische Persönlichkeitstheorien .............................................................................17<br />
2.1.4 Humanistische Theorien.................................................................................................18<br />
2.1.4.1 Der Personenzentrierte Ansatz nach Carl R. Rogers............................................................. 18<br />
2.1.4.2 Der Personenzentrierte Ansatz in Bezug auf das pädagogische Arbeitsfeld ......................... 20<br />
2.1.4.3 Die drei Grundhaltungen des personenzentrierten Ansatzes................................................. 20<br />
2.1.5 Lerntheorien ...................................................................................................................22<br />
2.1.6 Kognitive Theorien .........................................................................................................22<br />
2.1.7 Definitionen ....................................................................................................................23<br />
2.1.8 Perspektiven von Persönlichkeit ....................................................................................24<br />
2.1.9 Kontroverse: Person versus Situation ............................................................................25<br />
2.2 LEHRERPERSÖNLICHKEIT..........................................................................................................26<br />
2.2.1 Lehrerverhalten ..............................................................................................................29<br />
2.2.2 Lehrerverhalten in verschiedenen Ansätzen ..................................................................30<br />
2.2.3 Lehrertypen ....................................................................................................................31<br />
2.2.4 Führungsstil....................................................................................................................32<br />
2.3 FÜNF-FAKTOREN-MODELL........................................................................................................33<br />
2.3.1 Geschichte und Entwicklung des Fünf-Faktoren-Modells ..............................................34<br />
2.3.2 Die Fünf Faktoren des Modells ......................................................................................35<br />
2.3.2.1 Die Facetten der einzelnen Faktoren...................................................................................... 37<br />
2.3.2.2 NEO-FFI ................................................................................................................................. 38<br />
2.3.2.3 Anwendungsfelder des Fünf-Faktoren-Modells...................................................................... 39<br />
2.3.2.4 negative Kritik am Fünf-Faktoren-Modell................................................................................ 39<br />
2.3.2.5 Positive Kritik am Fünf-Faktoren-Modell................................................................................. 40<br />
2.4 INTERAKTION ...........................................................................................................................40<br />
2.4.1 Symbolischer Interaktionismus.......................................................................................41<br />
2.4.1.1 Drei Prämissen des symbolischen Interaktionismus........................................................... 42<br />
2.4.1.2 Soziale Interaktion .................................................................................................................. 42<br />
2.4.1.3 Positive Beeinflussung der Interaktion.................................................................................... 42<br />
2.4.2 Psychoanalytischer Erklärungsansatz des Interaktionismus..........................................43<br />
3
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
2.4.3 Heilpädagogische Relevanz...........................................................................................47<br />
2.5 SCHULISCHE HEILPÄDAGOGIK...................................................................................................47<br />
2.5.1 Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen .....................................................................48<br />
3. FORSCHUNGSMETHODISCHES VORGEHEN.........................................................................51<br />
3.1 ÜBERBLICK ..............................................................................................................................51<br />
3.1.1 Survey ............................................................................................................................52<br />
3.2 GÜTEKRITERIEN .......................................................................................................................52<br />
3.2.1 Gütekriterien der quantitativen Forschung .....................................................................52<br />
3.2.2 Gütekriterien der qualitativen Forschung .......................................................................53<br />
3.3 FORSCHUNGSMETHODEN..........................................................................................................54<br />
3.3.1 Literaturrecherche ..........................................................................................................55<br />
3.3.2 Interview .........................................................................................................................55<br />
3.3.2.1 Experteninterview ................................................................................................................... 56<br />
3.3.2.2 Der Leitfaden .......................................................................................................................... 57<br />
3.3.2.3 Pretest Interview..................................................................................................................... 58<br />
3.3.2.4 Leitfaden für die Experten....................................................................................................... 59<br />
3.3.3 Fragebogen ....................................................................................................................60<br />
3.3.3.1 NEO-FFI ................................................................................................................................. 60<br />
3.3.3.2 Qualität des NEO-FFI ............................................................................................................. 60<br />
3.3.3.3 Erstellung des Fragebogens................................................................................................... 61<br />
3.3.3.4 Dateneingabe und Kontrolle ................................................................................................... 62<br />
3.3.3.5 Pretest Fragebogen................................................................................................................ 63<br />
3.3.3.6 Begleitbrief.............................................................................................................................. 63<br />
4. DURCHFÜHRUNG (DATENERHEBUNG)..................................................................................64<br />
4.1 FRAGEBOGEN ..........................................................................................................................64<br />
4.2 INTERVIEW...............................................................................................................................65<br />
4.2.1 Interviewaufzeichnung....................................................................................................66<br />
4.2.2 Transkription...................................................................................................................67<br />
4.2.3 Analyseverfahren: das Kategorisieren ...........................................................................67<br />
5. DARSTELLUNG DER DATEN UND ERGEBNISSE ..................................................................69<br />
5.1 ERGEBNISSE FRAGEBOGEN ......................................................................................................69<br />
5.1.2 Stichprobe ......................................................................................................................69<br />
5.1.3 Auswertung der Fragbogen............................................................................................70<br />
5.1.4 Mittelwerte der fünf Faktoren..........................................................................................70<br />
5.1.5 Einzelne Ergebnisse der Faktoren .................................................................................72<br />
5.2 ERGEBNISSE INTERVIEW...........................................................................................................74<br />
5.2.1 Qualitative Darstellung der Daten aus den drei Interviews ............................................74<br />
5.2.2 Quantitative Auswertung ................................................................................................81<br />
6. ZUSAMMENFASSUNG INTERVIEWERGEBNISSE ..................................................................86<br />
6.1 A1 EMOTIONALE STABILITÄT..................................................................................................86<br />
4
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
6.2 A2 EXTRAVERSION ...............................................................................................................86<br />
6.3 A3 OFFENHEIT FÜR ERFAHRUNGEN .......................................................................................87<br />
6.4 A4 VERTRÄGLICHKEIT...........................................................................................................87<br />
6.5 A5 GEWISSENHAFTIGKEIT .....................................................................................................88<br />
6.6 A6 ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DEN PERSÖNLICHKEITSASPEKTEN ..........................................88<br />
6.7 A7 WECHSELWIRKUNG SHP – KINDER ..................................................................................89<br />
6.8 A8 PSYCHOLOGISCHE MODELLE............................................................................................89<br />
6.9 A9 THEMA ZUORDNUNG, PERSÖNLICHKEIT ODER VERHALTEN.................................................89<br />
6.10 A10 VERHALTEN / HANDLUNGSREPERTOIRE........................................................................90<br />
6.11 A11 FACHKOMPETENZEN ...................................................................................................90<br />
6.12 A12 PERSÖNLICHKEITSBILDUNG WÄHREND DER AUSBILDUNG ZUR SHP................................90<br />
6.13 A13 EIGNUNGSPRÜFUNG DER PERSÖNLICHKEIT ..................................................................91<br />
7. DISKUSSION...............................................................................................................................92<br />
7.1 DISKUSSION EMOTIONALE STABILITÄT........................................................................................92<br />
7.2 DISKUSSION EXTRAVERSION.....................................................................................................93<br />
7.3 DISKUSSION OFFENHEIT FÜR ERFAHRUNGEN.............................................................................94<br />
7.4 VERTRÄGLICHKEIT....................................................................................................................96<br />
7.5 GEWISSENHAFTIGKEIT..............................................................................................................97<br />
7.6 ZUSAMMENHÄNGE & WECHSELWIRKUNGEN ...............................................................................98<br />
8. BEANTWORTUNG DER FRAGESTELLUNG ..........................................................................102<br />
8.1 BEANTWORTUNG DER UNTERFRAGEN......................................................................................102<br />
8.2 BEANTWORTUNG DER HAUPTFRAGENSTELLUNG.......................................................................104<br />
8.2.1 Kleiner theoretischer Exkurs ........................................................................................105<br />
8.2.2 Zusammenfassende Beantwortung der Hauptfragestellung ........................................106<br />
8.3 BEANTWORTUNG DER ANSCHLUSSFRAGE ................................................................................107<br />
8.4 BEANTWORTUNG DER FRAGE ZUR AUSBILDUNG.......................................................................108<br />
8.4.1 Persönlichkeitsbildung - ein heikler Ausbildungsbereich..............................................110<br />
8.4.2 Welche Persönlichkeitsaspekte sollen besonders berücksichtigt werden?..................110<br />
8.4.3 Die Möglichkeit einer Eignungsprüfung?......................................................................111<br />
8.5 ERSTE SCHRITTE IN DIE RICHTIGE RICHTUNG...........................................................................112<br />
9. AUSBLICK ................................................................................................................................115<br />
9.1 MÖGLICHKEIT EINER WEITERFÜHRENDEN ARBEIT .....................................................................115<br />
10. SCHLUSSWORT.....................................................................................................................117<br />
LITERATURVERZEICHNIS ..........................................................................................................119<br />
TABELLENVERZEICHNIS............................................................................................................124<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS.......................................................................................................124<br />
11. ANHANG ................................................................FEHLER! TEXTMARKE NICHT DEFINIERT.<br />
5
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Vorwort<br />
Die vorliegende <strong>Masterarbeit</strong> „Persönlichkeit, ein vergessener Aspekt bei Heilpädagoginnen und<br />
Heilpädagogen?“ bildet den Abschluss des Studiengangs der schulischen Heilpädagogik an der<br />
interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich. Verschiedene Beteiligte haben zu dieser<br />
<strong>Masterarbeit</strong> einen wesentlichen Beitrag geleistet: Vorneweg möchten die Verfasserinnen und der<br />
Verfasser dieser Arbeit Frau Marianne Wagner Lenzin für ihre gewinnbringende und fundierte Be-<br />
gleitung herzlich danken. Dank gehört auch den Experten, welche sich für ein Interview zur Verfü-<br />
gung gestellt haben, den beteiligten Personen, die sich unseren Fragen des Fragebogens gestellt<br />
haben und den Leuten, die unsere Arbeit gegenlasen.<br />
6
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
1. Einleitung<br />
In den meisten Kantonen der Schweiz wurde das neue sonderpädagogische Konzept zur integrati-<br />
ven Schulung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen eingeführt und umgesetzt. In vielen Fällen<br />
führte diese Umsetzung zur Aufhebung von Sonderklassen. Die betroffenen Kinder werden neu in<br />
die Regelklasse integriert und bekommen je nach Kanton eine definierte Anzahl Stunden an heil-<br />
pädagogischer Unterstützung durch eine Fachperson. Die Heterogenität ist durch die unterschied-<br />
lichen Leistungsvoraussetzungen, die kulturellen und familiären Unterschiede und die verschie-<br />
denartigen Wertvorstellungen noch vielfältiger geworden. Jede Lehrperson, jede Heilpädagogin<br />
und jeder Heilpädagoge ist aufgrund dieser Ausgangslage besonders herausgefordert, die Vielfalt<br />
der Klassenzusammensetzung in die Unterrichtsgestaltung einzubeziehen, sei es beispielsweise in<br />
der positiven Haltung gegenüber den Kindern oder auch in der Niveaudifferenzierung der Lernar-<br />
rangements. Die Schule ist beauftragt, die Lehr- und Lernprozesse an die verschiedenen Lernvor-<br />
aussetzungen der Kinder anzupassen und diese in ihrer individuellen Lern- und Leistungsfähigkeit<br />
zu fördern.<br />
Wie ist das jedoch realisierbar? Gibt es auf Seiten der schulischen Heilpädagoginnen/der schuli-<br />
schen Heilpädagogen Persönlichkeitsmerkmale, die den Schulverlauf der Kinder positiv beeinflus-<br />
sen können?<br />
Im folgenden Kapitel wird die Themenwahl dieser Arbeit ausführlicher erläutert und die Ausgangs-<br />
lage beschrieben. Anschliessend wird das Forschungsinteresse des Autorinnen- und Autoren-<br />
teams formuliert.<br />
7
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
1.1 Ausgangslage und persönlicher Bezug<br />
Im Studienführer, den wir zu Beginn des Studiums erhielten, wurde die Persönlichkeit der schuli-<br />
schen Heilpädagogin oder des schulischen Heilpädagogen nicht thematisiert. Diese Feststellung<br />
erstaunte, basiert doch der Schulalltag auf unzähligen Interaktionen zwischen Kindern und zwi-<br />
schen Lehrperson und Kindern. Wirkung und Einfluss der Lehrerpersönlichkeit wurden auch wäh-<br />
rend der Ausbildung immer wieder angesprochen und zwar im Rahmen des regelmässigen Aus-<br />
tausches von Berufserfahrungen. Es fiel auf, dass sich einige schulische Heilpädagoginnen und<br />
Heilpädagogen in ihrem Berufsalltag überfordert fühlten. Persönlichkeitsmerkmale schienen einen<br />
wichtigen Bestandteil der Lehr- und Lernaktivitäten im Schulalltag zu sein, was aufgrund der oben<br />
geschilderten Ausgangslage leicht nachvollziehbar ist. Lassen sich diese Merkmale definieren?<br />
Frick bestätigt den Einfluss der Lehrperson mit folgendem Zitat:<br />
„Alle guten und schlechten didaktisch-methodischen und pädagogischen Möglichkeiten stehen und<br />
fallen im Endeffekt eben doch mit den konkreten Menschen, mit persönlichen Aspekten der Erzie-<br />
hungsperson, auch wenn diese empirisch nicht so leicht in ihrer Wirkung nachzuweisen sind“<br />
(2007, S. 201).<br />
Der erwähnte Punkt „mit persönlichen Aspekten“ passte gut zu den persönlichen Lehrerfahrungen<br />
der Verfasserinnen und des Verfassers und war während der vergangen Studienzeit immer wieder<br />
Gegenstand von Diskussionen.<br />
1.2 Erläuterung und Begründung der Themenwahl<br />
Auf dem Hintergrund der heterogenen Klassen und den persönlichen Erfahrungen mit teils schwie-<br />
rigen Unterrichtssituationen entwickelte sich die Frage nach der Bedeutung von Persönlichkeits-<br />
merkmalen, die Pädagoginnen und Pädagogen für diese Herausforderungen mitbringen sollten.<br />
Auslöser für die Themenwahl war schliesslich die oben erwähnte Aussage von Frick (2007), die<br />
Persönlichkeitsaspekte von Lehrpersonen und deren Entwicklung genauer zu untersuchen und<br />
diese mit dem Lehrerfolg in integrativen Schulen in Beziehung zu setzen. Die Feststellung, dass<br />
die Persönlichkeitsbildung in der aktuellen Heilpädagoginnen- und Heilpädagogenausbildung nur<br />
am Rande berücksichtig wird, bestätigte die Wahl endgültig.<br />
Die Ausbildung setzt den Fokus auf den Aufbau und die Erarbeitung von Fachwissen. Das ange-<br />
strebte Kompetenzprofil der angehenden Heilpädagoginnen und Heilpädagogen setzt sich gemäss<br />
dem Studienführer der interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich 2008/2011 aus den<br />
folgenden Bestandteilen zusammen (S. 6):<br />
8
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
A) Förderdiagnostik,<br />
B) Unterricht und Förderung,<br />
C) Beratung und Zusammenarbeit,<br />
D) Praxisreflexion und Qualitätssicherung,<br />
E) Entwicklung und Organisation schulischer und sozialer Institutionen,<br />
F) Forschung und Entwicklung,<br />
G) Öffentlichkeitsarbeit<br />
H) Planung der eigenen Weiterbildung.<br />
In der Fachliteratur wird das Kompetenzprofil von Lehrpersonen auch etwa als Zusammenspiel von<br />
vier Kompetenzen beschrieben. Zwei dieser vier Kompetenzen beziehen sich stark auf die Persön-<br />
lichkeit der Pädagoginnen und Pädagogen. In der folgenden Auflistung sind sie knapp skizziert.<br />
Selbstkompetenz:<br />
Selbstwahrnehmung, Selbstbewusstsein, Stabilität, Realitätssinn, Abgrenzungsfähigkeit.<br />
Sozialkompetenz:<br />
Einfühlungsvermögen, Empathie, Toleranz, Offenheit, Konflikt- und Vereinbarungsfähigkeit.<br />
Fachkompetenz:<br />
Inhaltliches und didaktisches Fachwissen.<br />
Methodenkompetenz:<br />
Kenntnisse und Handhabung fachspezifischer und allgemein didaktischer Methoden.<br />
Tröhler (2005, S. 25) fordert, „die Fachdidaktik zu stärken“ und sich vom Ruf nach „Formung der<br />
Lehrerpersönlichkeit“ in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung zu distanzieren. Denn guter Unterricht<br />
bedürfe keiner Lehrerpersönlichkeiten, sondern professioneller „Berufsleute“. Dieser Praxis, wel-<br />
che sich an unseren Hochschulen manifestiert, stellen sich viele Pädagogen, Forscher und Schrift-<br />
steller entgegen. Sie plädieren für den Einbezug der Persönlichkeit in Bezug auf die Schulung der<br />
Kinder und sehen es deshalb als unabdingbar, diese auch im Rahmen einer pädagogischen Aus-<br />
bildung mitzuformen. So meint der Erziehungswissenschaftler Hartmut von Hentig beispielsweise:<br />
„Das wichtigste Curriculum des Lehrers ist seine Person! Wenn seine Person seine Lehre nicht<br />
legitimiert, wenn sie sie nicht ausweist, dann kann er lehren, was er will – es wird nichts bringen“<br />
(2004, S. 75)<br />
Erfahrungen aus dem Alltag zeigen, dass gerade im Zusammenhang mit der aktuellen Integrati-<br />
onsthematik und ihrem Gelingen grosse Unsicherheiten vorherrschen, die zu Debatten über die<br />
Form der Umsetzung führen. Schulerfahrungen machen deutlich, dass sich das Verhalten von<br />
Schülerinnen und Schülern in Anwesenheit anderer Lehrpersonen verändert. Je nach Lehrperson<br />
9
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
kann das Verhalten stark divergieren. Der Einfluss der Persönlichkeit der Lehrperson scheint so<br />
augenfällig.<br />
In den letzten Jahren fanden verschiedene empirische Forschungen in der Sozialwissenschaft<br />
statt. Viele benützten zur Persönlichkeitsforschung den NEO-FFI, ein Persönlichkeitsinventartest<br />
von Costa & McCrae, welcher sich auf das Fünf-Faktoren-Modell abstützt. So beispielsweise Mayr<br />
& Neuweg (vgl. 2006, S.203). Sowohl der NEO-FFI, als auch das Fünf-Faktoren-Modell wird in den<br />
theoretischen Grundlagen dieser Arbeit erläutert.<br />
1.3 Fragestellung<br />
In dieser <strong>Masterarbeit</strong> wird der Frage nachgegangen, welche Wirkung die verschiedenen Persön-<br />
lichkeitsfaktoren auf die Interaktion mit Kindern haben und welche Faktoren die Interaktion positiv<br />
beeinflussen? Oder präziser ausgedrückt:<br />
Welche Persönlichkeitsfaktoren der schulischen Heilpädagoginnen und der schulischen Heilpäd-<br />
agogen beeinflussen die Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern positiv?<br />
Das Ziel der Arbeit ist auch, verlässliche Daten zu generieren, die deutlich machen, dass neben<br />
dem Aufbau von Fachwissen und Didaktik auch der Persönlichkeitsbildung einen Platz in der Aus-<br />
bildung zur schulischen Heilpädagogin und zum schulischen Heilpädagogen eingeräumt werden<br />
muss. Die Fragestellung bezieht sich in den Persönlichkeitsfaktoren auf das bereits erwähnte Fünf-<br />
Faktoren-Modell. Im Zentrum der Studie stehen die Faktoren emotionale Stabilität, Extraversion,<br />
Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit.<br />
Aus der Hauptfragestellung ergeben sich Unterfragen, die schlussendlich helfen sollen, die Haupt-<br />
frage zu beantworten:<br />
Weitere Fragestellungen:<br />
o Welcher Zusammenhang besteht zwischen einzelnen Persönlichkeitsfaktoren und dem In-<br />
teraktionshandeln der Heilpädagoginnen und Heilpädagogen?<br />
o Gibt es Persönlichkeitsfaktoren, welche für eine gute Interaktion unabdingbar sind?<br />
o Welche Aspekte neben den Persönlichkeitsfaktoren haben einen Einfluss auf die Interakti-<br />
on zwischen Schülerinnen und Schülern und zwischen Heilpädagoginnen/Heilpädagogen<br />
und Schülerinnen/Schüler?<br />
o Muss die Bildung der Persönlichkeit in der Ausbildung zur Heilpädagogin, zum Heilpäd-<br />
agogen stärker berücksichtigt werden? Wenn ja, welche Persönlichkeitsfaktoren müssen<br />
besonders gefördert werden?<br />
10
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
2. Theoretische Grundlagen<br />
In der Ausgangslage wurden einzelne Begriffe angesprochen. Begriffe, welche im Alltagsverständ-<br />
nis oder in der Fachliteratur unterschiedliche Verwendung finden. Die folgende Auseinanderset-<br />
zung mit den Hauptbegriffen Persönlichkeit und Interaktion sowie dem NEO-Fünf-Faktoren-<br />
Inventar (NEO-FFI) von Paul T. Costa und Robert R. McCrae möchte das Forschungsverständnis<br />
dieser Konstrukte, das auch dieser Arbeit zugrunde liegt, erläutern.<br />
2.1 Persönlichkeit<br />
„Unter den Theoretikern besteht keinesfalls eine einhellige Meinung darüber, was „Persönlichkeit“<br />
genau bedeutet“ (Schultheis, 2009, S. 5).<br />
In den folgenden Unterkapiteln wird die Geschichte des Persönlichkeitsbegriffs kurz beleuchtet,<br />
verschiedene Ansätze und Theorien erläutert.<br />
Zuerst werden die wichtigsten Begriffe, welche sowohl in diesem Kapitel als auch in der ganzen<br />
Arbeit verwendet werden, in einer Tabelle erläutert. Dadurch sollen Verständnisprobleme vermin-<br />
dert werden. Diese Begriffserläuterung orientiert sich an den Begriffen von Corsini (1977) für die<br />
wissenschaftliche Beschreibung der Persönlichkeit.<br />
Begriff Definition Beispiel<br />
Charakter Wird oft gleichbedeutend mit „Persönlich-<br />
keit“ verwendet, wenn der Begriff benutzt<br />
wird, um auf das Muster regelmässiger,<br />
wiederkehrender Verhaltensweisen einer<br />
Person zu verweisen. Wird er aber zur<br />
Bewertung der Qualität einer Persönlich-<br />
keit gebraucht, so impliziert er ein Urteil<br />
über die Werte, die Moral und andere<br />
Attribute der Person<br />
Charaktertypen In einigen Theorien wird der Begriff Cha-<br />
raktertypen benutzt, um identifizierbare<br />
Verhaltensmuster von Erwachsenen zu<br />
beschreiben, wie sie sich früh im Leben<br />
gebildet haben und um bestimmte The-<br />
men organisiert sind.<br />
Empfehlungsschreiben weisen oft<br />
auf den vertrauenswürdigen oder<br />
emotional stabilen Charakter einer<br />
Person hin.<br />
Der „anale“ oder der „orale“ Charak-<br />
tertyp in der Theorie Freuds.<br />
11
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Begriff Definition Beispiel<br />
Disposition Eine Neigung oder eine Bereitschaft in<br />
Eigenschaft<br />
(„trait“)<br />
einer Person, auf eine gegebene Situation<br />
in einer charakteristischen Weise zu rea-<br />
gieren. In Diskussionen über dispositiona-<br />
le versus situative Verhaltenserklärungen<br />
ist Disposition gleichbedeutend mit „trait“.<br />
Eine konstante, überdauernde und spezi-<br />
fische Art des Verhaltens. Sie kann ent-<br />
lang einem Kontinuum gemessen werden<br />
und wird sowohl zur Beschreibung von<br />
einzelnen Personen als auch zur Vorher-<br />
sage ihres zukünftigen Verhaltens be-<br />
nutzt.<br />
Einstellung Eine erlernte Neigung, Klassen von Ge-<br />
Gewohnheit<br />
(„habit“)<br />
genständen oder Menschen in Abhängig-<br />
keit von den eigenen Überzeugungen und<br />
Gefühlen günstig oder ungünstig zu be-<br />
werten<br />
Eine erlernte Verhaltensweise, die relativ<br />
festgelegt ist und in bestimmten Situatio-<br />
nen mit hoher Verlässlichkeit auftritt.<br />
Stimmung Ein ausgedehnter emotionaler Zustand,<br />
der sowohl das Auftreten einer Person als<br />
auch die Lebensauffassung von ihr für<br />
eine gewisse Zeit bestimmen kann.<br />
Temperament Typische Reaktionsweise, die biologisch<br />
gegeben ist. Sie zeigt sich schon bei oder<br />
kurz nach der Geburt und äussert sich vor<br />
allem in der Emotionalität und im Aktivi-<br />
tätsniveau.<br />
Typ Eine abgegrenzte Kategorie, der Men-<br />
schen zugeordnet werden können, die ein<br />
bestimmtes Muster von Eigenschaften<br />
aufweisen.<br />
Wenn eine Person oft lächelt, sich<br />
freundlich und wohlwollend äussert<br />
oder zuhört, spricht man ihr eine<br />
„Disposition zur Freundlichkeit“ zu.<br />
Eine Person die sich für gemeinnüt-<br />
zige Organisationen einsetzt, Geld<br />
spendet und Freunden in Not Geld<br />
gibt und Zeit für wichtige Anliegen<br />
opfert, kann als eine Person be-<br />
schrieben werden, deren „Grosszü-<br />
gigkeit“ einen hohen Wert erreicht.<br />
Autoritäre Menschen haben oft<br />
vorurteilsbehaftete Einstellungen<br />
gegenüber Minderheiten.<br />
Ein Boxer kann bespielsweise die<br />
Gewohnheit haben, sich vor jeder<br />
Runde des Kampfes zu bekreuzi-<br />
gen.<br />
Ein Erfolg führt zu Euphorie, Misser-<br />
folge hingegen versetzen Personen<br />
in depressive oder gereizte Stim-<br />
mung.<br />
Neugeborene können erregbar und<br />
aktiv sein, andere wiederum zeigen<br />
ein ruhiges und passives Tempe-<br />
rament.<br />
Menschen von „Typ-A“ neigen zu<br />
Herzkrankheiten, weil sie auf eine<br />
typische Weise mit den Herausfor-<br />
derungen des Lebens umgehen.<br />
12
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Begriff Definition Beispiel<br />
Werte Etwas, das eine Person als wichtig und<br />
Zustand („sta-<br />
te“)<br />
Tabelle 1: Begriffserklärungen<br />
lohnend einschätzt. Ein Wert kann ein<br />
Lebensprinzip sein oder etwas, was man<br />
erreichen oder erhalten möchte.<br />
Ein subjektiv, bewusst erlebtes Muster<br />
von bestimmten Gefühlen. Es wird von<br />
einer Erregung des autonomen Nerven-<br />
systems oder von kognitiven Prozessen<br />
begleitet. Im Vergleich zu einer Eigen-<br />
schaft („trait“) ist ein Zustand („state“)<br />
eher ein vorübergehendes Phänomen.<br />
2.1.1 Geschichte des Begriffs Persönlichkeit<br />
Für autoritäre Persönlichkeiten sind<br />
Macht und Ordnung meistens wich-<br />
tige Werte.<br />
Sich für eine Prüfung nicht vorberei-<br />
tet zu haben, führt zu einem Zu-<br />
stand der Besorgnis. Bei allen Prü-<br />
fungen die Nerven zu verlieren, ist<br />
hingegen ein Anzeichen der Eigen-<br />
schaft „Prüfungsangst“.<br />
Die ältesten Ansätze der Persönlichkeitsbeschreibung versuchten, Menschen bestimmte Eigen-<br />
schaften zuzuschreiben, die in unterschiedlichen Ausprägungen in allen Menschen vorhanden sind<br />
oder Menschen in eine begrenzte Anzahl von Typen einzuordnen.<br />
Persönlichkeitstypologien, die noch heute Beachtung finden, wurden meistens aus körperlichen<br />
Merkmalen abgeleitet (vgl. Heis & Mascotti, 2010, S. 27).<br />
Hippokrates<br />
Wer nun wirklich die Temperamentslehre aufgestellt hat, ist bis heute noch nicht klar. In einigen<br />
Lehrbüchern wird Hippokrates (460-377 v. Chr.), in anderen Galen (129-199 n. Chr.), ein römischer<br />
Arzt, angegeben. Galen ist, im Gegensatz zu Hippokrates, von mehr als vier Temperamenten aus-<br />
gegangen. Hippokrates hatte den eigenartigen Zusammenhang zwischen Affektivität und humora-<br />
len Grundlagen auf eine vorwissenschaftliche Art erahnt. Doch es gibt keine klare und systemati-<br />
sche Theoriebildung in den hippokratischen Schriften. Hippokrates hat weder ein Kapitel noch ein<br />
ganzes Unterkapitel diesem Thema gewidmet. Vielleicht ist dies auch der Grund dafür, dass viele<br />
Lehrbuchautoren nicht ihn, sondern Galen als Begründer dieser Theorie angeben (vgl. Bettrich,<br />
2000, S. 8).<br />
Die Temperamentstypologie lässt sich sehr kurz zusammenfassen. Nach Hippokrates sind die vier<br />
Säfte Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle nicht nur für die Krankheiten verantwortlich, son-<br />
dern bestimmen auch das Temperament des Menschen. Dies führt er auf die Mischverhältnisse<br />
13
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
der Säfte im Menschen zurück. In Tabelle 2 ist diese Temperamentstypologie mit dem jeweils vor-<br />
herrschenden Saft und einer kurzen Beschreibung des Temperaments vereinfacht dargestellt.<br />
Temperament Vorherrschender<br />
Saft<br />
Beschreibung des Temperaments<br />
Sanguiniker Blut Leicht wechselnde Reaktionen, ausgerichtet auf Freude<br />
und Hoffnung<br />
Phlegmatiker Schleim Schwer auslösbare Reaktionen bis hin zur Teilnahmslosigkeit<br />
Choleriker Gelbe Galle Rasch ansteigende, nachhaltige Reaktionen bis hin zum<br />
Jähzorn<br />
Melancholiker Schwarze Galle Langsam an- und absteigende Reaktionen, der Trauer<br />
zugewandt<br />
Tabelle 2: Temperamentstypologie nach Hippokrates<br />
2.1.2 Persönlichkeitstheorien<br />
Schultheis (2009, S. 9) schreibt, dass Persönlichkeitstheorien Gefüge von Annahmen über die<br />
Funktionen und Strukturen individueller Persönlichkeiten sind. Sie dienen den folgenden zwei Zie-<br />
len:<br />
o Verschiedene Aspekte der Persönlichkeit, ihre Korrelate, ihre Geschichte und ihre Konse-<br />
quenzen zu verstehen.<br />
o Auf der Grundlage des aktuellen Wissens über die Persönlichkeit „Vorhersagen“ zu treffen.<br />
Allerdings machen verschiedene Theorien unterschiedliche Vorhersagen, wie sich eine Person<br />
unter bestimmten Bedingungen verhalten wird.<br />
Nach Schultheis (2009, S. 9) können die gegenwärtig existierenden Theorien in fünf Kategorien<br />
geordnet werden:<br />
o Typen- und Eigenschaftstheorien<br />
o Psychodynamische Theorien<br />
o Humanistische Theorien<br />
o Lerntheorien<br />
o Kognitive Theorien<br />
Da verschiedene Theoretiker die Komplexität der Psyche mit ganz unterschiedlichen Vorrausset-<br />
zungen analysieren, ergibt sich diese Vielfalt. Es werden verschiedene Analyseebenen benutzt<br />
und bestimmte Variablen und Prozesse als besonders wichtig ausgewählt (vgl. ebd.).<br />
In den folgenden Unterkapiteln werden die Theorien der oben aufgelisteten Kategorien kurz vorge-<br />
stellt.<br />
14
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
2.1.3 Typen- und Eigenschaftstheorien<br />
Theorien und Modelle dienen dazu, Wissen und Erklärungen über Phänomene zu ordnen, besser<br />
zu strukturieren und zu organisieren. Sie sollen helfen, Geltungsbereiche und Grenzen von Erklärungsansätzen<br />
besser zu verstehen. Damit geben sie Anleitung für weiterführende wissenschaftliche<br />
Untersuchungen. (Hoyer & Wittchen, 2006, S. 10)<br />
In diesem Sinne werden nachfolgend einige wichtige Typologien und Eigenschaftstheorien aufge-<br />
führt.<br />
Sheldon/Kretschmar<br />
Eine bekannte Typologie beruht auf William Sheldon (1948). Er ordnete Körperbau und Tempera-<br />
ment einander zu. Seine Körperbautypen sind:<br />
o Endomorph (dick, weich, rund)<br />
o Mesomorph (muskulös, rechtwinklig, stark)<br />
o Ektomorph (dünn, lang, zerbrechlich)<br />
Sheldon machte genaue Angaben zu Beziehungen zwischen Körperbau (Konstitution) und be-<br />
stimmten Persönlichkeitseigenschaften, Aktivitäten und Präferenzen. Gemäss seiner Auffassung<br />
sind:<br />
Endomorphe- entspannte Menschen, die gern essen, gesellig sind und auf „ihren Bauch hören“.<br />
Mesomorphe- körperlich fit, voller Energie, mutig und selbstsicher.<br />
Ektomorphe - eher „denkende“ Menschen, künstlerisch und introvertiert.<br />
Sheldons Typologie ist sehr einfach und passt gut in die Stereotype, die die Wahrnehmung der<br />
meisten Menschen beeinflusst. Sie hat sich aber als wertlos für die Vorhersagen individuellen Ver-<br />
haltens erwiesen, da es zu viele unterschiedliche Konstitutionen gibt, die zudem nicht zeitstabil<br />
sind (vgl. Schultheis, 2009, S. 10).<br />
Eysenck<br />
In einem weit besser belegten typologischen Ansatz unternimmt H.J. Eysenck (1970) den Versuch<br />
die Komplexität der Persönlichkeit auf einige wenige Hauptkategorien zu reduzieren. Sein „Perso-<br />
nality Inventory“ hat als Hauptdimension der Persönlichkeit<br />
o Introversion – Extraversion<br />
o Stabilität – Labilität (oder „Neurotizismus“)<br />
15
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Dabei sind gmäss seiner Auffassung:<br />
o Extravertierte – gesellige, kontaktfreudige, impulsive und robuste Menschen.<br />
o Introvertierte – stellen genau das Gegenteil dar, sind zart, zurückhaltend, passiv, vorsichtig<br />
und bedächtig.<br />
Die empirische Grundlage von Eysencks Theorie basiert auf einer riesigen Menge von Daten aus<br />
Persönlichkeitstests. Wenn diese Daten auch zeigen, dass Menschen viele Eigenschaften aufwei-<br />
sen, lassen sie sich dennoch in die vier Kategorien darstellende kleinste Anzahl grundlegender<br />
Persönlichkeitstypen einordnen. Zwar sind, gemäss Eysenck, die meisten Menschen eher auf da-<br />
zwischen liegenden Positionen in jedem der vier Quadranten seines Persönlichkeitszirkels einzu-<br />
ordnen, doch sollen es die Extreme sein, die zwischen den Typen klar unterscheiden (vgl.<br />
Schultheis, 2009, S. 11).<br />
arbeit10222.gif 634 ! 622 Pixel<br />
Abbildung1: die vier Quadranten des Eysenck’schen Persönlichkeitszirkel (vgl. Keller, 2010)<br />
Schultheis (2009, S. 12) sagt, dass Psychologen die Menschen anhand von Eigenschaften be-<br />
schreiben. Im Gegensatz zu Typologen gehen sie von der Existenz zugrundeliegender, kontinuier-<br />
licher Dimensionen aus, über die jeder in einem bestimmten Grad verfügt. Intelligenz oder Gross-<br />
zügigkeit wären zwei mögliche Beispiele. Eigenschaften gelten als Attribute, die das Verhalten<br />
beeinflussen, weil sie als generalisierte Handlungstendenzen wirken.<br />
http://www.payer.de/arbeitkapital/arbeit10222.gif<br />
27.12.10 19:46<br />
Seite 1 von 1<br />
16
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Allport<br />
Gordon Allport (1961) betrachtete Eigenschaften als eine Art Bausteine der Persönlichkeit und als<br />
Ursprung individueller Besonderheit. Die überdauernden und generellen Attribute der Person brin-<br />
gen so die Konsistenz des Verhaltens hervor.<br />
Allport (1961) bestimmte drei Arten von Eigenschaften:<br />
o Kardinaleigenschaften - stellen jene fundamentalen Charakterzüge dar, um die eine Per-<br />
son ihr Leben aufbaut. Dies kann für einige Menschen Macht oder Leistung sein, für ande-<br />
re Opferbereitschaft. Nicht alle Menschen entwickeln Kardinaleigenschaften.<br />
o Zentrale Eigenschaften – sind die wichtigeren Charakteristiken, wie zum Beispiel Ehrlich-<br />
keit oder Gewissenhaftigkeit.<br />
o Sekundäre Eigenschaften – sind die weniger wichtigen Merkmale wie etwa bestimmte Vor-<br />
lieben oder Einstellungen.<br />
Diese drei Arten von Eigenschaften bilden die Struktur der Persönlichkeit, die wiederum bestim-<br />
mend für das Verhalten der Menschen ist.<br />
Nach Allport verfügt also jeder Mensch sowohl über einzigartige Züge als auch über eine einzigar-<br />
tige Kombination von Eigenschaften.<br />
Typologien und Eigenschaftstheorien stützen sich stark auf die Selbsteinschätzung in sogenannten<br />
Persönlichkeitsinventaren. Die subjektive Selbstbeschreibung der Person, die Fragen in einem<br />
Persönlichkeitsfragebogen beantwortet, wird als direktes Mass ihrer Eigenschaften genommen,<br />
welches wiederum als grundlegende Komponente der Persönlichkeit betrachtet wird (vgl.<br />
Schultheis, S. 12).<br />
2.1.3 Dynamische Persönlichkeitstheorien<br />
Freuds psychoanalytische Theorie ist eine der bekanntesten dynamischen Persönlichkeitstheorien.<br />
Der psychoanalytischen Theorie zufolge liegen im Zentrum der Persönlichkeit intrapsychische Er-<br />
eignisse, die das Verhalten oder die Handlungsintension motivieren. Diese Motivationen sind mei-<br />
stens bewusst, können aber auch auf einer unbewussten Ebene wirken. Im Kern dieses Ansatzes<br />
stehen vier Begriffe:<br />
o Psychischer Determinismus<br />
o Frühkindliche Erfahrung<br />
o Trieb<br />
o Unbewusste Prozesse<br />
17
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Freud war der Meinung, dass Symptome nicht beliebig auftreten, sondern auf bedeutungsvolle<br />
Weise mit Lebensereignissen zusammenhängen und durch diese bestimmt werden. (= Psychi-<br />
scher Determinismus). Er schrieb der Persönlichkeit eine kontinuierliche Entwicklung zu. Alle ver-<br />
gangenen Erlebnisse einer Person liefern ihren Beitrag zur Persönlichkeit, die sie gegenwärtig<br />
zeigt. Besonderns betonte er die frühkindlichen Erfahrungen (vgl. Schultheis, 2009, S. 14).<br />
In Freuds Psychoanalyse entspringt die Motivation menschlicher Handlungen der psychischen<br />
Energie, die jeder Mensch in sich trägt. In dieser Annahme verfügt jeder Mensch über angeborene<br />
Triebe. Die Bedeutung neurotischer Symptome (das sind die durch Angst begründeten), wie die<br />
von Träumen oder Versprechern, sind auf der unbewussten Ebene des Denkens zu finden (vgl.<br />
ebd.).<br />
Alfred Adler (1929), ein bekannter Nachfolger Freuds, positionierte das Prinzip der Kompensation<br />
in den Vordergrund seiner Theorie. Er glaubt, dass die Biographien der Menschen dadurch be-<br />
stimmt würden, Minderwertigkeitsgefühle, welche sich bereits im Kleinkindalter entwickeln, zu<br />
kompensieren. Persönlichkeitskonflikte entstehen laut Alfred Adler aus den Unvereinbarkeiten<br />
zwischen dem inneren Streben nach Anerkennung und dem Druck aus der Umwelt (vgl. ebd.).<br />
C.G. Jung (1954), ebenfalls ein sehr bekannter Nachfolger Freuds, erweiterte den Begriff des Un-<br />
bewussten. Das Unbewusste war für Jung nicht auf die Lebenserfahrungen des Einzelnen be-<br />
schränkt, sondern mit fundamentalen Wahrheiten gefüllt, die von der ganzen Menschheit geteilt<br />
werden (vgl. ebd.).<br />
2.1.4 Humanistische Theorien<br />
Die humanistischen Ansätze zum Verständnis der Persönlichkeit zeigen ein grosses Interesse an<br />
der Integrität der individuellen Persönlichkeit, am Entwicklungspotential und an bewusster Erfah-<br />
rung. Theoretiker betonen das angeborene Streben nach „Selbstverwirklichung“ als Organisator<br />
aller unterschiedlichen Kräfte, deren ununterbrochnes Zusammenspiel das konstruiert, was eine<br />
Person ausmacht (vgl. Schultheis, 2009, S.15).<br />
Da im Interview mit Prof. Dr. phil. Rohner mehrmals vom „Rogersmodell“ die Rede war, folgt hier<br />
eine ausführlichere Erläuterung des Modells und des personenorientierten Ansatzes.<br />
2.1.4.1 Der Personenzentrierte Ansatz nach Carl R. Rogers<br />
Im folgenden Kapitel soll das Humanistische Menschenbild und der Personenzentrierte Ansatz<br />
nach Carl R. Rogers deskriptiv erläutert werden. In einem zweiten Schritt wird ein Bezug zum päd-<br />
agogischen Arbeitsfeld hergestellt.<br />
18
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Carl R. Rogers ist ein Mitbegründer der Humanistischen Psychologie. Diese bringt der menschli-<br />
chen Persönlichkeit ein besonderes Interesse bezüglich der Integrität der individuellen Persönlich-<br />
keit und ihrem Entwicklungspotential entgegen (vgl. Schultheis, 2009, S. 15).<br />
In Rogers Konzept der Personenzentrierten Psychotherapie bildet dieses positive Menschenbild<br />
einen Grundwert. Das Grundwesen des Menschen wird dabei als konstruktiv, vertrauenswürdig<br />
und tatkräftig beschrieben, eine von Natur aus vorhandene Eigenaktivität und kontinuierliches<br />
Streben wird ihm zugeschrieben (vgl. Rogers, 1998, S. 195).<br />
Auf Erfahrungen basierend stellte Rogers fest, dass ein Individuum ein förderliches Umfeld benö-<br />
tigt, um sein Entwicklungspotential auszuschöpfen (vgl. Rogers, 1981, S. 66). Dem stellt Rogers<br />
folgende Hypothese zur Seite: „Wenn ich eine gewisse Art von Beziehung herstellen kann, dann<br />
wird der andere die Fähigkeit in sich selbst entdecken, diese Beziehung zu seiner Entfaltung zu<br />
nutzen, und Veränderung und persönliche Entwicklung finden statt“ (Rogers, 1994, S. 47).<br />
Schmid fasst diese Überzeugung Rogers wie folgt zusammen: „Die menschliche Natur ist vertrau-<br />
enswürdig und konstruktiv, schöpferisch, sozial und auf Reife hin ausgerichtet. Das Wachstum<br />
dieser dem Menschen innewohnenden Kräfte wird durch die Erfahrung einer vertrauensvollen Be-<br />
ziehung gefördert. Das Erlebnis personaler Begegnung trägt wesentlich zur Entwicklung der Per-<br />
son bei" (Schmid, 1989, S. 100).<br />
Das optimistische Menschenbild Rogers gab immer wieder Anlass zu Kritik. Es wurde ihm immer<br />
wieder vorgeworfen, seine Anschauung sei zu zuversichtlich und zu wenig kritisch. Roger verfolgte<br />
jedoch seine Philosophie weiter und begründet sie damit, dass die personenzentrierte, positive<br />
Haltung zu einem wachstumsfördernden Klima betragen würde (vgl. Korunka, 1992, S. 71).<br />
Durch die zentrale Rolle, welche der intensiven Beziehung zwischen der beratenden Person und<br />
der Klientin, dem Klienten zukommt, unterscheidet sich der personenzentrierte Ansatz Rogers<br />
wesentlich von anderen Richtungen der Psychologie (vgl. Lüthring, 2002, S. 6). Und doch stellt<br />
eben gerade die Qualität dieser Beziehung eine erste Grundlage dar, welche es dem Individuum<br />
ermöglicht, sich selber zu entdecken und sich in vielfältige Richtungen zu entwickeln (vgl. Rogers,<br />
1980, S. 37). Die Therapeutin, der Therapeut hat also die Aufgabe, der Klientel ein Umfeld, eine<br />
Atmosphäre oder eine Beziehung zu bieten, welche ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit<br />
vermittelt (vgl. Frick, 1985, S. 103). Der Personenzentrierte Ansatz verfolgt also nicht die Problem-<br />
lösung der Klientin/des Klienten, sondern kann als eine Unterstützung im Sinne einer angeleiteten<br />
Entwicklung verstanden werden (vgl. Rogers, 2007, S. 36).<br />
Um eine solche wachstumsfördernde Beziehung gestalten zu können, müssen drei Grundhaltun-<br />
gen gelebt werden. Rogers bezeichnet diese Grundhaltungen mit den Begrifflichkeiten Kongruenz,<br />
Empathie, Wertschätzung (vgl. Edinger, 2010, S. 8). Im Weiteren werden nun Werthaltungen des<br />
Personenzentrierten Ansatzes in Bezug auf die Erziehung detailliert beschrieben.<br />
19
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
2.1.4.2 Der Personenzentrierte Ansatz in Bezug auf das pädagogische Arbeitsfeld<br />
Rogers war bestrebt, seine Theorien in verschiedenen Facetten des Lebens einfliessen zu lassen.<br />
In der Schule sah Rogers eine Institution, in der zwischenmenschliche Beziehungen heranwach-<br />
sender Menschen massgebend gestaltet wurden (vgl. Rogers, 1986, S. 86). Diese Tatsache trieb<br />
ihn besonders an, mittels seiner therapeutischen Richtlinien auf das pädagogische Arbeitsfeld Ein-<br />
fluss zu nehmen. Rogers sah dabei Pädagogik und Psychotherapie nicht als voneinander getrenn-<br />
te Disziplinen an, sondern betonte die Überschneidung und das Ineinandergreifen der beiden Dis-<br />
ziplinen (vgl. Schneckenleitner, 2008, S. 17).<br />
Nachfolgende Hypothese beinhaltet auch eine unausgesprochene Forderung: „Wenn die Schaf-<br />
fung einer Atmosphäre des Akzeptierens, des Verstehens und des Respekts die wirksamste Basis<br />
zur Förderung des Lernens ist, das Therapie genannt wird, könnte dann diese Atmosphäre nicht<br />
auch die Basis für das Lernen sein, das Erziehung heisst“ (Rogers, 1973, S. 335). In seinen Wer-<br />
ken werden sodann den Bereichen der Schule und des Lernens ein grosses Gewicht beigemes-<br />
sen, dabei beinhalten sie explizite Ausführungen konkreter pädagogischer Überlegungen (vgl.<br />
Schneckenleitner, 2008, S. 18). Rogers strebt dabei keine blosse Wissensvermittlung an, sondern<br />
zielt auf eine Förderung des Lernens ab, welche den Schüler in die Verantwortung einbezieht, nur<br />
so kommt es zur Entfaltung des Lernenden (vgl. Edinger, 2010, S. 14). „Das sozial brauchbarste<br />
Lernverhalten in der modernen Welt ist jenes, bei dem das Lernen als Prozess gelernt wird; darin<br />
drückt sich aus, dass man ständig für Erfahrung offen ist und Wandlungsprozesse verarbeitet“<br />
(Rogers, 1988, S. 176).<br />
2.1.4.3 Die drei Grundhaltungen des personenzentrierten Ansatzes<br />
Der Personenzentrierte Ansatz wie auch die personenzentrierte Erziehung ist durch die drei<br />
Grundhaltungen, welche in diesem Kapitel näher beschrieben werden, gekennzeichnet (vgl.<br />
Schneckenleitner, 2010, S. 53). Es geht dabei nicht um blosse Umsetzung der drei Wirkvariablen<br />
im Sinne einer Methode oder Verhaltensweise, es handelt sich vielmehr um eine ganzheitliche<br />
Orientierung, um eine „Seinsweise“ der Therapeutin. Daraus leitet sich ab, dass die Grundhaltun-<br />
gen auch nicht als getrennte „Variablen“ aufzufassen sind, sondern in einem funktionalen Zusam-<br />
menhang stehen (vgl. Keil, 2005, S. 3).<br />
Erste Grundhaltung: Kongruenz<br />
„Kongruenz beschreibt die Fähigkeit der Therapeutin, ein ganzheitlicher, integrierter und echter<br />
Mensch zu sein, der, wenn immer er es in der therapeutischen Situation für notwendig hält, trans-<br />
parent sein kann“ (Schneckenleitner, 2008, S. 20). Dieser Anspruch an die Echtheit, an klare Si-<br />
gnale und Authentizität beeinflusst auch die Arbeit eines Pädagogen positiv. „Er kann die Arbeit<br />
eines Schülers mögen oder nicht, ohne damit zu sagen, dass sie objektiv gut oder schlecht ist oder<br />
dass der Schüler gut oder schlecht ist. Er drückt nur sein Gefühl gegenüber dem Produkt aus, sein<br />
Gefühl, das in ihm existiert“ (Rogers, 1988, S. 118).<br />
20
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Dabei geht es nicht nur um die Kommunikation allgemein. Das Verhalten, die Gestik und die Äu-<br />
sserungen einer Person müssen mit ihrem inneren Erleben, ihrem Fühlen und den eigenen Erwar-<br />
tungen, Denken oder Selbstbild übereinstimmen, sie müssen kongruent sein (vgl. Tausch &<br />
Tausch, 1991, S. 214). Die nachfolgende Grafik verdeutlicht die kongruente respektive inkongruen-<br />
te Beziehung zwischen eigenen Erfahrungen und Selbstbild.<br />
Kongurenz Inkongurenz<br />
Selsbstbild<br />
Abbildung 2: Modell nach Carl R. Rogers<br />
Erfahrungen bestätigen das Selbstbild. Es be-<br />
steht Kongruenz zwischen den Erfahrungen<br />
und der Selbstwahrnehmung<br />
Zweite Grundhaltung: Wertschätzung<br />
Erfahrungen decken sich nicht mit dem Selbst-<br />
konzept. Es besteht eine Inkongruenz zwischen<br />
den Erfahrungen und der Selbstwahrnehmung<br />
In der Darstellung des personenzentrierten Ansatzes wurde mehrmals auf die elementare Bedeu-<br />
tung einer wohlwollenden Beziehung und einem damit einhergehenden wertschätzenden Umgang<br />
hingewiesen. Nach Rogers kann also eine Lehrperson demzufolge den Lernenden mit einer Wert-<br />
schätzenden Grundhaltung besser auf seinem Lernweg unterstützen (vgl. Edinger, 2010, S. 18).<br />
Dabei ist mit der Wertschätzung eine Achtung und Anerkennung gegenüber den Gefühlen und<br />
Ansichten des Lernenden gemeint (vgl. ebd.). Wenn es dem Erzieher gelingt, diese wertschätzen-<br />
de, von Vertrauen geprägte Kommunikation aufzubauen, wird sich der Lernende in seinem Han-<br />
deln bestätigt fühlen und kann sich so besser entwickeln (vgl. ebd.).<br />
Dritte Grundhaltung: Empathie<br />
Der Begriff Empathie bedeutet, sich durch eine einfühlende Teilnahme in die emotionale Erlebnis-<br />
welt des anderen hineinzuversetzen. Es handelt sich dabei um eine gewisse Art des Mitfühlens<br />
und des Perspektivenwechsels, welche ein Eintauchen in die Welt des Gegenübers erlaubt. Die<br />
dabei wahrgenommenen Gefühle werden verbalisiert und haben so eine vertrauensfördernde Wir-<br />
kung auf die Beziehung und eine Förderung der Selbstaktivität zur Folge (vgl. Schmid, 1989, S.<br />
139).<br />
Erfahrung<br />
Selbstbild<br />
Erfahrung<br />
21
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Edinger stellt die Empathie, welche auch oft als einfühlendes Verständnis bezeichnet wird, in fol-<br />
genden Zusammenhang: „Durch das aktive Zuhören erfährt der Lehrer einerseits etwas über<br />
die innere Welt des Schülers, andererseits fühlt sich der Schüler durch das empathische<br />
Verhalten des Lehrers oftmals verstanden, akzeptiert und erleichtert“ (Edinger, 2010, S. 21).<br />
2.1.5 Lerntheorien<br />
Die sogenannten „behavioristischen“ Ansätze der Lerntheorien nehmen keine Notiz von dem, was<br />
„in“ einer Person ist. Aus dieser Sichtweise werden Persönlichkeit und Verhalten ausschliesslich<br />
durch die äussere Umwelt geformt. Es reduziert sich alles auf Reiz und Reaktion. Exemplarisch<br />
betrachtet, könnte man die Persönlichkeit als die Zusammenstellung der Reaktionen einer Person<br />
auf die äussere Umgebung beschreiben. Man soll also nur die Situation einbeziehen, um zu ver-<br />
stehen, wieso eine Person etwas Bestimmtes tut und nicht nach Eigenschaften, Zuständen oder<br />
Dispositionen suchen.<br />
An der „behavioristischen“ Theorie wird oft bemängelt, dass sie sich auf reine „Stimulusvariablen“<br />
konzentriert. Es wird hinterfragt, wie neues Verhalten, kreative Leistungen, Erfindungen und<br />
Kunstwerke entstehen. Wendet man sich vom radikalen Behaviorismus, dessen bekanntester Ver-<br />
treter Skinner ist, ab und richtet den Blick auf die Theorien des sozialen Lernens, verliert die obige<br />
Kritik an Kraft. Denn hier verbinden lerntheoretische Ansätze vermehrt kognitive Prozesse mit Ver-<br />
haltensabläufen.<br />
2.1.6 Kognitive Theorien<br />
Die Kognitiven Theorien befassen sich mit der Beziehung zwischen kognitiven und situativen Va-<br />
riablen. Sie beziehen sich darauf, dass es bedeutende Unterschiede gibt, wie Menschen Situatio-<br />
nen definieren. Es wird jener Prozess betont, durch den die Menschen ihre Empfindungen und<br />
Wahrnehmungen in organisierte Eindrücke der Realität umwandeln.<br />
Wie eine Person auf Informationen aus der Umwelt reagiert, ist nach Mischel (1973) vor allem von<br />
den folgenden Variablen abhängig:<br />
o Kompetenzen – was eine Person weiss, was sie kann und über welche Fähigkeiten sie<br />
verfügt, bestimmte Verhaltensresultate und Kognitionen herzustellen.<br />
o Strategien der Enkodierung – die Art und Weise, wie eine Person Informationen verar-<br />
beitet, d.h. wie eine Person selektiv ihre Aufmerksamkeit verteilt, kategorisiert und Asso-<br />
ziationen herstellt.<br />
22
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
o Erwartungen – die Antizipation möglicher Ergebnisse bestimmter Handlungen in bestimm-<br />
ten Situationen.<br />
o Persönliche Werte – die Bedeutung, die eine Person Ereignissen, Menschen und Aktivitä-<br />
ten zumisst.<br />
o Selbstregulierende Systeme und Pläne – die Art von Regeln, welche eine Person ent-<br />
wickelt hat, um ihr Verhalten zu steuern, zur Bewertung ihrer eigenen Effektivität und um<br />
Ziele zu bestimmen.<br />
Wie diese Variablen bei einer Person festgelegt werden, ergibt sich nach Mischel (1973) aus indi-<br />
viduellen Beobachtungen, aus Interaktionen mit anderen Menschen und mit der Umwelt. Wenn<br />
also Menschen unterschiedlich auf dieselben Umweltreize reagieren, liegt es daran, dass Unter-<br />
schiede in den oben genannten Personen-Variablen vorliegen. Diese Personen-Variablen stehen<br />
jedoch nicht isoliert, sondern wirken ständig im Spiel mit der adaptiven Flexibilität des menschli-<br />
chen Verhaltens. Beispielsweise benimmt man sich bei einem Geschäftsessen anders als bei ei-<br />
nem Besuch eines Fussballmatchs. Wo also viele Verhaltensweisen respektiert werden, werden<br />
Personenvariablen zu grösseren Unterschieden im Verhalten führen als in Situationen, in denen<br />
das Verhalten strenger vorgeschrieben ist.<br />
An den kognitiven Theorien wird hauptsächlich bemängelt, dass die Emotionen als Bestandteil der<br />
Persönlichkeit nicht beachtet werden. Die kognitiven Theorien konzentrieren sich eher auf rein<br />
rationale Variablen. Schultheis verweist auf Studien von Bower (1981) und Zajonc (1980), die er-<br />
härtete Indizien festgestellt haben nach denen Emotionen eine bedeutende Wirkung auf kognitive<br />
Prozesse wie Gedächtnis, Entscheidungsfindung und Reaktionszeit haben.<br />
2.1.7 Definitionen<br />
Den Begriffen „Person“ und „Persönlichkeit“ wurden im Laufe ihrer Wortgeschichte unterschiedli-<br />
che und teilweise gegensätzliche Bedeutungen zugeordnet. Um Unklarheiten zu vermeiden, defi-<br />
nierten zahlreiche Persönlichkeitsforscher das Wort „Persönlichkeit“ für den jeweils eigenen Ge-<br />
brauch, sodass sich ein breites Spektrum an verschieden akzentuierten Definitionen entstand. So<br />
berichtet G. W. Allport schon 1937 über mehr als 50 verschiedene Verwendungen dieses Termi-<br />
nus. Greift man verschiedene solcher Person- und Persönlichkeitsdefinitionen heraus, so wird die<br />
Vielseitigkeit und Unterschiedlichkeit der Begriffsdefinitionen deutlich:<br />
o Lersch (1938, S. 11-16) sieht eine Person als die „Grundform menschlichen Seins“ und<br />
benennt es als Aufgabe der Allgemeinen Psychologie, den „Horizont einer Gesamtauffas-<br />
sung vom Menschen und seiner Stellung in der Welt zu gewinnen“.<br />
23
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
o Wellek (1966, S. 51-56) beschreibt die Persönlichkeit als „ganzheitliches seelisches Sein in<br />
seiner jeweiligen Einmaligkeit“, als das „blutvoll Einmalige eines Lebendigen“.<br />
o Thomae (1968, S. 103-124) sieht die Persönlichkeit als den „individuellen Aspekt des<br />
Menschseins”, den „Inbegriff einer zum Sinngebilde der Individualität integrierten Reihe<br />
von Ablaufgestalten oder Prozessen”. Die Persönlichkeit des Menschen entspricht damit<br />
nach Thomae der Lebensgeschichte des Menschen.<br />
o H. J. Eysenck (1953, S. 2) sieht in der menschlichen Persönlichkeit die mehr oder weniger<br />
feste und überdauernde Organisation des Charakters, des Temperaments, des Intellekts<br />
und der Physis eines Menschen. Diese Organisation determiniert seine einzigartige An-<br />
passung an die Umwelt.<br />
o Guilford (1964, S. 6-19) erachtet die Persönlichkeit eines Individuums als „seine einzigarti-<br />
ge Struktur von Persönlichkeitszügen (traits)“. Insbesondere in dieser Definition wird auf<br />
die Bedeutung von „traits“ hingewiesen, wobei als „trait“ jeder abstrahierbare und relativ<br />
konstante Persönlichkeitszug bezeichnet wird, hinsichtlich dessen eine Person von ande-<br />
ren unterscheidbar ist (vgl. Weinert 2004, S. 132).<br />
Obwohl diese Definitionen der Persönlichkeit sehr verschieden sind, besteht bei den zitierten Auto-<br />
ren doch Einigkeit darüber, dass der Begriff Persönlichkeit im Zeitablauf als relativ konstant und<br />
stabil anzusehen ist.<br />
Stabilität und Konsistenz wird demnach von vielen Persönlichkeitsforschern als ein grundlegendes,<br />
unverzichtbares Definitionsmerkmal von Persönlichkeit eingeschätzt (vgl. Laux 2003, S. 15-21).<br />
Einen aktuellen Definitionsversuch liefert dabei beispielsweise Weinert (2004, S. 131), der Persön-<br />
lichkeit letztlich als „ein einzigartiges und relativ stabiles Muster von Verhaltensstilen, Denkprozes-<br />
sen und Emotionen einer Person“ definiert.<br />
2.1.8 Perspektiven von Persönlichkeit<br />
In der psychologischen Forschung werden dem Begriff „Persönlichkeit“ zwei unterschiedliche Be-<br />
deutungen zuteil, die aufgrund der verwendeten Perspektiven differenziert werden müssen.<br />
Die erste Sichtweise stellt die Perspektive eines distanzierten Beobachters dar (vgl. Weinert 2004,<br />
S. 131). Bei der „Persönlichkeit“ aus der Beobachterperspektive kann sich diese auf den gesell-<br />
schaftlichen Ruf einer Person beziehen, also auf die Art und Weise, wie sie von anderen – hierun-<br />
ter beispielsweise von Freunden oder Kollegen – gesehen und beschrieben wird. Dies bezieht sich<br />
auf die Menge an Wertschätzung, Achtung oder Status, die einer Person in einer sozialen Gruppe<br />
gewährt wird (vgl. Weinert 1998, S. 113).<br />
24
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Eine zweite mögliche Sichtweise ist die Perspektive der handelnden Person (vgl. Weinert 2004, S.<br />
131). Dabei soll nach Erklärungen gesucht werden, aufgrund welcher Prozesse sich eine Person in<br />
einer charakteristischen Weise verhält. Hierbei werden innere Strukturen von Individuen beschrie-<br />
ben, die nicht unmittelbar offensichtlich sind. Diese Sichtweise stellt also die Persönlichkeit aus der<br />
Sicht der Person selbst dar, ist „privat“ und daher subjektiv und nicht beobachtbar (vgl. Weinert<br />
1998, S. 114).<br />
Fraglich ist nun, welcher der beiden Persönlichkeitsbegriffe Verwendung finden kann, wenn bei-<br />
spielsweise der Wirkungszusammenhang der Persönlichkeit auf Interaktionen untersucht werden<br />
soll. Solche Untersuchungen sind auch Gegenstand der Organisationspsychologie, die einen<br />
Zweig der Psychologie darstellt, der sich mit der Wechselwirkung von Individuen und Organisatio-<br />
nen befasst. Er beinhaltet die Beschreibung und Veränderung von Erleben, Verhalten und Einstel-<br />
lungen von Menschen in Organisationen, sowie mit den Bedingungen, die diese Zustände und<br />
Veränderungen beeinflussen (vgl. Schuler/Brandstätter 1995, S. 1). Da sich der Persönlichkeitsbe-<br />
griff aus der Perspektive der handelnden Person auf das Innenleben einer Person bezieht und<br />
dieses nicht direkt beobachtbar ist, erscheint diese Perspektive weniger geeignet, um die Persön-<br />
lichkeit in diesem Rahmen zu beschreiben (vgl. Weinert 2004, S. 132). Die Organisationspsycho-<br />
logie kann sich somit ausschliesslich mit der Beschreibung von „Persönlichkeit“ aus der Perspekti-<br />
ve des Beobachters beschäftigen, denn diese Perspektive ermöglicht die notwendige empirische<br />
Nachprüfbarkeit der zu erfassenden Persönlichkeitsmerkmale. Diese Überlegungen von Maurer<br />
(2006, S. 5) kann man auf die Forschung in den Sozialwissenschaften und somit auf die vorliegen-<br />
de <strong>Masterarbeit</strong> übertragen.<br />
2.1.9 Kontroverse: Person versus Situation<br />
Neben der Diskussion um verschiedene Ansätze zur Definition des Persönlichkeitsbegriffs und der<br />
Berücksichtigung gegensätzlicher Persönlichkeitsperspektiven wird immer wieder auch eine<br />
grundsätzliche Diskussion über die Ursachen menschlichen Verhaltens geführt. Diese als „Person<br />
vs. Situation“ - Kontroverse bekannte Diskussion setzte an der Fragestellung an, ob menschliches<br />
Verhalten und Erleben durch Merkmale einer Person selbst, oder durch den Einfluss der Umwelt,<br />
der Situation ausgelöst wird. Eigenschaftstheoretiker führen die Ursachen von Verhaltensweisen<br />
vorwiegend auf bestimmte menschliche Eigenschaften zurück. Vertreter des Situationismus ver-<br />
weisen hingegen auf die grosse Bedeutung des Einflusses der jeweiligen Situation, in der sich eine<br />
Person befindet. Diese beiden Positionen haben sich einander genähert. Der Interaktionismus<br />
bildet eine Synthese aus beiden Ansätzen, indem sowohl Personen- als auch Situationseinflüsse<br />
berücksichtigt werden. Im Anschluss an diese interaktionistische Konzeption entwickelte sich dann<br />
jedoch eine Debatte insbesondere um die Gewichtung der Person- und Situationsanteile am<br />
menschlichen Verhalten und Erleben (vgl. Maurer, 2006, S. 6).<br />
25
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Aufgrund der Vielzahl der Instrumente zur Messung solcher Persönlichkeitseigenschaften herrsch-<br />
te zunächst jedoch Uneinigkeit bezüglich eines allgemein akzeptierten Konzepts grundlegender<br />
Persönlichkeitsmerkmale. Allerdings ist seit Anfang der 1980er Jahre ein wachsender Konsens zu<br />
erkennen, wonach das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit zumindest eine gute Arbeitsgrund-<br />
lage darstellt (vgl. Maurer, 2006, S.7). Dieses Fünf-Faktoren-Modell wird im Kaptiel 2.4 detailliert<br />
vorgestellt.<br />
Zunächst wird nun genauer auf die Persönlichkeit der Lehrperson eingegangen.<br />
2.2 Lehrerpersönlichkeit<br />
Da in dieser Arbeit die Persönlichkeit der schulischen Heilpädagogin, des schulischen Heilpädago-<br />
gen im Zentrum steht, dazu aber keine wissenschaftliche Literatur gefunden werden konnte, wird<br />
die Fachliteratur über die Lehrerpersönlichkeit verwendet. Denn der Beruf der Lehrperson kommt<br />
demjenigen der schulischen Heilpädagogin, dem schulischen Heilpädagogen am nächsten. Eben-<br />
falls „verwandt“ wären die Berufe der Logopädinnen und Logopäden, sowie die der Psychomotorik-<br />
therapeutinnen und –therapeuten, doch auch in diesen Fachgebieten gibt es nur spärlich Literatur<br />
über den Persönlichkeitsbegriff. Die Anlehnung an die Fachliteratur zur Lehrerpersönlichkeit drängt<br />
sich ausserdem auf, weil die meisten schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen zuvor als<br />
Lehrpersonen gearbeitet haben.<br />
Erinnerungen an die Schulzeit sind erfahrungsgemäss gekoppelt an mehr oder weniger positive<br />
Erlebnisse mit den entsprechenden Lehrpersonen. Im Volksmund wird von „guten“ und „schlech-<br />
ten“ Lehrpersonen gesprochen, zu denen man „gern“ oder „nicht gern“ in die Schule geht, bei de-<br />
nen man „viel“ oder „wenig“ lernt, die die Klassen „gut“ oder „schlecht“ im Griff haben und von<br />
Klassen, die „alles“ für die Lehrperson machen würden oder die im Unterricht „unausstehlich“ sind.<br />
Beliebte Fächer werden an beliebte Lehrpersonen gekoppelt, schlechte Leistungen mit schlechten<br />
Lehrpersonen begründet<br />
Was aber macht eine „gute“, „beliebte“ Lehrperson aus? Döring (1931) erarbeitete in einem beina-<br />
he empirischen Verfahren sogenannte Individualitätsbilder von Mitgliedern einer Arbeitsgemein-<br />
schaft, die er als „ausgezeichnete“ Pädagogen kannte. Daraus leitete er das „Wesensbild des be-<br />
rufenen Lehrers“ (Döring, 1931, S. 396) ab. Dabei zeigte sich nach Döring (ebd.) als Hauptpersön-<br />
lichkeitsmerkmal des „berufenen Lehrers“ der „sittliche Charakter“, welcher sich wie folgt äussert:<br />
o Vorbildlicher Lebenswandel.<br />
o Fester, auf ein wertvolles Ziel gerichteter Wille.<br />
o Unermüdlicher Fleiss.<br />
o Stets überzeugungsgeleitetes Handeln.<br />
o Innere Wahrhaftigkeit.<br />
26
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
o Gerechtigkeit.<br />
o Selbstbeherrschung.<br />
o Glauben an die Sinnhaftigkeit des Weltgeschehens.<br />
Döring teilte die Persönlichkeit des Lehrers, der Lehrerin im Sinne einer Terminologie in einen We-<br />
sensvordergrund (ästhetische und soziale Lebensform) und in einen Wesenshintergrund (theoreti-<br />
sche, ökonomische und politische Lebensform). Lehrerseits ist bei richtiger Vereinigung und Plat-<br />
zierung dieser Wesenszüge laut Döring zu erwarten:<br />
o „Hohe beschwingende Liebe zu seinem Beruf“ (Döring, 1931, S. 396)<br />
o „Knospende Menschen ihrer Reife und Vollendung entgegenzuführen“ gilt ihm als welt-<br />
schönste Aufgabe (ebd.).<br />
o „Die Liebe zum Beruf ist der Sonnenglanz, der das ganze Bild des berufenen Lehrers<br />
übergoldet“ (ebd.).<br />
Schülerseits ist laut Döring folgende Reaktion zu erwarten:<br />
o „Die Kinder aber verehren ihn. Er ist für sie der Inbegriff menschlicher Vollkommenheit.<br />
Und in ihrer Verehrung klingen Achtung, Schwärmerei, Bewunderung, Wertschätzung, Lie-<br />
be, Ehrfurcht in einem einzigen Gefühl zusammen“ (ebd.).<br />
Diese Vorstellungen scheinen nach heutigem Verständnis mehr utopisch als realistisch zu sein.<br />
Döring erwähnte ausserdem nicht, wie und wo solche Lehrpersonen in genügender Anzahl zu fin-<br />
den seien. Ausserdem zeigte er nicht auf, ob bei vollständiger Erfüllung dieses „Tugendkatalogs“<br />
tatsächlich ein erfolgreiches Lehrerwirken erwartet werden kann.<br />
Caselmann (1970) wertete 600 Aufsätze, die von Studenten, Referendaren und Junglehrern zum<br />
Thema „Schildern sie einen ihrer Lehrer“ geschrieben wurden, aus. Daraus leitete er die folgenden<br />
zwei Kategorien von Lehrerpersönlichkeitstypen her:<br />
o Logotrop, wenn es ihm in erster Linie um Bildungsideal und Bildungsziel geht. Lehrstoff<br />
und Weckung der Begeisterung für die Kulturwerte sind ihm wichtig.<br />
o Paidotrop, wenn es ihm in erster Linie nicht um den Wissensstoff, sondern um das Kind<br />
geht. Der Umgang mit jungen Menschen ist ihm wichtiger als die Wissenschaft.<br />
Die Theorien von Döring und Caselmann sind nur zwei unter anderen, die zwischen 1930 und<br />
1990 systematisch versuchten, die Lehrerpersönlichkeit fassbar zu machen.<br />
Weiters untersuchte Müller-Fohrbrodt (1973) Lehrpersonenmerkmale mittels Persönlichkeitstest.<br />
Es handelte sich dabei um den „16-Persönlichkeits-Faktoren-Test“ von Cattell, welcher ein Vor-<br />
gänger des NEO-FFI ist, der im Kapitel 2.4.2.4 erläutert wird und die Grundlage für den Fragebo-<br />
gen dieser Arbeit bildet.<br />
27
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Bei den Untersuchungen, die Müller-Fohrbordt (1973) durchführte, zeigten sich aber nur gering<br />
ausgeprägte Lehrpersonenmerkmale:<br />
Generell lässt sich sagen, dass es eine geschlossene Lehrergruppe mit besonderen, speziell für sie<br />
charakteristischen Persönlichkeitsmerkmalen nicht gibt.... Lehrer unterschiedlicher Schularten unterscheiden<br />
sich voneinander nicht mehr und nicht minder als Lehrer generell von solchen Personen,<br />
die nicht Lehrer werden wollen, aber eine vergleichbare Ausbildung absolvieren. (Müller-<br />
Fohrbordt, 1973, S. 122)<br />
Schultheis schreibt, dass Washburne & Heil in einem Forschungsprojekt feststellten, dass Lehrer-<br />
variablen je nach Schulklasse („angenehme“ versus „unangenehme Klasse“), nicht stabil sind und<br />
unterschiedliche Effekte haben. Der schulklassenabhängige Unterschied im Interaktionsstil eines<br />
Lehrers oder einer Lehrerin kann so gross sein, dass beispielsweise sehr „dominante Lehrperso-<br />
nen“ in „angenehmen“ Klassen ein eher indirektes, schülerzentriertes Verhalten zeigen (vgl.<br />
Schultheis, 2009, S. 35).<br />
Trotz dieser Wechselwirkungen lassen sich Forschungen finden, die replizierbare Unterschiede in<br />
der Persönlichkeit von Lehrpersonen ausmachen konnten. Hier wären beispielsweise die Untersu-<br />
chungsergebnisse in einigen Temperamentsdimensionen des Guildford-Zimmermann-<br />
Temperament-Survey (GZTS) (1948) aufzuführen. Dabei zeigten, laut Schultheis (2009, S. 35), als<br />
gut beurteile Lehrer höhere Werte in den folgenden Kategorien:<br />
o „emotionaler Stabilität“<br />
o „Objektivität“<br />
o „Freundlichkeit/Verträglichkeit“<br />
o „persönliche Beziehung/Kooperation“<br />
o „Tätigkeitsdrang/Tatkraft“<br />
Schultheis (2009) wendet aber ein, dass obwohl diese Ergebnisse sehr ermutigend erscheinen,<br />
andere Forschungsprojekte wie das von Ryans (1970), in das über 6000 Lehrerinnen und Lehrer<br />
involviert waren, keine neuen Erkenntnisse über Personenunterschieden zwischen als gut bzw.<br />
weniger gut eingeschätzten Lehrerinnen und Lehrern hervorgebracht haben (vgl. Schulheis, 2009,<br />
S. 35).<br />
Eine weitere Vorgehensweise, um Einsichten über Auswirkungen von Persönlichkeitszügen auf<br />
konkrete Lehrer-Schüler-Interaktionen zu gewinnen, ist der Psychologischen Diagnostik entnom-<br />
men (vgl. ebd.).<br />
Im Rahmen einer Diagnose von Unterrichtsqualitäten und dem Umgang von Lehrpersonen mit<br />
Vorkenntnislücken bei Lernenden fanden Weinert et al. (1989) als wichtigstes Merkmal den unter-<br />
stützenden Kontakt der Lehrperson gegenüber den Lernenden. Die Anpassung der Lehrpersonen<br />
an die Bedürfnisse der Lernenden und ihre Geduld mit langsamen Lernenden wirkten sich laut<br />
Weinert et al (1992) auch positiv auf deren Lernmotivation aus.<br />
28
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Die oben erwähnten Forschungsresultate sind teilweise jedoch widersprüchlich. Bircher fasst es in<br />
folgendem Zitat zusammen:<br />
Es gibt aus den folgenden Gründen kein validiertes Instrument zur Eignungsabklärung für den Lehrer-<br />
bzw. Lehrerinnenberuf: Aus wissenschaftlicher Sicht hat man heute zuwenig übereinstimmende<br />
Vorstellungen, welche Faktoren eine gute Lehrerpersönlichkeit ausmachen. Die Lehrerpersönlichkeit<br />
kann in einem Testverfahren nicht gemessen werden. Der Mensch entwickelt sich während<br />
seiner Berufslaufbahn permanent weiter. (Bircher, 1999, S. 26)<br />
Aktuellere Literatur liegt zum Lehrerverhalten vor. Da das Lehrerverhalten ausschlaggebend für die<br />
Interaktion ist, welche einen Teil der Hauptfragestellung dieser Arbeit bildet, folgt nun ein Unterka-<br />
pitel in die Theorie des Lehrerverhaltens.<br />
2.2.1 Lehrerverhalten<br />
Der Beruf der Lehrpersonen, sowie der, der schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen<br />
fordert unterschiedliche Kompetenzen. Das Kompetenzprofil für schulische Heilpädagogin-<br />
nen/Heilpädagogen der HfH ist im Kapitel 1.2 grob aufgeführt.<br />
Bauer (2008, S. 53) führt Kompetenzen wie fachliches Können, starke persönliche Präsenz und<br />
Ausstrahlung, flexibles Reagieren auf sich ständig verändernde Situationen genau so wie intuitives<br />
Gespür, Verständnis für völlig unterschiedliche Schüler- und Schülerinnenpersönlichkeiten, Wider-<br />
standskraft und vor allem Führung auf. „Führung ihrerseits braucht Bildung. Wer führt, sollte wis-<br />
sen, warum und wohin er Menschen führen soll. Er sollte begründen können, warum er einem be-<br />
stimmten Menschenbild folgt“ (Bueb, 2009, S. 20). Auch Bueb betont die Wichtigkeit der Führung.<br />
Um diese adäquat zu machen, braucht es aber Bildung, respektive Ausbildung.<br />
Es ist wichtig, dass eine Lehrperson mit den Lernenden sofort den Kontakt herstellen und ihre<br />
Aufmerksamkeit gewinnen kann. Eine Lehrperson soll nicht nur die schulischen Leistungen der<br />
Lernenden in den Vordergrund stellen, sondern sie als Persönlichkeiten wahrnehmen (vgl. Bauer,<br />
2008, S. 56). Guter Unterricht hängt neben der fachlichen Kompetenz einer Lehrperson wesentlich<br />
von ihrem Auftreten ab. Wie sie den Lernenden begegnet und das Klassenklima gestaltet. Die<br />
pädagogische und emotionale Haltung der Lehrperson, ihr ganzes Verhalten und Auftreten dem<br />
anderen gegenüber sind wichtig (vgl. Frick, 2007, S. 201).<br />
Für die Tätigkeit in einem heilpädagogischen Umfeld sind die Überlegungen von Myschker (2009)<br />
besonders relevant. Er schreibt, dass es Zusammenhänge zwischen Lehrerverhalten und Verhal-<br />
tensauffälligkeiten bei Schülerinnen und Schülern geben kann. Faktoren, welche Verhaltensauffäl-<br />
ligkeiten bei Lernenden hervorrufen oder verstärken können, sind vorwiegend lehrerzentrierter<br />
Frontalunterricht, sprachliche Dominanz der Lehrpersonen, Orientierung bezüglich Arbeitstempo<br />
und Aufgabenschwierigkeit am Durchschnitt der Klasse, unbewusste Förderung von Stigmatisie-<br />
rungen und Beschränkung auf Lehrstoffvermittlung und dessen Überprüfung (vgl. Myschker, 2009,<br />
S. 142).<br />
29
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Myschker (2009) betont hauptsächlich, wie das Verhalten einer Lehrperson, welches man auf<br />
schulische Heilpädagogen und Heilpädagoginnen übertragen kann, nicht sein sollte. Frick (2007)<br />
und Bauer (2009) betonen dagegen, welche Verhaltensweisen förderlich für die schulische Tätig-<br />
keit sind.<br />
2.2.2 Lehrerverhalten in verschiedenen Ansätzen<br />
Es gibt unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze, welche die Grundlage für bestimmtes Lehrer-<br />
verhalten bilden. Myschker (2009) unterteilt diese in den psychoanalytischen, den individualpsy-<br />
chologischen, den entwicklungspsychologischen, den humanistisch-psychologischen, den lern-<br />
theoretischen sowie den pädagogisch-therapeutisch oder integrativen Ansatz (vgl. Myschker,<br />
2009, S. 202).<br />
Das Lehrerverhalten spielt vor allem beim psychoanalytischen Ansatz eine wichtige Rolle. Denn<br />
die Lehrperson interveniert bei Störungen, beispielsweise mit bewusstem Ignorieren, direktem<br />
Appell, Versprechung und Belohnung etc. Diese Interventionsmöglichkeiten werden auch im lern-<br />
theoretischen Ansatz eingesetzt (vgl. Myschker, 2009, S. 221).<br />
Lehrpersonen, die sich nach dem lerntheoretischen Ansatz verhalten, verstärken oder löschen<br />
systematisch erwünschtes bzw. unerwünschtes Verhalten. Die Modifikation des Schülerverhaltens<br />
kann beispielsweise mittels Token-System (Verstärkerprogramm), Modelllernen oder Vertragsar-<br />
beit erfolgen (vgl. Myschker, 2009, S. 232).<br />
Beim individualpsychologischen Ansatz nimmt die Lehrperson in verschiedenen Phasen eine<br />
wichtige Rolle ein. Während der Beziehungsphase muss die Lehrperson darauf achten, konse-<br />
quent auf Minimalregeln zu bestehen und von Leistungsdruck zu entlasten. Die Lehrperson zeigt<br />
ein konsequentes Zuwendungsverhalten. Während der Leistungsphase ermutigt sie stetig. Wäh-<br />
rend der Sozialisierungsphase stabilisiert sich das Selbstwertgefühl der Lernenden. Ist ein Kind in<br />
der Individualisierungsphase, zeigt es bereits erhöhte Leistungsbereitschaft sowie erste intrinsi-<br />
sche Lernmotivation und die Lehrperson kann die Beziehung etwas lockern (vgl. Myschker, 2009,<br />
S. 223).<br />
Zum Lehrerverhalten aus entwicklungspsychologischer Sicht kann gesagt werden, dass sich<br />
der Verhaltens- und Lehrstil konkret auf die Entwicklungsstufen der Kinder bezieht. So können<br />
beispielsweise Körperkontakt und körperliches Eingreifen auf einer bestimmten Stufe häufig einge-<br />
setzte Techniken sein (vgl. Myschker, 2009, S. 229).<br />
Beim humanistisch-psychologischen Ansatz gilt, dass Lernsituationen je länger je mehr schü-<br />
lerzentriert organisiert werden. Achtung, Wärme, Rücksichtnahme, Echtheit und einfühlendes Ver-<br />
stehen sind nur einige Werte dieses Ansatzes, die im Zentrum stehen (vgl. Myschker, 2009, S.<br />
229).<br />
30
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Verhält sich eine Lehrperson gemäss pädagogisch-therapeutischem Ansatz, baut sie ein bin-<br />
dungsförderliches Verhältnis zwischen sich und dem Kind auf. Deshalb muss sich die Lehrperson<br />
auf die Ressourcen des Kindes einstellen, ansonsten ist es nicht möglich, ein bildungsförderliches<br />
Verhältnis aufzubauen. Das Lehrerverhalten soll aber auch Engagement, Situationsübersicht und<br />
ständige Hilfsbereitschaft kommunizieren. Ein Kind soll erfahren, dass es wertvoll ist, und dass es<br />
selbstbestimmte Ziele finden und verfolgen kann (vgl. Myschker, 2009, S. 239).<br />
Die mehrperspektivische Betrachtung des Lehrerverhaltens ist ein Prinzip für die heilpädagogi-<br />
sche Tätigkeit. Mehrperspektivisch heisst aber nicht beliebig oder willkürlich, sondern theoriegelei-<br />
tet und der Situation angepasst, denn: „Die Betrachtung eines Problems im Lichte unterschiedli-<br />
cher Theorien reduziert die Schattenbereiche“ (Vernooij & Wittrock, 2008, S. 13).<br />
2.2.3 Lehrertypen<br />
Den Spruch: „Typisch Lehrer“ haben wohl alle Lehrerinnen und Lehrer schon einmal gehört. In der<br />
wissenschaftlichen Literatur werden allerdings verschiedene Lehrertypen unterschieden. Höhmann<br />
(2009) unterteilt die verschiedenen Lehrertypen in vier Kategorien. Er unterscheidet zwischen dem<br />
pädagogisch enthusiastischen, dem engagiert pragmatischen, dem strukturiert erlassorientieren<br />
und dem auf das Fach orientierten Lehrertyp.<br />
Der pädagogisch enthusiastische Lehrertyp ist Tag und Nacht für seine Schülerinnen und<br />
Schülern, aber auch für deren Eltern erreichbar. Er setzt sich voll und ganz für sie ein. So ist es für<br />
ihn selbstverständlich, dass er in den Ferien Ausflüge oder Lager durchführt. Alles was er ent-<br />
scheidet, betrachtet er aus der Sicht der Kinder. Der Lehrplan ist für ihn zweitrangig und Abma-<br />
chungen aus dem Team setzt er nur um, wenn es seinen Schülerinnen und Schülern dient.<br />
Der engagiert pragmatische Typ wägt zwischen den Ansprüchen der Schülerinnen und Schülern,<br />
der Eltern, dem Schulleiter aber auch der einzelnen Fächer ab. Er kann sein Privat- und Berufsle-<br />
ben gut ausbalancieren. Ein positiv gestaltetes Klassenklima ist ihm wichtig. An Lehrpläne und<br />
Abmachungen im Team hält er sich. Wenn er es jedoch für nötig erachtet, weicht er auch davon<br />
ab.<br />
Der strukturiert erlassorientierte Lehrertyp sieht vor allem die Sachebene. Er kennt alle Regeln<br />
und Abmachungen genau. Seine Auskünfte sind sachlich korrekt. In Konfliktsituationen handelt er<br />
transparent. Er hält sich strikt an den Dienstweg und wenn er davon abweichen muss, sichert er<br />
sich vorher beim Schulleiter ab.<br />
Der auf das Fach fokussierte Lehrertyp liebt seine Fächer und will die Schülerinnen und Schüler<br />
dafür begeistern. Lernende, die sich begeistern lassen, fördert er zusätzlich. Die anderen werden<br />
von ihm lediglich akzeptiert, die Aufmerksamkeit erhalten sie jedoch nicht (vgl. Höhmann, 2009, S.<br />
24).<br />
31
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Meyer (2009, S.18) teilt in zwei Typen ein. Er spricht von Dozenten und Pfadfindern und schreibt:<br />
„Der Dozent unterrichtet ein Fach, der Pfadfinder unterrichtet Kinder“. Der Autor beschreibt seine<br />
eigenen Erfahrungen mit verschiedenen Lehrertypen, mit denen er gute Erinnerungen verbindet.<br />
Diese hatten die Eigenschaften, dass sie der Jugend auch einmal das Vorrecht gaben, über ein<br />
Ziel hinauszuschiessen. Ihre Ruhe und Bescheidenheit ermöglichten Mussestunden. Obwohl sie<br />
es besser wussten, waren sie keine „Besserwisser“. Eine Lehrperson lebte das vor, wovon sie<br />
lehrte und erzählte (vgl. Meyer, 2009, S. 30).<br />
All diese verschiedenen Lehrertypen haben unterschiedliche Qualitäten, aber auch Mängel.<br />
2.2.4 Führungsstil<br />
Dubs (2009) schreibt zum Führungsstil von Lehrerinnen und Lehrern, dass die Auffassung von<br />
Lewin, Lippitt & White (1939) immer noch verbreitet sei: Ihrer Meinung nach lassen sich drei allge-<br />
meingültige Führungsstile - den autoritären, den demokratischen und den Laissez-faire-Stil - unter-<br />
scheiden und anzustreben sei der demokratische (sozial-integrative) Führungsstil (vgl. S. 85). Ge-<br />
mäss Dubs steht ein Unterrichtsstil in stetiger Wechselwirkung mit den Zielen, Methoden und Vor-<br />
aussetzungen der Schülerinnen und Schülern. Aktuelle Strömungen gehen davon aus, dass es<br />
nicht nur einen richtigen Führungsstil gibt, sondern dass die Kunst der Unterrichtsführung darin<br />
liegt, diesen je nach Situation zu variieren (vgl. S. 91).<br />
Unabhängig vom Führungsstil benötigt eine Lehrperson verschiedene Kompetenzen, die ihr Ver-<br />
halten in der Unterrichtsführung beeinflussen. So schreibt Frick (2007), dass eine Lehrperson über<br />
vier wichtige Kompetenzen verfügen sollte.<br />
o Sozialkompetenz: Die Lehrperson interessiert sich für die Schülerinnen und Schüler, hat<br />
Freude am Umgang mit Menschen und kann das Gefühl vermitteln, dass sie wichtig sind.<br />
o Kommunikationskompetenz: Die Lehrperson kann zuhören, angemessen auf verschie-<br />
dene Fragen oder Aussagen reagieren sowie die richtigen Worte finden.<br />
o Beziehungskompetenz: Die Lehrperson kann Nähe, aber auch schwierige interaktive<br />
Prozesse aushalten. Sie kann eigene Bedürfnisse formulieren, aber wenn nötig kann sie<br />
sich auch zurücknehmen.<br />
o Selbstkompetenz: Die Lehrperson kann das eigene Handeln reflektieren, wenn nötig<br />
Schwächen eingestehen und sich gegebenenfalls für ihr Tun entschuldigen. Sie muss die<br />
Übersicht behalten und in schwierigen Situationen Ruhe bewahren (vgl. S. 202).<br />
Lehrpersonen verfügen nicht einfach über diese Kompetenzen, sondern müssen die eine oder<br />
andere erwerben. Narr (2002) verweist ebenfalls auf notwendige Kompetenzen, über die eine<br />
Lehrperson verfügen soll. Seiner Ansicht nach muss eine Lehrperson das Gefühl des Vorwärts-<br />
32
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
kommens vermitteln können. Sie soll einen Unterricht ermöglichen, in welchem durch Inhalte und<br />
Arbeitstechniken vorzeigbare Produkte entstehen. Durch die Ausbildung von Kompetenzen nimmt<br />
die Professionalität zu. Das dadurch gewachsene Bewusstsein ermöglicht ein sicheres Auftreten,<br />
was im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern unterstützend wirkt. Ob die erworbenen Kom-<br />
petenzen so angewendet werden, dass sie die Schülerinnen und Schüler stärken, hängt jedoch<br />
von der Haltung der Lehrperson ab. Im Gegensatz zu den Kompetenzen lässt sich die innere Hal-<br />
tung nicht trainieren. Diese kann aber durch das äussere Handeln (Kompetenzen) beeinflusst wer-<br />
den (vgl. Narr, 2002, S. 126ff.) Die Haltung, welche stark von der Persönlichkeit einer Lehrperson<br />
beeinflusst wird, und die Kompetenzen einer Lehrperson stehen also in einer stetigen Wechselwir-<br />
kung.<br />
2.3 Fünf-Faktoren-Modell<br />
Die menschliche Persönlichkeit zu beschreiben und zu erfassen hat eine lange Tradition. Der Ur-<br />
sprung der Frage, was die Persönlichkeit des Menschen, den Charakter oder das Wesen eines<br />
Menschen ausmacht und wie sich diese Persönlichkeit erfassen lässt, geht zurück bis in die Antike<br />
(vgl. Maurer, 2006, S. 1).<br />
Es ist unumstritten, dass sich die Wissenschaft schon lange von solchen allzu vereinfachten Ein-<br />
ordnungen der menschlichen Psychologie distanziert hat. Dennoch ist es immer noch ein Bedürfnis<br />
der Persönlichkeitspsychologie, die grundlegenden Dimensionen der menschlichen Psychologie zu<br />
definieren und daraus ein Modell zu konstruieren, welches eine möglichst exakte Charakterisierung<br />
der menschlichen Persönlichkeit ermöglichen kann (vgl. ebd.).<br />
Mit dem Fünf-Faktoren-Modell, welches auch als „Big-Five“ bekannt ist, steht der Persönlichkeits-<br />
psychologie seit den 1980er Jahren ein einflussreiches Instrument zur Verfügung, welches den<br />
Ansatz verfolgt, die menschliche Persönlichkeit zu erfassen und zu beschreiben (vgl. ebd.).<br />
Durch die Auseinandersetzung mit der Thematik der <strong>Masterarbeit</strong> und der damit verbundenen<br />
Hauptfragestellung zeichnete sich immer klarer ab, dass ein Persönlichkeits-Psychologisches-<br />
Modell für die Bearbeitung des Forschungsfeldes unabdingbar ist. Im nächsten Kapitel, wird das<br />
Fünf-Faktoren-Modell und seine Entstehung übersichtlich dargestellt. Dabei sind die Bezeichnun-<br />
gen Fünf-Faktoren-Modell, Big-Five, Big-Five-Modell oder Big-Five-Profil, im Rahmen unserer Ar-<br />
beit synonym zu verstehen.<br />
33
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
2.3.1 Geschichte und Entwicklung des Fünf-Faktoren-Modells<br />
„Die Big-Five gelten momentan als das einflussreichste Persönlichkeitsmodell“ (Backhaus, 2004,<br />
S. 5). Dieser hohe Stellenwert des Fünf-Faktoren-Modells ist auf mehrere Gründe zurückzuführen.<br />
Zum einen verbindet das Fünf-Faktoren-Modell mit dem lexikalischen Ansatz und der Analyse von<br />
Fragebogen zwei wichtige Forschungstraditionen der Persönlichkeitspsychologie, welche ihren<br />
Ursprung anfangs des 20 Jahrhundert haben (vgl. Maurer, 2006, S. 12).<br />
Zum andern ist die Eigenschaft, welche dem Modell zu seiner Allgemeingültigkeit verholfen hat, die<br />
Tatsache zu erwähnen, dass sich andere Modelle darin integrieren lassen. Somit stellt das Big-<br />
Five-Profil eine fundierte Ausgangslage für weitere Erforschungen der Persönlichkeit dar (vgl.<br />
Backhaus, 2004, S. 8). Amelang und Borkenau untersuchten 1982 die Beziehung zwischen den<br />
etablierten Modellen von Cattell (1957), Eysenck (1970) und Guilford (1975) und stellten dabei fest,<br />
dass alle drei Modelle in einem übergeordneten Big Five-Modell abgebildet werden konnten. Wei-<br />
tere Untersuchungen in verschiedenen Staaten mit unterschiedlichen kulturellen, ökonomischen<br />
und geschichtlichen Hintergründen zeigten darüber hinaus die kulturübergreifende Gültigkeit des<br />
Modells auf (vgl. ebd.).<br />
Die Entwicklung des Fünf-Faktoren-Modells ist auf eine Forschungsreihe zurückzuführen, welche<br />
bereits 1936 begann, als Gordon Allport und Harold Odbert die psychologische Forschungswelt<br />
herausforderte (vgl. Howard & Howard, 2008, S. 23). Basierend auf der Grundannahme des lexika-<br />
lischen Ansatzes, dass alle relevanten Persönlichkeitsmerkmale in der natürlichen Sprache des<br />
Menschen repräsentiert sind (vgl. Maurer, 2006, S. 13), untersuchten sie eine ungekürzte Version<br />
des englischen Wörterbuchs auf Begriffe, welche die menschliche Persönlichkeit beschreiben. In<br />
einem ersten Schritt wurden 18’000 Begriffe gefunden, davon wurden in einem zweiten Schritt<br />
13’500 Begriffe herausgearbeitet, welche keine alltäglichen Persönlichkeitsmerkmale umschrieben.<br />
Allport und Odbert forderten die psychologische Fachwelt auf, die Begriffe in ein überschaubares<br />
Kategoriensystem einzuteilen (vgl. Howard & Howard, 2008, S. 23).<br />
1946 gelang es Cattell, die grosse Anzahl an persönlichkeitsbeschreibenden Begriffen auf ein<br />
handhabbares Mass zu reduzieren. In mehreren Schritten bildet er 16 sinnesverwandte Begriffs-<br />
gruppen (vgl. Maurer, 2006, S. 15).<br />
Wenige Jahre später machte Fiske einen Vorschlag, welcher die Begriffe in fünf Faktoren unterteil-<br />
te (vgl. Howard & Howard, 2008, S. 239). Mehrere Forschergruppen bestätigten später mit ihren<br />
Arbeiten die Einteilung in fünf Dimensionen (vgl. Backhaus, 2004, S. 5).<br />
Im Jahre 1980 konnte Goldenberg anhand mehrerer Studien sowohl mit Selbstbeurteilung als auch<br />
mit Fremdbeurteilung die Fünf-Faktoren-Struktur bestätigen. Da die fünf unabhängigen Dimensio-<br />
nen einen grossen Teil der menschlichen Persönlichkeitseigenschaften abzudecken vermochten,<br />
bezeichnete Goldenberg sie als „big“ und prägte letztlich den Begriff der „Big Five“. Das Fünf-<br />
Faktoren-Modell gewann zunehmend an Akzeptanz (vgl. Maurer, 2006, S. 18).<br />
34
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Dennoch muss beachtet werden, dass in der Bezeichnung der einzelnen Faktoren bis heute keine<br />
Einigkeit herrscht (vgl. Backhaus, 2004, S. 5).<br />
Neben dem lexikalischen Forschungsansatz hat vor allem die Analyse von Fragebogenaktionen<br />
das Fünf-Faktoren-Modell mitgeprägt. Während beim lexikalischen Ansatz persönlichkeitsbe-<br />
schreibende Adjektive im Zentrum standen, galt das primäre Interesse des Fragebogenansatzes<br />
der Untersuchung einzelner Fragen oder Sätze (vgl. Maurer, 2006, S. 18).<br />
Eysenck identifiziert 1947 anhand der Fragebogenanalyse die beiden Dimensionen „Extraversion“<br />
(E) und „Neurotizismus“ (N) (vgl. Backhaus, 2004, S. 5). Erst später wurde von der psychologi-<br />
schen Fachwelt anerkannt, dass die beiden Begriffe zwei Dimensionen der menschlichen Persön-<br />
lichkeit darstellen (vgl. Maurer, 2006, S. 18).<br />
McCrae und Costa ergänzten die beiden Dimensionen um den Faktor „Opennes to Experience“<br />
(O). Aufbauend auf dieses Modell entwickelten sie 1976 das NEO-Inventory, einen Fragebogen zur<br />
Erfassung der Persönlichkeit (vgl. Maurer, 2006, S. 19). Neun Jahre später erweiterten sie ihr Mo-<br />
dell um die Faktoren „Agreeableness“ (A) und „Consicientiousness“ (C). Das NEO-Inventory wurde<br />
damit zum NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI). Der darauf abgestützte Test wird schon bald<br />
zum Standardmessverfahren für das Fünf-Faktoren-Modell (vgl. Howard & Howard, 2008, S. 240).<br />
2.3.2 Die Fünf Faktoren des Modells<br />
Das Fünf-Faktoren-Modell benennt fünf grundlegende Dimensionen der Persönlichkeit:<br />
Gewissenhaftigkeit<br />
Abbildung 3: Fünf-Faktoren-Modell<br />
Verträglichkeit<br />
Neurotiszismus<br />
Offenheit für<br />
Erfahrungen<br />
Extraversion<br />
35
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Im diesem Kapitel werden die einzelnen Dimensionen genauer erläutert. Bei den Faktoren II – V<br />
stützt sich die Arbeit auf die Begriffe, welche im klassischen Fünf-Faktoren-Modell verwendet wer-<br />
den. Der Faktor I wird von Costa und McCare mit dem Oberbegriff Neurotizismus zusammenge-<br />
fasst (vgl. Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 33). Da die Arbeit der Frage nachgeht, welche Persön-<br />
lichkeitsaspekte der Heilpädagogin, des Heilpädagogen sich positiv auf die Interaktionen zwischen<br />
Lehrperson und Kind auswirken, wird in dieser Arbeit der gegenpolige und positiv ausgerichtete<br />
Begriff - die „emotionale Stabilität“ - verwendet.<br />
Faktor I: Emotionale Stabilität<br />
Eine Person mit einem hohen Wert im Bereich der „Emotionalen Stabilität“ lässt sich als ausgegli-<br />
chen, kontrolliert, mutig und resistent umschreiben. Emotional stabile Personen können gut mit<br />
Stresssituationen umgehen und zeigen dabei keine sprunghaften, emotionalen Reaktionen. Des<br />
Weiteren zeichnet sie die Fähigkeit aus, Misserfolge und Rückschläge rasch zu überwinden. Sie<br />
können ihre Bedürfnisse gut kontrollieren. Eine weitere wichtige Facette ist die ausgeprägte<br />
Selbstsicherheit (vgl. Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 33).<br />
Faktor II: Extraversion<br />
Eine extravertierte Persönlichkeit ist gesprächig, freundlich und aktiv. Menschen mit einer hohen<br />
Ausprägung im Bereich „Extraversion“ mögen die Gesellschaft anderer, sind herzlich, kontaktfreu-<br />
dig und fühlen sich in Gruppen wohl, sie sind dabei aber auch selbstbewusst und durchsetzungs-<br />
fähig. Extravertierte Personen sind heiter gestimmt, neigen zu Optimismus, sind dominant und sind<br />
offen für ausgefallene, waghalsige Unternehmungen (vgl. Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 40).<br />
Faktor III: Offenheit für Erfahrungen<br />
Personen mit einem hohen Wert in der Dimension „Offenheit für Erfahrungen“ haben einen uner-<br />
schöpflichen Appetit auf neue Ideen und Erfahrungen. Sie sind neugierig, fantasievoll und besitzen<br />
Sinn für Ästhetik. Ihre Wertorientierungen sind unkonventionell, die Gelegenheit neue Erlebnisse<br />
und Eindrücke zu sammeln ziehen diese Individuen an. Personen mit einer starken Ausprägung in<br />
diesem Bereich sind in Begegnungen neugierig und interessiert an ihrem Gegenüber (vgl. Osten-<br />
dorf & Angleitner, 2004, S. 41).<br />
Faktor IV: Verträglichkeit<br />
Verträglichkeit bedeutet, dass jemand, entgegenkommend, hilfsbereit, aufrichtig und vertrauensvoll<br />
ist. Personen mit einem hohen Wert im Bereich der „Verträglichkeit“ zeigen sich anderen Personen<br />
gegenüber wohlwollend, gutmütig und mitfühlend. Sie neigen dazu, in Auseinandersetzungen<br />
36
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
nachzugeben. Im Extremfall können solche Individuen abhängig oder sogar unterwürfig erscheinen<br />
(vgl. Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 44).<br />
Faktor V: Gewissenhaftigkeit<br />
Mit Gewissenhaftigkeit ist gemeint, dass jemand zielstrebig, willensstark und entschlossen ist. Per-<br />
sonen mit einem hohen Wert in der Dimension „Gewissenhaftigkeit“ sind sehr leistungsorientiert<br />
und pflichtbewusst, wobei sie zudem prinzipientreu und ordnungsbewusst sind. Im Extremfall kön-<br />
nen sogar die Adjektive perfektionistisch und pedantisch diese Personen treffend beschreiben (vgl.<br />
Ostendorf & Angleitner, 2004, S. 45).<br />
2.3.2.1 Die Facetten der einzelnen Faktoren<br />
McCrae und Costa ordneten jedem Faktor sechs Facetten zu, insgesamt beinhaltet also das Fünf-<br />
Faktoren-Modell 30 Facetten (vgl. Maurer, 2006, S. 9). In der folgenden Grafik ist die Zuordnung<br />
der Facetten zu den einzelnen Faktoren übersichtlich dargestellt. Beim Faktor I: Neurotizismus<br />
wurden entsprechend dem gegenpoligen und in der Arbeit verwendeten Faktor Emotionale Stabili-<br />
tät auch gegenpolige Facetten zugeordnet. In einem nächsten Schritt ordneten Costa und McCrae<br />
den einzelnen Facetten Verhaltensweisen, auch „traits“ genannt, welche Menschen in einer gewis-<br />
sen Regelmässigkeit zeigten, zu.<br />
Sie verwendeten Verhaltensweisen, welche sich inhaltlich deutlich voneinander unterschieden und<br />
eine eindeutige Zuordnung zu einer Facette innerhalb der fünf Faktoren erlaubte (vgl. Maurer,<br />
2006, S. 9).<br />
Persönlichkeitsfaktor Facetten<br />
Faktor I:<br />
Emotionale Stabilität<br />
Faktor II:<br />
Extraversion<br />
K1: Mut<br />
K2: Gelassenheit, Resistent<br />
K3: Ausgeglichenheit (stabile Psyche)<br />
K4: Unbefangenheit<br />
K5: Kontrolle<br />
K6: Unerschütterlich<br />
K1: Herzlich<br />
K2: Geselligkeit<br />
K3: Durchsetzungsfähigkeit<br />
K4: Aktivität<br />
K5: Erlebnishunger<br />
K6: Frohsinn<br />
37
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Persönlichkeitsfaktor Facetten<br />
Faktor III:<br />
Offenheit für Erfahrungen<br />
K1: Offenheit für Fantasie<br />
K2: Offenheit für Ästhetik<br />
K3: Offenheit für Gefühle<br />
K4: Offenheit für Handlungen<br />
K5: Offenheit für Ideen<br />
Faktor IV: Verträglichkeit K1: Vertrauen<br />
K6: Offenheit des Normen- und Wertesystems<br />
K2: Freimütigkeit<br />
K3: Altruismus<br />
K4: Entgegenkommen<br />
K5: Bescheidenheit<br />
K6: Gutherzigkeit<br />
Faktor V: Gewissenhaftigkeit K1: Kompetenz<br />
K2: Ordnungsliebe<br />
K3: Pflichtbewusstsein<br />
K4: Leistungsstreben<br />
K5: Selbstdisziplin<br />
K6: Besonnenheit<br />
Tabelle 3: Faktoren und Facetten nach Ostendorf & Angleitner, 2004<br />
2.3.2.2 NEO-FFI<br />
Die überarbeitete Fassung des NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) beinhaltet im Gesamten<br />
240 Items. Jeweils 48 Items sind einem Faktor zugeordnet. In einer weiteren Spezifizierung wur-<br />
den jeder der 6 Facetten 8 Items zugeteilt (vgl. Maurer, 2006, S. 10).<br />
Der Test berücksichtigt Alter und Geschlecht der Testperson. Es gibt keine Zeitvorgabe, Erfah-<br />
rungswerte zeigen jedoch, dass eine Testdurchführung zwischen 30 und 40 Minuten dauert. Die<br />
Testergebnisse können den Probanden in einer Kurzfassung mitgeteilt werden, welche eine grobe<br />
Charakterisierung der fünf Persönlichkeitsbereiche, anhand weniger Adjektive und kurzer Sätze<br />
umfasst. Es besteht auch die Möglichkeit mittels einer Langfassung eine differenzierte Rückmel-<br />
dung zu erhalten (vgl. Maurer, 2006, S. 12).<br />
Zudem existiert eine gekürzte Version des Tests. Die Anzahl der Items wurde dabei von 240 auf 60<br />
Items reduziert, dadurch wird der Testperson eine Bearbeitungszeit von nur wenigen Minuten er-<br />
möglicht (vgl. Maurer, 2006, S. 12).<br />
38
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
2.3.2.3 Anwendungsfelder des Fünf-Faktoren-Modells<br />
Auf dem Gebiet der Persönlichkeitspsychologie hat sich das Fünf-Faktoren-Modell als ein allge-<br />
meingültiges, akzeptiertes Modell zur Erfassung und Einteilung der menschlichen Persönlichkeits-<br />
struktur durchgesetzt (vgl. Maurer, 2006, S. 20). Das Modell findet Verwendung im Bereich der<br />
Eignungsdiagnostik, Personalauswahl und Personalentwicklung (vgl. Backhaus, 2004, S. 10). Die<br />
Arbeitswelt hat mit dem Fünf-Faktoren-Modell ein Standardvokabular zur Verfügung, um individuel-<br />
le Unterschiede der Persönlichkeit diskutieren zu können (vgl. Howard & Howard, 2008, S. 26).<br />
Frank Foerster zeigt mit seiner Untersuchung, welche den Studien- und Berufserfolg von Lehr-<br />
amtsstudierenden im Zusammenhang mit ihren spezifischen Persönlichkeitsmerkmalen erforschte,<br />
dass das Fünf-Faktoren-Modells auch im pädagogischen Bereich anwendbar ist.<br />
2.3.2.4 negative Kritik am Fünf-Faktoren-Modell<br />
Es gibt drei zentrale Diskussionspunkte, welche immer wieder aufgegriffen werden. Es sind die<br />
Fragen nach der Anzahl, der als bedeutsam erachteten Persönlichkeitsfaktoren, deren Benennun-<br />
gen und Definitionen. Ein dritter Kritikpunkt ist auf den lexikalischen Ansatz zurückzuführen (vgl.<br />
Maurer, 2006, S. 34).<br />
Verfechter der Fünf-Faktoren-Lösung stellen die berechtigte Frage, weshalb gerade fünf Faktoren<br />
eine adäquate Anzahl für die Persönlichkeitsbeschreibung sein sollen. Es gibt Wissenschaftliche<br />
Studien, welche die fünf Faktoren stützen. Dem gegenüber stehen Forscher mit eigenen Lösungs-<br />
ansätzen, die für eine andere Anzahl plädieren. Vorgeschlagene Alternativen enthalten teils deut-<br />
lich mehr und teils weniger als die fünf Faktoren (vgl. Maurer, 2006, S. 34).<br />
Einhergehend mit der Diskussion um die Anzahl der benötigten Faktoren, wird die Frage nach der<br />
Benennung der einzelnen Faktoren immer wieder zum Thema gemacht. Bereits in der Entste-<br />
hungsgeschichte zeichnete sich ein uneinheitlicher und komplexer Benennungsprozess ab, wel-<br />
cher bis heute immer wieder aufgerollt wird (vgl. Maurer, 2006, S. 35). Trotzdem kann man anhand<br />
des von Costa und McCrae (1985) konzipierten NEO-Fünf-Faktoren-Inventars, auch eine Tendenz<br />
hin zur Allgemeingültigkeit ihrer Faktorenbezeichnung feststellen (vgl. Maurer, 2006, S. 36).<br />
Wie oben aufgeführt ist ein weiterer Kritikpunkt am Fünf-Faktoren-Modell auf den lexikalischen<br />
Ansatz zurückzuführen. Während die Vertreter des Modells im lexikalischen Ansatz ein geeignetes<br />
Konstrukt für ihr Modell sehen, kritisieren wiederum verschiedene Autoren die Hypothese, dass<br />
sich grundlegende Persönlichkeitseigenschaften in der menschlichen Sprache niederschlagen<br />
haben. Ein weiterer, oft kritisierter Aspekt ist die Tatsache, dass der lexikalische Ansatz aus-<br />
schliesslich auf Einwortbeschreibungen basiert und somit unverbundene, nicht im Kontext verstan-<br />
dene Adjektive nicht erfassen kann (vgl. Maurer, 2006, S. 38).<br />
In der qualitativen Auswertung der vorliegenden Arbeit wird, wenn es die Arbeit erfordert, auf allfäl-<br />
lige Verfälschungen durch Einwortbeschreibungen Rücksicht genommen.<br />
39
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
2.3.2.5 Positive Kritik am Fünf-Faktoren-Modell<br />
Das Fünf-Faktoren-Modell besitzt eine hohe deskriptive Aussagekraft. So konnte beispielsweise<br />
anhand des Fünf-Faktoren-Modells nachgewiesen werden, dass die Werte in den Bereichen Neu-<br />
rotizismus, Extraversion und Offenheit für Erfahrungen während dem 20. und 30. Lebensjahr deut-<br />
lich abnehmen. Diese Erkenntnis löste weitere Forschungen aus (vgl. Howard & Howard, 2008, S.<br />
27).<br />
Ein weiterer Vorteil ist die allgemeine Anwendbarkeit des Modells. Es hat Bestand in einer Vielzahl<br />
von unterschiedlichen Umgebungen, welche von nationalen, ökonomischen, kulturellen, religiösen<br />
und sprachlichen Unterschieden geprägt sind. Zudem liegt das Modell in verschiedenen sprachli-<br />
chen Version vor (vgl. ebd.).<br />
Die Kurzversion ermöglicht eine Bearbeitung des Fragebogens in einer angemessenen Zeit. Da-<br />
durch wird eine breit abgestützte Befragung ermöglicht. McCrae und Costa schreiben über die<br />
Objektivität: „Durch die Standardisierung des Verfahrend im Hinblick auf die Durchführung und<br />
Auswertung der Fragebögen ist eine Auswerter-Unabhängigkeit in hohem Masse gewährleistet“<br />
(1985, S. 81). Durch das hohe Niveau der Reliabilität ermöglicht der NEO-FFI eine Konsistenz der<br />
Messung. Dazu kommt, dass das Fünf-Faktoren-Modell eine beeindruckende Fähigkeit aufzeigt<br />
valide Resultate zu liefern (vgl. Howard & Howard, 2008, S. 26).<br />
Unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Vorteile und Stärken stellt das Fünf-Faktoren-Modell<br />
ein einflussreiches Eigenschaftsmodell der menschlichen Persönlichkeit dar.<br />
2.4 Interaktion<br />
Da in der vorliegenden Arbeit die Interaktion von besonderem Interesse ist, wird dieser Begriff als<br />
zentral betrachtet.<br />
Der Ursprung dieses Begriffes lässt sich auf die lateinische Sprache zurückführen. „Inter“ meint<br />
wörtlich „zwischen“ und „agere“ bedeutet übersetzt „handeln“. Der Mensch bezieht sein eigenes<br />
Handeln auf einen Handlungspartner. Dieser besteht entweder aus einer Person, einer Gruppe<br />
oder aus mehreren Personen. Bei der Interaktion geht es um ein Wechselspiel zwischen zwei oder<br />
mehreren Personen (vgl. Peter, 2009, S. 8). Dazu kann weiter gesagt werden:<br />
Als Interaktion bezeichnen wir den Austausch von Gedanken, Gefühlen und Informationen zwischen<br />
zwei oder mehreren Personen. Im weit gestellten Sinne stellt Interaktion auch die Beziehung<br />
und den Austausch des Individuums dar mit der gegenständlichen Welt (Tier-, Pflanzen- und<br />
Sachwelt) sowie mit dem eigenen Ich. (Schmetz, 2007, S. 148)<br />
40
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
In der Wissenschaft wird der Begriff Interaktion im allgemeinen Sinn auch so verstanden, dass eine<br />
Wechselwirkung zwischen Handelnden stattfindet. Um jedoch in der Wissenschaft besser auf die<br />
speziellen Gegebenheiten eingehen zu können, werden dem Wort „Interaktion“ erklärende Eigen-<br />
schaftswörter vorangestellt wie beispielsweise bei der „sozialen Interaktion“ (findet zwischen Men-<br />
schen statt). Nicht jedes Eigenschaftswort ist selbsterklärend, so dass eine vorausgehende Be-<br />
griffsklärung notwendig ist, damit keine Missverständnisse entstehen.<br />
2.4.1 Symbolischer Interaktionismus<br />
Nach George Mead (1863-1931) basiert die Interaktion auf dem Grundgedanke des „symbolischen<br />
Interaktionismus“. Er verdeutlicht dies folgendermassen:<br />
Symbole sind die Gesten, die es einem Individuum gestatten, das Verhalten anderer Individuen zu<br />
antizipieren, beziehungsweise das eigene Verhalten in Hinblick auf deren mögliche Reaktion zu regulieren.<br />
Der Mensch lebt in einer symbolischen Umwelt, in der Bedeutungen kommunikativ festgelegt<br />
werden." (Mead, zit. nach Peter, 2009, S. 16)<br />
Dies meint, dass die Bedeutung von sozialen Objekten, Situationen und Beziehungen im symbo-<br />
lisch vermittelten Prozess der Interaktion beziehungsweise der Kommunikation hervorgebracht<br />
wird. Herbert Blumer (1918-1922) ging den Überlegungen von Mead nach und wollte herausfinden,<br />
wie es den Menschen gelingt, ihre Handlungen einander anzupassen. Laut Blumer ist das mensch-<br />
liche Zusammenleben ein wandelnder Prozess „in dem Objekte geschaffen, bestätigt, umgeformt<br />
und verworfen werden. Das Leben und das Handeln von Menschen wandeln sich notwendigerwei-<br />
se in Übereinstimmung mit den Wandlungen, die in ihrer Objektwelt vor sich gehen“ (Blumer, 1969,<br />
S. 91). Diesbezüglich hob Blumer zwei Elemente in seinem Modell hervor: die Interpretation des<br />
Handelnden und die Situation.<br />
Interpretation des Handelnden:<br />
Die Person handelt nicht objektiv, sondern passt die Handlung der gedeuteten Situation an.<br />
Situation:<br />
Die Situation wird von der Person gedeutet, so dass sie nur subjektiv wahrgenommen wird. Objek-<br />
tivität entspricht sinngemäss der Annahme „it’s all in your mind“ (vgl. Blumer, 1969).<br />
Durch wechselseitige Kommunikation mit anderen Menschen kann das Individuum die sich laufend<br />
wandelnde Welt erfahren und begründen. Da die Welt subjektiv wahrgenommen wird, findet durch<br />
die Kommunikation ein Erfahrungsaustausch statt. Diesen Mechanismus postuliert Blumer in den<br />
„drei einfachen Prämissen“ (Blumer, 1969, S. 81) des symbolischen Interaktionismus.<br />
41
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
2.4.1.1 Drei Prämissen des symbolischen Interaktionismus<br />
o Erste Prämisse: Menschen handeln gegenüber Dingen auf der Grundlage der Bedeutun-<br />
gen, die diese Dinge für sie besitzen.<br />
Die Menschen deuten Dinge nach ihrem eigenen Selbstwert. „Dinge“ meint alles, was wahrge-<br />
nommen wird, wie zum Beispiel Institutionen, Ideale und physische Objekte. All diese Dinge haben<br />
eigentlich keinen Wert oder keine Bedeutung. Erst der Mensch schreibt ihnen einen eigentlichen<br />
Sinn zu und verhält sich dann entsprechend (vgl. Abels, 2007, S. 167).<br />
o Zweite Prämisse: Die Bedeutung der Dinge entsteht durch soziale Interaktion.<br />
Die Bedeutung eines Dinges entsteht durch den Interaktionsprozess zwischen verschiedenen Per-<br />
sonen. Sie wird durch die Situationsdefinition und das Handeln geschaffen (vgl. Blumer, 1969, S.<br />
81).<br />
o Dritte Prämisse: Die Bedeutungen werden durch einen interpretativen Prozess, den die<br />
Person in ihrer Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzt, gehandhabt<br />
oder abgeändert.<br />
Der Verlauf des Interpretationsprozesses, der sogenannt „formende Prozess“ (vgl. Blumer 1969, S.<br />
84), erfolgt in zwei Schritten: Der Handelnde schaut sich den Gegenstand an, auf den er sein Han-<br />
deln ausrichtet. Nach weiterer Strukturierung und Ordnung bekommen die Dinge eine Bedeutung.<br />
Die zugeschriebene Bedeutung ist somit weit mehr als nur ein Etikett. Vielmehr ist die „innere<br />
Kommunikation jedes Beteiligten die Reaktion auf die innere Beteiligung jedes anderen Beteiligten“<br />
(Abels, 2007, S. 47). So entsteht eine gemeinsame symbolische Definition der Situation.<br />
2.4.1.2 Soziale Interaktion<br />
In der zweiten Prämisse erwähnt Blumer (1969, S. 84) die soziale Interaktion. Nach Leary (1987)<br />
wird die soziale Interaktion folgendermassen erläutert:<br />
Die Eigenschaften des Menschen sind nicht angeboren, sondern hauptsächlich durch die Interakti-<br />
on zwischen den Menschen geformt worden. Das Verhalten von A beeinflusst das Verhalten von<br />
B. Die Reaktion von B beeinflusst wiederum A. Dieser Kreislauf wird auch als „reziproke Beeinflus-<br />
sung der sozialen Interaktion“ genannt (vgl. Leary, 1987, S. 173).<br />
Die symbolische Interaktion kann ohne die soziale Interaktion nicht stattfinden und umgekehrt.<br />
2.4.1.3 Positive Beeinflussung der Interaktion<br />
In der Hauptfragestellung dieser vorliegenden Arbeit wurde der Begriff „positiv“ verwendet. „Positiv“<br />
kann unterschiedlich definiert werden und bekommt je nach Verwendung eine andere Bedeutung.<br />
Er wird in der Mathematik, Medizin, Chemie, Physik, Fotografie, Musik und Sprachwissenschaft<br />
verwendet.<br />
42
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Für die Fragestellung wurde der Begriff „positiv“ als Adjektiv benutzt. Der Ausdruck „positiv“ bein-<br />
haltet die Synonyme wie bejahend, anerkennend, zustimmend, erfreulich, erfolgreich oder frucht-<br />
bar und untermauert so die Begriffserklärung (vgl. Duden, 1986, S. 517).<br />
Zusammengefasst heisst die Fragestellung, welche Persönlichkeitsaspekte die Interaktion positiv<br />
beeinflussen oder - im Verständnis der vorliegenden Arbeit – welche Persönlichkeitsmerkmale eine<br />
anerkennende, fruchtbare und erfreuliche Interaktion fördern können.<br />
2.4.2 Psychoanalytischer Erklärungsansatz des Interaktionismus<br />
Das psychodynamische Modell geht generell von einer Erziehungsbedürftigkeit des Menschen<br />
aus. Persönliche, aber auch gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung ist ohne Triebverzicht und<br />
ohne Sublimierung zerstörerischer Impulse nicht denkbar. Freud geht von zwei starken inneren<br />
Triebkräften aus. Der eine ist „Eros“, das lebensbejahende Prinzip und das andere ist „Thanatos“,<br />
das lebenszerstörende Prinzip.<br />
Thanatos Kraft richtet sich manchmal nach Aussen und zerstört lieber Andere, aus Angst, sich<br />
sonst selbst zu zerstören. Aggressive und lebensfeindliche Interaktionen können die Folge sein.<br />
Beide Triebe sind mit einer starken Energie besetzt, die auf sofortige Befriedigung drängt. Jeder<br />
Mensch lebt aber nur durch die Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Menschen und<br />
deren Bedürfnissen sowie mit den Anforderungen der Realität. Daher ist er aufgefordert, in einer<br />
lebenslangen Gratwanderung die Balance zwischen Lustgewinn und Verzicht zugunsten der sozia-<br />
len Beziehungen oder persönlicher, höherer Ziele zu erreichen bzw. immer wieder neu zu versu-<br />
chen. Diese Balance gelingt einigen Menschen besser als anderen (vgl. Wirz, 2010, S. 1).<br />
Um dies zu präzisieren, bildete Freud die drei Instanzen ICH, ES und ÜBER-ICH, die er voneinan-<br />
der unterscheidet.<br />
Definition ICH:<br />
Das Ich gilt als einzelnes Gruppenmitglied mit individuellen Erfahrungen, Bedürfnissen, Stärken<br />
und Schwächen. Das „Innere“ will von der Person wahrgenommen und geachtet werden. Dazu<br />
gehören Wünsche, Fähigkeiten, Möglichkeiten und Verantwortlichkeiten. Die Person soll für ihre<br />
Licht- und Schattenseiten Verantwortung übernehmen und diese in die Entscheidungen einbezie-<br />
hen, damit sie persönlicher und ganzheitlicher erfolgt.<br />
Die Stärke der Ich-Funktion hängt davon ab, wie gut sich ein Kind über das Denken, Planen, Urtei-<br />
len und Problemlösen in der Realität auseinander gesetzt hatte (vgl. Wirz, 2010, S. 2).<br />
43
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Definition ES:<br />
Das Es bezieht sich auf die Sache, um die es geht, für die eine Gruppe zusammengekommen ist.<br />
Die Stärke des Es hängt davon ab, wie gut das Wechselspiel zwischen Triebaufschub und Trieb-<br />
befriedigung funktioniert. Zudem zeigt es sich auch, wie gut das Kind gelernt hat mit Frustration<br />
umzugehen und dass es nicht ständig und zu sehr frustriert wurde. So dass die elementaren Be-<br />
dürfnisse des Kindes Beachtung von den Bezugspersonen gefunden haben und befriedigt worden<br />
sind. Zusammenfassend ist gemeint, wie weit sich das Kind die Maxime „ich bekomme das, was<br />
ich brauche“ statt „wenn ich mir das nicht sofort nehme, bekomme ich gar nichts“ verinnerlicht hat<br />
(vgl. ebd.).<br />
Definition ÜBER-ICH<br />
Das Über-Ich wird als moralische Instanz oder auch Gewissen im Freudschen Dreiinstanzenmodell<br />
(Es, Ich und Über-Ich) verstanden. Es wird vorwiegend durch die unbewusste Introjektion (äussere<br />
Realität gelangt in das seelische Innere) in der frühen Kindheit gebildet. Sie enthält die (morali-<br />
schen) Normen, Wertvorstellungen der kulturellen Umgebung, in der das Individuum aufwächst.<br />
Die Stärke des Über-Ichs hängt davon ab, wie gut zum Einen die Übernahme von Normen und<br />
Regeln in der Kindheit gelungen ist und zum Andern, wie flexibel und situationsangemessen die<br />
Normen und Werte gelebt und vorgelebt wurden.<br />
Bei einem schwachen Ich herrscht eine Unausgeglichenheit zwischen den drei Instanzen. Ein<br />
Mensch, der entweder zu stark vom Es oder von dem Über-Ich beeinflusst wird, kann das Ich nicht<br />
gut genug an die Umwelt anpassen oder sich nicht mehr in die Balance im Dienste einer psychi-<br />
schen Gesundheit einbringen.<br />
Die psychoanalytische Pädagogik liefert Erklärungshypothesen für emotionale, konfliktbesetzte<br />
Interaktionsprozesse zwischen Kinder – Lehrpersonen oder Kinder – Heilpädagogin-<br />
nen/Heilpädagogen. Grundaussage ist, dass ein Appell an die Einsicht oder Vernunft überhaupt<br />
nicht oder nur sehr begrenzt wirksam ist, sondern dass bei vielen die unbewussten Mechanismen<br />
Einfluss haben.<br />
Der Abwehrmechanismus dient als Angstbewältigung und entsteht nach Freud dann, wenn das Ich<br />
im Spannungsfeld zwischen Es und Über-Ich steht. Um psychisches Leiden zu reduzieren, werden<br />
die Erfahrungen, die nicht in das Selbstbild passen oder das Selbstwertgefühl herabsetzen, abge-<br />
wehrt. Diese Spannungsreduktion erfolgt allerdings nur kurzfristig, da die Thematik und der<br />
zugrundeliegende Konflikt nicht wirklich gelöst werden kann und diese sich in verschiedenen Situa-<br />
tionen wiederholen können (vgl. ebd.).<br />
44
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Folgende Grafik stellt die Instanzen und deren gegenseitige Einwirkung übersichtlich dar.<br />
Realitätsangst<br />
Umwelt<br />
Abbildung 4: Die drei Freudschen Instanzen nach Reuthner (2002, S. 91)<br />
Zum psychoanalytischen Erklärungsansatz des Interaktionismus gehören vier wichtige unbewusste<br />
Mechanismen der Konfliktbewältigung dazu (vgl. Wirz, 2010, S. 3):<br />
o Projektion<br />
o Widerstand<br />
o Regression<br />
o Übertragung/Gegenübertragung<br />
Projektion<br />
ES<br />
Triebenergie<br />
Lustprinzip<br />
Sie bezeichnet die Tendenz, eigene Persönlichkeitsanteile in eine fremde Person hinein zu verle-<br />
gen und diese Verhaltensweisen oder Charaktermerkmale dann dort zu bekämpfen.<br />
Sie Beschuldigen zum Beispiel anderer Personen ohne den eigenen Anteil am Geschehen sehen<br />
zu können (im eigenen Auge den Balken nicht sehen, den Splitter aber im Auge des andern).<br />
Sie provoziert oft Gegenbeschuldigungen.<br />
ICH<br />
Wahrnehmen<br />
Denken<br />
Fühlen<br />
Erinnern<br />
Ralitätsprinzip<br />
Eine Erklärung des „wahren“ Tatbestands ist nicht möglich.<br />
ÜBER-ICH<br />
Normen<br />
Werte<br />
Moralitätsprinzip<br />
45
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Intervention: Zu klären versuchen, was ein Kind beim anderen kritisiert, mit ihm selber zu tun ha-<br />
ben könnte oder ob es ähnliche Dinge von sich auch kennt (vgl. Wirz, 2010, S. 3).<br />
Widerstand<br />
Alle Kräfte, die sich der Veränderung entgegenstellen, werden als Widerstand bezeichnet. Der<br />
Widerstand verteidigt den Status quo, da er weniger angstbesetzt ist als das neu zu erlernende<br />
Verhaltensmuster. Die Schule, die als Ort von Lernen und Veränderung dient, muss also immer mit<br />
Widerstand rechnen. Jeder Patient hat in der Analyse ein Recht auf Widerstand. In der Schule wird<br />
Widerstand jedoch als sehr störender Faktor erlebt, wenn sich Kinder gegen die Bemühungen der<br />
Lehrpersonen stellen.<br />
Intervention: Beobachtet, wie Schüler Widerstand leisten, wogegen sich der Widerstand richtet und<br />
die dahinterliegende Motivation.<br />
Hinter jedem Widerstand versteckt sich die Vermeidung eines schmerzhaften Affektes, einer<br />
Angst, des Schuldgefühles oder Scham. Der Widerstand kann nur gelöst werden. Widerstand wird<br />
offen gezeigt durch: Verweigerung, zu spät kommen, schwänzen, nicht mit der Arbeit beginnen,<br />
ablenken, schwatzen, lachen – die Ursachen dafür sind in der Regel nicht offensichtlich (vgl. ebd.).<br />
Regression<br />
Bedeutet das Zurückfallen auf eine bereits überwundene Phase der Entwicklung. Dahinter stehen<br />
meist Enttäuschungen, Befürchtungen oder Schwierigkeiten.<br />
Bespiel: das Kind kann bestimmte Dinge, die es schon einmal konnte, nicht mehr. Dadurch zeigt<br />
das Kind wieder Verhaltensweisen, die nicht altersgemäss sind.<br />
Typisches Beispiel im Alltagsbewusstsein: Das Zurückfallen auf eine frühere Stufe, kann vorkom-<br />
men, wenn ein Geschwister geboren wird.<br />
Intervention: Klären der zugrunde liegenden Ängste und behutsames Begleiten hin zu den ange-<br />
messenen Verhaltensweisen (vgl. ebd.).<br />
Übertragung<br />
Meint das unbewusste Wiederherstellen einer ursprünglichen, mit einer anderen Person entstan-<br />
denen Gefühlslage, die in der neuen Situation auf den aktuellen Interaktionspartner übertragen<br />
wird. Häufig werden Situationen noch einmal konstituiert, um den Ursprungskonflikt zu lösen (Wie-<br />
derholungszwang). Dieses Verhalten ist jedoch zum Scheitern verurteilt, da sich im Bereich der<br />
zwischenmenschlichen Beziehungen nie die gleichen Konstellationen ergeben. Alte Muster mit<br />
neuen Partnern können nur im bewussten Reflektieren aufgearbeitet werden. Die zugrunde liegen-<br />
den Bedürfnisse solcher Übertragungsphänomene müssen transparent gemacht werden.<br />
46
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Dies Übertragungsphänomene sind sehr schwer zu erkennen und können auch nur schwer in das<br />
pädagogische Handeln einbezogen werden (vgl. Wirz, 2010, S. 4).<br />
2.4.3 Heilpädagogische Relevanz<br />
Blumer (1969) ging der Fragestellung von Mead (1998) nach. Ihn interessierte, wie es den Men-<br />
schen gelingt, ihr Handeln anhand des Gegenübers anzupassen. Die schulische Heilpädagogin<br />
oder der schulische Heilpädagoge ist immer wieder herausgefordert, das Handeln dem Kinde an-<br />
zupassen, was wiederum die Handlung des Kindes beeinflusst. Die Handlung ist ganz stark von<br />
der Deutung der Situation abhängig. Die Herausforderung besteht darin, die Situation „korrekt“ zu<br />
deuten, so dass es eine positive Wechselwirkung in der Interaktion zwischen der Fachperson und<br />
dem Kind gibt.<br />
Die Interaktion ist ein weiter Begriff und beinhaltet weit mehr als die oben ausgeführten Hand-<br />
lungsweisen. In dieser Arbeit geht es um die Beantwortung der Forschungsfrage, in der die Inter-<br />
aktion eigentlich im Mittelpunkt steht. Um sich ein Bild über die Interaktion machen zu können,<br />
beschränkte sich die Erläuterung auf die symbolische- und soziale Interaktion.<br />
2.5 Schulische Heilpädagogik<br />
Für Lehrpersonen, die sich den speziellen Förderungen widmen, gibt es unterschiedliche Bezeich-<br />
nungen. Dasselbe gilt auch in der Heilpädagogik.<br />
Seit 1994 existieren die Bereiche „Pädagogik für Lernbehinderte“ und „Pädagogik für Verhaltens-<br />
gestörte“, die beide zum Ausbildungsgang „schulische Heilpädagogik“ gehören. Im Jahr 2000 an-<br />
erkannte die schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektion (EDK) die Diplome mit<br />
den Schwerpunkten „Pädagogik bei Schulschwierigkeiten“, Pädagogik für Menschen mit einer gei-<br />
stigen Behinderung“ und „Pädagogik für Schwerhörige und Gehörlose“. Im darauf folgenden Jahr<br />
wurde das Heilpädagogische Seminar (HPS) zur internationalen Hochschule für Heilpädagogik<br />
(HfH) umgebaut. Das MAS-Diplom (Master of Advanced Studies HfH in Specail Needs Educational<br />
Management and Leadership) wurde 2006 eingeführt.<br />
Die Lehrpersonen werden im Kanton Zürich vorwiegend nach dem Arbeitsfeld ihrer Tätigkeit be-<br />
nannt: Kleinklassenlehrerin/-lehrer, Sonderschullehrerin/-lehrer für Lehrpersonen von ganzen Klas-<br />
sen und schulische Heilpädagogin/-pädagoge, ISF-Lehrperson, Stütz- und Förderlehrkraft oder<br />
heilpädagogische Fachlehrperson für Lehrkräfte, die bei begleitenden Massnahmen eingesetzt<br />
werden. Die beiden Letztgenannten haben meistens keine spezielle heilpädagogische Ausbildung<br />
absolviert, sondern haben sich in Form von Kursen zur Förderung von Kindern mit Rechenschwä-<br />
chen oder Lese-/Rechtschreibeschwächen weitergebildet.<br />
47
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Die wenigen Kleinklassen, die es in Zukunft vermutlich noch geben wird, werden durch ausgebilde-<br />
te schulische Heilpädagoginnen oder -pädagogen geführt. Das wird eine Reduktion der involvierten<br />
Fachpersonen nach sich ziehen. Weiterhin wird es aber noch Fachpersonal in den Bereichen Lo-<br />
gopädie, Physiotherapie und Aufnahmeunterricht (früher Deutsch für Fremdsprachige) geben.<br />
Neu existiert ein Höchstangebot für Therapien, das in Vollzeiteinheiten (VZE) ausgdrückt wird.<br />
Falls dieses Höchstangebot nicht ausgeschöpft wird, besteht die Möglichkeit, die VZE für die inte-<br />
grative Förderung (IF) zu brauchen. Auf Kosten der Gemeinden werden zudem für hochbegabte<br />
Schülerinnen und Schüler, ausserhalb der VZE Angebote realisiert (vgl. Bildungsdirektion, 2010).<br />
2.5.1 Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen<br />
Die Lehrpersonen haben immer auf eine Art und Weise kooperiert. Neu ist, dass sie nun kooperie-<br />
ren müssen. Denn das Kooperieren gilt für die Heilpädagoginnen und Heilpädagogen international<br />
als unabdingbar (Penné, 1995). Das kann konflikträchtig sein. Die Lehrpersonen sind (Schulsy-<br />
stem bedingt) oft „Einzelkämpferinnen“ (Haeberlin, Jenny-Fuchs, Moser-Opitz, 1992, S. 49). Diese<br />
Vereinzelung wird nicht immer als negativ erlebt, sondern als Privileg des Lehrerberufes geschätzt.<br />
Penné (1995) bezeichnet dies als „institutionell bedingter Selbstschutz“. Die Lehrpersonen haben<br />
sich dadurch zu Individualisten entwickelt oder diese Eigenschaft mitgebracht. Sie lassen sich nicht<br />
gerne „in die Karten schauen“. Die Angst vor dem Öffnen des Klassenzimmers wird durch die Er-<br />
folgsideologie der Schule verstärkt, die sagt, dass erfolgreiche Lehrerpersonen keine Probleme<br />
haben dürfen (Haeberlin et al., 1992, S. 50). Die Schwächen jeder Lehrperson können nur im ge-<br />
schlossenen Schulzimmer ohne jegliche Beobachtung vertuscht werden.<br />
Die Lehrpersonen sind Neuem gegenüber oftmals eher skeptisch und sehen in der verlangten<br />
Kooperation nicht nur Mehrarbeit, sondern auch die Forderung ihre „bewährte“ Form des Unter-<br />
richts aufzugeben und das Schulzimmer zu öffnen. Da sich die gemeinsamen Aktivitäten oft auf<br />
Pausengespräche und Lehrerkonferenzen beschränken, besteht wenig Gelegenheit sich gegensei-<br />
tig kennenzulernen und das Vertrauen aufzubauen. Ohne gegenseitiges Vertrauen ist die Zusam-<br />
menarbeit kaum realisierbar (vgl. ebd.). Lehrpersonen mit Integrationsklassen sind deshalb gefor-<br />
dert zu kooperieren. „Es gibt kein Ausweichen durch Nicht-Kooperation; es gibt nur Zusammenar-<br />
beit, die entweder gelingt oder aber scheitern kann. Daher kommt der Zusammenarbeit der Lehr-<br />
personen in Integrationsklassen und den damit auftauchenden Schwierigkeiten ein zentraler Stel-<br />
lenwert zu“ (ebd.).<br />
Die Kooperationsfähigkeit ist nach Penné (1995, S. 278) eine der sozialen Kompetenzen eines<br />
Individuums. Sie beruht einerseits auf der Disposition (Sozialisation, Erziehung) und anderseits auf<br />
der Weiterentwicklung (berufliche Erfahrung und Weiterbildung).<br />
48
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Wocken (1988) differenziert vier Problembereiche, die die pädagogische Zusammenarbeit struktu-<br />
riert:<br />
• Persönlichkeitsprobleme<br />
o Enthüllung der professionellen Kompetenzen (fortdauernde Beobachtung der beruflichen<br />
Tätigkeit)<br />
o Enthüllung der Person (Stimmungen und persönliche Probleme bleiben nicht verborgen)<br />
o persönliche Orientierungen und Einstellungen<br />
o Offenheit, Flexibilität und die Fähigkeit zur Selbstreflexion, Gelassenheit und Empathie<br />
• Sachprobleme<br />
o normativ-didaktische Probleme (Motive, Begründungen, Wertorientierung)<br />
o methodisch-didaktische Probleme (Methodenpräferenz, Methodenfreiheit,<br />
Differenzierungsumfang)<br />
o fachliche Kompetenzen<br />
o Eingehen auf Heterogenität der Schüler und Schülerinnen (Differenzierung des Unter-<br />
richts)<br />
o Verteilen der Aufgaben (unterscheiden zwischen Planung und Durchführung)<br />
• Beziehungsprobleme<br />
o Teilung von Autonomie (Rollen- und Aufgabenstruktur, Hierarchie)<br />
o Teilung von Satisfaktion (Konkurrenz um Gunst der Kinder)<br />
o Wertschätzung und Akzeptanz (Respekt und Vertrauen)<br />
o Austragen von Konflikten (konstruktive Kritik)<br />
• Organisationsprobleme<br />
o Rahmenbedingungen (strukturelle Bedingungen, administrative Unterstützung, gemeinsa-<br />
me Planungszeiten, Supervision)<br />
„Die gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder hängt jedoch an diesem sei-<br />
denen Faden, sie wird ohne eine produktive und befriedigende Kooperation der Pädagogen eines<br />
Unterrichtteams nicht gelingen“ (Wocken, 1988, S. 264).<br />
Kooperationsschwierigkeiten sind zum Einen normal und dürfen nicht überbewertet werden, zum<br />
Anderen sind sie vorprogrammiert, wenn keine gemeinsame pädagogische Grundauffassung ent-<br />
wickelt werden kann oder wenn die gemeinsamen Richtlinien für das Zusammenarbeiten und das<br />
Zusammenleben nicht zusammenpassen.<br />
49
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Penné (1995) machte einen wichtigen Hinweis, dass Integration zum „Nulltarif“ verantwortungslos<br />
ist und unbedingt Überlegungen angesetzt werden müssen, wie die Rahmenbedingungen für die<br />
Kooperation in der Schule entsprechend verbessert werden können. „In der Logik der Entwicklung<br />
eines differenzierten Angebots sonderpädagogischer Fördermöglichkeiten unter der Zielsetzung‚<br />
soviel Integration wie möglich, so wenig Segregation wie nötig“ liegt der Ausbau des Zwei-<br />
Pädagogen-Systems“ (ebd. S. 278). Eine solche Rahmenbedingung ist beispielsweise die Arbeits-<br />
zeit. Sie ist sehr zeitintensiv. Die Absprachen müssen gemeinsam gemacht werden, sowie das<br />
Planen und Auswerten vom Unterricht, Schülerinnen- und Schülerbesprechungen, Elterngesprä-<br />
che usw. Das findet alles ausserhalb der regulären Unterrichtszeit statt, somit in ihrer Freizeit.<br />
Wocken (1988) fordert deshalb, dass allen Lehrpersonen aus dem Regelschulbereich in Integrati-<br />
onsklassen eine Geldzulage zukommen soll. Haeberlin et al. (1992) hat einen anderen Vorschlag<br />
zur Entlastung der Regelschullehrpersonen und zwar schlägt sie vor, dass die Sonderschullehr-<br />
kräfte zeitweise die ganze Klasse übernehmen.<br />
50
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
3. Forschungsmethodisches Vorgehen<br />
In dem folgenden Kapitel wird das forschungsmethodische Vorgehen beschrieben und begründet.<br />
Zuerst wird ein Überblick des gesamten Ablaufes des Vorgehens vorgestellt. Danach folgt die Prä-<br />
sentation der Erhebungs- und Auswertungsmethoden und dessen Begründung.<br />
3.1 Überblick<br />
Die wichtigsten Begriffe, die diese Arbeit betreffen, wurden im Kapitel 2 vorgestellt und erläutert.<br />
Diese Literaturrecherche bildete die Grundlage für den Fragebogen sowie für das Leitfadeninter-<br />
view.<br />
Der Fragebogen wurde in einem kleinen Probedurchlauf getestet, worauf noch einige Verbesse-<br />
rungen vorgenommen wurden. Nach der quantitativen Auswertung des Fragebogens wurde der<br />
Leitfaden für die Interviews erstellt. Auch das Leitfadeninterview wurde in einem Probedurchlauf<br />
getestet und wie beim Fragebogen wurden anschliessend einige Optimierungen ausgeführt. Die<br />
Interviews wurden transkribiert. Die Transkription der Interviews wurden mittels qualitativer Inhalts-<br />
analyse ausgewertet. Die Auswertung wurde zusätzlich auch quantitativ vorgenommen. Die mei-<br />
sten Kategorien wurden vorher bestimmt und dienten der Strukturierung der Analyse des Inter-<br />
viewmaterials. Im Anschluss daran wurden die Daten interpretiert und die Fragestellung beantwor-<br />
tet.<br />
Literaturrecherche<br />
Fragebogen<br />
erstellen<br />
Pretest<br />
Fragebogen<br />
Fragebogen-<br />
anpassung<br />
Leitfaden<br />
erstellen<br />
Kategorienbildung<br />
Fragebogen<br />
Auswertung<br />
Fragebogen<br />
Datenerhebung<br />
Prestest Interview<br />
Interview-<br />
durchführung<br />
Transkription<br />
Qualitative<br />
Inhaltsanalyse<br />
Abbildung 5: Darstellung des forschungsmethodischen Vorgehens<br />
Beantwortung der<br />
Fragestellung<br />
Diskussion<br />
Interpretation der<br />
Daten<br />
Quantitative<br />
Auswertung<br />
51
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
3.1.1 Survey<br />
Als Forschungsstrategie wird das Survey gewählt. In den Unterlagen Wissenschaftliches Arbeiten<br />
(2008) der Hochschule für Heilpädagogik in Zürich, wird das Survey als eine breit angelegte und<br />
umfassende Methode zur Erhebung oder Befragung mittels Fragebogen oder Interview vorgestellt,<br />
mit welcher die Wahrnehmung der Wirklichkeit durch eine bestimmte Population zu einem interes-<br />
sierenden Thema zu einem bestimmten Zeitpunkt erhoben werden kann. Mit Population (Grundge-<br />
samtheit) ist in der empirischen Forschung die Menge aller potentiellen Untersuchungsobjekte für<br />
eine bestimmte Fragestellung gemeint. Wie bereits mehrmals erwähnt, fokussiert diese Masterthe-<br />
se den Einfluss der Persönlichkeitsfaktoren, des Fünf-Faktoren-Modells, auf die Interaktion der<br />
Heilpädagoginnen/Heilpädagogen. Das Survey bildet also eine geeignete Grundlage für diese For-<br />
schungsarbeit.<br />
3.2 Gütekriterien<br />
Die vorliegende Arbeit setzt sich, wie unter Punkt 3.1 erwähnt, sowohl aus quantitativer wie auch<br />
qualitativer Forschung zusammen. Gemäss Mayring (2002) sind Vergleiche qualitativer und quanti-<br />
taiver Analysen sinnvoll möglich. „...aber wie die Schenkel eines Triangels zusammengeschweisst<br />
sind, so sind qualitative und quantitative Analyseschritte miteinander zu verbinden, sie sind aufein-<br />
ander angewiesen, um einen reinen Klang hervorbringen zu können“ (Mayring, 2002, S. 148).<br />
Für die qualitative und die quantitative Forschung gelten unterschiedliche Gütekriterien.<br />
3.2.1 Gütekriterien der quantitativen Forschung<br />
Im Bereich quantitativer Forschung sind drei Gütekriterien für die Beurteilung von Operationalisierung<br />
und Messung vorherrschend. Dies sind die Objektivität, die Reliabilität und die Validität. Sie<br />
sollen den Aussagegehalt und die Qualität quantitativer Forschungsarbeiten anzeigen. Dabei geben<br />
sie an, wie unabhängig, zuverlässig und gültig die Forschungsergebnisse sind und wie gut die<br />
Untersuchungsfrage in Forschungsoperationen umgesetzt wurde. Die drei Kriterien sind eng miteinander<br />
verknüpft und stehen in einem hierarchischen Verhältnis zueinander. Die Validität ist das<br />
Hauptgütekriterium für quantitative Messungen; sie kann jedoch nur erfüllt werden, wenn eine<br />
Messung zugleich auch objektiv und reliabel ist. (Schirmer 2009, S. 70)<br />
Objektivität verlangt, dass zwei Beobachterinnen oder Beobachter desselben Phänomens das-<br />
selbe feststellen.<br />
Reliabilität verlangt, dass zu zwei verschiedenen Zeitpunkten dasselbe festgestellt wird.<br />
Die Zuverlässigkeit eines Tests gibt den Grad der Messgenauigkeit an, mit dem der Test ein Per-<br />
sönlichkeits- oder Verhaltensmerkmal misst. Die Reliabilität ist umso höher, je kleiner die Fehler-<br />
komponente ist, die zu einem bestimmten Messwert gehört: Ein Idealfall, der in der Praxis nicht<br />
vorkommt, weil sich Fehlereinflüsse nicht ausschliessen lassen.<br />
52
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Validität verlangt, dass durch die verwendeten Methoden und die Gestaltung der gesamten For-<br />
schung tatsächlich das erforscht wurde, was man zu erforschen beabsichtigte.<br />
Die Gültigkeit eines Tests gibt an, wie gut ein Test das Merkmal, das er zu messen vorgibt, misst.<br />
Plakativ aufgezeigt soll ein Funktionstest zur Erfassung der Handdominanz die Erfassung der<br />
Handdominanz messen und nicht die Intelligenz. Die Validität ist das wichtigste Testgütekriterium.<br />
Ein Test mit hoher Reliabilität kann trotzdem invalide sein, weil er etwas anderes misst, als vermu-<br />
tet. Die Validität eines Tests lässt sich teilweise mittels eines Korrelationskoeffizienten für Unterka-<br />
tegorien der Validität erfassen. Der Korrelationskoeffizient reicht von 0 bis 1. Korrelationen, welche<br />
möglichst nahe bei 1 sind, gelten als erstrebenswert (vgl. Mayring, 2002).<br />
3.2.2 Gütekriterien der qualitativen Forschung<br />
Gemäss Mayring (2002) setzt sich in aktuellen Diskussionen um die Gütekriterien in der qualitati-<br />
ven Forschung immer mehr die Meinung durch, dass die klassischen, traditionellen Gütekriterien<br />
der quantitativen Forschung nicht einfach für die qualitative Forschung übernommen werden kön-<br />
nen. Er schreibt: „Gütekriterien qualitativer Forschung müssen neu definiert, mit neuen Inhalten<br />
gefüllt werden“ (Mayring, 2002, S. 140). Als Begründung fügt er an, dass sich der Gegenstand<br />
bereits durch den Eingriff der Forschenden verändert und Menschen sich entwickeln und dem so-<br />
zialen Wandel unterliegen (vgl. Mayring, 2002, S. 142).<br />
Das Kriterium der Verfahrensdokumentation verlangt, dass das Vorgehen detailliert beschrieben<br />
wird, um den Forschungsprozess für andere nachvollziehbar zu machen. Dies betrifft die Explikati-<br />
on des Vorverständnisses, Zusammenstellung des Analyseinstrumentariums, Durchführung und<br />
Auswertung der Datenerhebung (vgl. Mayring, 2002, S. 145).<br />
Die argumentative Interpretationsabsicherung ist ein weiteres Gütekriterium. Interpretationen<br />
spielen eine wichtige Rolle in der qualitativen Sozialforschung. Entscheidend ist, dass diese nicht<br />
beweisbar sind oder sich nicht nachrechnen lassen. Deshalb ist es notwendig, dass die Interpreta-<br />
tionen argumentativ begründet werden, mit dem Vorverständnis übereinstimmen und in sich<br />
schlüssig sind (vgl. ebd.).<br />
Das Gütekriterium der Regelgeleitetheit verlangt, dass die qualitative Forschung trotz ihrer Offen-<br />
heit nicht in ein unsystematisches Vorgehen mündet. Dass sich die qualitative Forschung an be-<br />
stimmte Verfahrensregeln hält und das Material systematisch bearbeitet. „Regelgeleitetheit heisst<br />
natürlich nicht, dass man sich um jeden Preis sklavisch an die Vorgaben halten muss. Keine Regel<br />
ohne Ausnahme! Ohne Regeln jedoch wird qualitative Forschung wertlos bleiben“ (ebd.).<br />
Nähe zum Gegenstand .als Gütekriterium verlangt Gegenstandsangemessenheit. Dies wird in der<br />
qualitativen Forschung vor allem dadurch erreicht, dass möglichst nahe an der Alltagswelt der be-<br />
forschten Subjekte angeknüpft wird (vgl. Mayring, 2002, S. 146).<br />
53
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Die kommunikative Validierung als fünftes Gütekriterium verlangt, dass Interpretationen oder<br />
Ergebnisse den Beforschten transparent gemacht und mit ihnen diskutiert werden. Den Beforsch-<br />
ten wird in der qualitativ orientierten Forschung mehr Kompetenz zugebilligt als üblich. Die Be-<br />
forschten sind nicht nur Datenlieferanten, sondern denkende Subjekte, wie die Forschenden auch<br />
(vgl. Mayring, 2002, S. 147).<br />
„Eine Behauptung ist besser abgesichert, wenn sie im Fadenkreuz von mehreren Seiten her bestä-<br />
tigt werden kann“ (Moser, 2003, S. 53). Es kommt also ein Vergleich verschiedener Datenquellen<br />
zustande. Nach Mayring (2002, S. 147) wird der Vergleich aus verschiedenen Datenquellen, durch<br />
unterschiedliche Interpreten und Methoden als das Gütekriterium der Triangulation benannt. „Tri-<br />
angulation meint immer, dass man versucht, für die Fragestellung unterschiedliche Lösungswege<br />
zu finden und die Ergebnisse zu vergleichen…“ (ebd.). Flick schreibt: „Auf die Kombination von<br />
qualitativen und quantitativen Methoden übertragen bedeutet „Triangulation“ die Anwendung zwei-<br />
er Forschungsansätze, um festzustellen, wo sich die zwei gefundenen Ergebnisse „kreuzen“ d.h.<br />
welche Befunde beiden Ansätzen gemeinsam sind“ (Flick, 2005, S. 48). Er nennt die Triangulation<br />
von Perspektiven eine Erweiterung des Blickwinkels.<br />
In dieser Arbeit wird aus der methodischen Sicht mittels Literaturrecherche, Fragebogen und pro-<br />
blemzentriertem Interview der Triangulation Rechnung getragen. Es fliessen sowohl qualitative als<br />
auch quantitative Forschungserkenntnisse in die Ergebnisse ein, was laut Flick (2005) den Be-<br />
trachtungshorizont erweitert. Da die Arbeit von einer Dreiergruppe erstellt wurde, ist auch die per-<br />
spektivische Triangualtion erbracht. Auch die restlichen, oben genannten Gütekriterien, werden in<br />
dieser Arbeit erfüllt.<br />
3.3 Forschungsmethoden<br />
Im folgenden Kapitel werden die verwendeten Forschungsmethoden dieser Arbeit beschrieben.<br />
Hauptsächlich wurde das Interview und der Fragebogen als Methode verwendet. Die Literaturre-<br />
cherche diente als Ergänzung und Unterstützung der gewonnen Erkenntnisse der anderen beiden<br />
Methoden.<br />
54
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
3.3.1 Literaturrecherche<br />
Die Suche nach Informationen bezüglich dieser Forschungsarbeit, erfolgte mit Hilfe vorhandener<br />
Literatur und Recherchen im Internet, im Sinne des „Hermeneutischen Zirkels“ (Felblinger und<br />
Mikula, 2005, S. 29). Um sicher zu gehen, ob die Literatur hilfreich und die Aussagen korrekt sind,<br />
müssen folgende Punkte berücksichtigt werden:<br />
Klärung des Vorverständnisse (ebd, S. 29):<br />
Der Inhalt der Literaturrecherche soll in Beziehung zur Fragestellung gesetzt werden, um das Ge-<br />
lesene zu präzisieren.<br />
Differenzierung vom Teil zum Ganzen (ebd, S. 29):<br />
Dabei werden die gewonnen Erkenntnisse immer wieder ergänzt, so dass von einem zirkulären<br />
Arbeitsprozess gesprochen wird.<br />
Wissenschaftliches Lesen – Bewusstes Lesen:<br />
Zuerst verschafft man sich mit dem Querlesen einen Überblick und Orientierung in der Literatur.<br />
Um die ausgewählte Literatur genauer zu bearbeiten wird die SQ3R – Methode (vgl. Felblinger und<br />
Mikula, 2005, S. 7) angewendet:<br />
o S = Survey: Überblick verschaffen<br />
o Q = Question: Fragen an den Text stellen<br />
o R = Read: Text lesen<br />
o R = Recite: Zusammenfassen und Excerpieren des Gelesenen<br />
o R = Review: Gesamtzusammenfassung in eigenen Worten mit Hilfe der Erkentnisse<br />
Mayring (2002) beschreibt den Prozess der Findung aktueller Aussagen folgendermassen: „...das<br />
Material, die Daten, bereits fertig sind, nicht eigens hervorgebracht, erfragt, ertestet werden müs-<br />
sen. Die Daten unterliegen damit weniger den Fehlerquellen der Datenerhebung;..“ (S. 47). Vielfäl-<br />
tige Literatur existiert also bereits zum Thema, daraus muss eine sinnvolle Auswahl getroffen wer-<br />
den. Mayring (2002) schreibt dazu: „... nur bei der Auswahl der Dokumente, nicht aber bei der Er-<br />
hebung spielt die Subjektivität des Forschers herein“ (S. 47).<br />
3.3.2 Interview<br />
„Das Interview ist eine Form der Datenerhebung mit dem Ziel, subjektive Informationen über einen<br />
Forschungsgegenstand zu erfragen“ (Wissenschaftliches Arbeiten, 2008, S. 5).<br />
55
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
In der qualitativen Forschung spielt der verbale Zugang, das Gespräch, eine besondere Rolle,<br />
denn subjektive Bedeutungen lassen sich nur schwer aus Beobachtungen ableiten. Man muss hier<br />
die Subjekte selbst zur Sprache kommen lassen. (vgl. Mayring, 2002, S. 66) „Interviews sind Ge-<br />
spräche, deren Zweck es vor allem ist, Sichtweisen, Interpretationen, Bedeutungen kennen zu<br />
lernen, um das Verständnis einer Situation zu verbessern“ (Altrichter & Posch, 2007, S. 151). Das<br />
heisst, die Teilnehmer werden von einer Interviewperson persönlich in einem Gespräch über ein<br />
bestimmtes Thema befragt. Dadurch können gezielte Antworten auf Fragen erhalten werden. Der<br />
Interviewpartnerin oder dem Interviewpartner bietet sich die Gelegenheit, die eigene Meinung und<br />
eigene Ideen zu einem bestimmten Aspekt ausführlich darzulegen.<br />
Die Offenheit ist laut Mayring (2002, S. 68) ein wichtiges Merkmal einer Interviewdurchführung.<br />
Denn so kann man überprüfen, ob man von den Befragten überhaupt verstanden wurde. Mit Inter-<br />
views können mögliche Missverständnisse ausgeräumt und ein Aspekt besser beleuchtet werden,<br />
da die Interviewenden oder auch der Interviewte bei Unklarheiten nachfragen kann (vgl. Altrichter<br />
& Posch, 2007, S. 168).<br />
Die Interviews sind von qualitativem Charakter, da keine Zahlbegriffe oder mathematischen Opera-<br />
tionen verwendet werden (vgl. Dietrich, 2007, S. 1). Der sprachliche Inhalt ist von Relevanz. Um<br />
die Interviews und dessen sprachliche Relevanz auswerten zu können, müssen Kategorien erstellt<br />
werden. Wie in dieser Arbeit die Kategorien entwickelt wurden, ist unter Kapitel 4.2.3 beschrieben.<br />
3.3.2.1 Experteninterview<br />
„Das Experteninterview stellt eine besondere Form des Leitfaden-Interviews dar“ (Flick, 2009, S.<br />
139). Der Befragte interessiert dabei weniger als (ganze) Person, sondern vielmehr in seiner Ei-<br />
genschaft als Experte für ein bestimmtes Handlungsfeld. In die Untersuchung wird er als Reprä-<br />
sentant einer Gruppe einbezogen - und nicht als Einzelfall (vgl. Flick, 2009, S. 139). Die Aussagen<br />
der drei Experten stehen stellvertretend für das spezifische Untersuchungsfeld. Die Ergebnisse<br />
können verallgemeinert werden, indem „explizit, argumentativ abgesichert begründet“ (Mayring,<br />
2002, S. 36) werden muss, „welche Ergebnisse auf welche Situationen, Bereiche, Zeiten hin gene-<br />
ralisiert werden können“ (ebd.).<br />
Konkret in dieser Arbeit sind die Experten also Repräsentanten der pädagogischen Hochschule<br />
Luzern, der pädagogischen Hochschule Zürich sowie der interkantonalen Hochschule für Heilpäd-<br />
agogik in Zürich.<br />
Wichtig bei diesem Erhebungsinstrument ist, sich immer wieder auf die bestimmte Fragenstellung<br />
zu beziehen. Lamnek (2005, S. 368) fasste verschiedene Merkmale zusammen, unter anderem<br />
folgende:<br />
o „Der Forscher geht mit einem theoretischen Konzept in die Befragung, aber die Dominanz<br />
der Konzeptgenerierung durch das Interview ist vorhanden.<br />
o Die theoretischen Konzepte werden dementsprechend durch die Interviews laufend modifi-<br />
ziert und überprüft.<br />
56
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
o Theoretische Deduktion und empirische Induktion gehen Hand in Hand.“<br />
Zusätzlich ist ein Leitfaden nötig, um sicherzustellen, dass alle wichtig erscheinenden Themenbe-<br />
reiche abgedeckt werden, dies wird ebenfalls von Lamnek (2005) so erwähnt.<br />
Mayring (2002, S. 70) nennt den Leitfaden als „Gerüst für die Datenerhebung und – analyse.“ Die<br />
Ergebnisse aus den unterschiedlichen Interviews sollen so vergleichbar werden (vgl. Bortz, Döring,<br />
2006, S. 314).<br />
Dank dem Leitfaden ist ein gewisser Spielraum gegeben, um „spontan aus der Interviewsituation<br />
heraus neue Fragen und Themen einzubeziehen oder bei der Interviewauswertung auch Themen<br />
herauszufiltern, die bei der Leitfadenkonzeption nicht antizipiert wurden“ (ebd.).<br />
3.3.2.2 Der Leitfaden<br />
Stigler & Felbinger (2005, S.129) definieren den Leifaden folgendermassen:<br />
Mit dem Begriff des Leitfadens bezeichnet man ein mehr oder weniger strukturiertes schriftliches Frageschema.<br />
Es dient (...) als Orientierungshilfe und Gedächtnisstütze und enthält sämtliche wichtigen<br />
Fragen, sowie Hinweise, wie einzelne Frageblöcke eingeleitet werden sollten. (...) Man unterscheidet<br />
zwischen Schlüsselfragen, das sind solche die unbedingt gestellt werden sollten und optimalen Fragen,<br />
die von untergeordneter Bedeutung sind.<br />
Der Leitfaden für das Interview wurde auf der Grundlage den beiden Forschungsfragen, deren<br />
Unterfragen und der Auswertung der Fragebogen entwickelt. Bei der Herstellung des Interviewleit-<br />
fadens (siehe Anhang 11.4.) wurden einerseits die vier Punkte aus dem Skript „Qualitative Inter-<br />
views vorbereiten“ nach Audeoud (2008, S. 10) berücksichtigt:<br />
1. Fragestellung<br />
2. Durcharbeiten unter den Aspekten des Vorwissens und der Offenheit<br />
3. Durcharbeiten der Liste unter dem Aspekt der methodischen Eignung<br />
4. Reduktion auf 2 bis 6 offene Erzählaufforderungen<br />
Weiter stützt sich der Leitfaden auf den drei vorrangigen Prinzipien nach Witzel (1982, S. 72), ab:<br />
o Problemzentrierung: Die wesentlichen Aspekte wurden durch die Forscher vor der Inter-<br />
viewphase erarbeitet. Es wird an einer begründeten Problemstellung (siehe 1.2) angesetzt.<br />
o Gegenstandsorientierung: Die konkrete Gestaltung des Verfahrens bezieht sich auf den<br />
spezifischen Gegenstand der <strong>Masterarbeit</strong>. Sowohl der Interview-, als auch der Kategori-<br />
enleitfaden, für die Auswertung der zu erhebenden Daten wurde zielgerichtet entwickelt.<br />
o Prozessorientierung: Witzel schildert diese wie folgt: „... eine schrittweise Gewinnung und<br />
Prüfung von Daten, wobei Zusammenhang und Beschaffenheit der einzelnen Elemente<br />
sich erst langsam und in ständigem reflexiven Bezug auf die dabei verwandten Methoden<br />
herausschälen“ (1982, S. 72).<br />
57
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
3.3.2.3 Pretest Interview<br />
Innerhalb von Pretests mit zwei befreundeten Heilpädagoginnen, welche im Kanton Zug arbeiten,<br />
wurde die Rolle des Interviewers/der Interviewerin geübt. Einerseits wurden durch die Pretests<br />
offene Fragen geklärt, anderseits der Interviewleitfaden optimiert.<br />
Offene Fragen waren:<br />
o die Dauer des Interviews?<br />
o soll das Interview in Standartsprache oder in Dialekt durchgeführt werden und weshalb?<br />
o werden die Fragen bzw. die Interviewenden verstanden?<br />
o können wir uns am Leitfaden orientieren?<br />
o wie gehen wir mit unerwarteten Antworten um?<br />
o wie ist die Rollenverteilung von den Interviewern?<br />
Schlussfolgerung nach den Pretests:<br />
o 45 Minuten ist eine geeignete Zeitspanne.<br />
o Das Interview wird in Standartsprache geführt.<br />
o Die Fragen müssen den interviewten Personen im Voraus zugestellt werden.<br />
o Zusätzliche Anschlussfragen wurden ausformuliert.<br />
o Teilweise wiederholten sich Aussagen, die nicht alle transkribiert werden müssen.<br />
o Die Reihenfolge der gestellten Fragen wird anhand des Leitfadens eingehalten.<br />
o Mit einigen Antworten konnte auf die nächste Frage übergleitet werden.<br />
o Die Rollenverteilung muss klar formuliert sein: Pascal Kaeser ist für das Aufnehmen des<br />
Gesprächs, das aktive Zuhören und für die Unterfragen verantwortlich. Anina Spalinger<br />
stellt die Hauptfragen, hört aktiv zu und stellt ergänzende Fragen.<br />
o Erste zusätzliche Kategorien wurden erstellt.<br />
Die Pretests fielen erfolgreich aus und bestätigten theoretische Erkenntnisse. Der Leitfaden muss-<br />
te nur noch mit Anschlussfragen ergänzt werden. Hilfreich war zu sehen, dass sich die interviewten<br />
Personen im Voraus mit den Fragen auseinander setzen wollen. Die Rollenverteilung klärt sich<br />
durch die Probeinterviews.<br />
58
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
3.3.2.4 Leitfaden für die Experten<br />
Aufgrund der Pretests wurde beschlossen, die Fragen den zu interviewenden Personen im Voraus<br />
zuzustellen. Es handelt sich um folgende Fragen:<br />
1. Frage / Opening<br />
Wie würden Sie die „ideale“ Persönlichkeit“ für eine Heilpädagogin bzw. einen Heilpädagogen<br />
beschreiben?<br />
2. Frage<br />
Welche Persönlichkeitsaspekte muss die Heilpädagogin/der Heilpädagoge mitbringen, um eine<br />
gute Interaktion mit Schülerinnen und Schülern aufbauen zu können?<br />
3. Frage<br />
a)Welcher Zusammenhang besteht zwischen den einzelnen Persönlichkeitsaspekten und dem<br />
Interaktionshandeln der Heilpädagoginnen/der Heilpädagogen?<br />
b)Welche Wechselwirkungen lösen die einzelnen Persönlichkeitsaspekte zwischen der Heilpäd-<br />
agogin/dem Heilpädagogen und den Kindern aus? (In Bezug auf Aussagen der Frage 2)<br />
4. Frage<br />
Wenn Sie die Persönlichkeit in folgende Fünf Faktoren unterteilt betrachten würden. (Erklärung der<br />
5-Faktoren-Modell)<br />
Welche beiden Faktoren würden Sie als unabdingbar für eine gute Interaktion bezeichnen? Wel-<br />
chem Faktor würde dabei die geringste Bedeutung zukommen?<br />
5. Frage<br />
Welche Faktoren neben den Persönlichkeitsaspekten haben einen Einfluss auf die Interaktion zwi-<br />
schen Schülerinnen/ Schülern und Heilpädagoginnen/ Heilpädagogen?<br />
6a. Frage / Ausbildung<br />
Welchen Stellenwert soll eine gezielte Persönlichkeitsbildung in der Ausbildung zur Heilpädagogin,<br />
zum Heilpädagogen einnehmen?<br />
6b. Frage<br />
Wie eingehend soll man die angehenden Studierenden auf ihre persönliche Eignung für die Arbeit<br />
als Heilpädagogin/Heilpädagogen überprüfen?<br />
Im Anhang unter Punkt 9.4 befindet sich der ausführliche Interviewleitfaden.<br />
59
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
3.3.3 Fragebogen<br />
Die Definition der Forschungsmethode Fragebogenerhebung der Hochschule für Heilpädagogik<br />
(2007) lautet wie folgt: „… ein Fragebogen ist ein strukturiertes und exakt erarbeitetes Instrument<br />
der Datenerhebung, in dem gezielt Aspekte eines Forschungsvorhabens erfragt werden ...“ (S. 5).<br />
Da in der Datenerhebung mittels Fragebogen der Frage nachgegangen wird, welche Persönlich-<br />
keitsaspekte bei Heilpädagoginnen und Heilpädagogen sich positiv auf die Interaktion mit Kindern<br />
auswirken, wurde der Fragebogen (siehe Anhang 11.2) an die Theorie des NEO-FFI angelehnt.<br />
Um die Herstellung des Fragebogens erläutern zu können, bedarf es daher zuvor der theoreti-<br />
schen Erklärung des NEO-FFI.<br />
3.3.3.1 NEO-FFI<br />
„Das NEO-FFI ist ein faktorenanalytisch konstruiertes Fragebogenverfahren, das zur Erfassung der<br />
wichtigsten individuellen Unterschiede in den Ausprägungen Neurotizismus, Extraversion, Offen-<br />
heit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit dient“ (Borkenau & Ostendorf, 1993 S.<br />
33).<br />
Der NEO-FFI ist so aufgebaut, dass die fünf Facetten jeweils durch zwölf Items repräsentiert sind<br />
und keine weitere Unterscheidung in Subfacetten, wie das die Langform dem NEO-PI (Costa &<br />
McCrae, 1985) vorsieht, gemacht wurde und es verfügt auch über weniger Items, was den Vorteil<br />
der Kürze, aber den Nachteil der weniger detaillierten Beschreibung mit sich bringt (vgl. Borkenau<br />
& Ostendorf, 1993, S.34).<br />
3.3.3.2 Qualität des NEO-FFI<br />
Reliabilität<br />
Die internen Konsistenzen der fünf Skalen liegen zwischen α = .71 und α = .85, die Retest-<br />
Reliabilitäten (fünf Jahre) zwischen r = .71 und r = .82 (vgl. Borkenau & Ostendorf, 2008).<br />
Validität<br />
Faktorenanalysen der Items des NEO-FFI sowie gemeinsame Faktorenanalysen der Skalen des<br />
NEO-FFI und anderer Persönlichkeitsinventare zeigen die Konstruktvalidität des Verfahrens. Ge-<br />
stützt wird diese durch substanzielle Korrelationen zwischen den Skalen des NEO-FFI und Selbst-<br />
einschätzungen auf Adjektivskalen (r = .54 bis r = .80) und Korrelationen zwischen Selbst- und<br />
Bekanntenbeurteilungen mittels NEO-FFI (r = .49 bis r = .61) (vgl. Borkenau & Ostendorf, 2008).<br />
60
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Objektivität<br />
Für die Normierung wurde eine Stichprobe von 11’724 Personen herangezogen (vgl. Borkenau &<br />
Ostendorf, 2008). Es wurden Normen für eine bevölkerungsrepräsentative Quotenstichprobe sowie<br />
für 12 Geschlechts- und Altersgruppen erstellt. In den Normtabellen können jeweils Prozentrang,<br />
T- und Stanine-Werte nachgeschlagen werden. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die<br />
Güte des NEO-FFI ausreichend bestätigt ist, um als Vorlage für den Fragebogen der vorliegenden<br />
<strong>Masterarbeit</strong> zu fungieren.<br />
3.3.3.3 Erstellung des Fragebogens<br />
Bei der Erstellung des Fragebogens haben wir uns auf Grund seiner empirischen Gültigkeit, auf<br />
das NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) gestützt (vgl. Borkenau & Ostendorf, 1993).<br />
Bei der Erstellung des Fragbogens wurde darauf geachtet, die Bearbeitungszeit des Fragebogens<br />
für die Befragten zu verkürzen. Daher wurden die Items von 60 auf 45 reduziert. Die ausgeglichene<br />
Verteilung der Items auf die Faktoren wurde beibehalten. Sie reduzierte sich von 12 auf 9 Items<br />
pro Faktor.<br />
Nummer Faktor Anzahl Items<br />
1 Emotionale Stabilität 9<br />
2 Extraversion 9<br />
3 Offenheit für Erfahrungen 9<br />
4 Verträglichkeit 9<br />
5 Gewissenhaftigkeit 9<br />
Tabelle 4: Faktoren mit Itemverteilung<br />
Im Folgenden soll das Forschungsinstrument „Fragebogen“, die Vorbereitung der Datenerhebung<br />
und die Auswertung derselben genauer beschrieben werden.<br />
Es mussten Überlegungen zur Anzahl der Skalenpunkte angestellt werden. Bei einer ungeraden<br />
Anzahl Punkte läuft man in Gefahr, dass der mittlere Punkt als „Fluchtkategorie“ genutzt wird (vgl.<br />
Porst, 2009, S. 81), bei einer geraden, dass man „irgendeine Antwort“ erhält, wenn die Befragten<br />
sich keiner Seite zugehörig fühlen (edb., S. 82). Der Fragebogen der vorliegenden Arbeit wurde in<br />
fünf Stufen unterteilt: „trifft völlig zu“, „trifft oft zu“, „teils/teils“, „trifft wenig zu“, „trifft nicht zu“. Wich-<br />
tig ist, dass die positiv gemeinten Antworten im Ausgleich zu den negativ gemeinten Antworten<br />
stehen. Die Antwort „teils/teils“ kennzeichnet die Neutralität. Dies ist aufgrund der Fragestellung<br />
möglich und wird somit nicht als „Fluchtkategorie“ gewertet.<br />
61
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Es gibt allgemeinverbindliche Regeln zur Formulierung von Feststellungen in Fragebogen, zur<br />
Messung von Einstellungen, die man mit gewissen Einschränkungen zumeist übernehmen kann.<br />
Dies hat bereits A.L. Edwards vor dreissig Jahren zusammengestellt; sie lauten:<br />
1. Man vermeide Feststellungen, die sich auf die Vergangenheit statt auf die Gegenwart<br />
beziehen.<br />
2. Man vermeide Feststellungen, die sich auf Tatsächliches beziehen oder so interpre-<br />
tiert werden können.<br />
3. Man vermeide Feststellungen, die sich auf mehr als eine Weise interpretieren lassen.<br />
4. Man vermeide Feststellungen, die für den zu erforschenden psychologischen Gegen-<br />
stand irrelevant sind.<br />
5. Man vermeide Feststellungen, die entweder von fast jedem oder fast niemandem be-<br />
jaht werden können.<br />
6. Man wähle Feststellungen aus, die die ganze Reichweite der interessierenden Urteils-<br />
skala ausnutzen.<br />
7. Man wähle eine einfache, klare, direkte Sprache.<br />
8. Feststellungen sollten kurz sein und nur selten mehr als zwanzig Wörter enthalten.<br />
9. Jede Feststellung sollte nur einen einzigen vollständigen Gedanken enthalten.<br />
10. Feststellungen, die Allerweltsausdrücke wie „alles“, „immer“, „keine“, „niemals“, etc.<br />
enthalten, begünstigen Zweifel und sollten vermieden werden.<br />
11. Wörter wie „nur“, „fast“, „kaum“, etc. sollten mit Vorsicht verwendet werden.<br />
(vgl. Mummendey, 1995, S. 63)<br />
3.3.3.4 Dateneingabe und Kontrolle<br />
Die Fragebogen wurden mit einer Fallnummer beschriftet und die Originaldaten eingegeben. Bei<br />
der Dateneingabe können Fehler passieren, deshalb ist die Datenkontrolle unabdingbar. Die weni-<br />
gen, aufgetretenen Eingabefehler wurden mit den Originaldaten abgeglichen und korrigiert.<br />
Alle Fragen auf den Fragebogen wurden beantwortet, so dass kein Wert fehlte. Dies ist keine<br />
Selbstverständlichkeit. Es ist davon auszugehen, dass die befragten Personen den Hinweis auf<br />
dem Begleitbrief (alle Fragen zu beantworten) sich zu Herzen nahmen und deshalb auf alle Fragen<br />
eingegangen sind.<br />
62
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
3.3.3.5 Pretest Fragebogen<br />
Ein Pretest kann verschiedene Ziele anstreben. Nach Friedrichs (1990, S. 153-158) sind dies fol-<br />
gende Ziele:<br />
o „Legitimation des Forschungsvorhabens: Können das Forschungs- und Verwertungs-<br />
ziel den untersuchten Personen hinreichend verdeutlicht werden? Können sie sie zu einer<br />
nicht-manipulativen Mitarbeit bewegen?“<br />
o „Erhebungssituation: Ist der Ort für die Untersuchung richtig gewählt? Wie viel Zeit wird<br />
für die einzelne Erhebung, …, erforderlich sein? Welche verzerrenden Elemente oder stö-<br />
renden Einflüsse treten auf …?“<br />
o „Instrument: Werden die Fragen von den untersuchten Personen verstanden? Verfügen<br />
die untersuchten Personen über genügend Informationen, um sie zu beantworten?“<br />
o „Kontrollen: Welche Möglichkeit zur Kontrolle der Reliabilität und Validität bestehen?“<br />
Der Pretest wurde mit drei Heilpädagoginnen aus dem Freundeskreis der Verfasserinnen und des<br />
Verfassers dieser Arbeit durchgeführt. Die Abstände der Items wurden vergrössert, sowie drei Fra-<br />
gen umformuliert. Die Deutlichkeit der Fragen, welche NEO-FFI übernommen wurde, kam den<br />
Befragten seltsam vor. Um die Fragen jedoch eindeutig den Faktoren zuordnen zu können, wurde<br />
daran nichts geändert – obwohl die Formulierungen teilweise plump erscheinen - denn diese Deut-<br />
lichkeit lässt keine Verständniszweifel aufkommen. Das zur Beantwortung der Fragen eingeplante<br />
Zeitgefäss empfanden die Befragten als angemessen. Es entsprach dem Aufwand, den die Ver-<br />
fasserinnen und der Verfasser einkalkuliert hatten.<br />
3.3.3.6 Begleitbrief<br />
An jeden Fragebogen wurde ein Begleitschrieben geheftet (siehe Anhang 11.1). In dem Begleit-<br />
schreiben wurde der Zweck des Fragebogens kurz erläutert und es wurde darauf hingewiesen,<br />
dass die Antworten vertraulich behandelt werden. Für die Klärung von Unklarheiten, wurde eine<br />
Mailadresse angegeben und selbstverständlich wurde den Befragten für ihren Einsatz gedankt.<br />
63
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
4. Durchführung (Datenerhebung)<br />
Die Aufbereitung und Auswertung der Daten erfolgen in dieser <strong>Masterarbeit</strong> qualitativ und quantita-<br />
tiv. Dies ermöglicht ein breitgestütztes Bild der Ergebnisse. Zuerst stellten sich Lehrpersonen,<br />
Heilpädagoginnen, Heilpädagogen und Kindergärtnerinnen mittels Fragebogen der Durchführung<br />
der quantitativen Datenerhebung. Darauf folgte der Leitfaden für die Experteninterviews, die an-<br />
schliessend durchgeführt und quantitativ und qualitativ ausgewertet wurden.<br />
Im Folgenden Kapitel wird somit die Datenerhebung detailliert beschrieben.<br />
4.1 Fragebogen<br />
Der Fragebogen wurde in Papierform abgegeben. Eine E-Mail wird schneller übersehen, als ein<br />
wirklicher Brief. Befreundete Heilpädagoginnen aus den Kantonen Thurgau, Schaffhausen, Zürich<br />
und Zug verteilten die Fragebogen in ihren Schulhäusern und sammelten sie wieder ein. Durch die<br />
persönliche Austeilung der Fragebogen war die Rücklaufquote relativ hoch. Wie die unten abgebil-<br />
dete Tabelle deutlich macht. Bei einem enger umschriebenen Adressatenkreis kann der Rücklauf<br />
erhöht werden. Ebenso kann die Rücklaufquote durch ein Ankündigungsschreiben oder einen An-<br />
kündigungsanruf, durch einen informierenden Beibrief, den Hinweis auf vertrauliche Behandlung<br />
der Resultate, der Angabe eines letzten Rücksendedatums und durch die Beilage eines frankierten<br />
Rücksendecouverts erhöht werden (vgl. Bortz & Döring, 2003). Da die Fragebogen dieser Arbeit<br />
persönlich ausgeteilt und eingesammelt wurden, entfiel die Notwendigkeit eines Rücksendecou-<br />
verts. Alle anderen Gelingensbedingungen wurden berücksichtigt.<br />
Fragebogen ausgeteilt ausgefüllt zurückerhalten Rücklaufquote<br />
120 100 83%<br />
Tabelle 5: Rücklaufquote<br />
64
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
4.2 Interview<br />
Wie im Punkt 3.3.1.1 erwähnt, sind drei männliche Experten interviewt worden. Für die Auswahl<br />
dieser Personen wurden die Berufserfahrung, Berufsbildung und deren unterschiedlichen Ar-<br />
beitsorte berücksichtigt. Die untenstehenden Tabellen verschaffen einen groben Überblick über die<br />
Personendaten der drei befragten Personen.<br />
Interview a) lic. phil. Bruno Zobrist<br />
Datum des Interviews: 26. 11. 2010<br />
Dauer des Interviews: 34 Minuten<br />
Interviewer Pascal Kaeser, Anina Spalinger<br />
Geschlecht des Interviewten männlich<br />
Anzahl Jahre der Berufserfahrung 8 Jahre<br />
Fachgebiet Lehren und Lernen, Umgang mit Heterogenität, videoba-<br />
sierte Unterrichtsentwicklung<br />
Bezug zur Heilpädagogik Dozent im Masterstudiengang Schulische Heilpädagogik,<br />
Tabelle 6: Interviewdaten Zobrist<br />
Interview b) Prof. Dr. phil. Koni Rohner<br />
Datum des Interviews: 10. 12. 2010<br />
Dauer des Interviews: 55 Minuten<br />
Projektleiter am Institut für Schule und Heterogenität<br />
Interviewer Pascal Kaeser, Anina Spalinger<br />
Geschlecht des Interviewten männlich<br />
Anzahl Jahre der Berufserfahrung 30<br />
Fachgebiet Psychotherapeut<br />
Dozent für Psychologie an der pädagogischen Hochschu-<br />
le Zürich<br />
Bezug zur Heilpädagogik Dozent an pädagogischer Hochschule<br />
Tabelle 7: Interviewdaten Rohner<br />
Psychotherapeut = heilender Beruf<br />
65
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Interview c) Prof. Dr. Josef Steppacher<br />
Datum des Interviews: 15. 12. 2010<br />
Dauer des Interviews: 43 Minuten<br />
Interviewer Pascal Kaeser, Anina Spalinger<br />
Geschlecht des Interviewten männlich<br />
Anzahl Jahre der Berufserfahrung 8 Jahre als Schulischer Heilpädagoge<br />
8 Jahre als Schulpsychologe<br />
20 Jahre als Dozent an der Hochschule für Heilpädagogik<br />
Zürich<br />
Fachgebiet Heil- und Sonderpädagogik<br />
Bezug zur Heilpädagogik Durch Berufserfahrung und Interesse<br />
Tabelle 8: Interviewdaten Steppacher<br />
Herr Zobrist, Herr Rohner und Herr Steppacher wurden per Mail kontaktiert. Das Autorenteam und<br />
die Thematik der vorliegenden <strong>Masterarbeit</strong> wurde vorgestellt. Darauf hin folgte die Anfrage sie<br />
interviewen zu dürfen. Freundlicherweise waren alle drei bereit, unsere Arbeit mit ihrem Experten-<br />
wissen zu bereichern.<br />
Dank den Pretests konnten die Interviews ohne organisatorische Pannen durchgeführt werden. Die<br />
befragten Personen waren sehr aufgeschlossen und beantworteten die Fragen ausführlich. Die<br />
Interviewer ergänzten sich durch die klare Rollenaufteilung gut. Die Hauptfrage 3a) und 3b) waren<br />
kompliziert formuliert, das teilweise zu Unklarheiten führte. Im Pretest kam diese Problematik nicht<br />
zum Vorschein. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Pretestprobanden kein so ho-<br />
hes Fachwissen aufwiesen wie die Experten. Ein Diskussionspunkt war die Definition von Persön-<br />
lichkeitsaspekten. Im Nachhinein wäre es sinnvoll gewesen, die Definition auch im Voraus mit den<br />
Fragestellungen den befragten Personen zuzustellen.<br />
4.2.1 Interviewaufzeichnung<br />
Alle Interviews wurden digitalisiert. Nach Flick (2009) ist es dabei notwendig, die Interviewten zuvor<br />
über Sinn und Zweck der Aufzeichnung aufzuklären und ihre grundsätzliche Einwilligung einzuho-<br />
len. Die Datenaufzeichnung ermöglicht ein wiederholtes Abhören. Dadurch können die Aussagen<br />
differenzierter und in mehreren Durchgängen analysiert und ausgewertet werden. Auch neue<br />
Aspekte bleiben so nicht verborgen und können für die Datenauswertung berücksichtigt werden.<br />
66
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
4.2.2 Transkription<br />
Nach der Aufzeichnung werden die Interviews aufbereitet. Dies geschieht mit Hilfe der wörtlichen<br />
Transkription. „Wenn gesprochene Sprache, beispielsweise aus Interviews oder Gruppendiskus-<br />
sionen, in eine schriftliche Fassung übertragen wird, so nennt man dies Transkription“ (Mayring,<br />
2002, S. 89). „Durch wörtliche Transkription wird eine vollständige Textfassung verbal erhobenen<br />
Materials hergestellt, das die Basis für eine ausführliche interpretative Auswertung bietet“ (ebd.).<br />
Die Interviews dieser Arbeit werden vollständig transkribiert. Parasprachliche Aspekte sind in Be-<br />
zug auf die Fragestellung nicht relevant und werden deshalb weggelassen.<br />
Die transkribierten Interviews befinden sich im Anhang (11.5, 11.6 & 11.7).<br />
4.2.3 Analyseverfahren: das Kategorisieren<br />
Trotz vielen Informationen ist nicht jede Aussage, die im Interview enthalten ist, relevant. Gemäss<br />
Mayring (2002, S. 114) geht es in der qualitativen Inhaltsanalyse darum, das Material in Einheiten<br />
zu zerlegen und diese streng methodisch und schrittweise zu analysieren. „Im Zentrum steht dabei<br />
ein theoriegeleitetes am Material entwickeltes Kategoriensystem“ (Mayring, 2002, S.115). Das<br />
Kategoriensystem hilft, das Wesentliche vom Rest zu trennen und die wichtigen Aussagen heraus<br />
zu filtern.<br />
Es gibt zwei Wege der Kategorienbildung nach Altrichter und Posch (2007). Der eine Weg bildet<br />
die Kategorien deduktiv. Dabei wird im Vorfeld und auf der Grundlage des theoretischen Vorver-<br />
ständnisses der Forschenden das Datenmaterial untersucht und im Zusammenhang mit der Fra-<br />
gestellung Schlüsselbegriffe gebildet. In dieser Arbeit sind es die ersten fünf Persönlichkeitskate-<br />
gorien, die dem Fünf-Faktoren-Modells entlehnt wurden.<br />
Der andere Weg der Kategorienbildung wird induktiv genannt. Dabei werden die Kategorien erst<br />
während der Durchsicht des Datenmaterials gebildet. Dazu ein Beispiel aus einem Interview: Eine<br />
befragte Person warf die Frage auf, ob ‚konsequent sein’ wirklich eine Persönlichkeitseigenschaft<br />
sei. Diese Frage löste eine längere Diskussion aus über die Definition von Persönlichkeitsaspekten<br />
und worin sich die Persönlichkeitsaspekte vom Verhalten unterscheiden würden und ob man diese<br />
zwei Kategorien eindeutig voneinander trennen. Daraus entstand die induktive Unterkategorie „Zu-<br />
ordnung: Persönlichkeit oder Verhalten“.<br />
67
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Folgende drei Schritte sollen laut Mayring (2002, S. 118) befolgt werden, damit das Kategoriensy-<br />
stem genau definiert und die Zuordnung von Textstellen eindeutig zu den Kategorien gewährleit-<br />
stet ist:<br />
o Die Kategorien müssen definiert werden.<br />
o Ankerbeispiele sind konkrete, aussagekräftige Textstellen, die als Beispiele für eine Kate-<br />
gorie ausgeführt werden.<br />
o Kodierregeln braucht es dort, wo Abgrenzungsprobleme zwischen einzelnen Kategorien<br />
entstehen.<br />
Trotz einleuchtend klingenden Vorgaben war die Umsetzung schwierig. Es entstanden bald zu<br />
viele Kategorien und Aspekte, so dass die einzelnen Aussagen zu detailliert und zu feinmaschig<br />
zerlegt wurden. Die Kategorien wurden deshalb in Aspekte zusammengefasst. Erneut wurden die<br />
Aspekte zu fein ausdifferenziert. Dies führte dazu, dass eine Aspekt bis zu neun Kategorien bein-<br />
haltete, was wieder zu viel war.<br />
Eine Herausforderung war auch, teils widersprüchliche Aussagen einer Kategorie bzw. Aspekten<br />
zuzuordnen. Dies hat vermutlich mit dem Merkmal der Befragtentriangulation zu tun.<br />
Jede interviewte Person erzählte aus ihrer subjektiven Sichtweise, die sie sich auf der Grundlage<br />
von Erfahrungen entwickelt hatte. Die Vielfalt dieser Sichtweisen wurde mit Hilfe des Kategoriesy-<br />
stems aufgefangen und dargestellt.<br />
Nach Abschluss der Kategorienbildung wurden nochmals die wichtigen Aussagen auf die Richtig-<br />
keit, deren Zuordnung der einzelnen Aspekte und deren Kategorien geprüft. Einzelne Aussagen<br />
gaben immer wieder Anlass zu Diskussionen. Die Gefahr im Diskutieren bestand darin, die einzel-<br />
nen Aussagen zu stark zu deuten oder in sie hinein zu interpretieren. Deshalb war es wichtig, sich<br />
am Kodierleitfaden zu orientieren, damit die Aussagen der interviewten Personen korrekt kategori-<br />
siert werden konnten und so das Ergebnis nicht verfälscht wurde.<br />
68
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
5. Darstellung der Daten und Ergebnisse<br />
In dem folgenden Kapitel werden die Daten der Fragebogen quantitativ dargestellt und ausgewer-<br />
tet. Die Ergebnisse der Interviews werden zuerst qualitativ und dann quantitativ präsentiert.<br />
5.1 Ergebnisse Fragebogen<br />
Zum Verständnis der Fragebogenerhebung wird kurz die Stichprobe geschildert. Anschliessend<br />
folgt die Auswertung der Fragebogen.<br />
5.1.2 Stichprobe<br />
Abbildung 6: Stichprobe<br />
Es wurden genau 100 Personen (n=100) befragt. 31 der Befragten unterrichten auf der Unterstufe<br />
(1.-3.Klasse), 33 auf der Mittelstufe (4.-6.Klasse) und 36 arbeiten als schulische Heilpädagoginnen<br />
oder Heilpädagogen. 64% sind also als Lehrpersonen tätig und 36% arbeiten als Heilpädagogin-<br />
nen/Heilpädagogen. Alle befragten Lehrpersonen, sowie alle befragten Heilpädagoginnen und<br />
Heilpädagogen haben ein Pensum von mindestens 50%. Alle Befragten arbeiten mit Heilpädago-<br />
ginnen oder Heilpädagogen zusammen. Dadurch ist gewährleistet, dass die Befragten aufgrund<br />
ihrer Erfahrungen die Fragen beantworten können. Die kantonale Herkunft wurde bei der Auswer-<br />
tung nicht berücksichtigt.<br />
Zusammensetzung der Befragten<br />
Unterstufenlehrpersonen<br />
Mittelstufenlehrpersonen<br />
Schulische Heilpädagogen/<br />
Heilpädagoginnen<br />
69
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
5.1.3 Auswertung der Fragbogen<br />
Die Beschreibung der Auswertung der einzelnen Items wurde anhand ihrer Mittelwerte und ihrer<br />
deskriptiven Darstellung der summierten Antworten der Stichprobe vorgenommen. Die Items wur-<br />
den so erstellt, dass sie eindeutig einem Faktor zugeordnet werden können. Denn diese ermögli-<br />
chen einen Schritt auf dem Weg zur Beantwortung der Fragestellung: „Welche Persönlichkeits-<br />
aspekte der schulischen Heilpädagoginen und der schulischen Heilpädagogen beeinflussen die<br />
Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern positiv?“<br />
Durch Berechnung der Mittelwerte (M) aus den Summen der Antworten der Gesamtstichprobe<br />
wurde eine Zustimmung oder Ablehnung zu den einzelnen Items und anschliessend zu den Fakto-<br />
ren ermittelt.<br />
M= 1.0 – 1.9: grosse Ablehnung<br />
M= 2.0 – 3.0: leichte Ablehnung<br />
M= 3.0 : neutralisierende Meinung<br />
M= 3.1 – 4.0: leichte Zustimmung<br />
M= 4.1 – 5.0: grosse Zustimmung<br />
Desto weiter M von 3.0 entfernt ist, desto grösser ist jeweils die Zustimmung, respektive die Ableh-<br />
nung. Die Qualifikation der Zustimmung, respektive Ablehnung zu den Items orientiert sich also an<br />
der Abweichung von 3.0, der neutralisierenden Meinung.<br />
5.1.4 Mittelwerte der fünf Faktoren<br />
MW<br />
5<br />
4.8<br />
4.6<br />
4.4<br />
4.2<br />
4<br />
3.8<br />
3.6<br />
3.4<br />
3.2<br />
3<br />
Abbildung 7: Mittelwerte aller Faktoren<br />
Total<br />
Emotionale Stabilität<br />
Extraversion<br />
Gewissenhaftigkeit<br />
Offenheit<br />
Verträglichkeit<br />
70
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Der Faktor „Verträglichkeit“ wird mit einem Mittelwert von 4,08 am wichtigsten gewertet, knapp vor<br />
der emotionalen Stabilität mit 4,05. Diese zwei Persönlichkeitsfaktoren sind also laut Fragebogen-<br />
umfrage, die wichtigsten. Die Gewissenhaftigkeit folgt mit 3,98. Die niedrigste Bewertung von den<br />
fünf Faktoren erhält gesamthaft die Offenheit mit 3,78. Etwas besser wird die Extraversion mit 3.88<br />
gewichtet. Die Werte stehen alle nahe beieinander. Alle Faktoren erhalten eine leichte Zustim-<br />
mung. Der Faktor „Verträglichkeit“ erntet beinahe grosse Zustimmung, er ist davon lediglich 0,02%<br />
entfernt. Bei einer Aufrundung würde er also die Wertung wechseln.<br />
3.8<br />
3.6<br />
3.4<br />
3.2<br />
3<br />
4<br />
4.8<br />
4.6<br />
4.4<br />
4.2<br />
5<br />
MW<br />
Abbildung 8: Vergleich der Berufsgruppen<br />
Die Unterstufenlehrpersonen haben alle Faktoren am höchsten bewertet. Dies lässt darauf schlie-<br />
ssen, dass sie die höchsten Ansprüche an die Interaktionskompetenzen der Heilpädagoginnen<br />
oder Heilpädagogen haben. Im Gegenzug dazu bewerten die Heilpädagoginnen und Heilpädago-<br />
gen alle Faktoren, ausser der Verträglichkeit am tiefsten. Der Faktor Verträglichkeit beeinflusst die<br />
Zusammenarbeit massiv und diese gehört zum Berufsbild der heutigen Heilpädagogin, des heuti-<br />
gen Heilpädagogen. Vor allem, wenn man den Faktor Gewissenhaftigkeit betrachtet, fällt der Un-<br />
terschied zwischen den Unterstufenlehrpersonen und den schulischen Heilpädagoginnen und<br />
Heilpädagogen auf, dieser beträgt 0.38.<br />
Vergleich<br />
UST<br />
MST<br />
SHP<br />
71
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
5.1.5 Einzelne Ergebnisse der Faktoren<br />
Nun werden die Streuungen der Wertungen der einzelnen Faktoren graphisch mit kurzen Erläute-<br />
rungen dargestellt. Dies erklärt das Zustandekommen der obigen Mittelwerte. Jeder Faktor besteht<br />
aus 9 Items, daraus ergeben aufgrund der 100 Fragebogen 900 Wertungen pro Faktor.<br />
28%<br />
Emotionale Stabilität<br />
Abbildung 9: Prozentuale Wertung emotionale Stabilität.<br />
20%<br />
51%<br />
0%<br />
3%<br />
53%<br />
16%<br />
Extraversion<br />
0% 3%<br />
26%<br />
Abbildung 10: Prozentuale Wertung Extraversion.<br />
1 trifft nicht zu<br />
2 trifft wenig zu<br />
3 teils/teils<br />
4 trifft oft zu<br />
5 trifft völlig zu<br />
1 trifft nicht zu<br />
2 trifft wenig zu<br />
3 teils/teils<br />
4 trifft oft zu<br />
5 trifft völlig zu<br />
Über die Hälfte, nämlich 81%, beurtei-<br />
len die emotionale Stabilität als wichti-<br />
gen oder gar sehr wichtigen Faktor der<br />
Interaktionskompetenz einer Heilpäd-<br />
agogin/eines Heilpädagogen. 16% der<br />
Beurteilungen fielen neutral aus und le-<br />
diglich 3% der insgesamt 900 Nennun-<br />
gen, also davon 27 werteten die emo-<br />
tionale Stabilität als leicht negativ. Die<br />
emotionale Stabilität erhielt keine einzi-<br />
ge Wertung, die eine grosse Ablehnung<br />
ausdrückt.<br />
Die Extraversion wird ebenfalls von<br />
über zwei Drittel (71%) der Befragten<br />
als wichtiger oder sehr wichtiger<br />
Faktor bezüglich der<br />
Interaktionskompetenz gewertet. 20%<br />
der Bewertungen fielen zugunsten des<br />
Wertes „trifft völlig zu“ aus. Dies ist der<br />
niedrigste Häufigkeitswert am oberen<br />
Skalenende. Kein Item der<br />
Extraversion wurde als gar nicht<br />
relevant bewertet.<br />
72
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
25%<br />
Abbildung 11: Prozentuale Wertung Gewissenhaftigkeit<br />
24%<br />
34%<br />
Gewissenhaftigkeit<br />
0% 3%<br />
51%<br />
21%<br />
Offenheit für Neues<br />
0% 3%<br />
39%<br />
1 trifft nicht zu<br />
2 trifft wenig zu<br />
3 teils/teils<br />
4 trifft oft zu<br />
5 trifft völlig zu<br />
1 trifft nicht zu<br />
2 trifft wenig zu<br />
3 teils/teils<br />
4 trifft oft zu<br />
5 trifft völlig zu<br />
Abbildung 12: Prozentuale Wertung Offenheit für Neues<br />
Die Gewissenhaftigkeit (25%) wird von<br />
Befragten als sehr wichtig beurteilt. Das<br />
heisst 225 mal wurde ein Item der Ge-<br />
wissenhaftigkeit mit dem höchsten Ska-<br />
lenwert bewertet. Auch bei der Gewis-<br />
senhaftigkeit wurde kein Item mit „trifft<br />
gar nicht zu“ bewertet. 21% der Bewer-<br />
tungen die von den Lehrpersonen so-<br />
wie den schulischen Heilpädagoginnen<br />
und Heilpädagogen abgegeben wurden<br />
fielen auf den mittleren Skalenwert<br />
„teils/teils“.<br />
Die Offenheit für Neues hat mit 39% die<br />
häufigste Anzahl „neutraler Bewertun-<br />
gen“ und dies mit einem deutlichen Ab-<br />
stand. Es sind sich also viele der Be-<br />
fragten nicht sicher, ob dieser Faktor<br />
nötig ist oder nicht, oder ob er die Inter-<br />
aktionskompetenz gar negativ beein-<br />
flussen könnte. 24% beurteilen die Of-<br />
fenheit für Neues aber als wichtigen<br />
Faktor bezüglich der Interaktionskom-<br />
petenz der schulischen Heilpädagogin-<br />
nen und Heilpädagogen.<br />
73
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
31%<br />
Abbildung 13: Prozentuale Wertung Verträglichkeit<br />
5.2 Ergebnisse Interview<br />
Der Faktor Verträglichkeit wird sowohl<br />
von den Lehrpersonen als auch von<br />
den schulischen Heilpädagoginnen und<br />
Heilpädagogen am höchsten bewertet.<br />
Insgesamt 80% werten die Verträglich-<br />
keit als wichtig oder sehr wichtig. Die<br />
Verträglichkeit ist der einzige Faktor,<br />
bei dem es eine geringe Ablehnung von<br />
2% ergab. Dadurch erhält die Verträg-<br />
lichkeit einen leicht höheren Mittelwert<br />
(4.08) als die emotionale Stabilität<br />
(4,05).<br />
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Interviews dargestellt. Die Interviews wurden einer-<br />
seits quantitativ, andererseits qualitativ ausgewertet. Der bestehende Zusammenhang zwischen<br />
der quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse erklärt Mayring (2005) folgendermassen:<br />
Die qualitative Inhaltsanalyse ist ein gutes Beispiel dafür, wie qualitative und quantitative Analyse-<br />
schritte miteinander verbunden sein können. Denn die Schritte der Kategorienbildung und der Zu-<br />
ordnung von Kategorien zum Text sind eindeutig qualitative Schritte, in der Regel werden dann<br />
aber Kategorienhäufigkeiten erhoben und quantitativ analysiert (vgl. S. 115).<br />
Das Ziel dieses Verfahrens für diese Arbeit ist, zu einer grösstmöglichen Absicherung der Ergeb-<br />
nisse zu gelangen.<br />
Verträglichkeit<br />
0% 2%<br />
49%<br />
18%<br />
5.2.1 Qualitative Darstellung der Daten aus den drei Interviews<br />
Es wurde bereits geschildert, dass bei der quantitativen Inhaltsanalyse nicht auf die variierende<br />
Bedeutung von Textelementen eingegangen wird. Dies ist ein Kritikpunkt dieser Analyse. Deshalb<br />
hat Philipp Mayring ein Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse entwickelt. Er bezog in die quanti-<br />
tative Inhaltsanalyse die Hermeneutik, die Literaturwissenschaften und die Psychologie der Text-<br />
verarbeitung ein (2005, S. 24).<br />
1 trifft nicht zu<br />
2 trifft wenig zu<br />
3 teils/teils<br />
4 trifft oft zu<br />
5 trifft völlig zu<br />
74
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Der Unterschied zur quantitativen Inhaltsanalyse liegt hauptsächlich darin, dass das theoriegeleite-<br />
te Kategoriensystem am Material überprüft und abgeglichen wird. Damit wird die Offenheit der<br />
qualitativen Methoden für die Bildung induktiver Kategorien genutzt (vgl. S. 198).<br />
Mittels Kodierleitfaden (siehe Anhang 11.9) erfolgte die Datenauswertung mit Hilfe der qualitativen<br />
Inhaltsanalyse.<br />
Vorerst werden die Ergebnisse aus den Interviews anhand der dreizehn Aspekte erläutert. Die<br />
Angaben in den Klammern (Interview a,b,c + Zeile) verwiesen auf die Quelle, auf welche sich die<br />
deskriptive Darstellung stützt. Kursiv gedruckte Satzteile wurden dem Interview wörtlich entnom-<br />
men.<br />
A1 / Faktor I: Emotionale Stabilität<br />
Die Emotionale Stabilität bildet die Grundlage der idealen Persönlichkeit einer schulischen Heil-<br />
pädagogin, eines schulischen Heilpädagogen (a128,c79). Als schulische Heilpädagogin, schuli-<br />
scher Heilpädagoge muss ich mich immer wieder neuen Situationen anpassen, wichtig ist dabei<br />
auch, dass man bereit ist, seine eigenen Schwächen zu erkennen und zu akzeptieren, je besser<br />
das gelingt, desto stabiler ist die Psyche (b65,a73). Für jeden Menschen ist es zentral, seine Be-<br />
dürfnisse zu kontrollieren und somit eine gewisse Ausgeglichenheit zu erreichen (a111). Eine emo-<br />
tional Unstabile Person ist jedoch eine besonders schwierige Begleitung für Kinder (c81). Psychi-<br />
sche Stabilität ist somit eine selbstverständliche Grundvoraussetzung im Bezug auf die pädagogi-<br />
sche Arbeit mit Kindern (b58). Die Menschen sind unterschiedlich vulnerabel (b65). Jeder Mensch<br />
bringt eine gewisse Grundvoraussetzung, im Bezug auf seine Resilienz mit (b65). Das Resilienz-<br />
konzept jedes Menschen gilt jedoch keinesfalls als unveränderbare Grösse, deshalb lässt sich die<br />
Psychische Stabilität jeder Person beeinflussen (b65), sie ist dann vorhanden wenn man ein ge-<br />
sundes Selbstbewusstsein mitbringt (b58).<br />
Die heutige Bildungslandschaft bietet eine verwirrende Vielfalt an didaktischen und pädagogischen<br />
Möglichkeiten um Lernen zu gestalten. Die Zusammenarbeit mit Fachpersonen, Eltern und Schüle-<br />
rinnen und Schülern fordert die Heilpädagogin, den Heilpädagogen auf verschiedenen Ebenen<br />
heraus. Dabei entstehen immer wieder Spannungsfelder und Stresssituationen, mit denen man<br />
umzugehen wissen muss (b112,c83). Die Heilpädagogin, der Heilpädagoge muss für sich eine<br />
Philosophie entwickeln, welche unterschiedliche Thematiken verbindet (a14). Dabei sind klare<br />
Wertvorstellungen, ein klares Menschenbild und eine klare Zielvorstellung unabdingbare Leitlinien,<br />
welche verfolgt werden müssen (b19,a1,a6,a73,c19). Zusätzlich unterstützt ein gesundes Mass an<br />
Neugierde, Mut und Geduld den Arbeitsprozess einer Heilpädagogin, eines Heilpädagogen<br />
(b41,c83,c104).<br />
75
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Interaktion muss von Ehrlichkeit geprägt sein (a82). Obwohl Echtheit (b24) als sehr banal (a31)<br />
erscheint, würde ein Fehlen dieser Komponente eine negative Wirkung auf die Kommunikation<br />
haben (a82). Eine schulische Heilpädagogin, ein schulischer Heilpädagoge muss echt, ehrlich,<br />
kongruent sein (b24,c23,c3). Diese Echtheit führt dazu, dass man vertrauenswürdig ist (b24,b27).<br />
Emotional stabil meint nicht, dass man keine Emotionen zeigen darf, sondern dass man über ein<br />
Konzept verfügt, welches einem hilft, damit umzugehen (b65). Deshalb geht emotional neutral<br />
nicht (c38). Dann bin ich ein Spiegel oder eine Wand an der alles abprallt (c38). Diese permanente<br />
Neutralität erschwert es dem Kind, mich einzuschätzen (a55). Es ist ein zentraler Aspekt der Inter-<br />
aktion, dass ich meine Gefühle zeige und diese wohl dosiert in Kommunikation einfliessen lasse<br />
(c41). Eine authentische Kommunikation kann durchaus mit Emotionen verbunden sein (a47) und<br />
unterstützt die Authentizität meines Handelns (c41).<br />
A2 / Faktor II: Extraversion<br />
Ein freundlicher (a124) und herzlicher (c1) Umgang mit den Kindern ist für eine gute Interaktion<br />
wichtig. Allerdings kann sich eine überaus freundliche und gesprächige Persönlichkeit auch negativ<br />
auswirken (c98,119). Eine aktive, unternehmungslustige und gesellige Person ist evtl. nicht so<br />
konsequent (c119). Dies könnte sich negativ auf das Durchsetzungsvermögen auswirken, was<br />
wiederum eine sehr wichtige Eigenschaft wäre, neben dem Einfühlen (b22). Klar ist, dass sich eine<br />
Extraversion positiver auf die Interaktion auswirkt, als das Gegenteil die Intraversion. Optimismus<br />
und der Glaube an Leistung des Kindes sind auch sehr wichtige Faktoren (b127).<br />
A3 / Faktor III: Offenheit für Erfahrungen<br />
Die Sonderpädagogische Situation wandelt sich immer wieder, somit ist sie schwer vorauszupla-<br />
nen und die schulische Heilpädagogin, der schulische Heilpädagoge muss ein hohes Mass an<br />
Flexibilität mitbringen (c84). Wenn die Heilpädagogin, der Heilpädagoge offen für neue Erfahrun-<br />
gen ist, wird das auch ihre, seine Handlungen beeinflussen und somit auch die Unterrichtsgestal-<br />
tung (a65).<br />
Ein genuines Interesse an Kindern zu haben ist als Pädagoge unabdingbar (b15). Die Neugierde<br />
an anderen Individuen (c2,c103,b125), an ihrer Geschichte, an ihrer Welt und Kultur (a32). Die<br />
Fähigkeit sein Gegenüber ernst zu nehmen, ihm respektvoll und ehrlich gegenüber zu treten bilden<br />
weitere wichtige Grundwerte im Bezug auf eine gut funktionierende Interaktion (a32,a81,b15). Die<br />
oben genannten Werte ermöglichen es dem Kind, sich verstanden und angenommen zu fühlen. Es<br />
fühlt sich in seiner Meinung unterstützt und bestätigt (a32). Daraus kann sich wiederum eine Sym-<br />
pathie entwickeln (a39).<br />
76
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Interesse und Offenheit stellen zwei wichtige Persönlichkeitsfacetten einer schulischen Heilpäd-<br />
agogin, eines schulischen Heilpädagogen dar, im Vergleich mit dem Aspekt der emotionalen Stabi-<br />
lität kommt dem Bereichen jedoch die geringere Bedeutung zu (c101).<br />
A4 / Faktor IV: Verträglichkeit<br />
Eine gute schulische Heilpädagogin, ein guter schulischer Heilpädagoge muss ein hohes Mass an<br />
Empathie und ein gute Fähigkeit des Perspektivenwechsels mitbringen (a20,a116,b7,b82). Die<br />
Arbeit mit Kindern bedingt, dass man sich in den spezifischen Bezugsrahmen von Schülerinnen<br />
und Schülern einfühlen kann (c10). Die Herkunft, das Rundherum, der biografische Hindergrund<br />
(c14), die Denkweise und die Einstellung (c10) des Kindes muss erkannt werden und in die Be-<br />
trachtung des Kindes einbezogen werden. Je besser das gelingt, umso hilfreicher ist meine Inter-<br />
aktion (c14). Durch den Perspektivenwechsel und mein Einfühlungsvermögen(b11) kann ich mit<br />
den Schülerinnen und Schülern auf Augenhöhe kommunizieren (a20). Dieser Rahmen bildet eine<br />
wichtige Interaktionsbasis (a20). Das Einfühlungsvermögen ist dabei angeboren, was Hirnphysio-<br />
logisch nachweisbar ist (b11).<br />
In der Rolle der schulischen Heilpädagogin, des schulischen Heilpädagogen muss ich die Fähigkeit<br />
mitbringen, Kindern bereits Vertrauen schenken zu können, obwohl sie zu mir noch keines aufbau-<br />
en konnten (b30,b37). Dieses Vertrauen bildet eine gute Ausgangslage für eine gelingende Förde-<br />
rung (a29). In Bezug auf die Leistung muss man Vertrauen in die Fortschritte des Kindes haben<br />
(b32). Man soll dem Kind zutrauen, dass es Probleme aus eigener Kraft lösen kann (b32). Dabei<br />
wirkt sich eine wohlwollende, entgegenkommende, gutmütige und hilfsbereite Haltung unterstüt-<br />
zend aus (a114). Diese Facetten sind jedoch der Empathie, der Fähigkeit des Perspektivenwech-<br />
sel und der Facette des Vertrauens unterzuordnen (a114,c106). Eine ständige Suche nach Balan-<br />
ce und sich ausrichten nach win-win Situationen kann auch lähmen (c106).<br />
A5 / Faktor V: Gewissenhaftigkeit<br />
Die Gewissenhaftigkeit beinhaltet: klare Ziele festzulegen, auf diese Ziele hinzuarbeiten, diese<br />
Ziele nicht aus den Augen verlieren (c19), immer wieder auf die Abmachungen zurückzukommen.<br />
Zudem müssen die schulischen Heilpädagoginnen, die schulischen Heilpädagogen eine Verpflich-<br />
tung in dieser Beziehung übernehmen und die Vertrauensebene positiv beeinflussen (c74). Eine<br />
Förderung muss konsequent sein. Man muss sich auf eine Lehrperson verlassen können (a36), ist<br />
dies nicht gegeben, kann es sich negative auf die Interaktion Auswirkungen (C21).<br />
Die Gewissenhaftigkeit nimmt im allgemeinen Zusammenhang eine gewisse Bedeutung ein. In<br />
Bezug auf die Interaktion spielt sie jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Im Vergleich mit den<br />
anderen Faktoren kommt ihr die geringste Bedeutung zu (b134).<br />
77
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Eine zu starke Ausprägung in der Dimension der Gewissenhaftigkeit kann sich auch negativ auf<br />
die Arbeit einer schulischen Heilpädagogin, eines schulischen Heilpädagogen auswirken (c87,c94).<br />
Eine Person mit einer zu starken Prinzipientreue, einer ausgeprägten Ordentlichkeit und extremer<br />
Leistungsorientierung ist in ihrer Flexibilität zu sehr eingeschränkt, um sich in dem Heilpädagogi-<br />
schen Feld, welches ständig von verschiedenen Kräften beeinflusst und verändert wird, zu bewe-<br />
gen (c87,c94).<br />
A6 Zusammenhang zwischen einzelnen Persönlichkeitsaspekten<br />
Es bestehen Wechselwirkungen und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Aspekten<br />
(a75,b16), die sich auf die Interaktion auswirken (c54). Das Interesse am Kind erleichtert mir den<br />
Perspektivenwechsel in die Sichtweise des Kindes (b16,a105). Durch das Verständnis dem Kind<br />
gegenüber, wird das Vertrauen bestärkt und die Geduld weniger beansprucht. Das Kind fühlt sich<br />
durch das Vertrauen, welches ihm entgegengebracht wird ermutigt, die Ziele zu erreichen<br />
(b16,b42). Die Förderdiagnostik und die Förderung ist somit stark verbunden mit sozialen und<br />
emotionalen Kompetenzen (c124,b54). Fachwissen und Persönlichkeit stehen dabei in einem Zu-<br />
sammenspiel (c77), wobei der Aufbau von Theorie einfacher ist, als die Entwicklung der Persön-<br />
lichkeit (c77).<br />
Integration steht und fällt mit der Zusammenarbeit (c126), welcher wiederum eine gute Beziehung,<br />
eine gute Kommunikation zu Grunde liegt (a27,a30c2,a42). Dabei wirkt die Persönlichkeit als mit-<br />
bestimmendes Instrument (c77). Es sind emotionale und soziale Kompetenzen (b54,b119,b32,c34)<br />
welche in meiner Persönlichkeitsstruktur (c126) bereits angedeutet vorhanden sein müssen, um in<br />
einen pädagogischen Beruf einzusteigen.<br />
A7 Wechselwirkung SHP – Kinder<br />
Ein guter Pädagoge strebt ein gutes Arbeitsklima an, welches ein Gefühl von Heimat hervorruft<br />
(b119). Meine Persönlichkeit beeinflusst die Gestaltung des Unterrichts (a64). Die Lehrperson und<br />
die Heilpädagogin, der Heilpädagoge müssen die Entwicklung in die gleiche Richtung vorantreiben<br />
(a61). Dabei muss bei den Lehrpersonen ein Bewusstsein vorhanden sein, dass die Schülerinnen<br />
und Schüler diesen Prozess beeinflussen (a38,b135). Die Beziehung und die Interaktion ist dabei<br />
nicht immer von gleicher Qualität (a38,a76,b135).<br />
78
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
A8 Psychologische Modelle<br />
Empathie, Wertschätzung und Echtheit(b23), die drei Wirkvariablen nach Rogers, können eine<br />
Interaktion positiv beeinflussen (b81,b82). Wobei die Übersetzung des Begriffs Wertschätzung<br />
nicht ganz korrekt ist, da in diesem Begriff bereits eine positive Wertung vorhanden ist. Die Begriff-<br />
lichkeit Akzeptanz trifft es genauer. Rogers fordert eine nichtwertende Einfühlung (b82). Das ist<br />
auch eine ideale Interaktion nach Gordon(b88). Rogers definiert eine gesunde Persönlichkeit da-<br />
durch, dass sich Erfahrungen und Selbstbild möglichst deckungsgleich verhalten (b9,b62,b155).<br />
Die Erwartungshaltung beeinflusst die Leistung des Kindes, diese Feststellung wurde im Rosen-<br />
thaleffekt nachgegangen (b38).<br />
Sokrates vertrat die Ansicht, dass ein Handlungsmuster zuerst verinnerlicht werden muss, also Teil<br />
der eigenen Persönlichkeit wird, damit sie überzeugend und automatisiert ins eigene Handeln ein-<br />
fliessen kann (b90,b112).<br />
A9 Thema Zuordnung, Persönlichkeit oder Verhalten<br />
Die Frage ob Handlung nun eine Persönlichkeitseigenschaft oder erlernbares Verhalten ist, stellte<br />
sich immer wieder(a7,a127,b1,b49). Sicher ist jedoch, dass die Persönlichkeit das Handeln beein-<br />
flusst (b98,b100). Die beste Wirkung erreicht man, wenn das Verhalten mit der Persönlichkeit<br />
übereinstimmt (a10). Wissen existiert in diesem Zusammenhang eigentlich nicht (b108).<br />
Verhaltensweisen können teilweise erlernt werden, es ist aber ein schwieriger Lernprozess<br />
(c5,c28). Personen welche sich für einen sozialen, pädagogischen Berufsweg entscheiden, brin-<br />
gen vielfach in ihrer Persönlichkeitsstruktur schon viele wichtige Eigenschaften mit, deshalb fühlen<br />
sie sich zu diesem Arbeitsfeld hingezogen (c28).<br />
A10 Verhalten / Handlungsrepertoire<br />
Es gibt Verhaltensweisen beziehungsweise Kompetenzen, welche auch ohne Zusammenhang zur<br />
Persönlichkeit betrachtet werden und dabei die Interaktion positiv beeinflussen können<br />
(b46,b136,b105). Im Pädagogischen Arbeitsfeld ist es wichtig, dass man Regeln und Forderungen<br />
aufstellt und diese konsequent durchsetzt (b46). Eine Kultur der regelmässigen Rückmeldungen<br />
kann eine zentrale Rolle im pädagogischen Konzept einnehmen (c24).<br />
A11 Fachkompetenzen<br />
Die Kernaufgabe der schulischen Heilpädagogin, des schulischen Heilpädagogen ist es, Kinder mit<br />
speziellen Förderbedürfnissen zu erkennen und sie auf ihrem Lernweg angemessen zu unterstüt-<br />
79
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
zen (a132,c52). Diese sonderpädagogische Aufgabe erfordert ein vertieftes Fachwissen im Be-<br />
reich der Didaktik, Methodik, Inhaltanalyse, Instrumentenwissen und im Bereich der Förderdiagno-<br />
stik (a128, a132, c109,a9). Auf diesen Grundlagen muss ein Unterrichtskonzept gestaltet werden<br />
(a9). Dabei gelingt es einfacher fachdidaktische Theorien und Methoden zu erlernen, als sich Per-<br />
sönlichkeitseigenschaften anzueignen (c7,c115).<br />
A12 Persönlichkeitsbildung während der Ausbildung zur SHP<br />
Es besteht ein Konsens, dass der Persönlichkeitsbildung während der Ausbildung ein grosser Stel-<br />
lenwert zukommen sollte (a146,c123). Im Bezug auf die Organisation und Form sind verschiedene<br />
Modelle und Ansichten vorhanden. Die Bildung der Persönlichkeit orientiert sich an den Fachhoch-<br />
schulen nicht an klar definierten Zielen (a146,b148,c160), sondern läuft parallel, verknüpft mit der<br />
fachlichen Ausbildung (a143). Diese Form der Schulung ist auf Schwierigkeiten zurückzuführen,<br />
welche die Persönlichkeitsbildung an einer Hochschule mit sich bringt (b146). Die Persönlichkeits-<br />
bildung kann nicht Inhaltsunabhängig thematisiert werden (a177,b163). Sie muss an einen Gegen-<br />
stand oder an eine Tätigkeit gebunden sein (a177), deshalb soll sie in kollegialen Beratungen,<br />
Rollenspielen, Austauschmöglichkeiten, Supervisionen oder Selbstreflexionen Eingang finden<br />
(a184,b147,b150,b152). In diesen Gefässen sollte dann auch vermehrt auf einer Metaebene disku-<br />
tiert werden (a177). Darstellungen von Psychologischen Modellen können als Analyseinstrumente<br />
dienen (b152,b159).<br />
Die Arbeit an der eigenen Persönlichkeit verlangt nach einem geschützten Rahmen und erfordert<br />
teilweise eine Enge Begleitung einer Fachperson. Mit dem Mentorat besteht die Möglichkeit, ein-<br />
zelne Studierende individuell und in einer persönlichen Atmosphäre zu begleiten. Die Aufgabe der<br />
Mentorin, des Mentors ist es, die emotionalen Fähigkeiten der Studierenden zu unterstützen, zu<br />
fördern und den Entwicklungsprozess zu beurteilen, dabei darf die eingeschränkte Prozessbeglei-<br />
tung nicht vergessen werden (b177,c146,c149,c150,c156).<br />
Eine zu starke Thematisierung der Persönlichkeitsbildung könnte zur folge haben, dass der Ausbil-<br />
dung bald ein sektiererischer, indoktrinartiger Ruf zugeteilt würde (a180,a183).<br />
Die heutige Gesellschaft ist stark geprägt von dem Begriff der Professionalität. Das Ziel der Hoch-<br />
schulen ist es, professionelle und kompetente Fachpersonen auszubilden. Der Begriff der Lehrer-<br />
persönlichkeit ist verschwunden, nicht zuletzt auch Gesellschaftsbedingt (b185,b181).<br />
A13 Eignungsprüfung der Persönlichkeit<br />
Es ist nicht realistisch, eine abschliessende Überprüfung der persönlichen Eignung vor der Ausbil-<br />
dung durchzuführen (a162,b189,b194,c168,c178). Im Vorfeld wird mit den angehenden Studieren-<br />
den eine Eingangsberatung durchgeführt, welche eher das Ziel verfolgt, der studierenden Person<br />
80
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
eine Entwicklungsperspektive aufzuzeigen, wohin sie sich in den nächsten Studienjahren entwic-<br />
keln möchte (c168,c178). In den ersten Praxisbesuchen kann festgestellt werden, ob jemand die<br />
nötigen Persönlichkeitsmerkmale mitbringt. Wenn dieser Fall eintritt, werden diese Personen von<br />
einer Spezialgruppe unterstützt (b193).<br />
5.2.2 Quantitative Auswertung<br />
Im Allgemeinen setzt die Aufarbeitung von Information in Texten bestimmte Operationen voraus,<br />
die in allen Verfahren der quantitativen Inhaltsanalyse gemeinsam sind:<br />
o das Aufbauen eines geschlossenen Kategoriensystems vor der Analyse,<br />
o das Zerlegen des Textes in Analyseeinheiten,<br />
o das Durchsehen des Textes auf relevante Informationen und<br />
o die Zuordnung dieser Informationen zu den Kategorien (das sogenannte Dekodieren des<br />
Textes)<br />
Mit diesen Schritten kann die Häufigkeit des Auftretens der Kategorien im Text festgestellt werden.<br />
Diesem Vorgehen setzt man Voraus, dass es ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des<br />
Auftretens von bestimmten Kategorien und der Bedeutung des Sachverhaltes gibt. Dabei wird je-<br />
doch die Bedeutung von Textelementen ignoriert (vgl. Gläser und Lauder, 2009, S. 197).<br />
In der untenstehenden Tabelle werden die beantworteten Fragen der deduktiv und induktiv ge-<br />
wonnenen Kategorien quantitativ dargestellt. Bei jeder Kategorie und deren Aspekte werden die<br />
Anzahl Aussagen und somit deren Häufigkeit aufgezeigt.<br />
Im Anhang unter Punkt 11.9 ist der Kodierleitfaden, mit den jeweiligen Kategorien, den dazugehö-<br />
rigen Aussagen und das Kategoriensystem 11.8 definiert.<br />
Anhand der Aussagenhäufigkeit zu jedem Aspekt, kann eine Priorisierung vorgenommen werden.<br />
Dies zeigt auf, welche Persönlichkeitsfaktoren die Interviewten als wichtig erachten damit eine<br />
positive Interaktion mit den Schülerinnen und Schüler gelingt.<br />
Aspekte Code Kategorien Anz.<br />
A1<br />
K0: Emotionale Stabilität (allg.) 5<br />
Emotionale Stabilität K1: Mut 1<br />
K2: Gelassenheit / emotional neutral 5<br />
Aussagen<br />
Anz.<br />
Aussagen<br />
zum<br />
Aspekt<br />
81
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
A2<br />
K3: Ausgeglichenheit 3 34<br />
K4: Selbstsicherheit (unbefangen) 7<br />
K5: Unerschütterlich 2<br />
K6: Stressstabil 2<br />
K7: Echtheit 9<br />
K0: Extraversion (allg.) 2<br />
Extraversion K1: Herzlichkeit 2<br />
A3:<br />
K2: Geselligkeit / Aktivität 1 7<br />
K3: Durchsetzungsfähigkeit 1<br />
K4: Erlebnishunger 0<br />
K5: Frohsinn / Optimismus 1<br />
K0: Offenheit für Erfahrungen (allg.) 5<br />
Offenheit für Erfahrungen K1: Offenheit für Fantasie / Ideen 1<br />
A4<br />
K2: Offenheit für Ästhetik / Gefühle /<br />
Handlungen / Normen- und Wertesystem<br />
K3: Flexibilität 2<br />
K4: Interesse am Gegenüber 7<br />
K5: Respekt 1<br />
K0: Verträglichkeit (allg.) 2<br />
Verträglichkeit K1: Vertrauen 4<br />
A5<br />
0 16<br />
K2: Entgegenkommen 2 17<br />
K3: Empathie 8<br />
K4: Gutherzig 1<br />
K5: Altruismus / Bescheidenheit / Freizügigkeit<br />
Bescheidenheit<br />
K0: Gewissenhaftigkeit (allg.) 7<br />
Gewissenhaftigkeit K1: Pflichtbewusstsein 1 8<br />
A6:<br />
Zusammenhang zwischen<br />
einzelnen Persönlichkeitsaspekten<br />
K2: Ordnungsliebe / Leistungsstreben /<br />
Selbstdisziplin / Besonnenheit<br />
K0: Zusammenhänge (allg.) 13<br />
K1: Sozialkompetenz 6 25<br />
K2: Kommunikation 4<br />
0<br />
0<br />
82
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
A7:<br />
Wechselwirkung SHP- Kinder<br />
A8:<br />
Psychologische<br />
Modelle<br />
A9:<br />
Zuordnung: Persönlich- keit<br />
oder Verhalten<br />
A10:<br />
Verhalten Handlungsrepertoire<br />
A11:<br />
Fachkompetenzen:<br />
K3: Beziehung 1<br />
K4: Kritisch 1<br />
K0: Wechselwirkung SHP-Kinder 8 8<br />
K1: Carlos Roger 8<br />
K2: Gordon 1<br />
K3: Rosenthaleffekt 1 12<br />
K4: Sokrates 2<br />
K1: Persönlichkeit 3<br />
K2: Persönlichkeit und Verhalten 8 15<br />
K3: Schwierigkeit der Zuordnung 4<br />
K0: Verhalten Handlungsrepertoir 4<br />
K0: Fachkompetenzen (allg.) 5<br />
K1: Didaktische Kompetenzen 6 13<br />
K2: Modelllernen 2<br />
A12:<br />
Persönlichkeitsbildung wäh-<br />
K0: Formen (allg.), Intervision, Reflexion,<br />
Beratung, Begleitung<br />
rend der Ausbildung zur SHP<br />
K1: Stellenwert,<br />
Bewusstheit<br />
Gewichtung, Ziel-<br />
A13:<br />
Eignungsüberprüfung der<br />
Persönlichkeit<br />
Tabelle 9: Priorisierungstabelle<br />
K5: Problematik, Kritik, Lösungsansätze 5<br />
K1: Formen 1<br />
K2: Eignungsüberprüfung vor der Ausbildung<br />
K3: Eignungsprüfung zu Beginn der<br />
Ausbildung<br />
K4: Problematik 4<br />
14<br />
4<br />
5 24<br />
4 11<br />
Der Fokus in der Tabelle 9 wird auf die Anzahl Aussagen zu jedem Aspekt gerichtet. Die meisten<br />
Aussagen wurden zu A1 (17,6%), A6 (12,9%) und A12 (12,3%) gemacht. Im mittleren Bereich sind<br />
die Aspekte A4 (8,7%), A3 (8,2%), A9 (7,7%), A11 (6,7%), A8 (6,2%) und A13(5,6%). Über die<br />
Aspekte A5 (4,1%) A7 (4,1%), A2 (3,6%) und A10 (2,1%) wurden am wenigsten Aussagen ge-<br />
macht.<br />
2<br />
83
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
In Bezug auf die Häufigkeit zu jedem Aspekt ergibt sich folgende Polarisierung (P):<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
P1 A1: emotionale Stabilität<br />
P2 A6: Zusammenhang zwischen einzelnen Persönlichkeitsaspekten<br />
P3 A12: Persönlichkeitsbildung während der Ausbildung zur SHP<br />
P4 A4: Verträglichkeit<br />
P5 A3: Offenheit für Erfahrungen<br />
P6 A9: Thema Zuordnung: Persönlichkeit oder Verhalten<br />
P7 A11: Fachkompetenz<br />
P8 A8: Psychologische Modelle<br />
P9 A13: Eignungsüberprüfung der Persönlichkeit<br />
P10 A5/A7: Gewissenhaftigkeit / Wechselwirkung SHP - Kinder<br />
P11 A2: Extraversion<br />
P12 A10: Verhalten / Handlungsrepertoire<br />
Abbildung 13: Anzahl Nennungen aller Faktoren<br />
Das Total der Nennungen beträgt 186. Mit 34 Nennungen erhält die emotionale Stabilität also über<br />
ein Sechstel aller Nennungen. Dies sind über 8mal soviel wie die Kategorie A10, welche nur das<br />
von der Persönlichkeit losgelöste Verhalten beinhaltet. Die Kategorie A6, die die Wechselwirkun-<br />
gen der Persönlichkeitsfaktoren beinhaltet, die einen Einfluss auf die Interaktion haben, wird mit 25<br />
Nennungen am zweit Häufigsten genannt.<br />
Priorisierung der Kategorien aus den<br />
Experteninterviews<br />
A1 A6 A12 A4 A3 A9 A11 A8 A13 A5<br />
A7<br />
A2 A10<br />
Anzahl Nennungen<br />
84
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Abbildung 14: Anzahl Nennungen der Persönlichkeitsfaktoren des Fünf-Faktoren-Modells.<br />
Dieses Diagramm zeigt die prägnanten Resultate der Experteninterviews. Die emotionale Stabilität<br />
wird wesentlich öfters als alle anderen Persönlichkeitsfaktoren des Fünf-Faktoren-Modells ge-<br />
nannt. Die Extraversion, sowie die Gewissenhaftigkeit werden von den Experten nur selten er-<br />
wähnt.<br />
Priorisierung der Fünf Persönlichkeitsfaktoren<br />
A1 A4 A3 A5 A2<br />
Anzahl Nennungen<br />
85
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
6. Zusammenfassung Interviewergebnisse<br />
Die Experteninterviews wurden qualitativ und quantitativ ausgewertet. Diese Ergebnisse werden<br />
faktorenweise dargestellt und anschliessend interpretiert. Dies bildet eine Grundlage zur Interpre-<br />
tation bzw. Diskussion in Bezug auf die Fragenstellung.<br />
6.1 A1 emotionale Stabilität<br />
Darstellung:<br />
Auf der Priorisierungsskala findet man diesen Aspekt an erster Stelle (P1). 17,6% der Aussagen<br />
beziehen sich auf die emotionale Stabilität und deren positive Auswirkung auf die Interaktion.<br />
Interpretation:<br />
Dieser Aspekt scheint für alle drei Interviewten von grosser Bedeutung zu sein. Mehrfach betonten<br />
sie, wie sich dies positiv die Interaktion zwischen der schulischen Heilpädagogin/Heilpädagoge und<br />
Schülerinnen/Schüler beeinflusst.<br />
Emotionale Stabilität ist eigentlich ein weiter Begriff. Die befragten Experten haben es jedoch mit<br />
unterschiedlichen Aussagen auf den Punkt gebracht, was emotionale Stabilität beinhaltet. Sie ver-<br />
wendeten Wörter wie: psychisch stabil sein, die eigenen Schwächen kennen und damit umgehen<br />
können, Bedürfnisse kontrollieren, ausgeglichen sein, Stresssituationen aushalten können, neugie-<br />
rig, mutig, echt und vertrauenswürdig sein.<br />
Anhand der Äusserungen wird deutlich, wie vielseitig eine Heilpädagogin und ein Heilpädagoge<br />
sein muss und was sie alles an Voraussetzungen mit sich bringen sollten, damit die Interaktion gut<br />
funktioniert. Anders ausgedrückt, wenn keine oder nur eine geringe emotionale Stabilität vorhan-<br />
den ist, ist eine positive Interaktion nicht möglich.<br />
6.2 A2 Extraversion<br />
Darstellung:<br />
Auf die Extraversion könnte am ehesten verzichtet werden und deshalb belegt sie auf der Priorisie-<br />
rungsskala den zweitletzten Platz (P11). Nur auf Grund der konkreten Nachfrage in Bezug auf<br />
Extraversion wurden Äusserungen dazu gemacht, darum ist der Anteil der Aussagen 3,6%.<br />
Interpretation:<br />
Als wichtig wird ein freundlicher und herzlicher Umgang mit den Kindern für eine gute Interaktion<br />
empfunden. Doch alle drei Befragten äusserten sich vorsichtig gegenüber Freundlichkeit, Herzlich-<br />
keit und gesprächig, gesellig und unternehmungslustig zu sein. Wenn auch nur einer dieser Aspek-<br />
te stark ausgeprägt ist, besteht die Gefahr, dass die Heilpädagogin oder der Heilpädagoge nicht<br />
86
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
mehr glaubwürdig wirkt und dadurch von den Kindern nicht mehr ernst genommen werden könnte.<br />
Somit kann eine gute Interaktion gelingen, wenn die Extraversion nur einen kleinen Teil einer Per-<br />
sönlichkeit ausmacht. Ganz ausschliessen darf man die Extraversion jedoch nicht, dies wird von<br />
den Interviewten deutlich betont.<br />
6.3 A3 Offenheit für Erfahrungen<br />
Darstellung:<br />
Dieser Aspekt befindet sich mit 4,1% im mittleren Bereich der Priorisierungsskala (P5). Oft wurden<br />
Aussagen dazu im Zusammenhang mit anderen Aspekten gemacht.<br />
Interpretation:<br />
Wie in der Darstellung schon erwähnt, sind eher indirekte Aussagen zur „Offenheit für Erfahrun-<br />
gen“ gemacht worden. Dieser Aspekt tritt oft in Wechselwirkung mit der „emotionalen Stabilität“<br />
oder der „Verträglichkeit“ aufeinander. Dem Kind gegenüber interessiert sein gehört einerseits zu<br />
diesem Faktor. Anderseits verbinden die Interviewten das „Interesse zeigen“ auch mit „ehrlich<br />
sein“. Denn das „Ehrlich sein“ beinhaltet ein gewissen Interesse am Kind zu haben. Auch noch<br />
andere Aussagen von den Experten traten in Wechselwirkung mit dem Faktor „Offenheit für Erfah-<br />
rungen“ und anderen Faktoren auf.<br />
Obwohl sich eben dieser Faktor im Mittelfeld befindet, darf dieser Persönlichkeitsaspekt bei einer<br />
Heilpädagogin, einem Heilpädagogen nicht fehlen. Denn diesen Zusammenhang zwischen den<br />
einzelnen Aspekten bestätigt das Vorhanden sein einer vielseitigen Persönlichkeit.<br />
6.4 A4 Verträglichkeit<br />
Darstellung:<br />
8,7% der Aussagen beziehen sich auf die Verträglichkeit. Dieser Aspekt belegt somit den vierten<br />
Platz (P4).<br />
Interpretation:<br />
Grosser Wert wurde auf den Perspektivenwechsel gelegt. Dieser ist die Voraussetzung, um sich in<br />
das Kind hineinversetzen und es mit dem Rundherum erfassen zu können. Der Perspektivenwech-<br />
sel wird auch ganz deutlich in Bezug der Interaktion an der Hochschule für Heilpädagogik in Zürich<br />
thematisiert.<br />
Das Einfühlungsvermögen wird als sehr wichtig empfunden. Von den drei Experten ist dieser Per-<br />
sönlichkeitsaspekt eine Voraussetzung um das Vertrauen zwischen der Heilpädagogin/dem Heil-<br />
pädagogen und der Schülerin/dem Schüler aufbauen zu können. Wiederum spielt das Vertrauen<br />
für die Interaktion eine entscheidende Rolle. Je besser nämlich das gegenseitige Vertrauen ist,<br />
desto positiver verläuft die Interaktion.<br />
87
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Im Interview b) wird das Einfühlungsvermögen klar als Persönlichkeitsaspekt benannt, da man dies<br />
nicht erlernen kann, sondern dieser – laut der Hirnphysiologie - angeboren ist.<br />
6.5 A5 Gewissenhaftigkeit<br />
Darstellung:<br />
Auf der Priorisierungsskala ist der Aspekt Gewissenhaftigkeit an drittletzter Stelle (P10). In Zahlen<br />
ausgedrückt, bezogen sich 4,1% der Aussagen auf diesen Aspekt.<br />
Interpretation:<br />
Die Gewissenhaftigkeit in Bezug auf die Interaktion wurde von allen nicht als wichtig oder ent-<br />
scheidend bewertet. Einzelne Aspekte, die die Gewissenhaftigkeit beinhalten, wurden herausge-<br />
nommen. Eine befragte Person, befand das Festlegen der klaren Ziele als wichtig, eine andere<br />
legte Wert auf das Konsequentsein und die dritte Person betrachtet die Gewissenhaftigkeit eher<br />
als kontraproduktiv, da die Gefahr bestehen könnte, die Organisation in den Mittelpunkt zu stellen<br />
und nicht das Kind.<br />
Anhand der unterschiedlichen Aussagen wird deutlich, dass die Interaktion sich nicht vorwiegend<br />
auf die organisatorischen Aspekte bezieht, sondern das Kind als Mensch im Mittelpunkt stehen<br />
muss.<br />
6.6 A6 Zusammenhang zwischen den Persönlichkeitsaspekten<br />
Darstellung:<br />
Mit 12,9% liegt dieser Aspekt auf der Priorisierungsskala (P2) auf dem zweiten Rang. Häufige<br />
Aussagen wurden in Zusammenhang mit den einzelnen Persönlichkeitsaspekten gebracht.<br />
Interpretation:<br />
Alle drei betonten, die Wichtigkeit der Kommunikation für eine gute Zusammenarbeit. Denn man<br />
kann bekanntlich ja nicht nicht kommunizieren. Dies beeinflusst automatisch die Beziehung, die<br />
sich wiederum auf die Interaktion auswirkt. Zusätzlich wurden wieder Aussagen in Bezug auf die<br />
emotionalen und sozialen Kompetenzen gemacht, die unabdingbar für eine gute Interaktion sind.<br />
Im Zentrum steht hier deutlich das Interesse am Kind, dass der Heilpädagogin/dem Heilpädagogen<br />
hilft, den Perspektivenwechsel zu vollstrecken.<br />
Keiner der interviewten Personen kann sich eine Interaktion ohne Wechselwirkung der einzelnen<br />
Persönlichkeitsaspekte vorstellen, da diese meistens „Hand in Hand“ laufen.<br />
88
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
6.7 A7 Wechselwirkung SHP – Kinder<br />
Darstellung:<br />
Gleichauf wie der Aspekt „Gewissenhaftigkeit“ liegt die Wechselwirkung SHP – Kinder mit 4,1% auf<br />
dem drittletzten Platz der Priorisierungsskala (P10).<br />
Interpretation:<br />
Obwohl sich nicht viele Aussagen auf die Wechselwirkung bezogen, hat diese einen hohen Stel-<br />
lenwert für die Interaktion, laut qualitativer Auswertung. Durch die Kommunikation, sich Einfühlen,<br />
und Interesse am Kind haben findet automatisch eine Wechselwirkung statt. Die Interaktion ist<br />
zwar nicht immer von der Beziehung abhängig und trotzdem gibt es eine Wechselwirkung.<br />
6.8 A8 Psychologische Modelle<br />
Darstellung:<br />
Auf der Priorisierungsskala, mit 6,2%, findet man diesen Aspekt im mittleren Bereich (P8). Zu die-<br />
sem Faktor wurde jedoch nur von einer Person Aussagen dazu gemacht.<br />
Interpretation:<br />
In diesem Aspekt wird der Unterschied zwischen quantitativer und qualitativer Auswertung deutlich.<br />
Anhand der quantitativen Auswertung werden die psychologischen Modelle mehr gewertet als die<br />
Wechselwirkung zwischen SHP – Kinder. Doch die qualitative Auswertung zeigt, dass sich eine<br />
interviewte Person auf drei verschiedene psychologische Modelle bezog. Diese benütze er, um<br />
eigentlich die Wichtigkeit der Empathie, Wertschätzung und Echtheit zu begründen. Die soeben<br />
genannten Aspekte gehören eigentlich zu den Faktoren „emotionale Stabilität“, „Verträglichkeit“<br />
und „Offenheit für Erfahrungen“. Somit bestätigen diese Modelle auch die Zusammenhänge zwi-<br />
schen den einzelnen Persönlichkeitsaspekten.<br />
6.9 A9 Thema Zuordnung, Persönlichkeit oder Verhalten<br />
Darstellung:<br />
Auf der Priorisierungsskala findet man diesen Aspekt im mittleren Bereich (P6). Zu diesem Aspekt<br />
äusserten sich die Interviewten zu 7,7%.<br />
Interpretation:<br />
Dieser Aspekt befindet sich im mittleren Bereich, da man sich in keinem Interview ganz einig war,<br />
welches eindeutige Persönlichkeitsaspekte sind, welche Aspekte erlernbares Verhalten beinhaltet<br />
und ob das Eine von dem Anderen getrennt werden kann.<br />
Durch diese Diskussionen wurde aufgezeigt, dass die Interaktion beziehungsweise die Vorausset-<br />
zungen dazu im Unterbewusstsein abspielt. Einzelne Faktoren sind vielleicht Verhaltensweise, die<br />
angeeignet werden können und andere Faktoren sind Persönlichkeitsaspekte, die gegeben sind.<br />
89
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Je nach Voraussetzung wird die Wechselwirkung geprägt und dadurch auch die Interaktion zwi-<br />
schen der Heilpädagogin/dem Heilpädagoge und der Schülerin/dem Schüler.<br />
6.10 A10 Verhalten / Handlungsrepertoire<br />
Darstellung:<br />
Zu letzt findet man in der Priorisierungsskala diesen Aspekt (P12). Nur 2,1% bezogen sich von den<br />
Aussagen auf das Verhalten/Handlungsrepertoire.<br />
Interpretation:<br />
Zu diesem Aspekt wurde hervorgehoben, dass die Verhaltensweisen und Kompetenzen nicht un-<br />
bedingt im Zusammenhang zur Persönlichkeit stehen müssen. Diese können angeeignet werden<br />
und somit die Interaktion schlussendlich positiv beeinflussen. Das regelmässige Rückmelden kann<br />
sich gut auf die Interaktion auswirken, da dies den Kindern eine gewisse Sicherheit gibt. Dieses<br />
pädagogische Konzept hat wiederum nichts mit der Persönlichkeit zu tun.<br />
In diesem Aspekt steht weniger die Persönlichkeit im Vordergrund, sondern eben das Handlungs-<br />
repertoire beziehungsweise. das Verhalten. Für die Interaktion hat dieser Aspekt nicht so einen<br />
hohen Stellenwert, vielleicht weil dieser sich angeeignet werden kann und nicht als Grundvoraus-<br />
setzung vorhanden sein muss.<br />
6.11 A11 Fachkompetenzen<br />
Darstellung:<br />
Dieser Aspekt befindet sich auf der Priorisierungsskala im mittleren Bereich (P7). Die befragten<br />
Personen machten in Zahlen ausgedrückt 6,7% Aussagen dazu.<br />
Interpretation:<br />
In diesem Aspekt wurde eigentlich mehr auf die Aufgabe der schulischen Heilpädago-<br />
gin/schulischer Heilpädagoge eingegangen. Eine Voraussetzung ist das Fachwissen im Bereich<br />
der Didaktik, Methodik, Inhaltsanalyse und des Instrumentenwissens im Bereich Förderdiagnostik.<br />
Doch diese Voraussetzungen helfen in erster Linie, die Kinder auf ihrem Lernweg angemessen zu<br />
unterstützen und geben keine wirkliche Antwort bezüglich der Interaktion. Trotzdem ist klar, dass<br />
ein gutes Unterrichtskonzept den Rahmen für eine erfolgreiche Interaktion bildet.<br />
6.12 A12 Persönlichkeitsbildung während der Ausbildung zur<br />
SHP<br />
Darstellung:<br />
Auf der Priorisierungsskala findet man diesen Aspekt an dritter Stelle (P3). 12,3% der gemachten<br />
Aussagen bezogen sich auf diesen Aspekt.<br />
90
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Interpretation:<br />
Wieso hat dieser Aspekt bezüglich der Interaktion so einen hohen Stellenwert? Einerseits sagten<br />
alle drei Befragten, dass während der Ausbildung mehr auf die Bildung von Persönlichkeitsaspek-<br />
ten eingegangen werden könnte, doch keiner konnte definieren, wie eine angemessene Art und<br />
Weise aussehen würde, ohne jemanden vor den Kopf zu stossen.<br />
Die Persönlichkeitsaspekte wie auch deren Bildung, wurden von den Befragten als wichtige Vor-<br />
aussetzung empfunden. Sie sind sich einig, dass die Voraussetzung einer guten Interaktion von<br />
den Persönlichkeitsaspekten abhängig ist und diese eigentlich in der Ausbildung berücksichtigt<br />
werden sollten. Spannend wäre somit in der Weiterführung dieser <strong>Masterarbeit</strong>, ein Konzept aus-<br />
zuarbeiten, wie die Persönlichkeitsbildung vermehrt gefördert werden könnte.<br />
6.13 A13 Eignungsprüfung der Persönlichkeit<br />
Darstellung:<br />
Dieser Aspekt befindet sich auf der Priorisierungsskala im mittleren Bereich (P9). Es wurden<br />
7,7% Äusserungen dazu gemacht.<br />
Interpretation:<br />
Alle drei Befragten waren sich einig, dass eine abschliessende Prüfung der persönlichen Eignung<br />
nicht realistisch ist. Im Vorfeld wird entweder ein Eingangstest oder ein Eignungsgespräch durch-<br />
geführt. Doch auch dies gibt den Ausbildnern keine Garantie, dass jede Person, die schulische<br />
Heilpädagogin oder schulischer Heilpädagoge werden möchte, dazu geeignet ist.<br />
91
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
7. Diskussion<br />
In diesem Kapitel werden die Forschungsresultate mit den Interpretationen der qualitativen Unter-<br />
suchung in Beziehung gestellt, gebündelt und unter Einbezug der in Kapitel 2 dargelegten Theori-<br />
en diskutiert. Ziel der Diskussion ist es, die Hauptfragestellung der vorliegenden Arbeit zu beant-<br />
worten.<br />
Die Diskussion fokussiert sich insbesondere auf die Auseinandersetzung mit den theoriegeleiteten<br />
Faktoren 1-5, welche in der Hauptfragestellung vorkommen und stellt ihre Zusammenhänge und<br />
Wechselwirkungen ins Zentrum.<br />
7.1 Diskussion emotionale Stabilität<br />
Die quantitative Interviewauswertung zeigt auf, dass sich 18% aller Ausssagen auf den Faktor der<br />
emotionalen Stabilität beziehen. Kein anderer Faktor wurde so häufig erwähnt. Es scheint, dass<br />
diesem Faktor nach Meinung der Interviewten die grösste Bedeutung zukommt.<br />
Die Resultate der Fragebogenanalyse bestätigen diese Tendenz. Von den fünf Faktoren des Fünf-<br />
Faktoren-Modells wird der emotionalen Stabilität die zweitgrösste Bedeutung beigemessen. Dabei<br />
ist zu beachten, dass der Mittelwert zum Faktor emotionale Stabilität nur marginal unter demjeni-<br />
gen des Faktors Verträglichkeit liegt (minus 0,03). 81% der Befragten beurteilen ausserdem die<br />
emotionale Stabilität als wichtigen oder gar sehr wichtigen Faktor der Interaktionskompetenz einer<br />
Heilpädagogin/eines Heilpädagogen.<br />
Diese deutliche Priorisierung wird durch die qualitative Auswertung der Interviews bestätigt. Alle<br />
Interviewten messen der emotionalen Stabilität im Allgemeinen und insbesondere im Zusammen-<br />
hang mit der Interaktion eine grosse Bedeutung zu und belegen dies mit zahlreichen Aussagen. Es<br />
wurden keine Aussagen gemacht, welche den hohen Stellenwert der emotionalen Stabilität schmä-<br />
lern oder gar in Frage stellen würden. Die Akzeptanz der emotionalen Stabilität, die im Interview<br />
zum Ausdruck kommt, wird durch die Fragebogenauswertung bestätigt: Es liegen keine Nennun-<br />
gen vor, die die Bedeutung der emotionalen Stabilität in Abrede stellen. Auch im Guildford-<br />
Zimmermann-Temperament-Survey (1948) zeichneten sich gut beurteilte Lehrpersonen über hohe<br />
Werte in der emotionalen Stabilität aus.<br />
Die Interviewten umschrieben den Begriff der emotionalen Stabilität mit den folgenden Wörtern:<br />
psychisch stabil sein, die eigenen Schwächen kennen und damit umgehen können, Bedürfnisse<br />
kontrollieren, ausgeglichen sein, Stresssituationen aushalten können, mutig, echt und vertrauens-<br />
würdig sein. Diese Auflistung bringt die Heterogenität dieses Faktors zum Ausdruck. Die einzelnen<br />
Facetten, welche in diesem Faktor enthalten sind, haben einen unterschiedlich zu wertenden Ein-<br />
fluss auf die hohe Wertung des Aspektes. Aufgrund der Vielfältigkeit der Aussagen kann aber auf<br />
eine grundsätzliche Wechselwirkung zwischen den einzelnen Facetten geschlossen werden. Mit<br />
92
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
neun Äusserungen ist dabei die Kategorie Echtheit die meistgenannte und hebt sich deutlich von<br />
den anderen Facetten ab. Auch innerhalb des Fünf-Faktoren-Modells wurde sie am meisten er-<br />
wähnt. Diese Tatsache ist vermutlich darin begründet, dass die Echtheit im Zusammenhang mit<br />
vielen anderen Aspekten steht. In Bezug auf die Interaktion scheint die Echtheit ein Grundwert zu<br />
sein, welcher durch die Kommunikation die Beziehung positiv beeinflusst und somit für eine gute<br />
Interaktion unabdingbar ist. Diese Ansicht stützt Rogers (siehe Kapitel 2.1.4) mit seiner Theorie<br />
vom personenzentrierten Ansatz. Dabei wird der Echtheit eine grosse Bedeutung zugewiesen. Auf<br />
der einen Seite bildet sie eine Disposition, um den Grundsatz der Kongruenz umzusetzen und auf<br />
der anderen Seite ist sie am Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung beteiligt, welche im perso-<br />
nenzentrierten Ansatz eine Grundvoraussetzung darstellt.<br />
Abschliessend kann folgende These aufgestellt werden: Die emotionale Stabilität bildet die Grund-<br />
lage der idealen Persönlichkeit einer schulischen Heilpädagogin, eines schulischen Heilpädago-<br />
gen. Als Facette der emotionalen Stabilität und im Hinblick auf die Interaktion spielt dabei die Echt-<br />
heit eine besonders zentrale Rolle.<br />
7.2 Diskussion Extraversion<br />
Von den fünf Faktoren erhielt die Extraversion mit 3.6% bei der quantitativen Interviewauswertung<br />
am wenigsten Nennungen. Im Vergleich dazu ergab die Fragebogenanalyse bezogen auf die Ex-<br />
traversion einen höheren Wert. Die Tendenz, dass dem Faktor bezüglich Relevanz in Verbindung<br />
mit der Interaktion vermutlich eine weniger zentrale Bedeutung zukommt, scheint sich anhand der<br />
Fragebogenresultate zu bestätigen. Mit einem Mittelwert von 3,78 erhält die Extraversion nach der<br />
Gewissenhaftigkeit die zweittiefste Einstufung. Trotzdem darf die Bedeutung der Extraversion in<br />
Bezug auf die Interaktion nach Meinung der Befragten aber nicht einfach ignoriert werden: Mehr<br />
als zwei Drittel der Befragten (71%) werteten den Faktor immerhin als wichtigen oder sehr wichti-<br />
gen Faktor.<br />
Die Interviewten bestätigen, dass die Extraversion nicht aus der Diskussion ausgeschlossen wer-<br />
den darf. Vom gegenpoligen Begriff der Introversion distanzieren sie sich hingegen klar. Eine ge-<br />
wisse Freundlichkeit und Herzlichkeit sei für die Arbeit mit Menschen durchaus wichtig. Meyer be-<br />
tont, dass ein Klima des Vertrauens, der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft positive Auswirkungen<br />
auf den Lernprozess haben (vgl. 2004, S. 51). Auf der anderen Seite kann sich eine zu starke<br />
Ausprägung in diesem Bereich auch negativ auswirken. Eine übertriebene Freundlichkeit und allzu<br />
grosse Herzlichkeit kann sich in Bezug auf die Echtheit und Glaubwürdigkeit hingegen hemmend<br />
ausdrücken. Ob negativer oder positiver Einfluss - es scheint von der Ausprägung abzuhängen.<br />
Die Extraversion kann eine sehr antreibende Kraft sein, Optimismus und Frohsinn sind Elemente,<br />
welche Lernprozesse positiv unterstützen können. Brigit Rissland weist ausserdem darauf hin,<br />
dass Humor für Lehrpersonen ein probates Mittel zur Stressbewältigung und zur Sicherung der<br />
Unterrichtskompetenz darstellt (vgl. Meyer, 2004, S. 50). Prof. Dr. Josef Steppacher, Rektor der<br />
93
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Hochschule für Heilpädagogik, streicht ergänzend folgende Eigenschaft für eine schulische Heil-<br />
pädagogin, einen schulischen Heilpädagogen hervor: „Mit Stresssituationen muss man umgehen<br />
können. Stress muss man aushalten können“ (c83).<br />
Es kann also vermutet werden, dass sich die Extraversion nicht nur auf die Lernprozesse auswirkt,<br />
sondern einen unterstützenden Einfluss auf die Stressbewältigung der Heilpädagogin-<br />
nen/Heilpädagogen haben kann. Dabei ist zu beachten, dass die Bedeutung der Extraversion in<br />
Bezug auf die Stressbewältigung je nach individuellem Persönlichkeitskonzept unterschiedlich zu<br />
werten ist.<br />
7.3 Diskussion Offenheit für Erfahrungen<br />
Bei der Umfrage wurde die Bedeutung des Aspekts Offenheit für Erfahrungen zu fast 40% als neu-<br />
tral („teils-teils“) bewertet. Die neutrale Wertung war bei keinem anderen Aspekt so hoch. Dies<br />
könnte auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein: Vielleicht waren die Fragen zu wenig ein-<br />
deutig formuliert, so dass die Befragten keine Stellung dazu beziehen konnten. Oder die Befragten<br />
waren der Meinung, dass diesem Faktor bezüglich Interaktion nur eine geringe Bedeutung zu-<br />
kommt. Diese zweite Deutung steht allerdings im Widerspruch zum Mittelwert von 3.78, der aus-<br />
sagt, dass dem Faktor insgesamt ein für die Interaktion relevanter Stellenwert zuzuschreiben ist.<br />
Die teils tiefe Bewertung des Faktors kann mit folgendem Grund zusammenhängen: Diesem Fak-<br />
tor wird auch die Offenheit gegenüber Ästhetik, Ideen, Kunst, Musik und Fantasie zugeteilt. Diese<br />
künstlerische Seite, welche auch in der Persönlichkeit eines Menschen verankert sein kann, wurde<br />
im Fragebogen ebenfalls ermittelt und nicht mit hohen Werten belegt. Da diese Facetten innerhalb<br />
des Faktors anteilmässig stark vertreten sind, ziehen sie die Wertungen der Bedeutung des gan-<br />
zen Faktors in einen tieferen Bereich. Diese Deutung würde der Auswertung der Interviews nicht<br />
widersprechen. In den Interviews kommen keine Äusserungen zu diesen Facetten vor. Vermutlich<br />
handelt es sich bei den Facetten dieser Ausrichtung um vernachlässigbare Aspekte einer Heilpäd-<br />
agoginnen-, Heilpädagogenpersönlichkeit.<br />
Die quantitative Inhaltsanalyse des Interviews bestätigt das neutrale, eingemittete Resultat der<br />
Fragebogenauswertung insofern, als dass der Faktor im Interview ebenfalls den dritten Platz belegt<br />
(3 von 5). Daraus kann die Interpretation abgeleitet werden, dass die emotionale Stabilität und die<br />
Verträglichkeit für die Interaktion vermutlich am bedeutendsten sind, gefolgt von Offenheit, Extra-<br />
version oder Gewissenhaftigkeit.<br />
Eine nicht unwesentliche Bedeutung der Offenheit lässt sich im Weiteren aus den Expertenaussa-<br />
gen herleiten. Oft wurden dabei Wechselwirkungen mit anderen Aspekten erwähnt. Dieses Zu-<br />
sammenspiel mit anderen Faktoren wirkt sich laut Experten positiv auf die Interaktion aus. So be-<br />
tonen die Experten, dass ein genuines Interesse am Kind unabdingbar für jede pädagogische Ar-<br />
beit sei. Die Neugierde an anderen Individuen, an ihrer Geschichte, an ihrer Welt und Kultur, die<br />
Fähigkeit sein Gegenüber ernst zu nehmen, ihm respektvoll und ehrlich gegenüber zu treten, bil-<br />
den weitere wichtige Grundwerte in Bezug auf eine gut funktionierende Interaktion.<br />
94
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Im Zusammenhang mit der Förderung des Selbstwertes schreibt Borchert:<br />
Akzeptieren die Lehrkräfte ihre Schüler in ihren Eigenarten, gelingt es diesen, sich besser zu akzeptieren;<br />
die Folge ist auch eine erhöhte Akzeptanz der Mitschüler. Eine wichtige Hilfe ist das Interesse<br />
der Lehrkräfte am einzelnen Schüler, unabhängig von ihren jeweiligen schulischen Leistungen.<br />
(Borchert, 2000, S. 856)<br />
In der Wechselwirkung mit den beiden wichtigen Facetten Empathie und Echtheit stellt das Inter-<br />
esse am Gegenüber eine unabdingbare „Antriebsfeder“ dar. Dies zeigt auch die quantitative Aus-<br />
wertung dieser Facette innerhalb der Interviews. Es wurden sieben Aussagen zur Facette Interes-<br />
se gemacht, nur zwei anderen Facetten wurden mehr Aussagen zugeordnet. Es sind dies Empa-<br />
thie (8) und Echtheit (9).<br />
„Die sonderpädagogische Situation ist immer wieder neu, immer wieder anders und schwer vor-<br />
ausplanbar, deshalb muss man flexibel sein“ (vgl. c84), stellt Prof. Dr. Josef Steppacher, Rektor<br />
der Hochschule für Heilpädagogik, fest. Damit bringt er eine weitere wichtige Facette zur Sprache:<br />
„Es gehört also zum Profil einer Heilpädagogin/eines Heilpädagogen, dass sie respektive er sich<br />
weiterentwickeln und mit neuartigen Situationen umgehen kann.“<br />
Es ist nicht nur die sonderpädagogische Situation, die sich schnell verändert und neue Formen<br />
annimmt, es ist ein allgemeines Phänomen unserer Zeit. Folgendes Zitat verdeutlicht, welche<br />
Auswirkungen die heutige Zeit aufs Unterrichten und Lernen einnimmt: „Das sozial brauchbarste<br />
Lernverhalten in der modernen Welt ist jenes, bei dem das Lernen als Prozess gelernt wird; darin<br />
drückt sich aus, dass man ständig für Erfahrungen offen ist und Wandlungsprozesse verarbeitet“<br />
(Rogers, zit. nach Stein & Stein, 2006, S.144). Und wie sollte eine Lehrperson, die nur über eine<br />
geringe Offenheit gegenüber Neuem und Andersartigem verfügt, Kinder und Jugendliche in diesem<br />
Bereich begleiten und unterstützen können? Um Individuen zu fördern, welche dem Wandel ge-<br />
genüber offen sind, braucht es Lehrpersonen, welche ein Modell der Offenheit in sich tragen. Bru-<br />
no Zobrist, Dozent der PHZ Luzern, erweitert den Gedanken und zeigt die Wechselwirkung zur<br />
Unterrichtsgestaltung auf: „Wenn die Heilpädagogin, der Heilpädagoge offen für neue Erfahrungen<br />
ist, wird das auch ihre respektive seine Handlungen prägen und somit die Unterrichtsgestaltung<br />
beeinflussen“ (a65).<br />
Flexibilität und Offenheit sind dabei durchaus zwei Elemente, die sich gegenseitig ergänzen und<br />
ineinandergreifen. Stein & Stein beschreiben den idealen Lernbegleiter nach dem Modell des schü-<br />
lerzentrierten Unterrichts nach Rogers als eine Persönlichkeit, welche eine Offenheit, ein Vertrauen<br />
und ein Interesse am Gegenüber mitbringt. Er hat ein gewisses Vertrauen in die Eigenaktivität und<br />
Motivation gegenüber dem Lernen, das er in jedem Individuum angelegt sieht, dabei ist er bemüht,<br />
die nötigen Ressourcen hierfür zur Verfügung zu stellen, wobei er sich selbst als „flexibles Hilfsmit-<br />
tel“ versteht (vgl. Stein & Stein, 2006, S. 148). Die dadurch geschaffene Lernatmosphäre ist eine<br />
Basis für eine gute Interaktion zu Schülerinnen und Schülern. Ein kommunikatives Handeln beein-<br />
flusst das Lernklima ebenfalls positiv.<br />
95
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Das Arbeitsklima und das Interaktionshandeln stehen in<br />
einer Wechselwirkung zueinander. Flexibilität und Offenheit für Erfahrungen scheinen relevante<br />
Bestandteile davon zu sein.<br />
7.4 Verträglichkeit<br />
Wie bereits erwähnt, wird in dieser Diskussion nur auf die Kategorien eingegangen, welche auf<br />
dem Fünf-Faktoren-Modell basieren. Aufgrund der Auswertung der Interviews steht die Verträg-<br />
lichkeit bei der Priorisierungsskala an zweiter Stelle. Der Faktor Verträglichkeit nimmt nach Mei-<br />
nung der Fachpersonen in Bezug auf die Interaktion eine zentrale Stellung ein. Es werden nur<br />
positiv wertende Aussagen zu diesem Faktor vorgebracht.<br />
Auch die Ergebnisse der Umfrage lassen darauf schliessen, dass die Verträglichkeit in Verbindung<br />
mit der Interaktion eine relevante Rolle spielt. Die befragten Lehrpersonen bezeichnen diesen Fak-<br />
tor mit 4,08 sogar als den wichtigsten. In der Fragebogenanalyse unterscheidet sich dieser Wert<br />
aber nur unwesentlich vom Wert 4.05 der emotionalen Stabilität. Nach Meinung der befragten<br />
Lehrpersonen und Heilpädagoginnen/Heilpädagogen haben die beiden Faktoren Verträglichkeit<br />
und emotionale Stabilität die grösste Relevanz im Zusammenhang mit der Interaktion mit Kindern.<br />
In den Interviews wurde vor allem die Empathie und die damit verbundene Notwendigkeit und Fä-<br />
higkeit, Perspektiven wechseln zu können, thematisiert. Dieses Einfühlungsvermögen wirkt sich –<br />
nach Meinung der Fachpersonen - wiederum positiv auf das Vertrauen aus. Wie bei der emotiona-<br />
len Stabilität ist bei der Verträglichkeit eine starke Parallelität zu einzelnen Aspekten des perso-<br />
nenzentrierten Ansatzes nach Rogers zu finden. Die Empathie stellt dabei eine von drei zentralen<br />
Wirkvariablen dar, welche als Grundwert einer vertrauensvollen Beziehung gesehen wird (Kapitel<br />
2.1.4). Die Qualität der Interaktion wird somit durch eine Persönlichkeit mit einem hohen Einfüh-<br />
lungsvermögen positiv beeinflusst. Folgendes Zitat verdeutlicht die elementare Bedeutung der<br />
Empathie im pädagogischen Arbeitsfeld:<br />
Funktionierende Interaktion zwischen Lehrern und Schülern steht und fällt mit der Frage empathischer<br />
Kompetenz als der Fähigkeit, seine Schüler aus dem Blickwinkel einer pädagogischen Perspektive<br />
angemessen „hermeneutisch zu erfahren“ und sein Verhalten und Handeln hieran auszurichten.<br />
(Liekam, 2004, S. 184)<br />
Der Lehrperson wird dabei die Rolle des Lernprozessbegleiters zugeteilt, was der modernen Päd-<br />
agogik und insbesondere der modernen Heilpädagogik entspricht. Aufgrund dieser Perspektive<br />
treten emotionale und soziale Kompetenzen in den Vordergrund. Es geht darum, Schülerinnen und<br />
Schüler wahrzunehmen, Eindrücke und Wahrnehmungen in einen Kontext zu stellen, um auf die-<br />
ser Grundlage zieldienliche Erkenntnisse, Schlussfolgerungen und letztlich konkrete Handlungen<br />
ableiten zu können (vgl. Liekam, 2004, S. 183/184).<br />
„Dabei ist die empathische Kompetenz als Bindeglied zu sehen, ohne das im professionellen Han-<br />
deln kein Bezug zum anderen Individuum hergestellt werden könnte“ (Liekam, 2004, S.185).<br />
96
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Schülerinnen und Schüler signalisieren der Lehrperson beispielsweise einen mangelnden empa-<br />
thischen Umgang, was sie gegenüber der Lehrperson immer wieder zu einem gewissen Grad aus-<br />
liefert. Eine gute Interaktion wird dadurch erschwert (vgl. Liekam, 2004, S. 184).<br />
In allen Interviews wurden acht Aussagen gemacht, welche eindeutig der Empathie zuzuordnen<br />
sind. Diese hohe Anzahl Zuschreibungen – nur die Echtheit wurde mit neun Aussagen öfters auf-<br />
gegriffen - weist auf den hohen Stellenwert der Empathie, die sie in Verbindung mit der Interaktion<br />
zwischen Heilpädagoginnen/Heilpädagogen und Schülerinnen/Schüler einnimmt, hin.<br />
Eine weitere wichtige Facette ist die des Vertrauens. Mit dem Rosenthalexperiment liegt eine For-<br />
schung vor, welche aufzeigt, dass Erwartungshaltungen der Lehrperson an Schülerinnen und<br />
Schüler in der Regel an ein konkretes Schülerinnen- und Schülerverhalten gebunden sind (vgl.<br />
Borchert, 2000, S. 357). Das Vertrauen der Heilpädagogin, des Heilpädagogen in die Leistung der<br />
Schülerin und des Schülers kann also von beachtlicher Bedeutung sein.<br />
Weitere Feststellungen welche stark mit Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Faktoren ver-<br />
bunden sind, werden im Anschluss an die Diskussion der fünf Faktoren des Fünf-Faktoren-Modells<br />
diskutiert.<br />
7.5 Gewissenhaftigkeit<br />
Die Ergebnisse der Interviewanalyse stehen in einer grossen Diskrepanz zu den Fragebogener-<br />
gebnissen. In den Ergebnissen der quantitativen Interviewauswertung ist die Gewissenhaftigkeit im<br />
Vergleich zu den anderen Faktoren an zweitletzter Stelle zu finden. Die Auswertung der Fragebo-<br />
gen hat für die Gewissenhaftigkeit jedoch einen Mittelwert von 3,98 ergeben. Die Bedeutung die-<br />
ses Faktors wird fast so hoch eingeschätzt wie die emotionale Stabilität (4,05) und die Verträglich-<br />
keit (4,08).<br />
Hierzu folgende Vermutung: Die Lehrpersonen, die schulischen Heilpädagoginnen und Heilpäd-<br />
agogen, welche die Fragebogen ausgefüllt haben, beantworteten die Fragen aus der Perspektive<br />
ihrer Praxiserfahrungen und mit dem Fokus, welche Faktoren ihre Arbeit im Alltag am meisten<br />
unterstützen würden. Aus dieser Perspektive ist es gut nachvollziehbar, dass der Gewissenhaftig-<br />
keit eine relativ hohe Bedeutung beigemessen wird.<br />
Im Gegensatz dazu basieren die Ansichten der interviewten Fachpersonen auf Theoriewissen und<br />
ihren Erfahrungen in der Ausbildung von Heilpädagoginnen und Heilpädagogen. In ihrer Arbeit sind<br />
sie immer wieder mit der Aufgabe konfrontiert, den heilpädagogischen Auftrag möglichst genau zu<br />
definieren und dabei eine unterstützende Ausbildung und dementsprechende Hilfsmittel zu entwic-<br />
keln. Die Experten sehen die Aufgaben, die eine Heilpädagogin, ein Heilpädagoge hat, aus einer<br />
grösseren Distanz und beurteilen vor allem theoriegestützt, welche Faktoren für eine gute Kommu-<br />
nikation grundlegend sind. Dabei haben sie das Arbeitsumfeld nur peripher in ihre Argumentation<br />
miteinbezogen und sich auf die Interaktion mit dem Kind fokussiert.<br />
97
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Bei den Resultaten des Fragebogens ist auffallend, dass die Lehrpersonen, insbesondere die Un-<br />
terstufenlehrkräfte, die Gewissenhaftigkeit höher werten als die Heilpädagoginnen und Heilpäd-<br />
agogen. Beim Aspekt Gewissenhaftigkeit ist die Streuung innerhalb des „Praxisfeldes“ (UST, MST,<br />
SHP) am grössten. Im heutigen Lehrerberuf steht nicht nur die pädagogische Arbeit mit den Kin-<br />
dern im Zentrum, sondern sie wird durch die ganze Administration, Planung, Organisation, Abspra-<br />
chen und Elterngesprächen erweitert. „Es gibt kein Ausweichen Nicht-Kooperation; es gibt nur<br />
Zusammenarbeit, die entweder gelingt oder aber scheitern kann. Daher kommt der Zusammenar-<br />
beit der Lehrpersonen in Integrationsklassen und den damit auftauchenden Schwierigkeiten ein<br />
zentraler Stellenwert zu“ (Haeberlin et al., 1992, S. 50).<br />
Die Lehrperson steht im Zentrum der interdisziplinären Zusammenarbeit und ist daher stark auf<br />
eine hohe Gewissenhaftigkeit ihrer Partner angewiesen. Für eine gute Zusammenarbeit sind die<br />
Aspekte wie Termine und Abmachungen einhalten, Pflichtbewusstsein, zeitliche Vorgaben berück-<br />
sichtigen und vertraulich mit Informationen umgehen, grundlegend.<br />
Aus der Sicht der schulischen Heilpädagogin und des schulischen Heilpädagogen ist eine gute<br />
Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen zwar wichtig, doch beeinflussen aus heilpädagogischer<br />
Sicht andere Faktoren die Qualität der heilpädagogischen Arbeit. Um den integrativen Auftrag um-<br />
setzen zu können, ist die Heilpädagogin, der Heilpädagoge vielmehr auf Flexibilität und Offenheit<br />
seitens der Klassenlehrperson angewiesen, die Gewissenhaftigkeit rückt dabei in den Hintergrund.<br />
Prof. Dr. Josef Steppacher, Rektor der Hochschule für Heilpädagogik meint: „Die Heilpädagogin,<br />
der Heilpädagoge müssen sich immer wieder auf neue und unerwartete Situationen einlassen und<br />
darauf reagieren können. Es wird eine gewisse Flexibilität gefordert. Eine zu starke Gewissenhaf-<br />
tigkeit könnte die Fachperson der Heilpädagogik in ihrer Arbeit einschränken“ (vgl. c87, c94). Diese<br />
Ansicht vertreten möglicherweise auch die befragten Heilpädagoginnen, Heilpädagogen und di-<br />
stanzierten sich vermutlich deshalb von einer zu hohen Wertung der Gewissenhaftigkeit im Hin-<br />
blick auf die Interaktion.<br />
Fazit: Die Gewissenhaftigkeit scheint wohl eine wichtige Komponente im Profil einer Heilpädago-<br />
gin, eines Heilpädagogen darzustellen. Aufgrund der Expertenaussagen spielt der Faktor für eine<br />
gute Interaktion mit Kindern vermutlich aber eine weniger zentrale Rolle.<br />
Im nächsten Abschnitt werden die Ergebnisse der restlichen Aspekte zusammenfassend diskutiert.<br />
Es wird beabsichtigt, die Bedeutung der Zusammenhänge innerhalb der fünf Faktoren aufzuzeigen<br />
und die wichtigsten Wechselwirkungen zu beleuchten.<br />
7.6 Zusammenhänge & Wechselwirkungen<br />
Laut Pervin, Cervone und John (vgl. 2005, S. 30) berührt die Persönlichkeit drei Bereiche, welche<br />
manchmal schwierig miteinander in Einklang zu bringen sind: (1) allgemein-menschliche Universa-<br />
lien, (2) individuelle Unterschiede und (3) individuelle Einmaligkeit. Das zeigt auf, welch komplexes<br />
Gebilde eine „Persönlichkeit“ darstellt. Ein korrelatives Zusammenspiel einzelner Puzzleteile, die<br />
98
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
die Menschen mit dem Oberbegriff „Persönlichkeit“ in seinen gröbsten Zügen zu bündeln versu-<br />
chen. Betrachtet man das Gebilde aus der Sicht physikalischer Erkenntnisse, so scheint die<br />
Schlussfolgerung nahe, dass<br />
die Welt kein mechanisches System ist, das sich aus getrennten Objekten zusammensetzt, sondern<br />
schon eher ein komplexes, differenziertes Gewebe von Beziehungen. Alle Gegenstände, die<br />
wir wahrnehmen, sind Strukturen, die – in sich selbst dynamisch – in einem permanenten Entwicklungsprozess<br />
sind. Diese Erkenntnisse bezüglich der Beschaffenheit der matriellen Welt lassen folgern,<br />
dass diese Prinzipien erst recht Gültigkeit haben für lebende Organismen und somit auch für<br />
den Menschen haben. (Wertli, 2008, S. 4)<br />
Dabei handelt es sich um Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen einzelnen Faktoren oder<br />
Facetten, also um Zusammenhänge, welche sich innerhalb der eigenen Persönlichkeit abspielen.<br />
Es gibt aber auch Wechselwirkungen zwischen Persönlichkeitsaspekten und Verhaltensmustern.<br />
So kann eine bestimmte Persönlichkeitseigenschaft ein bestimmtes Verhalten stark beeinflussen.<br />
Dabei können die Persönlichkeitseigenschaften das Verhalten der Person in eine positive Richtung<br />
unterstützen oder sie können unerwünschte Handlungsmuster auslösen. Beides wurde in den In-<br />
terviews angesprochen.<br />
Auf interaktionistischer Ebene müssen noch weitere Wechselwirkungen in Betracht gezogen wer-<br />
den: Das Umfeld, das Wesen der einzelnen Kinder und ihr Verhalten bestimmen massgebend das<br />
Agieren oder Reagieren der Lehrpersonen.<br />
Aufgrund der vorhandenen Komplexität dieses Feldes und der Diversität der festgestellten Wech-<br />
selwirkungen kamen in den Interviews diese Zusammenhängen und Wechselwirkungen immer<br />
wieder zur Sprache. Zum Aspekt A6 „Zusammenhänge zwischen einzelnen Persönlichkeitsaspek-<br />
ten“ wurden 25 Aussagen gemacht. Das waren 12,9% aller Aussagen, was den zweithöchsten<br />
Wert bedeutet. Werden die verwandten Aspekte A7 „Wechselwirkungen SHP-Kinder“ (4,1%) und<br />
A9 „Zuordnung Persönlichkeit oder Verhalten“ (7,7%) auch noch in die Betrachtung einbezogen,<br />
stellt das Feld der Wechselwirkungen das meist thematisierte Gebiet der Interviews dar.<br />
Innerhalb des Interviews stellten sich vor allem zwei Fragen:<br />
3a) Welcher Zusammenhang besteht zwischen den einzelnen Persönlichkeitsaspekten und dem<br />
Interaktionshandeln der Heilpädagoginnen, der Heilpädagogen?<br />
3b) Welche Wechselwirkungen können einzelne Persönlichkeitsmerkmale in Bezug auf die Interak-<br />
tion zwischen Heilpädagogin/Heilpädagoge und den Kindern auslösen?<br />
Die Frage, ob Handlungsstrategien einem Persönlichkeitsaspekt oder einem erlernbaren Verhalten<br />
zugeordnet werden sollen, stellte sich in den Interviews immer wieder. Es ist nicht der zentrale<br />
Anspruch der Arbeit, zwischen Verhalten und Persönlichkeitseigenschaft trennscharf zu unter-<br />
scheiden. Aufgrund der Interviewaussagen kann man jedoch die Behauptung aufstellen, dass die<br />
Persönlichkeit das Handeln beeinflusst. Das kommt auch in der Aussage von Prof. Dr. phil. Koni<br />
Rohner zum Ausdruck: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Persönlichkeitsaspekte gibt, die nicht<br />
99
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
ins Handeln einfliessen“ (b100). Pervin, Cervone und John gehen hier noch weiter und sehen das<br />
Verhalten als Teil der Persönlichkeit: „Bei der Persönlichkeit geht es um jene Charakteristika oder<br />
Merkmale des Menschen, die konsistente Muster des Fühlens, Denkens und Verhaltens ausma-<br />
chen“ (2005, S. 31).<br />
Und wie gut kann man Verhaltensweisen, welche für das pädagogische Handeln zentral sind, er-<br />
lernen? Hierzu Prof. Dr. Josef Steppacher, Rektor der Hochschule für Heilpädagogik: „Verhaltens-<br />
weisen können teilweise erlernt werden, es ist aber ein schwieriger Lernprozess (vgl. c5, c28).<br />
Personen, welche sich für einen sozialen, pädagogischen Berufsweg entscheiden, bringen vielfach<br />
in ihrer Persönlichkeitsstruktur schon viele wichtige Eigenschaften mit, deshalb fühlen sie sich zu<br />
diesem Arbeitsfeld hingezogen (vgl. c28). Man geht also davon aus, dass sich Leute für eine päd-<br />
agogische Arbeit interessieren, welche eine gewisse persönliche Disposition in dieser Hinsicht und<br />
die Bereitschaft zur Weiterentwicklung mitbringen. Diese Ansicht bestätigte lic. phil. Bruno Zobrist,<br />
Dozent der PHZ Luzern: „Ich hoffe natürlich, dass wirklich nur solche Leute die Ausbildung absol-<br />
vieren, die wirklich Gutes möchten und denen Kinder wichtig sind. Dass sie bereit sind, sich selber<br />
weiterzuentwickeln“ (a168). Dass das pädagogische Arbeitsfeld der Heilpädagogin/des Heilpäd-<br />
agogen eine entsprechende persönliche Disposition voraussetzt und diese Disposition die Wahl<br />
des Arbeitsfeldes beeinflussen kann, war unter den interviewten Personen nicht bestritten.<br />
Dabei ist zu beachten, dass das Erlernen von nützlichen Verhaltensweisen an Bedingungen ge-<br />
knüpft ist und dass dem Grenzen gesetzt sind. So postuliert Prof. Dr. phil. Koni Rohner: „Für mich<br />
sind das Handeln und die Persönlichkeit sehr nahe beieinander, und das „Wissen“ gibt es eigent-<br />
lich nicht“ (b108).<br />
Rohners Postulat stützt sich dabei auf eine Darlegung von Sokrates, welche im Dialog Gorgias zu<br />
finden ist: „...ungerecht handeln könne nur, wer nicht wisse, was für seine Seele gut ist, niemand<br />
tue freiwillig, bewusst Böses .... eine Fähigkeit, etwas dank erforderlichen Wissens richtig zu tun,<br />
im Gegensatz zu einer schlechten Technik, der es an Wissen fehlt .... Er setzt voraus, wer das<br />
Richtige erkannt habe, könne nicht das Falsche tun“ (Marti, 2008, S. 19-21). Mit anderen Worten,<br />
wenn das Wissen, die Überzeugung verinnerlicht ist, fliesst sie automatisch ins Handeln ein (vgl.<br />
Interview Rohner, b90).<br />
Auch Rogers sieht die drei Wirkvariablen Empathie, Kongruenz und Wertschätzung seines Perso-<br />
nenzentrierten Ansatzes nicht im Sinne eines operationalisierten Verhaltenskonzepts. Vielmehr<br />
stellen die drei Begriffe Grundwerte einer verinnerlichten Haltung dar, welche im Endeffekt die<br />
eigene Entfaltung des Interaktionspartners unterstützen sollen. Sie sollen „echt“, als Teil der eige-<br />
nen Persönlichkeit gelebt werden. Keil umschreibt es folgendermassen:<br />
Das verbreitetste Missverständnis besteht darin, sie nicht als Grundeinstellungen, sondern als konkrete<br />
Methoden oder Verhaltensanweisungen zu sehen. Rogers hat hingegen grössten Wert darauf<br />
gelegt, dass die therapeutischen Grundhaltungen nicht mit blossen Strategien oder Techniken verwechselt<br />
werden. Es handelt sich bei ihnen vielmehr um eine ganzheitliche Orientierung, eine<br />
„grundlegende operationale Philosophie“, um eine „Seinsweise (way of being)“ der Therapeutin....Von<br />
daher ergibt sich, dass die Grundhaltungen auch nicht als getrennte „Variablen“ aufzufassen<br />
sind, sondern immer in ihrem gegenseitigen funktionalen Zusammenhang gesehen werden<br />
müssen. (Rogers, 2005, S. 3)<br />
100
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Es ist klar, dass eine solche Verinnerlichung eine vertiefte, intensive Auseinandersetzung mit der<br />
personenzentrierten Philosophie voraussetzt und über eine längere Zeit vorangetrieben werden<br />
muss. Das Resultat ist eine Vernetzung und Aktivierung von Wechselwirkungen zwischen einzel-<br />
nen Persönlichkeitsaspekten.<br />
Trotz aller festgestellter und erfassten Zusammenhänge und Wechselwirkungen, welche eine Per-<br />
sönlichkeit mitprägen können, sollen sie trotzdem nie als absolut gelten. Das verdeutlicht die Per-<br />
sönlichkeitsdefinition Asendorpf’s: „Unter der Persönlichkeit eines Menschen wird in der Alltags-<br />
psychologie die Gesamtheit aller seiner Eigenschaften (Dispositionen und Gestalteigenschaften)<br />
verstanden, in denen er sich von anderen Menschen unterscheidet“ (1999, S. 5).<br />
101
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
8. Beantwortung der Fragestellung<br />
Im vorherigen Kapitel wurden alle Ergebnisse in einer umfassenden Diskussion verglichen und<br />
zueinander in Bezug gesetzt. Mit Hilfe dieser Auswertungen werden nun die Fragestellungen der<br />
vorliegenden Arbeit beantwortet.<br />
Zuerst werden die beiden Unterfragen beantwortet, welche thematisch zur Hauptfrage hinführen.<br />
Im Anschluss daran wird auf die Hauptfrage eingegangen. Weiter folgen Ausführungen zu einer<br />
Anschlussfrage und zu einer Frage bezüglich Ausbildung. Unter Ausblick wird letztlich versucht,<br />
Vorschläge für die Schulung von Heilpädagoginnen und Heilpädagogen herzuleiten.<br />
8.1 Beantwortung der Unterfragen<br />
1. Fragestellung<br />
Welcher Zusammenhang besteht zwischen einzelnen Persönlichkeitsfaktoren<br />
und dem Interaktionshandeln der Heilpädagogin, dem Heilpädagogen?<br />
Aufgrund der Ergebnisse der Fragebogenanalyse, der Resultate der Interviews und der Litera-<br />
turverweise kann davon ausgegangen werden, dass verschiedenste Persönlichkeitsaspekte<br />
das Interaktionshandeln beeinflussen und prägen. Um die Bedeutung der Persönlichkeit im<br />
Interaktionshandeln aufzuzeigen, wird dieses nochmals kurz skizziert.<br />
Interaktion bezeichnet die umfassende, nicht nur auf sprachliche Kommunikation beruhende Wechselbeziehung<br />
zwischen zwei oder mehreren Personen mit verhaltensbeeinflussender Wirkung. Um<br />
soziale Interaktion handelt es sich, wenn zwei oder mehrere Personen ein Gespräch miteinander<br />
führen, aber ebenso, wenn z.B. ein Lehrperson seine Schüler durch Gesten und Mimik zur Mitarbeit<br />
auffordert ... (Köck, 1997, S. 333-335)<br />
Die Interaktionshandlung ist verbunden mit der sozialen Interaktion, welche unter im Kapitel 2.5.1.2<br />
beschrieben ist. Die Handlung A hat eine Auswirkung auf die Handlung von B und umgekehrt. Die-<br />
se Wechselwirkung wird beeinflusst von den Persönlichkeitsaspekten der beiden Handelnden. In<br />
diesem Prozess hat wiederum der symbolische Interaktionismus (siehe Kapitel 2.5.1) einen star-<br />
ken Einfluss, welcher ebenfalls durch die persönliche Disposition geprägt wird. Das Objekt, bezie-<br />
hungsweise die Person, wertet eine bestimmte Situation anhand der subjektiven Wahrnehmung.<br />
Das entsprechende Handeln wird dadurch geprägt. Das Gegenüber nimmt die Interaktionshand-<br />
102
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
lung war, interpretiert die Situation wieder aus dessen subjektiver Sicht und handelt dementspre-<br />
chend. Dieses Wechselspiel zeigt den Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsaspekten und<br />
Interaktionshandeln klar auf. Prof. Dr. phil. Koni Rohner hält dazu fest: „Ich kann mir nicht vorstel-<br />
len, dass es Persönlichkeitsaspekte gibt, die nicht ins Handeln einfliessen“ (b100).<br />
Abschliessend kann aufgrund der vorliegenden Forschungsarbeit ausgeführt werden, dass das<br />
Interaktionshandeln zwar gesteuert, erlernt und beeinflusst werden kann. Schlussendlich wird je-<br />
doch das intuitive Handeln stärker von der Ausformung der Persönlichkeitsaspekte beeinflusst, die<br />
als angeborene Handlung bezeichnet wird. Das Interaktionshandeln wird zusätzlich von den jewei-<br />
lig involvierten Persönlichkeiten mit ihren einzelnen Ausprägungen beeinflusst. Die Persönlichkeit,<br />
mit ihren Verschiedenheiten, Stärken und Schwächen stellt das zentrale Arbeitsinstrument einer<br />
pädagogischen Interaktion dar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht allen Aspekten und Fakto-<br />
ren die gleiche Bedeutung zukommt. So ist beispielsweise der Sinn für Ordnung nicht so einfluss-<br />
reich in Bezug auf eine gute Interaktionskompetenz wie die Ausprägung der Empathie. Anhand der<br />
zweiten Fragestellung werden unabdingbare Persönlichkeitsaspekte für eine gute Interaktionfähig-<br />
keit aufgezeigt und ihre Bedeutung beschrieben.<br />
2. Fragestellung<br />
Gibt es Persönlichkeitsfaktoren, welche für eine gute Interaktion unabdingbar<br />
sind?<br />
Die Persönlichkeit eines Menschen besteht aus einer Menge unterschiedlicher Aspekte. Aus sy-<br />
stematischer Sicht könnte man auch von Persönlichkeitsteilen sprechen. Die Teile, beziehungs-<br />
weise die Persönlichkeitsaspekte, stehen in einer Beziehung zueinander. Die Gesamtheit ist primär<br />
und die Dynamik des Ganzen bestimmt die Eigenschaften der einzelnen Teile mit. Wie bei einem<br />
Mobile sind auch die einzelnen Teile einer Persönlichkeit so miteinander verbunden, dass eine<br />
Änderung in einem Teilbereich eine Veränderung im ganzen System verursachen kann. Aus die-<br />
sem Grund kann man in Bezug auf die Interaktion keinen Persönlichkeitsaspekt ganz aus der Ver-<br />
antwortung nehmen. Alle Fünf Faktoren des Big-Five-Modells sind in den Interaktionsprozess in<br />
irgendeiner Weise eingebunden und nehmen Einfluss. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit<br />
zeigen auf, dass jeder Faktor seine Berechtigung hat.<br />
An dieser Stelle soll nochmals die Persönlichkeitsdefinition Asendorpf miteinbezogen werden, wel-<br />
che jeden Menschen als einzigartige Gesamtheit seiner einzelnen Persönlichkeitsaspekte sieht<br />
(vgl. 1999, S. 5). Somit unterscheiden sich die Menschen untereinander und es ist folglich nicht<br />
realistisch, statische allgemein gültige Aussagen über die Bedeutung und Wirkung einzelner Per-<br />
sönlichkeitsaspekte auszuführen. Je nach Individuum kann sich die Bedeutung einzelner Aspekte<br />
verlagern. Trotzdem werden nachfolgend einige Faktoren, oder noch präziser einige Facetten,<br />
aufgelistet und beschrieben, welche aufgrund der Resultate dieser Forschungsarbeit als unabding-<br />
bar für ein gutes Interaktionshandeln zu bezeichnen sind. Sie sollen jedoch nicht als absolute und<br />
103
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
universell anzustrebende Werte betrachtet werden. Vielmehr stellen sie eine mögliche Entwick-<br />
lungsrichtung im Sinne eines möglichen Modells dar, die aus der Perspektive dieser Arbeit hervor-<br />
gegangen ist.<br />
Obwohl allen Faktoren des Fünf-Faktoren-Modells eine gewisse Bedeutung in Bezug auf die Inter-<br />
aktion zugesprochen wurde, kommt klar zum Ausdruck, dass einige Faktoren höher gewichtet<br />
werden als andere. Am meisten konzentrierten sich die Aussagen auf die emotionale Stabilität und<br />
auf die Verträglichkeit. Diese beiden Faktoren erhielten den höchsten Stellenwert in Bezug auf die<br />
Persönlichkeitsaspekte und dessen positive Auswirkung auf die Interaktion. Auch dem Faktor Of-<br />
fenheit für Erfahrungen wurde in einigen Bereichen eine grosse Bedeutung zugeschrieben. Den<br />
Faktoren Extraversion und Gewissenhaftigkeit wurde eine weniger wichtige Rolle im Zusammen-<br />
spiel mit dem Interaktionshandeln beigemessen. Eine zu hohe Ausprägung dieser Faktoren kann<br />
sich sogar negativ auf das Interaktionshandeln auswirken.<br />
Innerhalb der drei priorisierten Faktoren sollen nun vier Facetten aufgezeigt werden, welche für die<br />
Interaktion unabdingbar scheinen. Wenn diese Facetten unter einen Oberbegriff gebündelt werden<br />
müssten, wäre wohl die Überschrift der Sozial- und Selbstkompetenz am zutreffendsten.<br />
„Psychische Stabilität“, „Echtheit“, „Empathie“ und „Interesse am Gegenüber“ stellen Facet-<br />
ten der Persönlichkeit dar, von denen eine hohe Ausprägung vorhanden sein muss, um ein gutes<br />
Interaktionshandeln auslösen zu können. Die vier genannten Facetten sind mit weiteren Facetten<br />
vernetzt, welche das Interaktionshandeln ebenfalls positiv beeinflussen.<br />
Der nächste Teil stellt die Hauptfrage dieser Arbeit ins Zentrum. Facetten und ihre Bedeutung wer-<br />
den mit dieser Ausrichtung einbezogen.<br />
8.2 Beantwortung der Hauptfragenstellung<br />
Hauptfragestellung<br />
Welche Persönlichkeitsfaktoren der schulischen Heilpädagogin, des schuli-<br />
schen Heilpädagogen beeinflussen die Interaktion mit Schülerinnen und<br />
Schülern positiv?<br />
Im folgenden Abschnitt werden nun die Persönlichkeitsaspekte, welche den Interaktionsprozess<br />
positiv beeinflussen, deskriptiv dargestellt. Dabei werden auch Wechselwirkungen und Zusam-<br />
menhänge aufgezeigt.<br />
104
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Die schulische Heilpädagogin, schulischer Heilpädagoge muss sich immer wieder an neue Situa-<br />
tionen anpassen können. Sie, beziehungsweise er, muss also eine gewisse Flexibilität und Offen-<br />
heit gegenüber Unvorhergesehenem und Neuem mitbringen. Wichtig ist dabei auch, dass die Be-<br />
reitschaft vorhanden ist, die eigenen Schwächen zu erkennen und akzeptieren zu können. Je bes-<br />
ser das gelingt, desto stabiler ist die Psyche. Für jeden Menschen ist es wichtig, seine Bedürfnisse<br />
kontrollieren zu können, um so eine gewisse Ausgeglichenheit zu erreichen. Eine emotional unsta-<br />
bile Person ist nämlich eine besonders schwierige Begleitung für Kinder. Psychische Stabilität ist<br />
somit eine selbstverständliche Grundvoraussetzung in Bezug auf die Interaktion mit Kindern. Kon-<br />
gruenz kann als Brücke zu den Elementen Echtheit und Empathie angesehen werden. Die Vor-<br />
aussetzung zum „Echt sein“ wird erlangt, wenn die eigenen Schwächen und die eigenen Gefühle<br />
erkannt werden, wenn man sich in Andere einfühlen kann und mit den Gefühlen umzugehen weiss.<br />
Interaktion muss von Ehrlichkeit geprägt sein. Obwohl Echtheit als sehr banal erscheint, kann<br />
unechtes Verhalten eine lernfördernde Interaktion empfindlich stören. Durch den Perspektiven-<br />
wechsel und das Einfühlungsvermögen kann man mit den Schülerinnen und Schülern auf „Au-<br />
genhöhe“ kommunizieren. Dieser Rahmen bildet eine wichtige Interaktionsbasis. Die Arbeit mit<br />
Kindern bedingt, dass man sich in den spezifischen Bezugsrahmen von Schülerinnen und Schü-<br />
lern einfühlen kann. Die Herkunft, das Rundherum, der biografische Hintergrund, die Denkweise<br />
und die Einstellung des Kindes muss erkannt und in die Betrachtung des Kindes einbezogen wer-<br />
den. Je besser das gelingt, umso eher kann gegenüber dem Kind Vertrauen aufgebaut werden.<br />
Ein genuines Interesse am Gegenüber zeigt sich in einer wertschätzenden Grundhaltung. Es<br />
ermöglicht, sich in die Welt des Kindes einzugeben und mit ihr und dem Kind in Kontakt zu treten.<br />
Erst die oben genannten Werte ermöglichen es dem Kind, sich verstanden und angenommen zu<br />
fühlen und Vertrauen zu seinen Interaktionspartnern aufzubauen.<br />
Ergänzend zu dieser Darstellung ist festzuhalten, dass das Wissen der Existenz dieser elementa-<br />
ren Persönlichkeitsaspekte noch keine positive Interaktion zwischen der Heilpädagogin/dem Heil-<br />
pädagogen und den Kindern gewährleistet. Das Wissen muss handlungsorientiert verinnerlicht und<br />
automatisiert werden, so dass die einzelnen Faktoren und Facetten untereinander in Wechselwir-<br />
kung treten können und somit zu einem integrierten Teil der Persönlichkeit werden.<br />
8.2.1 Kleiner theoretischer Exkurs<br />
Wenn die Facetten betrachtet werden, welche aufgrund der vorliegenden Arbeit als unabdingbar<br />
für ein gutes Interaktionshandeln sind und werden diese mit den kursiv gedruckten Begriffen des<br />
oberen Abschnitts ergänzt, fällt auf, dass man eine Beschreibung vor sich hat, welche den Grund-<br />
werten des personenzentrierten Ansatzes nach Rogers sehr gleichen. Es scheint, dass Rogers<br />
bereits ein ideales Grundmodell für ein gutes Interaktionshandeln geschaffen hat. Oder mit ande-<br />
ren Worten, die Befunde der vorliegenden Arbeit über die idealen Persönlichkeitseigenschaften<br />
einer Heilpädagogin, eines Heilpädagogen in Bezug auf die Interaktion lassen sich sehr gut ins<br />
Modell des personenzentrierten Ansatzes nach Rogers integrieren.<br />
105
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
8.2.2 Zusammenfassende Beantwortung der Hauptfragestellung<br />
Zusammenfassende Beantwortung der zentralen Fragestellung auf Grund der vorliegenden Forschungsar-<br />
beit<br />
1. Interaktionshandeln kann gesteuert, erlernt und beeinflusst werden, doch bei in-<br />
tuitivem Handeln überwiegt die Prägung durch Persönlichkeitsaspekte. Einzelne<br />
Persönlichkeitsaspekte haben einen grossen Einfluss auf das Interaktionshan-<br />
deln.<br />
2. Im Zusammenhang mit der Interaktion beschreibt die vorliegende Arbeit ein Bild<br />
der Persönlichkeit, welche sie als individuelles Ganzes verschiedenster Persön-<br />
lichkeitsaspekte, beziehungsweise als System, verschiedenster Wechselwirkun-<br />
gen darstellt. Deshalb können keine allgemeingültigen Aussagen gemacht wer-<br />
den, nur relative Ausrichtungen und Modelle, die auf den Erkenntnissen und<br />
Perspektiven dieser Forschungsarbeit beruhen.<br />
3. Innerhalb des Fünf-Faktoren-Modells zeichnet sich basierend auf den erhobe-<br />
nen Daten eine sehr hohe Bedeutung der Faktoren emotionale Stabilität und<br />
Verträglichkeit ab. Der Faktor Offenheit für Erfahrung enthält ebenfalls Teilberei-<br />
che, die sich positiv auf die Interaktion auswirken. Den Faktoren Extraversion<br />
und Gewissenhaftigkeit kommt aufgrund der erhobenen Daten eine geringere<br />
Bedeutung zu. Eine zu hohe Ausprägung in diesen beiden Faktoren könnte sich<br />
laut Experten sogar negativ auf die Interaktion mit Schülerinnen und Schülern<br />
auswirken.<br />
4. Aufgrund der Forschungsergebnisse konnten Facetten der Persönlichkeit be-<br />
stimmt werden, welche für eine positive Prägung des Interaktionshandelns be-<br />
sonders wirksam scheinen. Diese Auswahl wird mit untergeordneten Facetten<br />
ergänzt, die das Interaktionshandeln ebenfalls massgebend beeinflussen kön-<br />
nen. Die sekundären Facetten stehen oft in Wechselwirkung mit den vier primä-<br />
ren Facetten:<br />
• Psychische Stabilität, Ausgeglichenheit<br />
• Empathie, Fähigkeit zum Perspektivenwechsel<br />
• Echtheit, Kongruenz, Vertrauen entgegenbringen können<br />
• Interesse am Gegenüber, wertschätzende Grundhaltung, Offenheit gegen-<br />
über Neuem und Flexibiltät<br />
106
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
8.3 Beantwortung der Anschlussfrage<br />
Im Zentrum der Arbeit steht die Hypothese, dass die Persönlichkeit im Zusammenhang mit der<br />
Interaktion das primäre Instrument darstellt. In diesem Zusammenhang wurden oben die bedeu-<br />
tendsten Persönlichkeitsaspekte ausgeführt.<br />
Die Konzeption der Forschungsarbeit beachtet die Tatsache, dass es neben der Persönlichkeit<br />
weitere Aspekte gibt, welche auf das Interaktionshandeln Einfluss nehmen. Deshalb wurde inner-<br />
halb der Interviews auch Raum gelassen, weitere Punkte anzusprechen. Die Resultate wurden mit<br />
Theorie ergänzt. Anhand der folgenden Fragestellung werden nun weitere Faktoren aufgezeigt,<br />
welche neben den einzelnen Persönlichkeitsaspekten einen positiven Einfluss auf das Interakti-<br />
onshandeln haben können.<br />
3. Fragestellung<br />
Welche Aspekte neben den Persönlichkeitsfaktoren haben einen Einfluss<br />
auf die Interaktion zwischen Schülerinnen, Schülern und Heilpädagoginnen,<br />
Heilpädagogen?<br />
Prof. Dr. Josef Steppacher, Rektor der Hochschule für Heilpädagogik antwortet in diesem Zusam-<br />
menhang: „Zu 50% wirkt die Didaktik und zu 50% wirkt die Persönlichkeit“ (c111). Im Idealfall wird<br />
also eine „ideale“ Persönlichkeit in Bezug auf eine gute Interaktionskompetenz ergänzt, durch ein<br />
umfassendes didaktisches Wissen und der Fähigkeit, dieses situationsbezogen anzuwenden. Oder<br />
erst durch eine gut angewandte Didaktik kann eine „ideale“ Persönlichkeit in Bezug auf die Interak-<br />
tion ihre vollen Fähigkeiten umfassend und gewinnbringend einsetzen. Nur durch den geschaffe-<br />
nen Rahmen kommen die positiven persönlichen Eigenschaften zum Tragen. Diesen Rahmen, in<br />
welchem die Interaktion eingebettet ist, kann auch Unterrichtskonzeption genannt werden. Sie<br />
beinhaltet verschiedene Elemente, welche ebenfalls wie die Persönlichkeitsaspekte in enger<br />
Wechselwirkung zueinander stehen und der Unterrichtskonzeption eine Gestalt verleihen. Im<br />
nächsten Abschnitt werden die Elemente deskriptiv dargestellt.<br />
Die Kernaufgabe der schulischen Heilpädagogin, des schulischen Heilpädagogen ist es, Kinder mit<br />
speziellen Förderbedürfnissen zu erkennen und sie auf ihrem Lernweg angemessen zu unterstüt-<br />
zen. Diese sonderpädagogische Aufgabe erfordert ein vertieftes Fachwissen im Bereich der Di-<br />
daktik, Methodik, Inhaltsanalyse, Instrumentenwissen und der Förderdiagnostik.<br />
Auf diesen Grundlagen muss ein Unterrichtskonzept gestaltet werden. Dabei gelingt es wesentlich<br />
einfacher und in einer kürzeren Zeitspanne, fachdidaktische Theorien und Methoden zu erlernen<br />
als sich Persönlichkeitseigenschaften anzueignen, welche die Interaktion positiv beeinflussen.<br />
107
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Wie bei den Persönlichkeitsstrukturen muss hier darauf hingewiesen werden, dass es keine allge-<br />
meingültigen Gütekriterien für ein ideales Unterrichtskonzept gibt (vgl. Meyer, 2004, S. 7). Meyer<br />
hält dazu fest: „Die Über- oder Unterlegenheit bestimmter Unterrichtskonzepte lässt sich zurzeit<br />
empirisch nicht nachweisen“ (2004, S. 8). Daher gilt der Grundsatz, dass verschiedene Wege zu<br />
einem guten Unterrichtskonzept und somit auch zu einer Grundvoraussetzung für einen guten<br />
Interaktionsrahmen, in welchem die Persönlichkeit möglichst gewinnbringend Einfluss nehmen<br />
kann, führen können.<br />
Zusammenfassende<br />
Beantwortung<br />
Anhand von Fachwissen, in den Bereichen Didaktik, Methodik, Inhaltanalyse, Instru-<br />
mentenwissen und der Förderdiagnostik, wird eine individuelle Unterrichtskonzeption<br />
entwickelt, welche die Interaktion positiv beeinflussen kann. Dabei bildet sie einen ge-<br />
wissen Interaktionsrahmen, welcher die Entfaltung und Wirkung der einzelnen Persön-<br />
lichkeitsaspekte positiv unterstützt.<br />
8.4 Beantwortung der Frage zur Ausbildung<br />
In den Eingangskapiteln der vorliegenden Arbeit wird die geringe Bedeutung, welche der Persön-<br />
lichkeitsbildung im Rahmen der Ausbildung zugeschrieben wird, kritisch erwähnt.<br />
Das Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit ist es einerseits aufzuzeigen, welche Persönlichkeits-<br />
aspekte einen positiven Einfluss auf das Interaktionshandeln der schulischen Heilpädagogin und<br />
des schulischen Heilpädagogen haben können und andererseits Ausbildungselemente anzuregen,<br />
die sich auf Persönlichkeitsmerkmale beziehen und welche nach Meinung zahlreicher Expertinnen<br />
und Experten eine elementare Bedeutung im Hinblick auf das pädagogische Arbeitsfeld haben.<br />
Anhand der Beantwortung folgender Fragestellung werden die Ergebnisse der Arbeit dargelegt und<br />
ein Kontext zum aktuellen Bezugsrahmen hergestellt.<br />
4. Fragestellung<br />
Muss die Bildung der Persönlichkeit in der Ausbildung zur Heilpädagogin, zum<br />
Heilpädagogen stärker berücksichtigt werden? Wenn ja, welche Persönlichkeits-<br />
faktoren muss man besonders berücksichtigen?<br />
108
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Die personelle Besetzung der drei Interviews ist bewusst so gewählt, dass die Experten drei ver-<br />
schiedene pädagogische Institutionen vertreten. Somit kann man unterschiedliche Ausbildungs-<br />
modelle kennenlernen, vergleichen und von den konzeptionellen Unterschieden profitieren.<br />
Unter den Interviewten besteht ein Konsens, dass der Persönlichkeitsbildung während der Ausbil-<br />
dung ein grosser Stellenwert zukommt und dass die momentane Ausbildung diesen Aspekt zu<br />
wenig berücksichtig.<br />
In diesem Zusammenhang schrieb Erich Kästner bereits vor 35 Jahren: „Es kann nicht früh genug<br />
darauf hingewiesen werden, dass man die Kinder nur dann vernünftig erziehen kann, wenn man<br />
zuvor die Lehrer vernünftig erzieht“ (Kästner, 1975, S. 307).<br />
In dieses Zitat greift die prägnante Aussage von Prof. Dr. phil. Koni Rohner:<br />
Menschenbildung sagte man früher, heute nicht mehr. Heute ist es modern kompetent und professionell<br />
zu sein. In unserer heutigen Gesellschaft kommt das Wort professionell am meisten vor.<br />
Doch professionell hat etwas mit einer Serienfabrikation zu tun und kommt nicht an den Begriff der<br />
Persönlichkeit heran. Für mich hat eine Persönlichkeit mit „Vorbild sein“ zu tun.<br />
Die Berechtigung von heilpädagogischem Fachwissen und Professionalität als relevante Elemente<br />
der Ausbildung sind kaum bestritten. Wie die erhobenen Befunde jedoch zeigen, dürfen persön-<br />
lichkeitsbildende Aspekte dadurch nicht aus der Lehrerbildung verdrängt werden. Die Persönlich-<br />
keit stellt ein zentrales Instrument für die Interaktion und damit eine elementare Grundlage für das<br />
pädagogische Arbeitsfeld dar.<br />
„Dass man Lehrer „machen“ kann, scheint außer Frage zu stehen, eher das „Wie“ im Spannungs-<br />
feld von Theorie und Praxis (vgl. dazu Neuweg 2004) ist Gegenstand der Auseinandersetzung“<br />
(Mayr & Neuweg, 2006, S. 183).<br />
Somit ist es nicht verwunderlich, dass Institutionen verschiedene Organisationsformen, Modelle<br />
und Arten der Persönlichkeitsbildung aufweisen. Es herrscht kein Konsens über die Form der Um-<br />
setzung im Rahmen der Ausbildung, das ergaben die Interviews mit Fachpersonen aus verschie-<br />
denen Institutionen. Die Bildung der Persönlichkeit an den Fachhochschulen orientiert sich nicht an<br />
klar definierten Zielen. In der Regel läuft sie nur sehr unterschwellig parallel zur fachlichen Ausbil-<br />
dung.<br />
Die Hochschule für Heilpädagogik Zürich hat im neuen Studienprofil ein Selbstkompetenzprofil<br />
erarbeitet (vgl. Masterstudiengang Sonderpädagogik HfH, 2010), welches der Persönlichkeitsbil-<br />
dung eine gewisse Perspektive vorzeichnet. Sie wird im letzten Teil dieses Kapitels noch genauer<br />
ausgeführt.<br />
109
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
8.4.1 Persönlichkeitsbildung - ein heikler Ausbildungsbereich<br />
Die Schulung beziehungsweise die Formung der Persönlichkeit an einer Hochschule ist heikel und<br />
nicht unproblematisch. Sie muss an einen Gegenstand oder an eine Tätigkeit gebunden sein. Des-<br />
halb findet sie Eingang in kollegialen Beratungen, Rollenspielen, Austauschmöglichkeiten, Super-<br />
visionen oder Selbstreflexionen.<br />
Eine weitere Herausforderung stellt die Bedingung dar, dass die Arbeit an der eigenen Persönlich-<br />
keit nach einem geschützten Rahmen und einer teilweise engen Begleitung durch eine Fachperson<br />
verlangt. Persönlichkeitsbildung bedeutet, eingreifen in die Privatsphäre und bedingt eine gute<br />
Vertrauensbasis. Dieses Verhältnis ist in einem Hochschulkontext nicht immer einfach zu gestal-<br />
ten.<br />
Mit dem Mentorat besteht teilweise die Möglichkeit, mit den einzelnen Studierenden individuell und<br />
in einer persönlichen Atmosphäre zu arbeiten. Die Aufgabe der Mentorin, des Mentors ist es, die<br />
emotionalen Fähigkeiten der Studierenden zu unterstützen, zu fördern und den Entwicklungspro-<br />
zess zu beurteilen, dabei darf die eingeschränkte Prozessbegleitung nicht vergessen werden.<br />
Zudem herrscht an den Fachhochschulen die durchaus nachvollziehbare Befürchtung, eine zu<br />
starke Thematisierung der Persönlichkeitsbildung könnte zur Folge haben, dass der Ausbildung<br />
bald eine „sektiererische“, „indoktrinartige“ Absicht zugeschrieben würde.<br />
8.4.2 Welche Persönlichkeitsaspekte sollen besonders berücksichtigt wer-<br />
den?<br />
Die Experten äusserten sich in Bezug auf die Ausbildungsfrage nicht spezifisch zu einzelnen<br />
Aspekten. Es wurde jedoch erwähnt, dass alle fünf Faktoren des Fünf-Faktoren-Modells ihre Be-<br />
rechtigung haben und berücksichtigt werden sollten.<br />
Aufgrund der in der vorliegenden Arbeit erhobenen Daten müsste den Faktoren emotionale Stabili-<br />
tät, Verträglichkeit und Offenheit für Erfahrung eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.<br />
Anhand der Facetten psychischer Stabilität, Empathie, Echtheit, Interesse am Gegenüber und so<br />
weiter liesse sich die Ausbildung spezifizieren.<br />
Allerdings ist zu beachten, dass diese Faktoren und Facetten aus dem Blickwinkel der Interaktion<br />
bewertet wurden. Der Auftrag der Heilpädagogin und des Heilpädagogen beinhaltet aber noch<br />
diverse andere Arbeitsfelder, welche bei der Persönlichkeitsbildung auch beachtet werden müs-<br />
sen.<br />
110
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
8.4.3 Die Möglichkeit einer Eignungsprüfung?<br />
Die vorliegende Untersuchung geht davon aus, dass personale Merkmale relativ stabil sind, also<br />
durch Studium und Beruf nicht beliebig modifiziert werden können (vgl. Foerster, 2008, S. 154).<br />
Bezieht man sich auf diese Grundannahme, so muss man die Option einer strengen Eignungsprü-<br />
fung vor dem Studiumsbeginn in Betracht ziehen. Die interviewten Experten erachteten es jedoch<br />
als wenig sinnvoll, eine abschliessende Bewertung der persönlichen Eignung in Bezug auf die<br />
Tätigkeit als schulische Heilpädagogin oder als schulischen Heilpädagoge vor der Ausbildung<br />
durchzuführen. Die beiden folgenden Begründungen nach Bircher stützen diese Meinung:<br />
o „Die Lehrerpersönlichkeit kann in einem Testverfahren nicht gemessen werden.<br />
o Der Mensch entwickelt sich während seiner Berufslaufbahn permanent weiter“ (Bircher,<br />
1999, S. 26).<br />
Die zweite Aussage von Bircher ist verbreiteter. Mit den angehenden Studierenden wird eine Ein-<br />
gangsberatung durchgeführt, die das Ziel verfolgt, den Studierenden eine Entwicklungsperspektive<br />
aufzuzeigen, wohin sie sich während des Studiums bewegen sollten. In den ersten Praxisbesu-<br />
chen kann festgestellt werden, inwiefern jemand die nötigen Persönlichkeitsmerkmale mitbringt.<br />
Fehlen die Mindestanforderungen, werden diese Personen von einer Spezialgruppe unterstützt.<br />
Zusammenfassende Beantwortung der Frage zur Ausbildung<br />
1. Die heutige Gesellschaft ist stark geprägt von dem Begriff der Professionalität. Das<br />
Ziel der Hochschulen ist es professionelle und kompetente Fachpersonen auszubilden.<br />
Der Begriff der Persönlichkeit ist verschwunden, nicht zuletzt auch gesellschaftsbedingt.<br />
Trotzdem konnte aufgrund der Forschungsergebnisse ein Konsens festgestellt werden,<br />
dass der Persönlichkeitsbildung während der Ausbildung ein grosser Stellenwert zukom-<br />
men sollte und dass die momentane Ausbildung diesen Aspekt zuwenig berücksichtigt.<br />
2. Es konnten einige heikle Aspekte der gezielten Persönlichkeitsförderung im Rahmen<br />
der Ausbildung dargelegt werden. Die Persönlichkeitsförderung wird aktuell zumeist un-<br />
terschwellig vorangetrieben und wird in den Hochschulen auf verschiedene Arten umge-<br />
setzt.<br />
3. Aus den Interviews geht nicht klar hervor, welche Persönlichkeitsaspekte gefördert<br />
werden sollen. Es sind jedoch Aspekte, welche sich unter Selbst- und Sozialkompetenz<br />
einordnen lassen. Aufgrund der vorliegenden Befunde kann empfohlen werden, die bei<br />
der Hauptfragestellung begutachteten Aspekte auch für eine Persönlichkeitsförderung bei<br />
Heilpädagoginnen und Heilpädagogen vorzuschlagen. Da der heilpädagogische Auftrag<br />
aber noch diverse weitere Arbeitsfelder beinhaltet, die vermutlich wieder andere Persön-<br />
lichkeitsmerkmale erfordern, müssten diese zusätzlichen Aspekte bei der Persönlich-<br />
keitsbildung auch beachtet werden.<br />
111
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
8.5 Erste Schritte in die richtige Richtung<br />
Wie schon erwähnt hat die Hochschule für Heilpädagogik Zürich erste Schritte in eine Richtung<br />
unternommen, welche die Persönlichkeitsbildung wieder vermehrt gewichtet.<br />
Im Studienführer 2008 wurden im Kompetenzprofil weder Persönlichkeitsentwicklung noch Selbst-<br />
oder Sozialkompetenz erwähnt. Nun hat die Hochschule für Heilpädagogik Zürich ein neues Aus-<br />
bildungskonzept erarbeitet, das im Schuljahr 2011/2012 erstmals zur Anwendung kommt. Die Lei-<br />
tung betont, dass sich die Neuentwicklung aufgrund von Evaluationen sowie Veränderungen und<br />
Anpassungen der Ausbildung aufgedrängt habe. Dabei wird auf die grundlegende Neuartigkeit des<br />
Konzepts hingewiesen. So werden im neuen Konzept bewusst persönliche Kompetenzen aufge-<br />
führt, die in der Persönlichkeitsförderung angestrebt werden sollen.<br />
In der Broschüre „Masterstudiengang Sonderpädagogik“ wird der Bereich „Selbst- und Sozialkom-<br />
petenzen - Persönlichkeitsentwicklung – professionelle Weiterentwicklung“ an erster Stelle aufge-<br />
führt und enthält folgende Beschreibung:<br />
Als schulische Heilpädagogin oder schulischer Heilpädagoge verfügen sie über Selbst- und Sozialkompetenzen,<br />
um in unterschiedlichen Praxisfeldern und mit unterschiedlichen Adressaten angemessen<br />
zu kommunizieren, zu interagieren und auch unter erschwerten Bedingungen handlungsfähig<br />
zu bleiben. Dazu gehören Kooperationsfähigkeit, Lösungs- und Ressourcenorientierung, Rollenbewusstsein,<br />
Verantwortungsbewusstsein und Kritikfähigkeit. (Masterstudiengang Sonderpädagogik,<br />
2010, S. 5)<br />
In weiteren Abschnitten werden die neun Kompetenzen aufgelistet. Anhand einzelner Items wer-<br />
den die verschiedenen Kompetenzen noch differenzierter ausgeführt. Bei der Kompetenz 1 kommt<br />
die Verknüpfung mit persönlichkeitsbildenden Komponenten des neuen Konzepts besonders deut-<br />
lich zur Geltung, deshalb wird sie hier aufgeführt:<br />
Kompetenz 1:<br />
SHP bearbeiten Problem- und Fragestellungen aktiv, kreativ, lösungsorientiert und kooperativ.<br />
SHP sind sich der Vielfalt ihrer Rollen bewusst und können mit unterschiedlichen Rollenerwartun-<br />
gen konstruktiv umgehen.<br />
SHP wissen um die hohen personalen Anforderungen und die Verantwortung, die mit ihrer Be-<br />
rufsausübung einhergehen. Sie kennen ressourcenorientierte Methoden der Reflexion und Bewäl-<br />
tigung.<br />
SHP sind sich ihrer fachlichen und persönlichen Möglichkeiten und Grenzen bewusst und gehen<br />
transparent damit um.<br />
SHP reflektieren ihr Handeln vor einem heilpädagogischen, ethischen, biografischen und gesell-<br />
schaftlichen Hintergrund und setzen ihre Erkenntnisse verantwortungsbewusst und engagiert um.<br />
112
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
SHP können den Stand ihrer professionellen Kompetenzen kritisch reflektieren und daraus ange-<br />
mes- sene Ziele und Massnahmen zur Weiterentwicklung ableiten (siehe Anhang 11.10).<br />
Die untenstehende Grafik zeigt die Struktur des neuen Konzepts auf. Dabei werden die neuen<br />
Kompetenzen nochmals aufgezeigt und zueinander in Bezug gestellt. Es fällt dabei auf, dass die<br />
Persönlichkeitsentwicklung und die Förderung der Selbst- und Sozialkompetenz im Zentrum dieses<br />
Diagramms stehen. Die Grafik impliziert also, dass die Persönlichkeit als Bindeglied und Dreh-<br />
scheibe einzelner Kompetenzen angesehen werden kann.<br />
Abbildung 15: Masterstudiengang Sonderpädagogik (2010, S. 7)<br />
113
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Folgende Grafik zeigt die Ergebnisse einer Kompetenzumfrage. In den Legenden sind die Farben<br />
den entsprechenden Zielgruppen zugeordnet und beschrieben. Es gibt sechs Abstufungen der<br />
Wichtigkeit der entsprechenden Kompetenzen, die in der zweiten Legende aufgeführt sind.<br />
6.50<br />
6.00<br />
5.50<br />
5.00<br />
4.50<br />
4.00<br />
3.50<br />
3.00<br />
Selbst-‐ / Sozialkompetenz<br />
Professionlles Wissen<br />
Förderdiagnos@k<br />
Unterricht<br />
Kanton<br />
Schulleitung<br />
Praxis<br />
Ehem. Deleg.<br />
MA Dep 1<br />
Abbildung 16: Kompetenzumfrage (vgl. Anhang, 10.11)<br />
Bei den Ergebnissen der Kompetenzumfrage ist die hohe Einstufung bei der Selbst- und Sozial-<br />
kompetenz deutlich zu sehen. Laut der Aussagen der interviewten Experten deckt sich dieses Er-<br />
gebnis auch mit ihren Erfahrungen. Als wichtig bis sehr wichtig werden auch die Förderdiagnostik<br />
und die Interaktion bewertet. Die Förderdiagnostik und die Interaktion stehen in Relation zu den in<br />
der vorliegenden Arbeit untersuchten Persönlichkeitsmerkmalen.<br />
Fachdidak@k<br />
6 sehr wichtig<br />
5 wichtig<br />
4 eher wichtig<br />
3 eher unwichtig<br />
2 unwichtig<br />
1 bedeutungslos<br />
Interak@on<br />
Beratung und<br />
Zusammenarbeit<br />
Die Resultate der vorliegenden Arbeit und die Resultate der unabhängig durchgeführten Umfrage<br />
der Hochschule für Heilpädagogik Zürich zeigen auf, dass die Persönlichkeitsaspekte in der Be-<br />
rufsausbildung eine gebührende Beachtung erhalten müssen.<br />
Im nächsten Kapitel werden Vorschläge und Hinweise skizziert, wie die Persönlichkeitsbildung<br />
möglichst gewinnbringend umgesetzt werden könnte. Im Zusammenhang mit diesen Vorschlägen<br />
wird eine Möglichkeit einer weiterführenden Arbeit skizziert.<br />
Kommunika@on<br />
Praxisreflexion/Qualitätss.<br />
Unterrichts-‐/Schulentwicklung<br />
Forschung / Entwicklung<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Weiterentwicklung<br />
114
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
9. Ausblick<br />
Ein Ausgangspunkt dieser vorliegenden Forschungsarbeit war das persönliche Interesse, Kennt-<br />
nisse zu erlangen, wie Assessments gestaltet werden müssten, um ausschliesslich Personen mit<br />
günstigen Eignungsprofilen zur Ausbildung zur schulischen Heilpädagogin, zum schulischen Heil-<br />
pädagogen aufzunehmen. Eine Schlussfolgerung aus den erhaltenen Ergebnissen ist, dass die<br />
Forschung auf diesem Gebiet nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann. Es scheint nicht<br />
möglich, anhand einer vorgängigen Prüfung verlässliche Aussagen zur Eignung für die heilpäd-<br />
agogische Tätigkeit herzuleiten (vgl. Bircher, 1999, S. 26).<br />
Das neue Konzept der Hochschule für Heilpädagogik Zürich nimmt ganz im Sinne der vorliegen-<br />
den Arbeit das Anliegen zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung auf. Um die anvisierten<br />
persönlichen Kompetenzen so gut wie möglich erreichen zu können, sollte die Persönlichkeitsbil-<br />
dung in verschiedenen Modulen einbezogen werden.<br />
Die Weiterentwicklung der Persönlichkeitsaspekte ist ein langfristiger Prozess, der sich über die<br />
gesamte Ausbildungszeit erstreckt und die folgenden Berufsjahre einschliesst. Allein das Wissen<br />
über die Kompetenzen reicht nicht aus. Sie müssen als Handlungskompetenzen soweit wie mög-<br />
lich und soweit es natürliche Grenzen zulassen, verinnerlicht und umgesetzt werden.<br />
9.1 Möglichkeit einer weiterführenden Arbeit<br />
Aufgrund der Forschungsergebnisse dieser vorliegenden <strong>Masterarbeit</strong> kann nicht direkt ein umfas-<br />
sendes Konzept der Persönlichkeitsförderung abgeleitet werden. Die Arbeit liefert Ansätze und<br />
Anregungen, wie die dargestellten theoretischen Erwägungen für eine Förderung der Selbst- und<br />
Sozialkompetenz in die Ausbildung zu integrieren sind.<br />
Im Sinne von Bircher könnten Möglichkeiten einer Eignungsprüfung der personalen Voraussetzun-<br />
gen vor der Ausbildung erforscht werden. Bircher schreibt dazu:<br />
Die Entwicklung eines für die Bedürfnisse der Lehrerausbildung angepassten ACs (Assessment-<br />
Centers) oder Elemente davon, verspricht meiner Meinung nach gegenüber Herkömmliche, in In-<br />
dustrie und Wirtschaft eingesetzten ACs, entscheidende Vorteile. Einerseits liesse sich die AC-<br />
Methode optimieren (Realitätsnähe, personelle und materielle Ressourcen, Kosten) und anderer-<br />
seits würde die gemeinsame Erarbeitung des AC-Instrumentes ein Schulentwicklungsprojekt dar-<br />
stellen. Die Zielsetzungen dieses Entwicklungsprojektes können sich einerseits auf die Auswahl<br />
geeigneter Kandidaten und Kandidatinnen für den Lehrerberuf beziehen, andererseits können<br />
Standards der beruflichen Kompetenzen definiert, überprüft und umgesetzt werden.<br />
115
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Beide Ziele wirken damit auf die Qualitätssicherung beziehungsweise die Qualitätsförderung der<br />
Lehrerausbildung ein (vgl. Bircher, 1999, S. 31).<br />
Eine weitere spannende und praxisorientierte Weiterführung dieser <strong>Masterarbeit</strong> wäre es, ein Kon-<br />
zept auszuarbeiten, wie die Persönlichkeitsbildung in einer pädagogischen Ausbildung eingebaut<br />
werden könnte. „Methoden“, „Techniken“ und „Trainingsfelder“ könnten skizziert werden, die be-<br />
sonders zielgerichtet auf das pädagogische Schulungsfeld vorbereiten. Dabei ist zu beachten,<br />
dass sich die Persönlichkeit aus vielen einzelnen Facetten zusammensetzt. Die zentrale Fragestel-<br />
lung einer weiterführenden Arbeit, muss sich also an der Frage nach den Fördermöglichkeiten in<br />
Bezug auf die einzelnen Facetten der Persönlichkeit orientieren.<br />
116
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
10. Schlusswort<br />
Die intensive Literaturrecherche war äusserst bereichernd. Durch das grosse Interesse der For-<br />
schenden wurde sehr viel Fachliteratur gelesen. Das Gelesene zu ordnen und sinnvoll zu reduzie-<br />
ren, erforderte viel Disziplin und fiel nicht leicht. Aus der Literatur, aber auch den Praxiserfahrun-<br />
gen während des Verfassens dieser Arbeit, entstanden unzählige Diskussionen, welche das Inter-<br />
esse stetig hoch hielten und wieder neue Fragen aufwarfen. Es zeigte sich nach und nach, wie<br />
komplex der Forschungsgegenstand ist.<br />
„Die Unterscheidung zwischen Wichtigem und Unwichtigem ist kein rein objektiver Vorgang, son-<br />
dern beinhaltet Bewertungsprozesse, bei denen sich die Urteile von Autor und Leser durchaus<br />
unterscheiden können und dürfen“ (Dahinden et al. 2006, S. 127) und trotzdem muss ein verfass-<br />
ter Text „intersubjektiv gültig sein“ (ebd. S. 27). Es erwies sich als herausfordernd, sich in der Fülle<br />
der Literatur zurechtzufinden, sich auf das Wesentliche zu beschränken und dies strukturiert in<br />
einem eigenen Text wiederzugeben. Hier zeigte sich die Gruppenarbeit als sehr hilfreich.<br />
Die Gruppe, die diese Arbeit verfasste, war heterogen bezüglich Geschlecht, persönlichem Umfeld,<br />
schulischer Tätigkeit, Vorwissen und Arbeitsweise. In der Zusammenarbeit fand kooperatives Ler-<br />
nen statt, welches Ähnlichkeit zeigte mit der Methode „Gruppenpuzzle“. Jedes Gruppenmitglied<br />
bearbeitete individuell einen Theorieteil. So wurden sie Expertinnen vom jeweiligen Fachgebiet.<br />
Das persönliche Wissen wurde an die anderen Gruppenmitglieder weitervermittelt, dabei wurden<br />
Verständnisfragen geklärt und das Wissen jedes Mitglieds erweitert. In der Folge wurden Ergeb-<br />
nisse zusammengetragen, reflektiert, überarbeitet und gemeinsam weiterverarbeitet. Es wechsel-<br />
ten sich Phasen der Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten ab.<br />
Die Fragebogenauswertung gab sehr viel Arbeit, dies war der Gruppe bewusst. Die Papierversion<br />
stellte ausserdem eine hohe Rücklaufquote in Aussicht. Trotzdem wäre bei einem erneuten For-<br />
schungsprojekt mit quantitativen Teilen zu überlegen, einen digitalen Fragebogen einzusetzen.<br />
Denn die Auswertung würde sich um ein Vielfaches einfacher gestalten. Dessen wurde sich das<br />
Forschungsteam erst im Nachhinein bewusst. Da die Ergebnisse der Fragebogenauswertung nicht<br />
signifikant waren, konnten diese nur beschränkt für die Experteninterviews verwendet werden. Im<br />
Abgleich mit den quantitativen und qualitativen Ergebnissen der Interviews waren sie aber sehr<br />
hilfreich und bestätigten diese Ergebnisse. Bei nicht Bestätigung der Ergebnisse, konnte nachvoll-<br />
zogen werden, weshalb dies der Fall war. Qualitative und quantitative Forschung ergänzten sich<br />
hervorragend.<br />
Die qualitativen Experteninterviews erwiesen sich als sehr nützlich. Sie verschafften Zugang zu<br />
Informationen von Experten, die in ihren Spezialgebieten sehr versiert sind. Der besondere Wert<br />
der Interviews lag darin, dass neue Modelle und Theorien vorgestellt wurden, denen in der bis<br />
dahin geführten Literaturrecherche nur wenig Beachtung geschenkt wurde. Ausserdem erlaubten<br />
die Interviews, bei Unklarheiten Rückfragen zu stellen, wovon auch rege Gebrauch gemacht wur-<br />
de. Die unterschiedlichen Hintergründe der Experten erwiesen sich ebenfalls als Bereicherung.<br />
Während der Auswertung zeigten sich sowohl die Vor- als auch die Nachteile der Gruppenarbeit.<br />
117
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Durch den gemeinsamen Austausch konnten Unsicherheiten einfacher behoben, Gedanken wei-<br />
terentwickelt und die Motivation aufrechterhalten werden. Die unterschiedlichen Arbeitstempi sowie<br />
die unterschiedlichen Arbeitsweisen erforderten jedoch eine strenge Organisation. Ausführliche<br />
Diskussionen waren zwar gewinnbringend aber auch sehr zeitintensiv und verhinderten eine strin-<br />
gente Zeitplaneinhaltung. Daher war die Abschlussphase dieser Arbeit eine sehr intensive Zeit, die<br />
mit folgendem Schlusswort passend beschrieben wird:<br />
„Bewältigter ‚Stress’ kann die Risikobereitschaft steigern, die auch neue Chancen für die Lebens-<br />
qualität bietet“ (Tembrock, 2000, S. 50).<br />
118
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
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Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
TABELLENVERZEICHNIS<br />
Tabelle 1: Begriffserklärungen ...................................................................................................................... 13<br />
Tabelle 2: Temperamentstypologie nach Hippokrates................................................................................ 14<br />
Tabelle 3: Faktoren und Facetten nach Ostendorf & Angleitner, 2004...................................................... 38<br />
Tabelle 4: Faktoren mit Itemverteilung ......................................................................................................... 61<br />
Tabelle 5: Rücklaufquote................................................................................................................................ 64<br />
Tabelle 6: Interviewdaten Zobrist .................................................................................................................. 65<br />
Tabelle 7: Interviewdaten Rohner.................................................................................................................. 65<br />
Tabelle 8: Interviewdaten Steppacher........................................................................................................... 66<br />
Tabelle 9: Priorisierungstabelle..................................................................................................................... 83<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
Abbildung1: die vier Quadranten des Eysenck’schen Persönlichkeitszirkel .......................................... 16<br />
Abbildung 2: Modell nach Carl R. Rogers .................................................................................................... 21<br />
Abbildung 3: Fünf-Faktoren-Modell .............................................................................................................. 35<br />
Abbildung 4: Die drei Freudschen Instanzen nach Reuthner .................................................................... 45<br />
Abbildung 5: Darstellung des forschungsmethodischen Vorgehens........................................................ 51<br />
Abbildung 6: Stichprobe ................................................................................................................................ 69<br />
Abbildung 7: Mittelwerte aller Faktoren........................................................................................................ 70<br />
Abbildung 8: Vergleich der Berufsgruppen.................................................................................................. 71<br />
Abbildung 9: Prozentuale Wertung emotionale Stabilität........................................................................... 72<br />
Abbildung 10: Prozentuale Wertung Extraversion. ..................................................................................... 72<br />
Abbildung 11: Prozentuale Wertung Gewissenhaftigkeit ........................................................................... 73<br />
124
Masterthese Kaeser, Spalinger & Hilber<br />
Abbildung 12: Prozentuale Wertung Offenheit für Neues........................................................................... 73<br />
Abbildung 13: Prozentuale Wertung Verträglichkeit ................................................................................... 74<br />
Abbildung 13: Anzahl Nennungen aller Faktoren........................................................................................ 84<br />
Abbildung 14: Anzahl Nennungen der Persönlichkeitsfaktoren des Fünf-Faktoren-Modells. ................ 85<br />
Abbildung 15: Masterstudiengang Sonderpädagogik .............................................................................. 113<br />
Abbildung 16: Kompetenzumfrage ............................................................................................................. 114<br />
125