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Prof. Dr. Walter Tokarski

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Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

Editorial<br />

Die Präsentation aktueller Forschungsprojekte der<br />

größten Sportuniversität Europas steht im Mittelpunkt<br />

der neusten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins<br />

der Deutschen Sporthochschule Köln.<br />

Die Projekte aus den Bereichen Natursport, Dopinganalytik,<br />

Trainingswissenschaft und Talentdiagnostik<br />

sind nur kleine Einblicke in das breite<br />

Spektrum der Forschungsaktivitäten an unserer<br />

Universität.<br />

2006 wird in Deutschland die Fußball-Weltmeisterschaft<br />

statt finden. Seit 2002 führt der Deutsche<br />

Fußball-Bund ein Talentförderprogramm durch, an<br />

dem bundesweit in 387 Stützpunkten mehr als<br />

22.000 Jungen und Mädchen im Alter von 11 bis 16<br />

Jahren beteiligt sind. Die sportwissenschaftliche<br />

Begleitung des Projekts mit dem Ziel, deutlich<br />

schneller und mehr Spieler und Spielerinnen als<br />

bisher mit besserer Ausbildung in die Spitze von<br />

Amateur- und <strong>Prof</strong>ifußball zu bringen, liegt beim<br />

Institut für Sportspiele der Deutschen Sporthochschule<br />

Köln. Der Beitrag „Talentdiagnostik im<br />

Nachwuchsfußball“ von Stefan Lottermann und<br />

weiteren Mitarbeitern des Instituts gibt einen Einblick<br />

in das Konzept, stellt die Testbatterie vor und<br />

bietet einen Überblick über mögliche Konsequenzen<br />

für die weitere Projektarbeit.<br />

Vor kurzem sind die Olympischen Spiele zu Ende<br />

gegangen – auch 2004 nicht ohne die Überführung<br />

von „Dopingsündern“. Das Institut für Biochemie,<br />

gleichzeitig IOC-akkreditiertes Dopinglabor, war in<br />

Athen durch Mario Thevis vertreten, der zusammen<br />

mit Institutsleiter Wilhelm Schänzer auch Autor<br />

des Beitrags „Dopinganalytik künstlicher Sauerstofftherapeutika<br />

aus quervernetztem Rinderhämoglobin“<br />

ist. Künstliche Sauerstoffträger – als<br />

Blutersatzstoffe für die Notfallmedizin seit langem<br />

im Einsatz – können auch zur Leistungssteigerung<br />

im Ausdauersportbereich verwendet werden. Der<br />

Nachweis dieser verbotenen Substanzen ist daher<br />

im Rahmen der Dopinganalytik zwingend notwendig.<br />

Die Autoren zeigen in ihrem Beitrag die Strukturen<br />

verschiedener Hämoglobine auf und erläutern<br />

eine Methode zum Nachweis quervernetzten<br />

Rinderhämoglobins im Blut.<br />

Der verstärkten Nachfrage nach bewegungsorientierten<br />

Formen der Erholung stehen in Deutschland<br />

knappe landschaftliche Ressourcen gegenüber.<br />

Auch der Sport ist hierbei von der Forderung nach<br />

nachhaltigem Ressourcenverbrauch und nachhaltigen<br />

Lebensstilen nicht ausgenommen. Edwin Jakob<br />

und Gunnar Liedtke vom Institut für Natursport<br />

und Ökologie erläutern den Begriff der Nachhaltig-<br />

keit, beziehen ihn auf den<br />

Sport und stellen am Beispiel<br />

eines Skigebiets-Audit in AdelbodenNachhaltigkeitsmanagementsysteme<br />

im Natursport<br />

vor.<br />

Am Institut für Trainings- und<br />

Bewegungslehre gibt es seit<br />

einiger Zeit einen neuen Forschungsschwerpunkt:Höhentraining.<br />

Höhentraining in natürlicher<br />

und künstlicher Höhe<br />

besitzt im Leistungssport<br />

einen hohen Stellenwert. Astrid<br />

Osterburgs Beitrag erläutert<br />

die verschiedenen Formen<br />

und die Effekte von Höhentraining.<br />

Die Ergebnisse<br />

wissenschaftlicher Studien<br />

sind bisher widersprüchlich,<br />

neue Forschungsansätze im<br />

Hinblick auf Dosierung und Wirkungsweise sind<br />

daher nötig.<br />

Die Zahl der Kinder mit Übergewicht und Adipositas<br />

steigt auch in Deutschland erheblich an. Ursache<br />

sind in erster Linie – neben einer genetischen<br />

Disposition – Fehlernährung und Bewegungsmangel.<br />

Hier setzt das CHILT-Projekt der Deutschen<br />

Sporthochschule an, das Projektleiterin Christine<br />

Graf in ihrem Beitrag vorstellt. Gerade interdisziplinäre<br />

Programme zeigen positive Effekte – vor<br />

allem wenn auch das Umfeld der Kinder, wie Schule<br />

und Familie, einbezogen werden.<br />

Auf der Suche nach der „Wahrheit über den Rollwiderstand“<br />

sind Peter Nilges, Helmut Lötzerich<br />

und Achim Schmidt in ihrem Beitrag zum Einfluss<br />

von Reifentyp und Reifenluftdruck auf den Rollwiderstand<br />

beim Mountainbiken, den sie auf verschiedenen<br />

Untergründen untersuchten. Sie kommen<br />

in diesem Zusammenhang auf äußerst nützliche<br />

Praxisempfehlungen, die es sich lohnt zu befolgen.<br />

Allen Leserinnen und Lesern<br />

wünsche ich eine interessante<br />

Lektüre und hoffe, dass mit diesen<br />

Themen wieder einmal ein<br />

interessanter Einblick in die Vielfalt<br />

sportwissenschaftlicher Forschung<br />

an der Deutschen Sporthochschule<br />

Köln gegeben wird.<br />

Univ.-<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Walter</strong> <strong>Tokarski</strong><br />

1


2 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Editorial<br />

Univ.-<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Walter</strong> <strong>Tokarski</strong><br />

Talentdiagnostik im Nachwuchsfußball<br />

Stefan Lottermann, Peter Laudenklos, Armin Friedrich, Tobias Kirnich,<br />

Iraklis Metaxas, Jürgen Trischoks, Alexander Ferrauti, Karl Weber<br />

Neue Nachweismethoden in der Dopinganalytik<br />

Mario Thevis, Wilhelm Schänzer<br />

Nachhaltige Entwicklungen im Natursport<br />

Edwin Jakob, Gunnar Liedtke<br />

Höhentraining<br />

Astrid Osterburg, Markus de Marées, Sarah Knuth,<br />

Frank Suhr, Joachim Mester<br />

Übergewicht und Adipositas im Kindesalter<br />

Christine Graf, Benjamin Koch, Sigrid Dordel,<br />

Birna Bjarnason-Wehrens, Hans-Georg Predel<br />

Die Wahrheit über den Rollwiderstand<br />

Peter Nilges, Helmut Lötzerich, Achim Schmidt<br />

Impressum<br />

Seite 1<br />

Seite 4<br />

Seite 10<br />

Seite 14<br />

Seite 20<br />

Seite 26<br />

Seite 32<br />

Seite 40<br />

3


4 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Talentdiagnostik im Nachwuchsfußball<br />

Sportwissenschaftliche Begleitung des<br />

DFB-Talentförderprogramms<br />

Ein Beitrag von<br />

Stefan Lottermann<br />

Peter Laudenklos<br />

Armin Friedrich<br />

Tobias Kirnich<br />

Iraklis Metaxas 1<br />

Jürgen Tritschoks<br />

Alexander Ferrauti 2<br />

Karl Weber<br />

Institut für<br />

Sportspiele<br />

1 DFB-Stützpunkt<br />

koordinator<br />

2 Fakultät für<br />

Sportwissenschaft,<br />

Ruhr-Universität<br />

Bochum<br />

Alle Fotos Copyright:<br />

Joachim Storch<br />

Bad Homburg<br />

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) führt seit dem Jahr 2002 ein Talentförderprogramm durch, bei dem<br />

bundesweit in 387 Stützpunkten mehr als 22.000 Jungen und Mädchen im Alter von 11 bis 16 Jahren einmal<br />

wöchentlich ihre individuellen technischen und taktischen Möglichkeiten verbessern sollen. Dazu<br />

hat der DFB 1.160 Trainer verpflichtet, welche die jeweils ausgewählten 60 Talente pro Stützpunkt in<br />

zwei Trainingsgruppen betreuen. Das bedeutet, dass in der Praxis ein Trainer für jeweils 10 Spieler zur<br />

Verfügung steht.<br />

Ziel des Förderprogramms ist es, deutlich schneller<br />

und erheblich mehr Spieler als bisher mit besserer<br />

Ausbildung in die Spitze von Amateur- und<br />

<strong>Prof</strong>ifußball zu bringen. Um dieses ehrgeizige Ziel<br />

zu erreichen, wird seit Anfang diesen Jahres das<br />

Nachwuchsprogramm des DFB durch das Institut<br />

für Sportspiele der Deutschen Sporthochschule<br />

Köln (DSHS) sportwissenschaftlich begleitet,<br />

nachdem wir uns in einem konkurrierenden Verfahren<br />

zwischen mehreren renommierten sportwissenschaftlichen<br />

Instituten durchgesetzt hatten.<br />

Seit dem Jahr 2002 haben wir eine Projektgruppe<br />

des Instituts in Zusammenarbeit mit dem DFB und<br />

dem Fußballverband Mittelrhein eine Testbatterie<br />

mit 6 Einzeltests zur talentorientierten Technikdiagnostik<br />

entwickelt. Pro Jahr werden zweimal von<br />

jedem Spieler rund 35 Einzeldaten erfasst, so dass<br />

insgesamt etwa 750.000 Testdaten ausgewertet<br />

werden. Die Testungen finden im Frühjahr und im<br />

Spätherbst in der Halle statt. Die sportwissenschaftliche<br />

Begleitung des DFB-Talentförderprogramms<br />

hat sich primär folgende Ziele bis 2007 gesetzt:<br />

■ Identifikation relevanter Talentmerkmale<br />

■ Erstellung von Normbereichen<br />

■ Darstellung individueller Entwicklungs- und<br />

Karriereverläufe<br />

■ Auswertung von Gruppenvergleichen<br />

■ Darstellung von Talentprofilen u. Talentscores<br />

■ Ableitung von Trainingsinterventionen<br />

■ Dokumentation, Evaluation und Qualitätssicherung<br />

von Testbatterie u. Talentförderprogramm.<br />

Die einzelnen Tests der Testbatterie wurden so<br />

konstruiert, dass vornehmlich das technisch-koordinative<br />

Fähigkeitspotenzial eines Spielers hinsichtlich<br />

der Grundfertigkeiten Passen, Ballkontrolle,<br />

<strong>Dr</strong>ibbling und Torschuss gefordert wird.<br />

Durch die bereits ausgeführten und zukünftig geplanten<br />

Quer- und Längsschnittsuntersuchungen<br />

eröffnen sich erhebliche Entwicklungsperspektiven<br />

für eine verbesserte fußballspezifische Talentdiagnostik<br />

und -prognose.<br />

Untersuchungsmethodik<br />

und erste Testergebnisse<br />

Die Konstruktion der Tests folgte konsequent den<br />

Anforderungen des Spiels und spiegelt die wesentlichen<br />

Elemente aus technischer Sicht wider:<br />

■ <strong>Dr</strong>ibblings mit Richtungswechseln<br />

(überwiegend 30° bis 180°)<br />

■ Torschuss nach Vorlegen des Balles<br />

■ Begünstigung von Beidfüßigkeit<br />

■ Timing von Körper und Ball<br />

■ Zulässigkeit von individuellen Ausführungspräferenzen<br />

■ Kurze Beschleunigungsphasen<br />

(häufiges Starten, Bremsen, Stoppen)<br />

■ Kurze zeitliche Belastungen (bis ca. 10 sec).<br />

Bei der mit dem DFB abgestimmten endgültigen<br />

Festlegung der Tests wurden folgende Prinzipien<br />

berücksichtigt, die einem Probanden ein dem Fußballspiel<br />

entsprechend hohes Maß an Handlungsfreiheit<br />

einräumten:<br />

■ Kombination von elementarer technischer<br />

Fertigkeit und spezifischer <strong>Dr</strong>ucksituation


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

■ Anforderung an allgemeine Fertigkeiten<br />

■ Anforderungen an wettkampfspezifische<br />

Aktionsdauer<br />

■ Prinzip der neutralisierten Seitenpräferenz, d.h.<br />

Begünstigung von Beidfüßigkeit<br />

■ Prinzip der standardisierten Situationsoffenheit,<br />

d.h. Anforderung an die situationsadäquate<br />

Technikanpassung.<br />

Die von uns entwickelte Testbatterie setzt sich aus<br />

folgenden Einzeltests zusammen, die von jedem<br />

Spieler in einer vorgegebenen Reihenfolge absolviert<br />

werden:<br />

Test 1: Linearsprint<br />

Zwei Läufe auf Zeit über 20 m<br />

(elektron. Zeitmessung); Zwischenzeit bei 10 m;<br />

Start nach eigenem Ermessen aus beliebiger<br />

Schrittstellung<br />

Test 2: Gewandtheitslauf<br />

Parcours mit Spiegeleffekt<br />

Je zwei Durchgänge auf Zeit (elektron. Zeitmessung);<br />

Start nach eigenem Ermessen aus beliebiger<br />

Schrittstellung<br />

Test 3: <strong>Dr</strong>ibbling<br />

Je zwei Durchgänge auf Zeit mit Ball durch Parcours<br />

von Test 2; Start nach eigenem Ermessen<br />

aus beliebiger Schrittstellung; Ball liegt mittig auf<br />

Startlinie; Beidfüssigkeit von Vorteil<br />

Test 4: Ballkontrolle<br />

Zwei Durchgänge auf Zeit vom ersten Pass bis zur<br />

Ballruhe des letzten Rückpralls im Innenfeld<br />

Sechs Pässe aus Innenfeld im Wechsel auf zwei<br />

Rückprallwände im Winkel von 180°; Zwei Pflichtkontakte<br />

im Innenfeld (1,5 x 1,5 m); Verlässt der<br />

Ball das äußere Feld (7,5 x 7,5 m), wird der Versuch<br />

als Fehlversuch gewertet<br />

Test 5: Torschuss<br />

Zwei Durchgänge mit insgesamt acht Schüssen in<br />

zwei Zielfelder; Vorlegen des Balles mit einem<br />

Kontakt in ein Schussfeld (2,44 x 4,88 m) im 16-m-<br />

Raum; Jeweils vier Schüsse mit linkem und rechten<br />

Fuß, mit dem nächsten Ballkontakt schießt er<br />

in das vorgegebene Zielfeld im Normaltor; Der<br />

Spieler soll so fest wie möglich schießen; Gemessen<br />

werden Schussgeschwindigkeit (dreistufige<br />

Einschätzung) und Trefferzahl<br />

Test 6: Jonglieren<br />

5


6 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Abb. 1:<br />

Vergleichende<br />

Ergebnisentwicklung in<br />

drei Tests (DT =<br />

<strong>Dr</strong>ibblingtest, GL =<br />

Gewandtheitslauf, LS =<br />

Linearsprint; **: p < .01)<br />

Zwei Versuche auf Zeit über 10 m in einem Feld<br />

von 5 x 10 m (B/L); Ball muss abwechselnd mit dem<br />

rechten und dem linken Fußspann gespielt werden<br />

Mindestens fünf Ballkontakte, ohne dass der Ball<br />

den Boden berührt oder der Spieler das Feld verlässt;<br />

Hoher Motivationsfaktor, da die (noch) hohe<br />

Durchfallquote bei diesem Test zum Üben animiert<br />

In der Zeit von Mitte März bis Anfang Mai fand die<br />

erste Testserie statt, deren Daten derzeit von der<br />

Projektgruppe ausgewertet werden. Besonderes<br />

Lob gebührt dabei den vielen Trainern in den<br />

Stützpunkten, die nach intensiven Schulungen<br />

durch die Projektgruppe und von 29 DFB-Stützpunktkoordinatoren<br />

(regionale Leiter von 10 bis 15<br />

Stützpunkten) in eigener Regie die Tests erfolgreich<br />

durchgeführt und die zahlreichen Daten erfasst<br />

haben. In rund 50 Fällen wurden sie dabei<br />

von Mitgliedern der Projektgruppe des Instituts<br />

für Sportspiele (meist Studierende und Absolventen<br />

der DSHS) begleitet. Die Testdauer für 15 Spieler<br />

betrug etwa 45 Minuten.<br />

Konsequenzen für die weitere<br />

Projektarbeit und Testbegleitung<br />

Die bereits vorliegenden Ergebnisse lassen den<br />

Schluss zu, dass die Testbatterie technisch-koor-<br />

dinative Leistungsunterschiede von Fußballspielern<br />

wiedergibt (LOTTERMANN et al., 2003). Darüber<br />

hinaus wurden in einer parallel seit 2002 durchgeführten<br />

Längsschnittsstudie (n=32 Spieler eines<br />

Leistungszentrums eines Bundesligavereins) für<br />

den <strong>Dr</strong>ibblingtest, den Linearsprint und den Gewandtheitslauf<br />

signifikante Verbesserungen der<br />

Gruppenmittelwerte festgestellt (Abb. 1). Mit Blick<br />

auf die laufende Auswertung und Interpretation<br />

der Testdaten sind Referenzwerte und eine hohe<br />

Merkmalskonstanz vorhanden, was die vom DFB<br />

gewünschten Empfehlungen zur individuellen und<br />

kollektiven Trainingssteuerung ermöglicht.<br />

DFB und Sportspielforschung sind gleichermaßen<br />

daran interessiert, die wissenschaftliche Begleitung<br />

auf die taktisch bestimmte Anwendung der<br />

Technik im Spiel auszudehnen. Für eine Talentdiagnostik<br />

sind daher technische und taktische Leistungsvariablen<br />

zu erfassen, die eine differenzierte<br />

Beurteilung eines Spielers ermöglichen. Diese Beurteilung<br />

sollte einem Trainer Erkenntnisse vermitteln<br />

über<br />

■ den aktuellen Leistungsstand der einzelnen<br />

Spieler,<br />

■ Ansatzpunkte für individuelle und kollektive<br />

Trainingsmaßnahmen,<br />

■ den Ertrag und die Effizienz vorhergehender<br />

Trainingsinterventionen und<br />

■ den Entwicklungsverlauf der einzelnen Spieler.<br />

Die Problematik von zuverlässigen Talentprognosen<br />

wird durch unseren Ansatz zur Technikdiagnostik<br />

noch nicht gelöst. Hinsichtlich der Problematik<br />

von Früh- und Spätentwicklern liefert die<br />

wiederholte Technikdiagnostik vor und nach der<br />

puberalen Phase wertvolle Hinweise auf ein besonderes<br />

fußballspezifisches Fähigkeitspotenzial.<br />

Hierzu werden derzeit die technischen und taktischen<br />

Beobachtungskategorien ausgewählt und<br />

definiert sowie Beobachtungskriterien für die<br />

Expertenbeurteilung konstruiert. In einem weiteren<br />

Untersuchungsansatz wird der Einfluss bestimmter<br />

taktischer Trainingsinhalte auf die Entwicklung<br />

der Handlungsfähigkeit analysiert, um<br />

daraus gesicherte Empfehlungen für die Trainingssteuerung<br />

abzuleiten. Darüber hinaus arbeiten wir<br />

im Hinblick auf eine wünschenswerte mehrdimensionale<br />

Entdeckung und Entwicklung von potenziellen<br />

Fußballtalenten auch an einem Fragebogen<br />

zur Erfassung relevanter psychologischer und sozialer<br />

Merkmale im Quer- und Längsschnitt.<br />

Fazit<br />

Die Technikdiagnostik konzentriert sich auf die<br />

Überprüfung technisch-koordinativer Fähigkeiten.<br />

Darauf aufbauend werden Grundfertigkeiten wie<br />

<strong>Dr</strong>ibbling, Passen, Ballkontrolle und Torschuss<br />

erfasst und Leistungsunterschiede festgestellt. Die<br />

Trainer in den DFB-Stützpunkten erhalten vom Institut<br />

für Sportspiele übersichtliche Auswertungen<br />

und Empfehlungen, wie das Training für einzelne<br />

Spieler und für homogene Leistungsgruppen bes-


8 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

ser und wirkungsvoller zu gestalten ist. Damit wird<br />

dem Anspruch des DFB Rechnung getragen, dass<br />

das Talentförderprogramm die richtigen Inhalte<br />

vermittelt und damit die gewünschte Zielsetzung<br />

erreicht: technisch und taktisch versierte Spieler<br />

für den Spitzenfußball zu entwickeln.<br />

Die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Rahmen<br />

der sportwissenschaftlichen Begleitung des Talentförderprogramms<br />

war bisher hervorragend<br />

und bildet eine gute Grundlage für das Erreichen<br />

der gesteckten Ziele. Die Tatsache, dass sowohl<br />

der DFB-Präsident und der zukünftige Geschäftsführende<br />

Präsident das Programm zur Chefsache<br />

erklärt haben, verdeutlicht dessen Stellenwert.<br />

Das Talentförderprogramm war die Folge der erfolglosen<br />

EM 2000 und von Anfang an als Langzeitprojekt<br />

– wenn nicht gar als Dauerlösung –<br />

geplant. Talententwicklung kostet viel Zeit, Geduld<br />

und Können, aber auch Geld. Dem DFB ist sein<br />

Nachwuchsprogramm jährlich zwischen 10 und 13<br />

Millionen EURO wert.<br />

Mit ersten Auswirkungen auf das spielerische<br />

Niveau der Nationalmannschaft wird frühestens<br />

bei der WM 2010 gerechnet, wenn die ersten<br />

Spieler das Förderprogramm komplett durchlaufen<br />

und bereits ein bis zwei Jahre Bundesligapraxis<br />

<strong>Dr</strong>. Stefan LOTTERMANN, geb. 1959, schloss<br />

1983 sein Magisterstudium der Sportwissenschaften<br />

in Frankfurt/Main ab. 1989 folgte dort<br />

die Promotion zum <strong>Dr</strong>. phil. in Trainingswissenschaften<br />

mit einer Analyse des Fußballs im<br />

Hochleistungsbereich. Zwischen 1977 und 1987<br />

spielte er als Fußballprofi in 236 Spielen für Eintracht<br />

Frankfurt, Kickers Offenbach, den 1. FC<br />

Nürnberg und den SV Darmstadt 98 und erzielte<br />

dabei 38 Tore. Nach seiner <strong>Prof</strong>ilaufbahn war er<br />

von 1987 bis 1994 Geschäftsführer und Präsidi-<br />

hinter sich haben. Die diesjährige erfolglos verlaufene<br />

EM in Portugal sowie die bevorstehende WM<br />

2006 lassen den Wunsch aufkommen, dass die<br />

Nachwuchsförderung früher ihre Früchte abwirft.<br />

Literatur<br />

LOTTERMANN, S., LAUDENKLOS, P., FRIEDRICH, A.,<br />

METAXAS, I., TRITSCHOKS, J., FERRAUTI, A., & WE-<br />

BER, K. (2003). Technikdiagnostik und Techniktraining<br />

im Jugendfußball. In: G. NEUMANN (Hrsg.),<br />

Fußball vor der WM 2006. Köln: STRAUSS.<br />

umsmitglied der Spielergewerkschaft VdV. Der<br />

Fußball-Lehrer und langjährige Amateurtrainer<br />

war von 2002 bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am Institut für Sportspiele der DSHS mit<br />

Schwerpunkt Fußball/DFB-Projekt und seit 2003<br />

Dozent im Fußball-Lehrer-Lehrgang des DFB.<br />

Seit 1994 arbeitet er als selbstständiger Unternehmensberater<br />

mit Schwerpunkt Führung. Von<br />

ihm liegen zahlreiche Fachveröffentlichungen<br />

zu Fußball- und Wirtschaftsthemen vor.<br />

E-Mail: lottermann@dshs-koeln.de


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

9


10 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Neue Nachweismethoden<br />

in der Dopinganalytik<br />

Künstliche Sauerstofftherapeutika aus quervernetztem<br />

Rinderhämoglobin<br />

Ein Beitrag von<br />

Mario Thevis<br />

Wilhelm Schänzer<br />

Institut für<br />

Biochemie<br />

Abb. 1:<br />

Struktur des humanen<br />

Hämoglobins: je zwei<br />

Untereinheiten des<br />

Hämoglobins, d.h. �und<br />

�-Ketten, lagern<br />

sich nicht-kovalent zu<br />

einem Tetramer zusammen.<br />

Jede monomere<br />

Einheit trägt eine Häm-<br />

Funktion mit einem<br />

komplexierten Eisen(II)-<br />

Ion (rot).<br />

[Quelle: Protein Data<br />

Bank http://www.<br />

rcsb.org/pdb Eintrag<br />

1A3N].<br />

Die Suche nach künstlichen Sauerstoffträgern als Blutersatzstoffe für die Notfallmedizin ist seit langem<br />

ein aktuelles Forschungsgebiet, da Blutkonserven häufig nicht in ausreichenden Mengen vorliegen, deren<br />

Parameter bezüglich Blutgruppe, Rhesusfaktor und mögliche Krankheitserreger bestimmt werden<br />

müssen und Haltbarkeiten begrenzt sind. Neben Sauerstofftherapeutika auf der Basis von Perfluorkohlenwasserstoffe<br />

(PFC) sind im Besonderen Hämoglobinderivate intensiv untersucht worden.<br />

Zellfreies Hämoglobin (Hb) dissoziiert in �,�-Dimere<br />

und verliert die Fähigkeit der reversiblen Sauerstoffbindung<br />

bedingt durch die Abwesenheit des<br />

polyanionischen Effektors 2,3-Diphosphoglycerat,<br />

das innerhalb von Erythrozyten dem Hb zur Verfügung<br />

steht. Durch intra- und intermolekulare Quervernetzung<br />

sind Hämoglobine verschiedener Spezies<br />

stabilisiert worden und das Rinderhämoglobin-Produkt<br />

Hemopure ® der Firma Biopure wurde<br />

für den therapeutischen Einsatz im Humanbereich<br />

in Südafrika bereits zugelassen. Humanhämoglobinprodukte<br />

befinden sich zum gegenwärtigen<br />

Zeitpunkt in Entwicklung bzw. in klinischen Testphasen<br />

und haben bislang keine medizinische<br />

Freigabe erhalten.<br />

Neben therapeutischen Indikationen können<br />

künstliche Sauerstoffträger wie das Hemopure ®<br />

auch zur Leistungssteigerung bei Athleten im Ausdauersportbereich<br />

verwendet werden. Daher sind<br />

solche Substanzen durch das IOC und die WADA<br />

(Welt-Antidoping Agentur) verboten und Nachweismethoden<br />

mittels verschiedener Techniken<br />

gefordert worden. Eine Möglichkeit ist die Auftren-<br />

nung im Plasma befindlicher Proteine über Größenausschluss-Chromatographie<br />

(SEC, size-exclusion<br />

chromatography) und Detektion Häm-spezifischer<br />

UV-Banden. Ein wesentlich spezifischer<br />

Nachweis beruht auf der selektiven enzymatischen<br />

Degradierung des modifizierten Hämoglobins<br />

in Peptide, die daraufhin mittels Flüssigkeitschromatographie<br />

in Verbindung mit Massenspektrometrie<br />

bestimmt werden können, wie im Folgenden<br />

dargestellt wird.<br />

Strukturen<br />

verschiedener Hämoglobine<br />

Die primäre Aufgabe des Hämoglobins in Erythrozyten<br />

ist die Versorgung der Mitochondrien mit<br />

Sauerstoff und die Entsorgung entstehenden Kohlendioxids.<br />

Dazu wird Sauerstoff reversibel an<br />

Häm-Einheiten gebunden und über den Blutkreislauf<br />

in Zielgewebe transportiert, wo daraufhin<br />

Kohlendioxid aufgenommen und nach Beförderung<br />

in die Lunge über Alveolen abgegeben wird.<br />

Hämoglobine bestehen prinzipiell aus �- und �-<br />

Ketten, zwei Untereinheiten, von denen jeweils<br />

zwei für die Bildung des Hämoglobinmoleküls notwendig<br />

sind (Abb. 1). Aufgrund nicht-kovalenter<br />

Wechselwirkungen sind Hämoglobine innerhalb<br />

roter Blutkörperchen stabil und fungieren als<br />

Transportmedium für Sauerstoff.<br />

Trotz identischer Aufgaben der Hämoglobine verschiedener<br />

Spezies unterscheiden sich deren Primärstrukturen,<br />

d.h. deren Aminosäuresequenzen.<br />

In Abbildung 2 sind die Aminosäuresequenzen der<br />

�- und �-Ketten des humanen sowie des bovinen<br />

Hämoglobins als konventionelle Ein-Buchstaben-<br />

Abkürzung dargestellt. Es liegt eine Sequenzhomologie<br />

von ca. 85 Prozent vor, d.h. etwa jede 8. der<br />

insgesamt 287 Aminosäuren des humanen Hämoglobins<br />

ist im bovinen Pendant substituiert. Zudem<br />

ist die �-Kette des Rinderhämoglobins um<br />

eine Aminosäure verkürzt. Diese signifikanten Unterschiede<br />

werden zum spezifischen Nachweis rinderhämoglobin-basierender<br />

Sauerstofftherapeu-


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

tika in der Dopinganalytik genutzt, da Medikamente<br />

wie z.B. Hemopure aus diesen von humanem Hb<br />

abweichenden Strukturen hergestellt werden.<br />

Aufbau des Hemopure<br />

Das Produkt Hemopure wird durch inter- und intramolekulare<br />

Vernetzung der Untereinheiten bovinen<br />

Hämoglobins hergestellt. Dazu werden Verknüpfungen<br />

sowohl zwischen Lysin-99-Einheiten der �-<br />

Ketten (intramolekular) als auch unspezifisch zwischen<br />

Lysinen verschiedener Hämoglobinmoleküle<br />

(intermolekular) eingefügt, welche dem resultierenden<br />

Makromolekül mit einem durchschnittlichen<br />

Molekulargewicht von 250.000 u seine Stabilität im<br />

Blutkreislauf verleihen. Eine solche chemische<br />

Vernetzung ist schematisch in Abb. 3 dargestellt.<br />

Nachweis quervernetzten<br />

Rinderhämoglobins<br />

in der Dopinganalytik<br />

Die signifikanten Unterschiede der Hämoglobine<br />

von Mensch und Rind werden für den Nachweis<br />

dieser dopingrelevanten Verbindung genutzt. Aufgrund<br />

der Tatsache, dass die Primärstrukturen,<br />

d.h. die Aminosäuresequenzen der Hämoglobine<br />

bekannt sind und Proteine mit Hilfe spezifischer<br />

Enzyme C-terminal an Lysinen und Argininen in<br />

Peptide gespalten werden können, erlauben moderne<br />

Datenbanken (z.B. SwissProt: http://www.<br />

expasy.org/sprot/) eine theoretische Kalkulation<br />

entstehender Peptide. In Tabelle 1 ist eine Auswahl<br />

solcher Peptide von humanem und bovinem<br />

Hämoglobin gelistet. Hier wurden aus �- und �-<br />

Ketten Bruchstücke generiert, deren genaue Massen,<br />

entsprechende Positionen und Aminosäuresequenzen<br />

berechnet wurden. Zudem wurden korrespondierende<br />

Masse/Ladung-Verhältnisse kalkuliert<br />

(m/z), da Peptide unter Elektrospray-Ionisations-Bedingungen<br />

(ESI, dem folgenden praktischen<br />

Messverfahren) durch Anlagerung von zwei<br />

oder mehr Protonen verschiedene Ladungszustände<br />

annehmen.<br />

Peptide, die ausschließlich aus Rinderhämoglobin<br />

stammen (in Tabelle 1 mit b gekennzeichnet), eignen<br />

sich zum praktischen Nachweis dieses Proteins<br />

in humanem Blut. Dazu wird ein Aliquot humanen<br />

Plasmas (etwa 50 µl) mit Trypsin bei 37° C inkubiert,<br />

um Proteine spezifisch an Lysin- und Arginin-Molekülen<br />

zu spalten. Das resultierende Gemisch<br />

mit einer Vielzahl an Peptiden aus vielen<br />

verschiedenen Plasmaproteinen wird mit Hilfe von<br />

Flüssigkeitschromatographie (LC, liquid chromatography)<br />

über Elektrospray-Ionisation (ESI) in ein<br />

Massenspektrometer (MS) befördert, welches zum<br />

einen die Bestimmung der genauen Masse der<br />

Peptide erlaubt und zum anderen Informationen<br />

über die Aminosäuresequenz der Peptide bereitstellt.<br />

Dazu werden Peptide, welche aufgrund der<br />

ESI zwei oder mehr Ladungen tragen, mit Stickstoffmolekülen<br />

kollidiert, wodurch das Peptid zerbricht<br />

und sogenannte Produkt-Ionen generiert.<br />

Abb. 2:<br />

Aminosäuresequenzen der �- und �-Ketten von humanem und<br />

bovinem Hämoglobin. A Alanin, C Cystein, D Asparaginsäure,<br />

E Glutaminsäure, F Phenylalanin, G Glycin, H Histidin, I Isoleucin,<br />

K Lysin, L Leucin, M Methionin, N Asparagin, P Prolin,<br />

Q Glutamin, R Arginin, S Serin, T Threonin, V Valin, W Tryptophan,<br />

Y Tyrosin. Beispiele substituierter Aminosäuren der<br />

verschiedenen Spezies sind blau bzw. grün markiert.<br />

Diese Bruchstücke beschreiben teilweise oder<br />

ganz die Komposition des Peptids und ermöglichen<br />

somit dessen Identifizierung. In Abbildung 4 ist ein<br />

sogenanntes Produkt-Ionen-Spektrum eines Pep-<br />

Abb. 3:<br />

a) Quervernetzung von Lysinen mit Glutaraldehyd; b) stabilisiertes<br />

Hämoglobin-Monomer (links, ca. 64.000 Da) und<br />

Polymer (rechts, mittleres Molekulargewicht ca. 250.000 Da).<br />

11


12 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Abb. 4:<br />

ESI-Produkt-Ionen-<br />

Spektrum des Peptids<br />

der Masse 2089.95 Da<br />

(m/z 1045.98) nach Elektrospray-Ionisation<br />

und<br />

Kollision mit Stickstoffmolekülen<br />

(sog. kollisions-induzierteDissoziation).<br />

Der vergrößerte<br />

Ausschnitt zeigt das<br />

zweifach geladene Molekül-Ion,<br />

während die<br />

Fragmente mit den Bezeichnungen<br />

b n und y m<br />

die jeweiligen Abschnitte<br />

der Aminosäuresequenz<br />

des Peptids<br />

(oben rechts) repräsentieren.<br />

Tab. 1:<br />

Theoretisch bestimmte Massen von Peptiden aus humanem<br />

und bovinem Hämoglobin nach enzymatischer Behandlung<br />

mit Trypsin. Hier sind nur Peptide mit einer Masse > 1000 Da<br />

aufgelistet.<br />

tids aus Rinderhämoglobin abgebildet. Die Anwesenheit<br />

eines oder mehrerer Peptide des Rinderhämoglobins<br />

in humanem Plasma bedeutet einen<br />

Dopingverstoß gegen die Regularien der Welt-Antidoping<br />

Agentur (WADA).<br />

Eine vom Hersteller Biopure empfohlene intravenöse<br />

Dosis Hemopure besteht aus 30-45 g quervernetzten<br />

Rinderhämoglobins. Bei einem angenommenen<br />

Blutvolumen von ca. 6 Litern kann<br />

demnach eine Konzentration von mindestens 5 mg<br />

Hemopure pro Milliliter Blut erwartet werden, und<br />

die Halbwertzeit dieses Therapeutikums wurde mit<br />

ca. 20 Stunden bestimmt. Das beschriebene Verfahren<br />

zur Bestimmung Rinderhämoglobin-spezifischer<br />

Peptide erlaubt die Detektion von etwa 0.25<br />

mg Hemopure je Milliliter Blut und kann somit<br />

auch über mehrere Tage nach Applikation des<br />

Medikaments dessen Anwesenheit bestätigen.<br />

Literatur bei den Autoren.<br />

<strong>Dr</strong>. Mario THEVIS, geb.<br />

1973, studierte Sport und<br />

Chemie (Lehramt Sek. II)<br />

an der DSHS Köln und<br />

der RWTH Aachen. 2001<br />

promovierte er am Institut<br />

für Biochemie der<br />

Deutschen Sporthochschule<br />

Köln mit dem<br />

Thema „Synthese und<br />

Charakterisierung von Glucuronidkonjugaten<br />

anabol androgener Steroide und deren Metaboliten“.<br />

Als Postdoctoral fellow an der University<br />

of California Los Angeles, Department<br />

of Chemistry and Biochemistry (2002), beschäftigte<br />

er sich vor allem mit den Themen<br />

Protein-Derivatisierung, Massenspektrometrische<br />

Analytik von intakten Proteinen mittels<br />

QqTOF, Ion Trap und FT-MS Analysatoren.<br />

Seit 2003 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am Institut für Biochemie mit den Arbeitsschwerpunkten<br />

LC-MS/MS Analytik und Fragmentierungsaufklärung<br />

von Beta-Blockern,<br />

Diuretika, Corticosteroiden sowie dopingrelevanter<br />

Peptidhormone.<br />

E-Mail: m.thevis@biochem.dshs-koeln.de<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. Wilhelm SCHÄNZER, geb. 1951, Sportstudium an der Deutschen<br />

Sporthochschule Köln, Chemiestudium (Lehramt an Gymnasien) an der Universität<br />

zu Köln, promovierte von 1980 bis 1984 an der DSHS bei <strong>Prof</strong>essor<br />

Manfred Donike. Nach seiner Habilitation im Fach Biochemie an der DSHS<br />

Köln (1995) ist er seit 1997 Leiter des Instituts für Biochemie, das im Rahmen<br />

der Dopingkontrollen im Sport vom IOC für die Dopinganalytik akkreditiert ist.<br />

Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist seit 1986 „Metabolismus und Nachweis<br />

von synthetischen anabolen Steroiden (Anabolika)”.<br />

E-Mail: schaenzer@biochem.dshs-koeln.de; Internet: www.dopinginfo.de


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

13


14 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Nachhaltige Entwicklungen<br />

im Natursport<br />

Ein Beitrag von<br />

Edwin Jakob<br />

Gunnar Liedtke<br />

Institut für<br />

Natursport und<br />

Ökologie<br />

Abb. 1:<br />

Räume des Natursports<br />

– Räume des Naturschutzes.<br />

(Foto: G. Liedtke)<br />

Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus dem Sprachgebrauch der deutschen Forstwirtschaft<br />

des 18. und 19. Jahrhunderts. Man versteht unter nachhaltiger Bewirtschaftung im Forst, dass pro<br />

Zeiteinheit nur soviel Holz geschlagen werden darf, wie – sowohl quantitativ als auch qualitativ betrachtet<br />

– wieder nachwachsen kann. Bildlich gesprochen soll von den anfallenden Zinsen und nicht<br />

vom Kapital gelebt werden, da ansonsten der Grundbestand über kurz oder lang gefährdet ist (vgl. z.B.<br />

EBERLE 2000, 7).<br />

Leitbild nachhaltige Entwicklung<br />

Angeregt durch die Definition von nachhaltiger<br />

Entwicklung im sog. „Brundtland Bericht“ der<br />

Weltkommission für Umwelt und Entwicklung von<br />

1987 und spätestens seit der UN-Konferenz für<br />

Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro mit ihrem<br />

Abschlusspapier „Agenda 21“ hat der Begriff<br />

der Nachhaltigkeit eine Bedeutungserweiterung<br />

erfahren: Nachhaltige Entwicklung ist nach der<br />

Brundtland Definition ganz allgemein eine Entwicklung,<br />

die den Bedürfnissen der heutigen Ge-<br />

neration Rechnung trägt, ohne die Möglichkeiten<br />

künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen<br />

Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. Umweltbundesamt<br />

2002, 1).<br />

Eine der wesentlichen Forderungen der Konferenz<br />

von Rio war die Vereinigung von Umwelt- und Entwicklungsinteressen.<br />

Diese Forderung entstand<br />

aus der Einsicht, dass die größten globalen Herausforderungen,<br />

nämlich die Deckung der Grundbedürfnisse,<br />

die Verbesserung des Lebensstandards<br />

aller Menschen sowie die Realisierung eines<br />

größeren Schutzes und einer besseren Bewirtschaftung<br />

der Ökosysteme nur auf einem integrativen<br />

Weg zu lösen seien. In einer globalisierten<br />

Welt können diese Herausforderungen von keiner<br />

Nation allein bewältigt werden, sondern nur in<br />

einer globalen Partnerschaft, die auf nachhaltige<br />

Entwicklung zielt (vgl. Bundesministerium für Umwelt<br />

1992). Globaler Umweltschutz, nachhaltige<br />

Ressourcenbewirtschaftung, Interessenausgleich<br />

zwischen Nord und Süd sowie von Industriegesellschaft<br />

und Entwicklungsländern, Armutsbekämpfung<br />

und echte Beteiligung aller gesellschaftlichen<br />

Gruppen an politischen Entscheidungen waren die<br />

Kernanliegen der UN-Konferenz in Rio. Am vielschichtigsten<br />

und weitestgehenden erscheint in<br />

diesem Zusammenhang allerdings die Forderung,<br />

die Konsumgewohnheiten und Lebensstile vor allem<br />

in den Industrienationen in einer Weise zu verändern,<br />

die für die Erde langfristig tragbar ist.<br />

Nachhaltigkeit im Sport<br />

Von der Forderung nach nachhaltigem Ressourcenverbrauch<br />

und nachhaltigen Lebensstilen ist<br />

der Sport nicht ausgenommen, auch wenn er in<br />

der Agenda 21 keine explizite Erwähnung findet.<br />

Sport als Teil unseres Lebensstils ist nicht nur mit<br />

positiven Begriffen wie Gesundheit, Freude, Gemeinschaft<br />

und ähnlichem verbunden, sondern<br />

auch in hohem Maße mit dem Verbrauch von Ressourcen,<br />

sei es im Bereich der Sportartikel, Sportgeräte,<br />

Sportanlagen (Bau, Erhaltung, Betrieb),<br />

Verkehr und Landschaft. Im Sinne einer nachhaltigen<br />

Entwicklung fällt es nicht leicht, die Auswirkungen<br />

von Sport auf den unterschiedlichen Ebenen<br />

zu erfassen und gegeneinander abzuwägen.<br />

Wie soll der Nutzen beispielsweise einer Sportan-


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

lage in Bezug auf Lebensfreude, Entwicklungsförderung<br />

von Kindern oder als Arbeitsplatz aufgerechnet<br />

werden mit den Kosten, die für Kommunen<br />

entstehen, oder den ökologischen Belastungen,<br />

die durch den Bau und Betrieb verursacht werden.<br />

Statt zu versuchen, Kosten-Nutzen Berechnungen<br />

aufzustellen, erscheint es als sinnvoll, übergreifende<br />

Strategien und konkrete Leitbilder zu erarbeiten,<br />

die von den beteiligten Akteuren im Sport akzeptiert<br />

und auch im eigenen Interesse umgesetzt<br />

werden.<br />

Als herausragende Strategie auf nationaler Ebene<br />

kann das Papier der Bundesregierung „Perspektiven<br />

für Deutschland – Unsere Strategie für eine<br />

nachhaltige Entwicklung“ angesehen werden (vgl.<br />

Die Bundesregierung, o.J./2002a, o.J./2002b). Auch<br />

wenn bedingt durch die föderale Struktur der Bundesrepublik<br />

und die dadurch bedingten unterschiedlichen<br />

Planungshoheiten dieses Strategiepapier<br />

nicht in den Status einer bindenden Leitlinie<br />

gelangt, so zeigen sich auf Seiten des organisierten<br />

Sports an vielen Stellen erste erfolgreiche Umsetzungen.<br />

Zwar gibt sich die sportpolitische Seite<br />

des Deutschen Sportbundes (DSB) nach wie vor<br />

zögerlich über „umweltpolitische Grundsätze“ hinausgehende<br />

Strategien zu entwickeln, nichtsdestotrotz<br />

gibt es in der deutschen Sportlandschaft in<br />

Teilen sehr engagierte Umsetzungen von Nachhaltigkeitsgedanken:<br />

Sportanlagen werden mit regenerativen<br />

Energien versorgt, Bürgerbeteiligungsprozesse<br />

an Planung und Betrieb ausgebaut,<br />

Sportgelegenheiten wie Mountainbikewege und<br />

Loipen naturverträglich optimiert und Umweltmanagementsysteme<br />

eingeführt (vgl. WEHR, PRÜLLER<br />

& DELP 1999; ROTH & KRÄMER 2000). Obwohl Ökosystembelastung<br />

und Ressourcenverbrauch bei<br />

allen Formen der Sportausübung gegeben sind und<br />

Natursport weder Anlagen noch fossile Energie zur<br />

Ausübung benötigt, geriet besonders der Natursport<br />

in den letzten Jahrzehnten in die Kritik, zur<br />

Umwelt- und Naturzerstörung maßgeblich beizutragen.<br />

Als Reaktion ist der Nachhaltigkeitsansatz<br />

im Natursport am weitesten ausgearbeitet worden.<br />

Natursport und Natur<br />

in Deutschland<br />

Die Bundesrepublik Deutschland ist in weiten Teilen<br />

ein dicht besiedeltes und intensiv genutztes<br />

Land. Über 12 Prozent der Landesfläche werden<br />

für Siedlung und Verkehr genutzt, weitere 53,3 Prozent<br />

sind Landwirtschaftsfläche (Statistisches<br />

Bundesamt 2003). Die Erholungsmöglichkeiten in<br />

Natur und Landschaft sind also begrenzt. Während<br />

bei den Schutzgütern Boden, Wasser und Luft<br />

durch die Anstrengungen des Umweltschutzes der<br />

letzten Jahrzehnte deutliche Verbesserungen zu<br />

verzeichnen waren, verschlechterte sich der Zustand<br />

unserer Landschaft weiter schleichend (vgl.<br />

Bundesamt für Naturschutz 2002). Zersiedlung,<br />

Baumaßnahmen, Rohstoffförderung und andere<br />

störende Eingriffe in das Landschaftsbild verringern<br />

die erholungsbezogene Qualität zunehmend.<br />

Dem entgegen steht die verstärkte Nachfrage<br />

nach bewegungsorientierten Formen der Erholung,<br />

die sowohl die eigentliche Ausübung von Sportarten<br />

als auch körperliche Bewegung in verschiedenen<br />

Erlebnisformen und aus unterschiedlichen<br />

Motiven umfassen. Sie sollen, einem weiten Sportverständnis<br />

folgend, im Weiteren als Natursport<br />

bezeichnet werden. Für den Natursport geeignete<br />

Räume sind in der Regel auch naturschutzfachlich<br />

wertvoll. Weitgehend naturnahe Gebiete oder vielfältige<br />

Landschaften, wie sie vor allem extensiv<br />

genutzte Kulturlandschaften darstellen, werden<br />

besonders bevorzugt. In diesem Zusammenhang<br />

treten massive Zielkonflikte auf, zumal ökologische<br />

und soziale Kapazitätsgrenzen zu bestimmten Zeiten<br />

in vielen Gebieten überschritten werden. Einige<br />

Sportarten, wie Sportklettern oder Kanu fahren,<br />

sind zudem auf spezielle Landschaftselemente wie<br />

Felsen angewiesen, die nach den Naturschutzgesetzen<br />

des Bundes und der Länder oftmals besonders<br />

geschützte Biotope darstellen oder enthalten.<br />

Diese Sportarten beinhalten ein besonders hohes<br />

Konfliktpotenzial. Durch den festzustellenden<br />

Trend zu mehr Komfort und mehr Sicherheit im Natursport<br />

trägt dieser mittlerweile selbst zur Erschließung<br />

von Natur und Landschaft durch bauliche<br />

Anlagen und Hilfseinrichtungen bei. Diese Entwicklung<br />

kann durch Bau und Betrieb von Sportanlagen<br />

zu erheblichen Belastungen für Natur und<br />

Umwelt führen (vgl. ROTH, JAKOB & KRÄMER 2003).<br />

Im Rahmen der gesetzlich begründeten Verantwortung<br />

des Staates für Naturschutz und Erholung<br />

– wozu auch der Sport in der Natur zählt (vgl.<br />

BNatSchG 2002, § 2, Abs. 13) – muss es Ziel einer<br />

verantwortungsvollen Politik sein, einen fairen<br />

Ausgleich der Interessen zu gewährleisten. Der<br />

notwendige Abwägungsprozess setzt verbindliche<br />

allgemeine Leitbilder und Ziele für Naturschutz<br />

und landschaftsgebundene Erholung voraus. Auf<br />

Grund der integrativen Anforderungen bietet sich<br />

eine Übertragung des Leitbildes der nachhaltigen<br />

Entwicklung auf den Natursport an, denn beson-<br />

15<br />

Abb. 2:<br />

Blaubeeren pflücken:<br />

ein Stück Normalität im<br />

Umgang mit Natur.<br />

(Foto: Lila Fotopool)


16 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

ders die Nachhaltigkeitsstrategie hebt die politische<br />

Integrationsleistung gegenüber der heutigen<br />

Fach- und Ressortpolitik hervor.<br />

Nachhaltigkeit als<br />

Zukunftsprinzip im Natursport<br />

Die Diskussion um den „klassischen“ Sport-Umwelt-Konflikt<br />

hat sich heute versachlicht. Naturschutz-<br />

und Sportorganisationen führen einen intensiven<br />

Dialog auf verschiedenen Ebenen. Es gibt<br />

zahlreiche gute Ansätze und Modellprojekte zur<br />

Lösung von Nutzungskonflikten. Trotzdem sind auf<br />

Grund der Verknappung von geeigneten Räumen,<br />

gestiegenen Aktivenzahlen, neuen Schutzgebietsausweisungen,<br />

veränderten Verhaltensweisen von<br />

Naturnutzern und einer <strong>Prof</strong>essionalisierung der<br />

Systeme „Sport“ und „Naturschutz“ konzeptionell,<br />

planerisch, strukturell und in der konkreten Umsetzung<br />

vor Ort nach wie vor erhebliche Arbeiten zu<br />

leisten (ROTH, JAKOB & KRÄMER 2003). So betreibt<br />

auf der einen Seite der Naturschutz in Deutschland<br />

in vielen Schutzgebieten eine restriktive Politik<br />

der Ausgrenzung, während der Sport in vielen<br />

Bereichen seine Ansprüche auf den Naturraum in<br />

nicht nachhaltiger Weise ausdehnt. Die gemeinsame<br />

Existenzgrundlage beider Teilsysteme, nämlich<br />

attraktive, naturnahe Räume, wird allerdings von<br />

weitgehend ökonomisch diktierten Interessen wie<br />

Straßenneubau, Zersiedelung, Wasserstraßenausbau,<br />

Massentourismus oder von eindimensionalen<br />

Interessen wie übertriebenem Hochwasserschutz<br />

gefährdet oder ist bereits zerstört. Um dauerhaft<br />

existieren und glaubhaft gegen nicht nachhaltige<br />

Praktiken – auch in eigenen Reihen – angehen<br />

zu können, muss der Natursport Nachhaltigkeit<br />

als Zukunftsprinzip akzeptieren und selbst auf<br />

Nachhaltigkeit angelegt sein. Ein Leitbild für nachhaltigen<br />

Natursport oder eine nachhaltige Entwicklung<br />

im Natursport sollte sich dazu an folgenden<br />

Kriterien (1 bis 3) und Leitlinien (a bis e) orientieren<br />

(vgl. Arbeitskreis Sport und Umwelt 1998):<br />

1. der genutzte Naturraum muss in seiner<br />

Leistungsfähigkeit erhalten bleiben oder sich in<br />

kurzer Zeit (bis zur nächsten Nutzungssaison)<br />

wieder dahingehend regenerieren können;<br />

2. durch von Natursportlern ausgehende<br />

Störungen dürfen keine nicht kompensierbaren<br />

Auswirkungen auf Ebenen der Population bzw.<br />

des Bestandes (auch lokaler Populationen) entstehen;<br />

3. Ressourcen müssen möglichst schonend und<br />

unter größtmöglichem Einsatz erneuerbarer<br />

Ressourcen eingesetzt werden.<br />

a. Im Natursport sollen nachhaltige Formen der<br />

Sportausübung gefördert und weiterentwickelt<br />

werden;<br />

b. Natursport soll zu einer ethisch-moralisch verantwortlichen<br />

Einstellung gegenüber Natur beitragen;<br />

c. Natursport muss seine breite gesellschaftliche<br />

Verankerung und ökonomische Bedeutung dazu<br />

nutzen, naturnahe Räume zu sichern oder wiederherzustellen;<br />

d. die Umweltverträglichkeit von Anlagen und<br />

sportbezogener Infrastruktur muss gewährleistet<br />

sein und bei Altanlagen erhöht werden;<br />

e. Natursporttourismus soll zur dauerhaften wirtschaftlichen<br />

Entwicklung der genutzten<br />

Regionen beitragen.<br />

Die oben genannten Leitlinien richten sich an die<br />

Akteure des Natursportsystems, also Verbände,<br />

Vereine, kommerzielle Anbieter und Aktive. Zusätzlich<br />

ist der Staat, beziehungsweise seine Organe,<br />

angesprochen in seinem Aufgabenbereich (Naturschutz,<br />

Erholungsvorsorge) dafür Sorge zu tragen,<br />

dass eine Entwicklung stattfindet, die versucht:<br />

■ die Belastung empfindlicher Gebiete<br />

zu verringern;<br />

■ die Sport- und Bewegungsmöglichkeiten<br />

außerhalb empfindlicher Gebiete zu sichern<br />

und zu verbessern;<br />

■ die Erholungsqualität der Landschaft und ihren<br />

Erlebniswert auch für Sporttreibende zu erhalten<br />

und zu erhöhen (vgl. Arbeitskreis Sport und<br />

Umwelt 1998).<br />

Nachhaltige Outdoorkultur<br />

Unter dem Begriff der nachhaltigen Outdoorkultur<br />

soll eine Möglichkeit verstanden werden, wie Natur<br />

von Erholung suchenden Menschen im Allgemeinen<br />

oder von Natursportlern im Speziellen in nachhaltiger<br />

Weise genutzt werden kann. Die Möglichkeit<br />

einer nachhaltigen Nutzung bezieht sich den<br />

oben vorgestellten Prinzipien entsprechend nicht<br />

nur auf ökologische Perspektiven – was an dieser<br />

Stelle gängig wäre, sondern sie soll auch die soziale<br />

und ökonomische Perspektive mit einbeziehen.<br />

Versucht man diese geforderte „<strong>Dr</strong>eieinigkeit”<br />

ernst zu nehmen und keine einzelne Perspektive<br />

eklatant zu bevorzugen, dann ergibt sich eine<br />

Beziehung zwischen Mensch und Natur, die der<br />

eines partnerschaftlichen Verhältnisses entspricht<br />

und nicht in die Extreme verfällt, die die klassische<br />

Diskussion um Naturnutzungen so verfahren machen.<br />

Das erste Extrem – bei einseitiger Ausrichtung<br />

an ökologischen Parametern – lässt sich als<br />

ein Mensch-Naturverhältnis beschreiben, das dem<br />

Verhältnis von Museumsbesucher und Ausstellungsgegenstand<br />

ähnelt. Als anderes Extrem lässt<br />

sich eine Haltung beobachten, in der Natur als etwas<br />

angesehen wird, das nach eigenem Belieben<br />

gebraucht und verbraucht werden kann. Ökologische<br />

Belange treten in diesem Fall in extremer<br />

Weise hinter die Belange des Sozialen und kurzfristig<br />

Ökonomischen zurück. Diese durchaus nicht<br />

konstruierten Extrempositionen bezeugen einen<br />

Umgang mit und ein Verhältnis zur Natur, das in<br />

großem Umfang von Entfremdung gekennzeichnet<br />

ist. Eine Outdoorkultur und die erzieherischen bzw.<br />

bildungspolitischen Anstrengungen, die zur Etablierung<br />

dieser Kultur nötig sind, müssen das Ziel<br />

haben, Natur und menschliche Aktivität in der Natur<br />

wieder in den Rang des Normalen zu erheben.


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

Dieser Ansatz wird in den skandinavischen Ländern<br />

und hier vor allem in Norwegen unter dem<br />

Begriff Friluftsliv mit großem Einsatz und Erfolg betrieben<br />

(vgl. z.B. LIEDTKE & LAGERSTRØM, im <strong>Dr</strong>.).<br />

Dabei sind in einem dicht besiedelten Land wie der<br />

Bundesrepublik Deutschland in jedem Fall andere<br />

Grenzen und Verhaltensregeln zu beachten, als<br />

dies in den skandinavischen Ländern mit ihren<br />

großräumigen Naturlandschaften der Fall ist.<br />

Während dort menschliche Eingriffe durch Natursport<br />

oder andere Erholungsaktivitäten in der Natur<br />

in der Regel nicht ins Gewicht fallen, stehen<br />

hiesige Naturgebiete unter einem wesentlich höheren<br />

Nutzungsdruck, der sowohl aus der ökologischen<br />

Perspektive schnell an die Grenzen des Zumutbaren<br />

stößt als auch aus sozialer Perspektive<br />

– bezogen auf unterschiedliche Nutzerinteressen<br />

– schnell zu Problemen führt. Neben dem Appell zu<br />

mehr Rücksichtnahme – getragen von Bildungsmaßnahmen<br />

zur Erhöhung von Wissen und Einsicht<br />

(vgl. Leave No Trace 2004) – stellen Management-<br />

und Lenkungssysteme eine wichtige Möglichkeit<br />

dar, das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung<br />

auf den Natursport anwenden zu können.<br />

Nachhaltigkeitsmanagementsysteme<br />

im Natursport am Beispiel<br />

Skigebiets-Audit in Adelboden<br />

Umfassende, d.h. alle drei Aspekte der Nachhaltigkeit<br />

berücksichtigende Managementsysteme, sind<br />

bisher im Natursport nicht verwirklicht worden.<br />

Management von Natursport bezieht sich bisher<br />

vorwiegend auf die Aspekte Natur und Landschaft.<br />

Bekannte Umweltmanagementsysteme wie EMAS<br />

II oder ISO 14000 ff. werden bisher vorwiegend im<br />

technischen Umweltschutz eingesetzt (vgl. z.B.<br />

POLTERMANN & BERRET 1998). Es gibt Projekte, wie<br />

das unten vorgestellte Skigebiets-Audit, die das<br />

Handlungsfeld Natur und Landschaft in Umweltmanagementsysteme<br />

im Sport integrieren und damit<br />

relativ gut die ökologische Nachhaltigkeit von Unternehmen<br />

und Projekten sichern können, ohne<br />

dabei die ökonomischen und sozialen Belange des<br />

Betreiberunternehmens außer Acht zu lassen. Gemäß<br />

dem unter EMAS II beschriebenen Verfahren<br />

wurde in den Jahren 2001/2002 ein Audit für das<br />

Skigebiet in Adelboden (Schweiz) mit dem Ziel<br />

durchgeführt, die durch den Betrieb von Skipisten<br />

und Aufstiegshilfen entstehenden Umweltbelastungen<br />

im Einklang mit ökonomischen und sozialen Erfordernissen<br />

der örtlichen Betreibergesellschaft zu<br />

reduzieren. Um dieses Anliegen erfolgreich durchzuführen,<br />

mussten im Vorwege die relativ allgemein<br />

gehaltenen Bestimmungen zum Auditverfahren<br />

an die Erfordernisse eines Skigebiet-Audits angepasst<br />

werden, um daran anschließend die verschiedenen<br />

Phasen des Audits einleiten zu können.<br />

Neben entsprechenden Zielvereinbarungen mit<br />

den Betreibern des Skigebiets stellt die Erfassung<br />

von umweltbezogenen Daten die wichtigste<br />

Grundlage eines erfolgreichen Öko-Audits dar.<br />

Hierzu wurden Daten zu den Themenbereichen<br />

Boden, Wasser, Klima/Luft, Vegetation, Fauna und<br />

Landschaft erhoben und unter Zuhilfenahme geographischer<br />

Informationssysteme aufgearbeitet.<br />

Diese Art der Verarbeitung ermöglicht die Erstellung<br />

von verschiedenen Gebietskarten für die einzelnen<br />

Themenbereiche anhand derer Probleme<br />

und Konfliktpotentiale visualisiert und damit auch<br />

für Laien veranschaulicht werden können. Da für<br />

ein Skigebiet bzw. für Skigebietsbetreiber nicht<br />

alle aufgeführten Themenbereiche von gleicher<br />

Relevanz sind, wurde im Streben nach einer möglichst<br />

hohen Kosten-Nutzen Relation eine detaillierte<br />

ökologische Bestandsaufnahme nur in<br />

Schwerpunktbereichen vorgenommen. Zu diesen<br />

Schwerpunktbereichen zählten einerseits Flächen<br />

mit noch hohem Entwicklungspotential und andererseits<br />

solche Bereiche, die bereits als hochwertig<br />

und damit besonders schutzwürdig einzustufen<br />

sind. Abbildung 4 zeigt am Beispiel von ökologisch<br />

hochwertigen und empfindlichen Moorstandorten,<br />

wie Gebiete einer detaillierten Bestandsaufnahme<br />

ausgewählt wurden.<br />

17<br />

Abb. 3:<br />

Übernachten in Eis und<br />

Schnee. Was in Skandinavien<br />

ein Teil der<br />

Schulbildung ist, könnte<br />

auch in Deutschlands<br />

Mittelgebirgen eine<br />

mögliche Form des<br />

Naturerlebens sein.<br />

(Foto: Lila Fotopool)


18 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Abb. 4:<br />

Festlegung des Untersuchungsrahmens<br />

für<br />

hochwertige Pflanzengemeinschaften<br />

durch<br />

Überlagerung von<br />

Pistenflächen und<br />

Moorstandorten.<br />

(aus: PRÖBSTL et al.<br />

2002, 25)<br />

Diese hier exemplarisch dargestellte Art der Datenerhebung<br />

wurde für alle benannten umweltrelevanten<br />

Schutzgüter in der für das Audit notwendigen<br />

Detailliertheit vorgenommen. Auf der Grundlage<br />

dieser umweltrelevanten Daten wurde von<br />

dem Skigebietsbetreiber unter Einbeziehung der<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Umweltprogramm<br />

erstellt, das unter anderem die folgenden<br />

Punkte enthält:<br />

■ Wildtierfütterungen müssen störungsfrei liegen;<br />

■ im Bereich der Besucherlenkung müssen<br />

neben Abweiszäunen und Schildern Appellund<br />

Normenstrategien wirksam werden<br />

(Bildungsanspruch);<br />

■ die sporttouristische Entwicklung muss wildtierökologische<br />

Konfliktpotentiale erkennen<br />

und so weit irgend möglich vermeiden bzw.<br />

minimieren;<br />

■ das Schneeschuhwandern, das Hundeschlittenfahren<br />

und das Lagern und Campieren außerhalb<br />

des Siedlungsbereiches muss dringend<br />

gelenkt werden.<br />

Durch die Durchführung dieses Auditverfahrens<br />

konnten Schwachstellen im umweltrelevanten<br />

Verhalten seitens des Sportanlagenbetreibers aufgezeigt<br />

und die Möglichkeiten eröffnet werden, in<br />

diesen Punkten Verbesserungen anzubringen. So<br />

konnten durch die umfangreiche Datenaufnahme<br />

im Skigebiet Adelboden beispielsweise ökologisch<br />

empfindliche Flächen ausgewiesen und durch<br />

Lenkungsmaßnahmen von skisportlichen Beeinträchtigungen<br />

weitestgehend freigehalten werden.<br />

Weiterer Handlungsbedarf<br />

Auch wenn die vorgestellten Ansätze erkennen<br />

lassen, dass der Natursport in Fragen nachhaltiger<br />

Entwicklung Fortschritte macht, so darf doch nicht<br />

verkannt werden, dass die Integration von ökologischen,<br />

sozialen und ökonomischen Forderungen<br />

nach wie vor in den Anfängen steckt. Dies trifft sowohl<br />

auf die bildungspolitische Seite der hier vorgestellten<br />

Ansätze als auch auf die auf Nachhaltigkeit<br />

gerichteten Managementsysteme zu. In allen<br />

Fällen scheint die Abwägung von verschiedenen<br />

Interessen auf unterschiedlichen Interessenebenen<br />

ein schwer überwindbares Problem nachhaltigen<br />

Handelns zu sein. Zudem setzt die Zusammenführung<br />

der verschiedenen Aspekte auf ein<br />

disziplinenübergreifendes Bewusstsein, das bisher<br />

im Sport und auch außerhalb des Sports nur in<br />

sehr begrenztem Maße umgesetzt worden ist (vgl.<br />

SCHALTEGGER et al. 2002, 14). Konzepte und Instrumente,<br />

die die Realisierung aller drei Dimensionen<br />

der Nachhaltigkeit ermöglichen, sind daher auf<br />

dem Weg der nachhaltigen Entwicklung besonders<br />

wichtig. Diese zu entwickeln und im Management<br />

in verschiedenen Organisationen zur Anwendung<br />

zu bringen, ist eine der großen Herausforderungen<br />

der Zukunft.<br />

Literatur bei den Autoren.<br />

Edwin JAKOB, geb. 1969, schloss sein Studium der Biologie mit den Schwerpunkten<br />

Ökologie, Genetik, Biochemie und org. Chemie an der Universität zu<br />

Köln 1996 mit dem Diplom ab. Er ist VDKS Kanulehrer, Sportkletterer und CEC<br />

geprüfter Canyon-Guide. Als diplomierter Biologe (Ökologie) ist er besonders an<br />

den Wechselbeziehungen zwischen dem Wirken des Menschen und seiner natürlichen<br />

Umwelt interessiert. Zu dieser ganzheitlichen, systemischen Sichtweise,<br />

die gesellschaftswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen<br />

zu verbinden versucht, gehört die Wirkungsanalyse von Sport auf<br />

Natur und Umwelt ebenso selbstverständlich wie die Wirkungen des Sports in<br />

der Natur auf den Menschen. E-Mail: jakob@dshs-koeln.de<br />

Gunnar LIEDTKE, geboren 1969 in Husum, studierte Sportwissenschaft und<br />

Biologie an der Universität Hamburg. Nach dem Abschluss seines Studiums<br />

und Tätigkeiten an der Universität in Hamburg wechselte er im Jahr 2002 an<br />

das Institut für Natursport und Ökologie, wo er für die Bereiche Wassersport<br />

und Friluftsliv zuständig ist. Als ehemaliger Vogelwart ist er mit vielen Aspekten<br />

aus dem Konfliktfeld Naturschutz und Natursport auch aus der Praxis gut vertraut.<br />

E-Mail: liedtke@dshs-koeln.de


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

19


20 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Höhentraining<br />

Neuer Forschungsschwerpunkt am Institut für<br />

Trainings- und Bewegungslehre<br />

Ein Beitrag von<br />

Astrid Osterburg<br />

Markus de Marées<br />

Sarah Knuth<br />

Frank Suhr<br />

Joachim Mester<br />

Institut für<br />

Trainings- und<br />

Bewegungslehre<br />

Abb. 1:<br />

Normobare Hypoxiekammer<br />

im Institut für<br />

Trainings- und<br />

Bewegungslehre.<br />

Höhentraining, methodisch richtig eingesetzt, stellt eine erhebliche Reserve der Leistungssteigerung und<br />

eine Vergrößerung der Trainingswirkung dar. Besonders die Ausdauerleistungsfähigkeit wird durch<br />

Training unter Höhenbedingungen verbessert. Der Schwerpunkt des Höhentrainings liegt deshalb bei<br />

den Ausdauersportarten, aber auch in „Nichtausdauersportarten“, wie z.B. Kampf- und Spielsportarten,<br />

kann Höhentraining zur Ausbildung eines optimalen Ausdauerniveaus in kürzerer Zeit zum Einsatz kommen<br />

(Literatur aus der EX-DDR).<br />

Derartige Meinungen werden in vielen praxisorientierten<br />

Veröffentlichungen vertreten. Auch zur<br />

Vorbereitung auf die meisten sportlichen Top-Veranstaltungen<br />

(Tour de France, Olympische Spiele)<br />

wird Höhentraining eingesetzt. Betrachtet man die<br />

Wirkungen eines Höhentrainings auf die tatsächliche<br />

sportliche Leistungsfähigkeit jedoch mit wissenschaftlichen<br />

Methoden im Detail, so treten eine<br />

Reihe von Fragen zum optimalen Einsatz des<br />

Höhentrainings und den dadurch erzielten Effekten<br />

auf.<br />

Untersuchungen im Bereich des Höhentrainings<br />

gibt es schon seit mehr als 35 Jahren. Die Olympischen<br />

Spiele in Mexiko City 1968, die in 2.300 m<br />

Höhe stattfanden, lieferten den ersten Anlass für<br />

eine inzwischen große Zahl von wissenschaftlichen<br />

Studien. Während es vor 1968 darum ging,<br />

die Sportler optimal auf die Wettkämpfe in der Höhe<br />

von Mexiko City vorzubereiten, versuchte man<br />

in den folgenden Jahren immer mehr, Höhenbedingungen<br />

zur Leistungssteigerung für Wettkämpfe<br />

unter Normalbedingungen auszunutzen. Damit<br />

ging dann aber auch manche Enttäuschung einher,<br />

wenn die erhoffte Leistungssteigerung – und<br />

das noch zum erwünschten Zeitpunkt – ausblieb.<br />

Formen des Höhentrainings<br />

Mit zunehmender Höhe fällt der Luftdruck und bedingt<br />

damit einen Abfall des Sauerstoffpartialdrucks<br />

(pO 2 ). Dies führt wiederum zu einem<br />

Absinken des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks<br />

(p a O 2 ) und der Sauerstoffsättigung (S a O 2 ) im Vergleich<br />

zur Meereshöhe. Das gilt für einen Aufenthalt<br />

in natürlicher Höhe. Es ist jedoch auch möglich,<br />

künstliche Höhenbedingungen herzustellen,<br />

bei denen zwischen hypobarer und normobarer<br />

Hypoxie unterschieden wird.<br />

Die sog. „hypobare“ Hypoxie bezieht sich auf das<br />

Training unter natürlichen Höhenbedingungen<br />

oder auf ein simuliertes Höhentraining in so genannten<br />

Unterdruck- oder Barokammern. Die<br />

„normobare“ Hypoxie existiert nur unter künstlichen<br />

Höhenbedingungen in Höhenkammern (Abb.<br />

1) oder Höhenzelten. Hier verringert sich im Vergleich<br />

zur natürlichen Höhe und der Unterdruckkammer<br />

der Sauerstoffanteil der Luft bei normalem<br />

<strong>Dr</strong>uck. In einer derartigen Hypoxiekammer kann<br />

eine künstliche Höhe von bis zu 6.000 m simuliert<br />

werden. Hierbei wird der Sauerstoffanteil von 20,9<br />

Vol% auf unter 10 Vol% abgesenkt. Zu beachten ist<br />

hier, dass bei Höhen ab ca. 4.000 m mit Symptomen<br />

der Höhenkrankheit gerechnet werden muss.<br />

Deshalb wird in den meisten Fällen nur in einer<br />

simulierten Höhe von ca. 2.500 m bevorzugt Hypoxietraining<br />

durchgeführt. Hier ist ein Sauerstoffanteil<br />

von ca. 15,4 Vol% vorhanden.<br />

In natürlicher und künstlicher Hypoxie haben sich<br />

prinzipiell drei verschiedene Belastungsschemata<br />

herausgebildet:<br />

1. train high – sleep/live high: Hierunter wird das<br />

klassische Höhentraining verstanden, bei dem<br />

sowohl in der Höhe trainiert, als auch gelebt/<br />

geschlafen wird. Diese Form wird bisher am<br />

häufigsten praktiziert und findet zum größten<br />

Teil in natürlichen Höhen ihre Anwendung.<br />

2. train high – sleep/live low: Diese Trainingsform<br />

kann sowohl unter künstlichen, als auch unter<br />

natürlichen Bedingungen angewendet werden.<br />

Die Sportler trainieren in der Höhe und schlafen


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

bzw. leben im Flachland unter normalen<br />

Bedingungen.<br />

3. train low – sleep/live high: Das Training findet in<br />

der gewohnten Umgebung statt und die Freizeit,<br />

die Regenerationszeit bzw. die Nacht verbringt<br />

der Sportler in der Höhe. Auch hier liegt der Einsatz<br />

von künstlicher Höhe in einer Höhenkammer<br />

oder in Höhenhäusern, die in Skandinavien<br />

weit verbreitet sind, nahe. Barokammern sind<br />

für diesen Zweck aufgrund der <strong>Dr</strong>uckänderungen<br />

wenig geeignet.<br />

Grundsätzlich eignen sich mittlere Höhen zwischen<br />

1.500 und 3.000 m (FRIEDMANN/BÄRTSCH 1999), um<br />

ein optimales Training durchführen zu können.<br />

Training in Höhenlagen über 3.000 m führt zu einer<br />

so großen Leistungsreduktion aufgrund der erhöhten<br />

Intensität unter Hypoxie, dass ein effektives<br />

Training nicht mehr gewährleistet ist.<br />

Effekte des Höhentrainings<br />

Die Effekte des Höhentrainings auf den Organismus<br />

lassen sich auf vier „Höhen-Ebenen“ ansiedeln<br />

(Abb. 2). Diese Ebenen sollen anhand der Ergebnisse<br />

einer aktuellen Studie am Institut für<br />

Trainings- und Bewegungslehre verdeutlicht werden.<br />

Abb. 2:<br />

Effekte des Höhentrainings auf vier Ebenen.<br />

Studiendesign<br />

An der 6-monatigen Studie nahmen 7 Sportstudenten/-innen<br />

(3 weiblich, 4 männlich) aus verschiedenen<br />

Sportarten (Fußball, Triathlon, Mittelund<br />

Langstreckenlauf) teil. Die Untersuchung gliederte<br />

sich in eine 3-wöchige Baseline-Bestimmung,<br />

zwei Trainingsblöcke à 8 Wochen und eine<br />

4-wöchige Nachtestphase (s. Abb. 3).<br />

Die Trainingsblöcke bestanden aus je 3 Wochen<br />

Trainingsphase, wobei die erste Phase im Flachland<br />

absolviert wurde und die zweite Phase mit<br />

gleichem Trainingsplan in einer normobaren Hypoxiekammer<br />

auf 2.500 m Höhe durchgeführt wurde.<br />

Diesen Trainingsperioden folgte eine Testwoche<br />

mit Spiroergometrie auf dem Laufband und einem<br />

Wettkampftest (5.000 m-Lauf). Eine Vielzahl von<br />

Parametern wurde während der gesamten Studie<br />

mit unterschiedlichen Messzeitintervallen analysiert<br />

(s. Tab. 1).<br />

Ebene 1:<br />

Physiologische Basisparameter<br />

Die erste Ebene (s. Abb. 2) verdeutlicht Vorgänge,<br />

die akut durch Höhe beeinflusst werden und mit<br />

einfachen Methoden gemessen werden können<br />

(z.B. Herzfrequenz, Körpertemperatur, -gewicht).<br />

Abbildung 4 zeigt so zum Beispiel die Zeitreihe der<br />

Ruheherzfrequenz eines Probanden während der<br />

ganzen Studie. Vor allem während der ersten Höhentrainingsphase<br />

sind im Vergleich zu den Flachlandphasen<br />

deutlich höhere Werte zu erkennen.<br />

Dieser aus der Literatur bekannte Effekt ist vermutlich<br />

auf einen veränderten Sympathikotonus<br />

zurückzuführen.<br />

Ebene 2:<br />

Veränderungen auf der Zellebene<br />

Auf dieser Stufe können Effekte auf zellulärer<br />

Ebene angesiedelt werden. So wird in der Höhe<br />

die Erythropoese stimuliert, d.h., die Bildung roter<br />

Blutkörperchen steigt, wodurch die Sauerstoff-<br />

Transportkapazität erhöht wird. Dies wiederum<br />

kann zu einer Zunahme der aeroben Leistungs-<br />

21<br />

Abb. 3:<br />

Design der Höhentrainingsstudie<br />

(ST 1BL<br />

= Stufentest in Baseline,<br />

ST 2FL – ST 10FL =<br />

Stufentests in Flachland,<br />

ST 4H – ST 8H =<br />

Stufentests in Hypoxie,<br />

ST 11NT = Stufentest in<br />

Nachtestphase, WK1-<br />

WK6= Wettkampftests).<br />

Tab. 1:<br />

Parameter der Höhentrainingsstudie<br />

mit<br />

jeweiligen Messzeitintervallen<br />

(BL=Baseline,<br />

TP=Trainingsphase,<br />

TW=Testwoche, NTP=<br />

Nachtestphase, EPO=<br />

Erythropoetin, IGF-I=<br />

Insulin like growth<br />

factor I, VO2max=maximaleSauerstoffaufnahme,[Hb]=Hämoglobinkonzentration,<br />

SO2=<br />

Sauerstoffsättigung).


22 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Abb. 4:<br />

Zeitreihe der<br />

Ruheherzfrequenz mit<br />

4253H-Filter von<br />

Proband 3.<br />

Abb. 5:<br />

Zeitreihe der Erythrozyten<br />

mit distanzgewichteter<br />

Kleinste-<br />

Quadrate-Glättung von<br />

Proband 1.<br />

fähigkeit im Flachland führen (BERGLUND 1992,<br />

FRIEDMANN 2000, MAIRBÄURL 1994).<br />

Diese Auswirkung des Höhentrainings ist in Abb. 5<br />

zu erkennen, in der die Zeitreihe der Erythrozytenkonzentration<br />

eines Probanden dargestellt ist.<br />

Mit Beginn der ersten Höhenphase zeigt sich ein<br />

Anstieg der Konzentration der roten Blutzellen, der<br />

bis ca. 10 Tage nach der Trainingsperiode in Hypoxie<br />

andauert. Dieser Effekt gilt jedoch nicht für die<br />

zweite Höhenphase. Die Gründe hierfür könnten in<br />

der gesteigerten Trainingsbelastung im zweiten<br />

Trainingsblock liegen. Bei anderen Probanden war<br />

die Erythropoese z.T. in noch geringerem Ausmaß<br />

vorhanden, was die sehr individuelle Reaktion auf<br />

Trainingsreize verdeutlicht.<br />

Ebene 3:<br />

Direkte und indirekte<br />

Leistungsparameter<br />

Auf der dritten Ebene sind die Reaktionen des<br />

Höhentrainings für die Parameter angesiedelt, die<br />

zum einen mit der Wettkampfleistung und zum anderen<br />

mit Effekten im Organismus zusammenhängen,<br />

die auf eine Leistungsverbesserung hindeuten.<br />

Solche Parameter werden sehr oft in leistungsdiagnostischen<br />

Untersuchungen erhoben<br />

und als Indikatoren für angestrebte Wettkampfleistungen<br />

verstanden. Hierzu zählen direkte und<br />

indirekte Leistungsparameter, wie z.B. die Leistung<br />

auf dem Ergometer bei einem definierten Laktatwert<br />

und die Sauerstoffaufnahme (VO 2 ). Verbesserungen<br />

auf dem Ergometer und Veränderungen<br />

der ventilatorischen Parameter können zwar eindeutig<br />

aufgezeigt werden, nicht immer aber die<br />

Leistungssteigerung in der Sportart selbst.<br />

In Abb. 6 ist der Effekt des Höhentrainings auf die<br />

Laufgeschwindigkeit bei einem Laktatwert von 4<br />

mmol/l im Rahmen der Höhentrainingsstudie dargestellt.<br />

Bei allen Probanden zeigt sich durchschnittlich<br />

ein signifikanter (p


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

die Ergebnisse aus der Literatur, aber auch unserer<br />

Spiroergometrien auf dem Laufband gezeigt<br />

haben, ist die Belastungsintensität in Hypoxie<br />

zwangsläufig deutlich erhöht, so dass der gezielten<br />

Kontrolle der Trainingsintensität im Vergleich<br />

zum Flachland eine erhebliche Bedeutung zukommt.<br />

Wird mit gleicher absoluter Intensität trainiert,<br />

ist die Belastung für den Sportler höher als<br />

unter Normalbedingungen und kann auf Dauer zu<br />

Überlastungserscheinungen führen.<br />

Fazit und Ausblick<br />

Höhentraining in natürlicher und künstlicher Höhe<br />

besitzt im Leistungssport einen hohen Stellenwert<br />

und gehört deshalb in vielen Sportarten zum festen<br />

Bestandteil des Leistungstrainings. Jedoch sind<br />

die Kenntnisse darüber, wann die beabsichtigte<br />

Wirkung einsetzt, wie groß die Effekte sind und<br />

wie lange sie dauern, in der Praxis nicht in ausreichendem<br />

Maß vorhanden.<br />

Die Widersprüchlichkeit vieler wissenschaftlicher<br />

Ergebnisse in der Literatur zeigt die Notwendigkeit<br />

von neuen Forschungsansätzen im Höhentraining.<br />

Ein Training unter Hypoxiebedingungen kann<br />

durchaus zum Erfolg führen, wenn präzisere Empfehlungen<br />

über die Anwendung, Dosierung und<br />

Wirkungsweise gemacht werden können.<br />

Die Ergebnisse der Höhentrainingsstudie haben<br />

gezeigt, dass die physiologischen Reaktionen auf<br />

Höhentrainingsreize z.T. individuell sehr unterschiedlich<br />

sind. Angesichts dieser Individualität einer<br />

Anpassungsreaktion im Allgemeinen und auf<br />

hohem und höchstem Leistungsniveau im Besonderen,<br />

eignen sich neben traditionellen gruppenbezogenen<br />

Untersuchungen besonders Einzelfall-<br />

<strong>Dr</strong>. Astrid OSTERBURG,<br />

geb. 1975 in München, beendete<br />

ihr Studium an der<br />

Deutschen Sporthochschule<br />

Köln 2000 als Diplom-<br />

Sportlehrerin. Seitdem arbeitet<br />

sie im Institut für<br />

Trainings- und Bewegungslehre<br />

und hat vor<br />

Kurzem ihre Promotion ab-<br />

Zeitreihenanalysen. Diese werden seit geraumer<br />

Zeit für die Erforschung individueller Anpassungsreaktionen<br />

am Institut für Trainings- und Bewegungslehre<br />

eingesetzt. Diese Verfahren, zusammen<br />

mit dem vorhandenen differenzierten leistungsphysiologischen<br />

Instrumentarium versprechen<br />

vertiefte Erkenntnisse auf einem wissenschaftlich<br />

und praktisch interessanten Gebiet.<br />

Literatur bei den Autoren/innen.<br />

geschlossen. Ihre Forschungsschwerpunkte<br />

liegen im Bereich Ausdauer (Adaptationsprozesse,<br />

Höhentraining, Zeitreihenanalysen).<br />

In ihrem Arbeitsbereich kommen Astrid Osterburg<br />

ihre eigenen leistungssportlichen Erfahrungen<br />

aus der Ausdauersportart Triathlon<br />

(u.a. Teilnahme Ironman Hawaii 2002, 6. Platz<br />

DM Langdistanz Roth 2004) in hohem Maße zugute.<br />

E-Mail: osterburg@dshs-koeln.de<br />

23<br />

Abb. 6:<br />

Mittelwerte (±<br />

Standardabweichung)<br />

der Laufgeschwindigkeit<br />

an der anaeroben<br />

Schwelle aller<br />

Probanden bei den<br />

Stufentests 3 und 6 in<br />

Flachland sowie 4 und 5<br />

in Höhe.<br />

Tab. 2:<br />

Laufzeiten über 5000m<br />

von Proband 1 und 4 bei<br />

den Wettkampftests 1, 2<br />

und 3.


24 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

25


26 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Übergewicht und Adipositas<br />

im Kindesalter<br />

Erste Ergebnisse verschiedener Therapieprogramme des<br />

CHILT-Projektes der Deutschen Sporthochschule Köln<br />

Ein Beitrag von<br />

Christine Graf 1<br />

Benjamin Koch 1<br />

Sigrid Dordel 2<br />

Birna Bjarnason-<br />

Wehrens 1<br />

Hans-Georg<br />

Predel 1<br />

1 Institut für Kreislaufforschung<br />

und<br />

Sportmedizin<br />

2 Institut für<br />

Sportdidaktik<br />

Die Zahl der Kinder mit Übergewicht und Adipositas steigt auch in Deutschland erheblich an. Derzeit<br />

geht man von etwa 10 bis 20 Prozent aus (AGA 2003). Als Ursache werden neben einer genetischen Disposition<br />

hauptsächlich Fehlernährung und Bewegungsmangel genannt. Bis heute gibt es kein allgemein<br />

gültiges Konzept, wie diese Kinder optimal therapiert werden sollen. Den größten Erfolg haben sicherlich<br />

interdisziplinär angelegte Modelle, die sowohl Ernährung und Bewegung, aber auch das Verhalten<br />

der Kinder und auch der Eltern berücksichtigen (AGA 2003).<br />

Das CHILT-Projekt stellt ein stufenförmig aufgebautes<br />

Konzept dar, in dem neben der Vermittlung<br />

primärpräventiver Inhalte an Grundschulen in einer<br />

zweiten und dritten Stufe übergewichtige bzw.<br />

adipöse Kinder betreut werden (GRAF 2003). Das<br />

Projekt wurde von der Ethikkommission der Deutschen<br />

Sporthochschule genehmigt. In diesem<br />

Rahmen werden die ersten Ergebnisse der beiden<br />

Programme CHILT II/StEP TWO bzw. CHILT III vorgestellt.<br />

StEP TWO<br />

Sieben Grundschulen aus dem Raum Köln wurden<br />

randomisiert ausgewählt, vier dienten als Kontrollund<br />

drei als Interventionsschulen. Alle Kinder der<br />

Grundschulen wurden im September 2003 gewogen<br />

und gemessen, der BMI und BMI-SDS berechnet.<br />

Diese Untersuchung wurde im Juni/Juli<br />

2004 wiederholt. Die anthropometrischen Daten<br />

zeigt Tabelle 1. Nur die Kinder wurden untersucht,<br />

deren Eltern der Teilnahme zugestimmt hatten. An<br />

beiden Untersuchungen nahmen 88 Prozent der<br />

Kinder teil, 1,7 Prozent wollten nicht teilnehmen<br />

oder das Einverständnis wurde nicht gegeben, die<br />

übrigen waren krank oder nicht da wegen Schulwechsel/verzogen.<br />

Die Eltern der übergewichtigen und adipösen Kinder<br />

der drei Interventionsschulen (n=121) erhielten<br />

eine Einladung zur Teilnahme ihrer Kinder am StEP<br />

TWO Programm. 46 Kinder nahmen teil, zwei stiegen<br />

erst im Februar 2004 ein, eines fiel wegen<br />

Schulwechsel aus, fünf stiegen aus persönlichen<br />

Gründen aus, so dass letztendlich 40 Kinder an<br />

dem Programm von November 2003 bis Juli 2004<br />

komplett teilnahmen. Neben den anthropometrischen<br />

Daten wurden Bauch-/Hüftumfang, Blutdruck,<br />

die Ausdauerleistungsfähigkeit (VO2max)<br />

fahrradergometrisch (Interventionskinder) und die<br />

motorische Leistungsfähigkeit (Dordel-Koch-Test<br />

bei den Interventionskindern, 6-Minuten-Lauf bei<br />

den Kontrollkindern) bestimmt (Daten werden<br />

nicht gezeigt).<br />

Die Intervention für die Kinder fand zweimal pro<br />

Woche in der jeweiligen Grundschule im Anschluss<br />

an den Unterricht statt. Zunächst wurde<br />

gemeinsam mit den Kindern gemäß den Empfehlungen<br />

des Forschungsinstituts für Kinderernährung<br />

(OptimiX) sowie AID (Kinderernährungspyramide)<br />

das Essen vorbereitet, gekocht und geges-


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

sen. Währenddessen und anschließend wurden<br />

ihnen spielerisch die jeweiligen Grundlagen vermittelt.<br />

Danach erhielten die Kinder noch 60 bis 90 Minuten<br />

Sportunterricht, der als Ziel neben einer Verbesserung<br />

der motorischen Leistungsfähigkeit die<br />

Freude an der Bewegung sowie die Übertragung in<br />

Freizeit und Alltag verfolgte. Die Eltern erhielten an<br />

sechs Elternabenden Informationen zu den<br />

Themen medizinische Hintergründe (2), Ernährung<br />

(2) und Psychologie/Verhaltensmodifikation (2).<br />

Das Geburtsdatum der Kinder wurde erfragt. Die<br />

Messung des Körpergewichtes erfolgte nach den<br />

standardisierten Messvorgaben des IDIS (vgl.<br />

LAASER 1989) auf einer Standwaage Typ Seca 761.<br />

Die Kinder wurden gebeten, die Schuhe auszuziehen,<br />

für die Turnbekleidung wurden 500 g abgezogen.<br />

Die Körpergröße wurde mit einem Maßstab<br />

(Seca 225) in aufrechter Position, ohne Schuhe<br />

und in tiefer Einatmung gemessen, wobei die Verbindungslinie<br />

zwischen Jochbein und unterem Gehörgang<br />

eine Parallel zum Boden darstellte (LAA-<br />

SER 1989).<br />

Aus den gewonnenen Daten wurde der BMI nach<br />

der Formel Kilogramm Körpergewicht in kg geteilt<br />

durch das Quadrat der Körpergröße in m = kg/m 2<br />

berechnet und für die Kinder entsprechend den<br />

Perzentilenkurven nach KROMEYER-HAUSCHILD<br />

(2001) eingeordnet. Die Bestimmung des altersund<br />

geschlechtskorrigierten BMI-Standard deviation<br />

score (BMI-SDS) wurde nach folgender Formel<br />

berechnet: ((BMI/M(t))L(t)-1)/(L(t)*S(t)). M(t), L(t)<br />

und S(t) sind die alters- und geschlechtsspezifischen<br />

Größen eines jeweiligen Kindes (KROMEYER-<br />

HAUSCHILD et al. 2001).<br />

Resultate<br />

Die anthropometrischen Daten und Unterschiede<br />

zwischen den Interventions- und Kontrollkindern<br />

zeigt Tabelle 1. Lediglich hinsichtlich des Eingangs-BMI<br />

liegen die Interventionskinder über den<br />

Kontrollkindern (p=0.042). Nach der Intervention<br />

haben die Interventionskinder weniger stark zugenommen,<br />

dies ist aber nur tendenziell (p=0,069;<br />

s. Abb. 1). Allerdings ist die Reduktion des altersund<br />

geschlechtskorrigierten BMI deutlicher bei<br />

den Interventions-, als bei den Kontrollkindern<br />

(p=0.028) (s. Abb. 2).<br />

CHILT III<br />

Zwischen Mai und September 2003 meldeten die<br />

Eltern ihre Kinder zur Teilnahme am CHILT III Programm<br />

an. Die Voraussetzung war das Überschreiten<br />

der 97. Perzentile und somit das Vorliegen<br />

einer Adipositas. Die anthropometrischen<br />

Daten zeigt Tabelle 2. Als Kontrollkinder dienten<br />

die Kinder, die sich zur Teilnahme nach dem Start<br />

anmeldeten (September 2003 bis Januar 2004).<br />

Die Intervention startete Mitte September 2003<br />

und dauerte bis Mitte Juli 2004. Währenddessen<br />

kamen die Kinder zweimal pro Woche zum Sport<br />

27<br />

Tab. 1:<br />

Anthropometrische<br />

Daten der Interventionskinder<br />

(IK) gegenüber<br />

den Kontrollkindern<br />

(KK) zu T1 (N.s. = nicht<br />

signifikant).<br />

Abb. 1:<br />

Verlauf des BMI bei den<br />

Interventionskindern<br />

versus Kontrollkinder<br />

(StEP TWO).<br />

Abb. 2:<br />

Differenz zwischen T1<br />

und T2 des BMI-SDS<br />

der Interventions- und<br />

Kontrollkinder (StEP<br />

TWO).


28 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Tab. 2:<br />

Anthropometrische<br />

Daten der CHILT III<br />

Interventionskinder (IK)<br />

bzw. der Kontrollkinder<br />

(KK) zu Beginn der<br />

Intervention (T1)<br />

(n.s. = nicht signifikant).<br />

Abb. 3:<br />

Verlauf des BMI (CHILT<br />

III) zum Zeitpunkt T1 bis<br />

zu T2; der Verlauf unterscheidet<br />

sich signifikant<br />

(p=0.025).<br />

Abb. 4:<br />

Differenz zwischen T1<br />

und T2 des BMI-SDS<br />

der Interventions- und<br />

Kontrollkinder (CHILT<br />

III).<br />

(60 bzw. 90 Minuten) und erhielten einmal wöchentlich<br />

nach der medizinischen Sprechstunde<br />

eine theoretische Einheit zu Ernährung bzw. Psychologie<br />

im Wechsel. Die Eltern erhielten jeweils<br />

die gleiche Einheit. Bei Bedarf wurden auch am<br />

zweiten Termin theoretische Inhalte oder Einzelgespräche<br />

angeboten. Die jüngeren Kinder waren<br />

zwischen acht und zwölf Jahre, die älteren zwischen<br />

12 und 16 Jahre alt.<br />

Analog zu StEP TWO wurde das Geburtsdatum angegeben,<br />

die Kinder gewogen und gemessen, der<br />

BMI und BMI-SDS bestimmt. 26 Kinder nahmen<br />

am Programm teil; drei stiegen aus, zwei aus persönlichen<br />

Gründen, eines aufgrund einer erforderlichen<br />

Herzoperation. Neben den anthropometrischen<br />

Daten wurden Bauch-/Hüftumfang, Blutdruck,<br />

die Ausdauerleistungsfähigkeit (VO2max)<br />

fahrradergometrisch und die motorische Leistungsfähigkeit<br />

(Dordel-Koch-Test und modifizierter<br />

Münchner Fitnesstest bei den Interventionskindern)<br />

bestimmt (Daten werden nicht gezeigt).<br />

Resultate<br />

Die anthropometrischen Daten und Unterschiede<br />

zwischen den Interventions- und Kontrollkindern<br />

zeigt Tabelle 2. Lediglich hinsichtlich der Eingangs-<br />

Größe liegen die Interventionskinder über den<br />

Kontrollkindern (p=0.031). Bzgl. des BMI hatten die<br />

Interventionskinder nach der Intervention abgenommen,<br />

die Kontrollkinder dagegen zugenommen<br />

(adjustiert nach Alter und Geschlecht p=0.025; s.<br />

Abb. 3). Auch der BMI-SDS reduziert sich bei den<br />

Interventionskindern, nicht bei den Kontrollkindern<br />

(p=0.013; s. Abb. 4).<br />

StEP TWO<br />

Die interdisziplinäre Betreuung übergewichtiger/<br />

adipöser Kinder an ihren Grundschulen (StEP TWO)<br />

bzw. adipöser Kinder an der Sporthochschule<br />

(CHILT III) ist im Gegensatz zu den jeweiligen Kontrollgruppen<br />

im Anschluss an die Intervention erfolgreich.<br />

Besonders in diesem frühen Alter ist eine<br />

Gewichtsstabilisierung anzustreben, um das<br />

Längenwachstum zu nutzen. Als besonderer Vorteil<br />

von StEP TWO wurde das frühe Aufnehmen der<br />

Kinder gesehen. Alleinige schulbasierte Interventionen<br />

in der Prävention von Übergewicht konnten<br />

zwar die motorische Leistungsfähigkeit der Kinder<br />

verbessern, zeigten aber keinen Einfluss auf die<br />

anthropometrischen Daten (GRAF et al., zur Publikation<br />

eingereicht). Sicherlich hat aber das Screening<br />

in der Schule die Thematik Übergewicht an<br />

Familien herangetragen, die sich bisher nicht damit<br />

auseinandergesetzt haben.<br />

Die Integration der Eltern/Familie in die Betreuung<br />

war bereits in anderen Programmen erfolgreich<br />

(MANIOS et al. 1999), obwohl die Teilnahme der<br />

StEP TWO Eltern eher gering war. Aber das regelmäßige<br />

gemeinsame Kochen mit den Kindern<br />

zweimal pro Woche und damit die Praxisnähe über<br />

nahezu das gesamte Schuljahr hat einen erheblichen<br />

Einfluss auf das Essverhalten auch zu Hause<br />

und damit auf die anthropometrischen Daten.<br />

Hierzu kommt, dass die Kinder jünger als in den<br />

meisten anderen ambulanten Adipositasprogrammen<br />

waren. Die Integration bereits übergewichtiger<br />

und nicht „erst“ adipöser Kinder führte neben<br />

der auch in dieser Hinsicht früheren Betreuung zu<br />

einer geringeren Stigmatisierung der Gruppe in<br />

der Schule. Der wohnortnahe, kostengünstigere<br />

und so für die Eltern unkomplizierte Ablauf sollte<br />

auch Kindern die Teilnahme ermöglichen, die an<br />

anderen Intensivprogrammen nicht teilgenommen<br />

hätten.<br />

Kritisch muss man die Aussteiger beleuchten.<br />

Auch wenn die Rate mit etwa 10 Prozent sehr<br />

gering lag, handelte es sich stets um die adipösen<br />

Kinder. Die Gründe für die Ausstiege waren vielfältig,<br />

z.B. Eigenanteil der Eltern nicht bezahlbar, viele<br />

weitere Termine etc. Möglicherweise würden<br />

aber diese Kinder eher von externen Programmen<br />

mit ihnen unbekannten Kindern profitieren, so dass


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

sie in der Gruppe ihre Rolle neu definieren können<br />

und nicht auf die gleichen Kinder treffen, die sie<br />

möglicherweise im Schulalltag „hänseln“. Insgesamt<br />

sollten aber entsprechende interdisziplinär<br />

geführte, schul- und familienbasierte Programme<br />

weiter ausgebaut und über die ganze (Grund-)<br />

Schulzeit der Kinder durchgeführt werden.<br />

CHILT III<br />

Im Rahmen des CHILT III Programms wurden die<br />

Kinder an der Deutschen Sporthochschule Köln<br />

intensiv interdisziplinär betreut. Im Gegensatz zu<br />

den StEP TWO Kindern waren sie älter und stets<br />

adipös. Somit ist eine Gewichtsstabilisierung meist<br />

nicht mehr ausreichend. Dies kann aber meist nur<br />

durch deutliche Veränderungen des kindlichen/<br />

familiären Ess- und Bewegungsverhaltens erreicht<br />

werden. Daher ist die Integration der Eltern sehr<br />

viel intensiver erforderlich. Insgesamt ist das Programm<br />

erfolgreich abgelaufen und entspricht in<br />

der Reduktion des BMI-SDS den Erfolgen anderer<br />

Programme (APV 2004). Mit drei Abbrechern liegt<br />

die Rate bei nur 11,5 Prozent. Durch eine intensivere<br />

Nachbetreuung (bis zu monatlichen Terminen<br />

zur Wiedervorstellung) soll versucht werden,<br />

den Erfolg des einzelnen Kindes auch langfristig<br />

zu stabilisieren.<br />

Allerdings steht ein Beweis für eine langfristige<br />

Gewichtsstabilisierung nach solchen Maßnahmen<br />

in Deutschland noch aus (REINEHR & WABITSCH<br />

2003). Die weitere Arbeit muss daher die Suche<br />

nach Parametern sein, warum Kinder dauerhaft<br />

teilnehmen oder nicht, möglicherweise sogar<br />

<strong>Dr</strong>. med. Christine GRAF,<br />

geboren am 13.12.1967, war<br />

im Anschluss an ihr Medizinstudium<br />

an der Universität<br />

zu Köln im Martha Maria<br />

Krankenhaus Nürnberg<br />

(Innere Medizin) sowie in<br />

der Medizinischen Klinik III<br />

(Kardiologie) an den Universitätsklinken<br />

Köln tätig.<br />

Seit 1996 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

am Institut für Kreislaufforschung und Sportme-<br />

früher abbrechen, um individuell für ein Kind bzw.<br />

dessen Familie die richtigen Therapiemaßnahmen<br />

einleiten zu können.<br />

Fazit<br />

Interdisziplinäre Programme für übergewichtige/<br />

adipöse Kinder sind nach der Intervention erfolgreich.<br />

Der Effekt auf die Langzeitbetreuung bleibt<br />

abzuwarten. Insbesondere StEP TWO zeigt aber<br />

auf, welche Möglichkeiten durch die Verbindung<br />

Schule/Familie/weitere Institutionen bestehen. Es<br />

wäre wünschenswert, wenn dies auch positiv von<br />

einzelnen Krankenkassen bzw. gesundheits- und<br />

sozialpolitisch wahrgenommen werden würde!<br />

Danksagung<br />

Unser Dank gilt <strong>Prof</strong>essor <strong>Walter</strong> <strong>Tokarski</strong>,<br />

Schirmherr des StEP TWO Programms, sowie der<br />

Unterstützung des Fördervereins des Herzzentrums<br />

Köln. Außerdem möchten wir allen weiteren<br />

Beteiligten an dem Programm: Susanne Göpfert,<br />

Birgit Böckmann, Anette Röseler, Hildegard<br />

Schmitz-Krahm, dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst<br />

der Stadt Köln, Tanja Speckhahn,<br />

Torsten Langner, Petra Roßberg, Maria Flothkötter<br />

sowie den Studierenden des wissenschaftlichen<br />

Seminars (StEP TWO), Sandra Jaeschke, Irene<br />

Fuchs, Claudia Menz, Stefanie Jouck, Sascha<br />

Ritzeler, <strong>Dr</strong>. Anja Lawrenz und Ellen Kretschmann-<br />

Kandel (CHILT III) danken.<br />

Literatur bei den Verfassern/innen.<br />

dizin der Deutschen Sporthochschule Köln.<br />

Seit 1998 führt sie die Zusatzbezeichnung<br />

Sportmedizin, seit 2004 auch die Zusatzbezeichnung<br />

Ernährungsmedizin. Ihre Forschungsschwerpunkte<br />

liegen in den Bereichen<br />

„Körperliche Aktivität in der Primär- und Sekundärprävention<br />

kardiovaskulärer Erkrankungen“,<br />

„Sportherz“, „ACE-Genpolymorphismen“<br />

und „Kinder- und Jugendsportmedizin“. Außerdem<br />

ist sie die Leiterin des CHILT-Projektes.<br />

E-Mail: c.graf@dshs-koeln.de<br />

29


30 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

31


32 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Die Wahrheit über den Rollwiderstand<br />

Einfluss von Reifentyp und Reifenluftdruck auf den<br />

Rollwiderstand beim Mountainbiken<br />

Ein Beitrag von<br />

Peter Nilges<br />

Helmut Lötzerich<br />

Achim Schmidt<br />

Institut für<br />

Natursport und<br />

Ökologie<br />

Abb.1:<br />

Gesamtwiderstand beim<br />

Radfahren (modifiziert<br />

nach GRESSMANN<br />

2002).<br />

Im Radsport haben in den letzten Jahrzehnten zahlreiche wissenschaftliche Studien zu einer Optimierung<br />

des Sportgerätes und der körperlichen Leistungsfähigkeit der Athleten beigetragen, die in der Summe<br />

zu neuen sportlichen Höchstleistungen bzw. Rekorden führten. Neben den Erkenntnissen zur Leistungssteigerung<br />

der Athleten stehen im Radsport immer wieder Verbesserungen des Sportgerätes im<br />

Mittelpunkt des Interesses sowohl im Hochleistungssport als auch im Freizeit- und Breitensportbereich.<br />

So wurden im Laufe der letzten Jahre im Mountainbike-Sport unter anderem die Geometrie, der Einsatz<br />

von neuen Rahmenwerkstoffen und die Entwicklung von antriebneutralen Federelementen vorangetrieben<br />

und teilweise erheblich verbessert. Weitere Versuche zur Verringerung des Gesamtwiderstandes<br />

führten zu einer optimierten Sitzposition mit dem Ziel, den Fahrwiderstand (in erster Linie den Luftwiderstand)<br />

zu reduzieren.<br />

Im Bereich des Fahrradwiderstandes gibt es jedoch<br />

noch erheblichen Forschungsbedarf zum<br />

Thema des Rollwiderstands, der im Wesentlichen<br />

von Reifentyp und Reifenluftdruck abhängt und im<br />

Gelände über die Hälfte des Gesamtwiderstandes<br />

in Anspruch nehmen kann. Da sich bisherige Erkenntnisse<br />

fast ausschließlich auf den Rollwiderstand<br />

im Labor auf festem, ebenem Untergrund beziehen<br />

und dies nicht der realistischen Situation im<br />

Gelände entspricht, wurde in der vorliegenden Untersuchung<br />

die Auswirkung verschiedener Einflussfaktoren<br />

auf den Rollwiderstand im Gelände<br />

bestimmt. Im untersuchten Mountainbikebereich<br />

liegen, neben den praxisfernen Tests der Reifenhersteller,<br />

zur Zeit noch keine wissenschaftlich<br />

fundierten und publizierten Daten vor. Bislang<br />

wurde auf tradierte Gesetzmäßigkeiten und Erfahrungen<br />

aus dem Straßenradsport zurückgegriffen<br />

und diese als vermeintlich übertragbare Normen<br />

angenommen.<br />

Die durchgeführte Untersuchung soll dazu beitragen,<br />

diese Wissenslücke zu schließen, um auf<br />

spekulative Reifen-/Reifenluftdruckempfehlungen<br />

für das Gelände verzichten zu können und eine<br />

konkrete Handhabe zu liefern. Denn Freizeit- und<br />

Breitensportler, wie auch Rennfahrer, lassen sich<br />

bei der Wahl ihrer Reifen vielmehr von subjektiven<br />

Einschätzungen leiten, ohne tatsächlich zu wissen,<br />

ob der gewählte Reifen mit entsprechendem Reifenluftdruck<br />

das Optimum für den Einsatzzweck<br />

darstellt. Weiterhin wurde der Frage nachgegangen,<br />

inwieweit die Tests der Reifenhersteller auf<br />

dem Rollenprüfstand tatsächlich geeignet sind, um<br />

auch die Eigenschaften eines Reifens in der Praxis<br />

im Gelände beurteilen zu können.<br />

Material und Methoden<br />

Zur Bestimmung der Rollwiderstandsleistung wurden<br />

auf einer 460 m langen, kontinuierlich steigenden<br />

Outdoorteststrecke (s. Abb. 1) drei unterschiedliche<br />

Untergründe (Straße, Schotter, Wiese)<br />

befahren. Da die Untergründe unmittelbar nebeneinander<br />

lagen, konnte so zur besseren Vergleichbarkeit<br />

der erfassten Daten eine gleiche Steigungsleistung<br />

vorausgesetzt werden. Die Messung<br />

der Leistung erfolgte mittels eines an einem<br />

Mountainbike montierten SRM-Systems (Schoberer-Rad-Mess-System)<br />

bei einer Geschwindigkeit<br />

von lediglich 9,5 km/h, da es bei dieser Geschwindigkeit<br />

zu einer Minimierung des Luftwiderstandes<br />

kommt. Bei dem SRM-System handelt es sich um<br />

eine spezielle Tretkurbel mit integriertem <strong>Dr</strong>ehmoment-Sensor,<br />

der über das <strong>Dr</strong>ehmoment und die<br />

Trittfrequenz eine äußerst exakte Bestimmung der<br />

Leistung ermöglicht.<br />

Die gemessenen Daten wurden telemetrisch an<br />

den am Lenker befindlichen Computer (Powercontrol)<br />

übertragen und dort gespeichert. Insgesamt<br />

konnten während der Untersuchung neun Mountainbikereifen,<br />

die sich nach Reifenprofil und Reifenbreite<br />

unterschieden, mit vier Luftdrücken unter<br />

sonst konstanten Bedingungen kombiniert werden.<br />

Zusätzlich erfolgte zum Vergleich die Bestimmung<br />

der Rollwiderstandsleistung auf einem Rollenprüf-


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

stand eines Reifenherstellers. Es wurden jeweils<br />

drei Reifenprofile in drei verschiedenen Breiten<br />

getestet. Die Reifenprofile unterschieden sich<br />

nach ihrem Einsatzzweck von leichtem, trockenem<br />

Gelände (Semislick Modell „Fast Fred“) über mittelschweres<br />

Gelände (schwach profilierter Stollenreifen<br />

Modell „Racing Ralph“) bis hin zu grobem,<br />

nassem Gelände (Stollenreifen Modell „Albert<br />

Brothers“). Die Reifenbreiten reichten von 50<br />

mm/2,1 Zoll bis hin zu 62 mm/2,4 Zoll.<br />

Die vier unterschiedlichen Reifenluftdrücke wurden<br />

mit 1,5 bar, 2,0 bar, 3,0 bar sowie 4,0 bar so gewählt,<br />

dass eine Abdeckung der für den Mountainbikesport<br />

üblichen Setups gegeben war.<br />

Ergebnisse und Diskussion<br />

Der Anteil der Rollwiderstandsleistung an der Gesamtleistung,<br />

die zum Befahren der Teststrecke<br />

benötigt wurde, betrug bei gegebenem Versuchsaufbau<br />

durchschnittlich 11,98 Prozent auf „Asphalt“,<br />

24,09 Prozent auf „Schotter“ und bis hin zu<br />

46,22 Prozent auf dem Untergrund „Wiese“. Es fällt<br />

auf, dass die grobprofilierten Stollenreifen auf allen<br />

Untergründen den größten Rollwiderstand erzeugen.<br />

Die Semislicks und schwachprofilierten<br />

Reifen ergeben ein unterschiedliches Bild im Gelände<br />

und auf der Straße, was den Rollwiderstand<br />

betrifft.<br />

Straße und Testlabor<br />

Die Ergebnisse auf dem Untergrund „Straße“ stimmen<br />

tendenziell mit denen des Rollenprüfstandes<br />

(Stahltrommel) überein. Die sich stark ähnelnden<br />

Messwerte sind durch eine vergleichbare Untergrundbeschaffenheit<br />

begründet. Eine Erhöhung<br />

des Reifenluftdruckes bewirkt eine Senkung des<br />

Rollwiderstandes. Die Reifen sinken mit zunehmendem<br />

Reifenluftdruck weniger stark ein, und die<br />

Aufstandsfläche auf dem festen, glatten Boden<br />

verkleinert sich. Der sogenannte „Hebelarm der<br />

rollenden Reibung“ (GRESSMANN 2002) verkürzt<br />

sich und ermöglicht dem Reifen ein leichteres Abrollen.<br />

Der Einflussfaktor Reifenprofil weist die geringsten<br />

Werte nicht etwa bei den Semislicks<br />

„Fast Fred“, sondern den schwach profilierten<br />

Stollenreifen „Racing Ralph“ auf. Obwohl hier die<br />

<strong>Prof</strong>ilierung stärker ausgeprägt ist, war der Rollwiderstand<br />

geringfügig niedriger. Die Begründung<br />

liegt in der Anordnung der Stollen und Flexibilität<br />

der Karkassen. Die Stollen des „Racing Ralphs“<br />

fallen zwar höher aus, sind im Bereich der Lauffläche<br />

jedoch relativ eng beieinander angeordnet<br />

(hoher Positivanteil), so dass fast ein durchgehender<br />

Mittelsteg entsteht. Dadurch kann der Reifen<br />

geschmeidiger abrollen, was sich auch durch ein<br />

leiseres Abrollgeräusch auf festem Boden bemerkbar<br />

macht. Bei einem größeren Stollenabstand<br />

hingegen fällt der Reifen von einem <strong>Prof</strong>ilblock<br />

in den Zwischenraum des <strong>Prof</strong>ils, um dann<br />

wieder erneut angehoben zu werden. Im Gelände<br />

kann sich der Semislick jedoch, vor allem durch<br />

die äußerst dünne Gummierung der Karkasse und<br />

die damit verbundene Flexibilität, besser dem rauen<br />

Untergrund anpassen und hier seine Vorzüge<br />

ausspielen. Die Flexibilität und somit der Aufbau<br />

eines Reifens ist bei unebenem Untergrund entscheidender<br />

als die Anordnung und Gestaltung der<br />

<strong>Prof</strong>ilierung.<br />

Wiese und Schotter<br />

Die gewonnenen Erkenntnisse auf den beiden Untergründen<br />

„Wiese“ und „Schotter“ weichen bei<br />

allen Einflussfaktoren von den Ergebnissen auf<br />

„Straße“ und somit auch denen des Rollenprüfstandes<br />

ab. So sinkt die Rollwiderstandsleistung<br />

mit abnehmendem Reifenluftdruck auf „Schotter“<br />

bis zu einer Untergrenze von 2,0 bar und auf dem<br />

Untergrund „Wiese“ bis zum niedrigsten der getesteten<br />

Luftdrücke (1,5 bar). Im Durchschnitt kön-<br />

33<br />

Abb. 2:<br />

Untersuchungsrad mit<br />

Systemgewichtsausgleich<br />

durch Trinkflasche<br />

und Rucksack.<br />

Abb. 3:<br />

Teststrecke (v.l.n.r.<br />

Wiese 1, Schotter 2,<br />

Straße 3).


34 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

Abb. 4:<br />

Einflussfaktor<br />

Untergrund bei drei<br />

Reifenmodellen und<br />

drei Reifenbreiten<br />

(n =324).<br />

Abb. 5:<br />

Einflussfaktor<br />

Reifenluftdruck auf<br />

„Wiese“ (n = 27 je<br />

Reifenluftdruck).<br />

nen 17,88 Watt eingespart werden, wenn auf dem<br />

Untergrund „Wiese“ der Reifenluftdruck von 4,0<br />

bar auf 1,5 bar abgesenkt wird.<br />

Die Hauptbegründung hierfür liegt in der (rauen)<br />

Beschaffenheit des Untergrundes. Nach WHITT &<br />

WILSON (1997, 128-130) wird an jeder Bodenunebenheit<br />

ein Teil der in Fahrtrichtung wirkenden<br />

Antriebsleistung benötigt, um das Gesamtsystem<br />

anzuheben. Dies ist vergleichbar mit dem Befahren<br />

einer kleinen Steigung, die entsprechende<br />

Hubarbeit verlangt. Wenn ein Reifen folglich mit<br />

weniger Reifenluftdruck auf rauem Untergrund gefahren<br />

wird, kann er sich besser den Unebenheiten<br />

anpassen und das Gesamtsystem muss nicht<br />

so stark und oft angehoben werden. Dieser Effekt<br />

ist bereits bei einem feinkörnigen Schotterweg,<br />

wie die Tests beweisen, zu verzeichnen. Weiterhin<br />

verliert der Reifen nicht so schnell den Kontakt<br />

zum Boden, was einen verminderten Schlupf und<br />

somit verbesserte Traktion zur Folge hat, und<br />

obendrein werden die Dämpfungseigenschaften<br />

erheblich verbessert. Der Einfluss der Reifenbreite<br />

macht sich durch eine Abnahme des Rollwiderstandes<br />

mit zunehmender Breite bemerkbar. Bei<br />

der Betrachtung der Reifenaufstandsflächen (s.<br />

Abb. 6) zweier unterschiedlich breiter Reifen zeigt<br />

sich, dass die Flächen zwar gleich groß sind,<br />

jedoch eine andere Form aufweisen. Die des breiteren<br />

Reifens ist breiter und kürzer, wodurch sich<br />

auch der Hebelarm (f) verkürzt, über den der Reifen<br />

abrollt. Zusätzlich besitzen breitere Reifen<br />

auch einen größeren Durchmesser bzw. Radius (r),<br />

die eine kleiner werdende Abrollwiderstandszahl<br />

(kR = f / r) bedingen.<br />

Abb. 6:<br />

Reifenaufstandsfläche von Fahrradreifen (modifiziert nach<br />

GRESSMANN 2002).<br />

Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse kann<br />

eine beachtliche Differenz von über 50 Watt zwischen<br />

einem breiten Reifen mit 1,5 bar Reifenluftdruck<br />

und einem schmalen mit 4,0 bar befüllten<br />

Reifen entstehen (s. Abb. 5). Die Untersuchungen<br />

belegen außerdem, dass die Messungen auf dem<br />

Rollenprüfstand des Testlabors nicht ausreichen,<br />

die Eigenschaften eines Mountainbikereifens hinsichtlich<br />

des Rollwiderstandes im Gelände zu<br />

beurteilen. Alle drei untersuchten Einflussfaktoren<br />

(Reifenluftdruck, Reifenprofil, Reifenbreite) zeigen<br />

im Gelände eine andere Wirkung.<br />

Empfehlungen für die Praxis<br />

Auf festem, ebenem Untergrund, wie z.B. auf<br />

„Straße“, spricht ein hoher Reifenluftdruck für<br />

die Reduzierung des Rollwiderstandes. Allerdings<br />

weist GRESSMANN (2002, 49) darauf hin, dass sich<br />

ab einem gewissen Reifenluftdruck der Rollwiderstand<br />

nicht mehr verringert, jedoch im Gegenzug<br />

der Komfort drastisch nachlässt. Das zu empfehlende<br />

Reifenprofil sollte einen hohen Positivanteil<br />

des <strong>Prof</strong>ils auf der Lauffläche besitzen. Dieses<br />

Merkmal ist durch einen geringen Stollenabstand<br />

oder im Idealfall einen durchgehenden Mittelsteg<br />

gekennzeichnet. Die Reifenbreite hat auf<br />

festem Untergrund aus konstruktionsbedingten<br />

Gründen keinen nachweisbaren Einfluss. Da in<br />

der Praxis neben der Minimierung der Rollwiderstandsleistung<br />

auch der Komfort eine wichtige<br />

Komponente ist, sollte deshalb den breiteren Modellen<br />

der Vorzug gegeben werden (vgl. SPAN-<br />

GENBERG 2002, 60).<br />

Fazit: Die optimale Reifen-/Reifenluftdruckempfehlung<br />

für feste, ebene Böden ist demnach ein<br />

breiter Reifen mit hohem Positivanteil des <strong>Prof</strong>ils<br />

und hohem Reifenluftdruck.


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

Zur Minimierung des Rollwiderstandes im Gelände<br />

sollte der Reifenluftdruck abgesenkt werden.<br />

Selbst auf Schotter, mit nur geringen Bodenunebenheiten,<br />

bewirkt eine Absenkung des Reifenluftdrucks<br />

bis zu einer Untergrenze von 2,0 bar<br />

deutlich messbare Vorteile. Mit zunehmender Rauheit<br />

des Untergrundes, wie z.B. auf „Wiese“, wird<br />

dieser Effekt noch verstärkt. Der zusätzliche Nebeneffekt<br />

eines geringen Reifenluftdrucks äußert<br />

sich durch verbesserte Traktion und eine Erhöhung<br />

des Komforts. Das für raue Untergründe ideale<br />

Reifenprofil sollte in erster Linie eine flexible<br />

Karkasse besitzen, wie sie in der Regel Semislicks<br />

aufweisen. Die Empfehlung zur Reifenbreite im Gelände<br />

geht eindeutig in Richtung der breiten Reifen,<br />

die weiterhin aufgrund ihres vergrößerten Volumens<br />

eine höhere Pannensicherheit gegen<br />

Durchschläge besitzen.<br />

Fazit: Im Gelände sollte ein Reifen so breit wie<br />

möglich sein (Kompatibilität mit Rahmen und Gabel<br />

beachten) und eine möglichst flexible Karkasse<br />

besitzen (hier Semislick), der nur mit so viel<br />

Reifenluftdruck wie nötig (Durchschlagschutz)<br />

gefahren wird.<br />

Im Hinblick auf den Renneinsatz bei Cross Country<br />

Wettkämpfen und Marathons mit einem nur geringen<br />

Anteil des Untergrundes Straße empfiehlt sich<br />

unbedingt ein geringer Reifenluftdruck in Verbindung<br />

mit einem breiten Reifen. Der oft kritisierte<br />

Aspekt des Mehrgewichts breiterer Reifen wird<br />

dabei allgemein am stärksten überschätzt, wie<br />

Tests zum Beschleunigungswiderstand (DEGER<br />

1999) bestätigen. Bei der Beschleunigung eines<br />

Reifenpaares von 0 auf 25 km/h veranschlagte ein<br />

500 g schwereres Reifenpaar nur 4,20 W an zusätzlicher<br />

Leistung. Dem gegenüber steht eine Einsparung<br />

von beispielsweise 15,41 W auf dem Untergrund<br />

„Wiese“, die ein breiter Reifen gegenüber<br />

einem schmalen Pendant ermöglicht. Zudem<br />

macht sich die Einsparung des Rollwiderstandes<br />

ständig und die des leichteren Gewichts nur bei<br />

einer Geschwindigkeitsänderung bemerkbar.<br />

Bei längeren Fahrten mit einem hohem Asphaltanteil<br />

kann es sinnvoll sein, den Reifenluftdruck unterwegs<br />

den entsprechenden Bedingungen anzupassen.<br />

Jedoch ist der Mehraufwand des Rollwiderstandes,<br />

den man beim Fahren mit einem geringen<br />

Reifenluftdruck auf dem Untergrund Straße in<br />

Kauf nimmt, deutlich geringer als der beim Fahren<br />

mit einem hohen Luftdruck im Gelände.<br />

Die tatsächlich im Gelände noch fahrbare Untergrenze<br />

des Reifenluftdrucks ist schwer zu bestimmen,<br />

da sie von vielerlei Faktoren beeinflusst wird.<br />

So spielen Fahrergewicht, Beschaffenheit des Untergrundes/Hindernisse,<br />

Felgenbreite, Reifenbreite<br />

und auch der Fahrstil eine große Rolle und müssen<br />

beim individuellen Setup eines Mountainbikes<br />

stets berücksichtigt werden. Um einen konkreten<br />

Wert zu beziffern, kann ein 60/62 mm breiter Reifen<br />

bei 70 kg Fahrergewicht im Gelände problemlos<br />

mit 1,7 bis 1,8 bar Reifenluftdruck betrieben wer-<br />

den. Die Empfehlung für einen 57 mm breiten Reifen<br />

liegt bei 2,1 bis 2,3 bar.<br />

Ausblick<br />

Für künftige Untersuchungen zum Thema Rollwiderstand<br />

im Bereich Mountainbike gilt es zu klären,<br />

wie sich neue Systeme, so z.B. Tubeless-Bereifungen<br />

oder auch Latexschläuche, auf die Rolleigenschaften<br />

auswirken. Des weiteren könnte<br />

der gleiche Testaufbau auch auf den Straßenradsport<br />

übertragen werden, da es hier ebenfalls Klärungsbedarf<br />

aufgrund verschiedener Asphaltbeschaffenheiten,<br />

Reifenbreiten und Reifenluftdrücken<br />

gibt, und eine ausführliche Untersuchung<br />

in dieser Hinsicht noch nicht stattgefunden hat.<br />

Literatur bei den Autoren.<br />

Peter NILGES, geb. 1978,<br />

ist seit 13 Jahren aktiver<br />

Radrennfahrer und nimmt<br />

an Mountainbikerennen<br />

(MTB A-Lizenz) teil. Er arbeitet<br />

als Fahrtechniktrainer<br />

in Deutschlands größter<br />

Mountainbikeschule<br />

„bikeride” und realisierte<br />

das Projekt „Rollwiderstand<br />

beim Mountainbiken“ als Diplomarbeit.<br />

E-Mail: schmidt@dshs-koeln.de<br />

35<br />

Abb. 7:<br />

Leistungskurven zweier<br />

Reifen auf „Wiese”.<br />

Tab. 1:<br />

Optimale Reifen-/<br />

Reifenluftdruckkombination<br />

zur Minimierung<br />

des Rollwiderstandes.


36 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken


Mountainbiken CHILT-Projekt Höhentraining Natursport Dopinganalytik Talentförderung<br />

37


Schlussbericht<br />

Trends geben der Branche neue Impulse<br />

■ Nordic Fitness u. Running im Mittelpunkt der ispo summer 04<br />

■ ispovision erhält gutes Feedback von Industrie und Handel<br />

■ Rund 25.000 Fachbesucher nutzen die Chance<br />

zur frühzeitigen Information und Marktorientierung<br />

■ Weiterer Anstieg der Fachbesucher-Zahl aus dem Ausland<br />

■ Steigende Besucherzahlen aus neuen EU-Mitgliedsländern<br />

■ Vielfältiges Rahmenprogramm sehr positiv bewertet<br />

und gut besucht<br />

Von Sonntag bis Dienstag, 4. bis 6. Juli 2004, informierten 1.211 Aussteller<br />

aus 40 Ländern (2003: 1.143 aus 42 Ländern) auf dem Gelände der<br />

4.-6. Juli … ispo summer 2004<br />

Neuen Messe München im Vorfeld nationaler und internationaler Vorlagetermine<br />

über die Produktneuheiten und Weiterentwicklungen der internationalen<br />

Sportartikel- und Sportmodebranche.<br />

Manfred Wutzlhofer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München<br />

GmbH: „Trotz schwieriger Wirtschaftslage, die wegen der Kaufzurückhaltung<br />

der Endverbraucher auch zu einer vorsichtigen Disposition<br />

des Fachhandels führt, waren die Stimmung auf der ispo und die Einschätzung<br />

der zu erwartenden Umsätze überraschend positiv. Allerdings<br />

ist die Entwicklung in den einzelnen Segmenten sehr unterschiedlich.<br />

Den gegenwärtigen Schwierigkeiten im Racket-Bereich stehen die Trendsportarten<br />

im Nordic Fitness-Segment mit hohen Erwartungen an erhebliche<br />

Zuwachsraten gegenüber. Das war im Messeverlauf deutlich spürbar<br />

und gibt der Branche wichtige Impulse.”<br />

Die ispo summer ging erstmals im Zeichen der erweiterten Europäischen<br />

Union an den Start und verzeichnete auf Besucherseite einen Zuwachs<br />

aus den neuen EU-Mitgliedsländern. Rund 25.000 Fachbesucher (2003:<br />

25.980) aus ca. 100 Ländern registrierten sich während der drei Messetage<br />

auf dem Gelände der Neuen Messe München, fast 60% (2003:<br />

53%) kamen aus dem Ausland. Zu der Internationalität und auch Qualität<br />

der Fachbesucher trugen nicht zuletzt die Key Account-Programme<br />

der ispo bei, die bereits seit mehreren Jahren mit Partnern aus Industrie<br />

und Handel realisiert werden. Das Spezialmessen-Konzept der ispo wurde<br />

auch in diesem Jahr weiter ausgebaut. Branchensegmente wie die<br />

board_ispo, running_ispo, inline_ispo, teamsport_ispo, outdoor_ispo und<br />

sportswear_ispo wurden von den Veranstaltern individuell herausgestellt<br />

und authentisch konzipiert. Im Mittelpunkt der ispo summer 04 standen<br />

die Themen Nordic Fitness und Running. Insbesondere Nordic Walking<br />

eröffnet dem Fachhandel neue Zielgruppen und neues Umsatzpotenzial,<br />

das von Ausstellern und Besuchern u.a. im Rahmen des Nordic Fitness<br />

Summits umfangreich diskutiert wurde. Insgesamt wurde das vielfältige<br />

Rahmenprogramm, wie das „European Enlargement Forum”, der „ispovision<br />

Sportstyle Summit” und das „China Forum” mit über 100 Teilnehmern<br />

sowie die Fashion Shows, gut besucht und sehr positiv bewertet.<br />

Die ispovision, Fachmesse für sportsinspired fashion, ist nach der Premiere<br />

im Februar auf Grundlage umfangreichen Feedbacks von Industrie und<br />

Handel mit neuer Hallenkonzeption und Markenzusammenstellung optimiert<br />

worden. Präsentiert wurden in München die Segmente Premium<br />

Sportstyle, Sportstyle Sneakers, Sportstyle Future, Yachting Style und das<br />

neu hinzu gekommene Segment Golf Style. Marc Lohausen von Frontline<br />

aus Hannover bestätigt: „Die ispovision summer 04 wirkt wesentlich


4.-6. Juli … ispo summer 2004<br />

geordneter, übersichtlicher und insgesamt inspirierender als bei der Premiere im Februar, was<br />

Kollektionen und Zusammenstellung der Marken anbelangt. Sie hat einen großer Schritt nach vorne<br />

gemacht.” „Das Konzept der isopovision gefällt mir sehr gut, und ich finde es auch wichtig, dass<br />

Sportstyle eine Plattform erhält. Auch das Styling der Halle ist sehr gelungen”, so auch Klaudia<br />

Burger von Slips aus München. Und Michael Prues von Frauenschuh aus Kitzbühel hebt hervor:<br />

„Die ispovision vermittelt insgesamt einen sehr frischen Eindruck. Das Hallendesign empfinde ich<br />

als ansprechend, unaufdringlich und sehr gelungen. Hier wurde eine gute Atmosphäre geschaffen.”<br />

Die ersten „Global Sportstyle Awards” wurden an adidas, Asics - Onitsuka Tiger, Converse, Dunlop,<br />

Napapijri und den Designer Michael Michalsky vergeben.<br />

Das ispo BrandNew Village in der Halle A4 erfuhr erneut großen Zuspruch von den Messeteilnehmern.<br />

Der Jungunternehmer-Wettbewerb, der im Rahmen der ispo summer 04 sein 10. Jubiläum feierte,<br />

präsentierte wieder viele interessante Produkt-Neuheiten. Neben den BrandNew-Gewinnern<br />

wurden auch im Outdoor- und Running-Bereich Produkt-Innovationen ausgezeichnet. Die ispo<br />

Outdoor Awards summer 04 gingen an Leki, Meindl und Suunto, die ersten Runner´s World ispo<br />

Awards wurden an adidas, Concurve, Polar und Hammer vergeben. Im Rahmen der Verleihung des<br />

Sportpreises des Bayerischen Ministerpräsidenten, <strong>Dr</strong>. Edmund Stoiber, wurden im ICM u.a. <strong>Dr</strong>.<br />

Irene Epple-Waigel und Ricco Groß für ihre sportlichen Leistungen und als Persönlichkeiten ausgezeichnet.<br />

Traditionell veranstaltet der Weltverband der Sportartikelindustrie, WFSGI, im Rahmen der ispo seine<br />

Generalversammlung. In diesem Jahr wechselte die Präsidentschaft des Verbandes von Asien<br />

nach Europa: Als Nachfolger von Masato Mizuno wurde adidas-Vorstandsmitglied Michel Perraudin<br />

zum neuen Präsidenten gewählt. Auf dem Tagungsprogramm des Verbandes standen u.a. der Abschluss<br />

einer neuen Marketingvereinbarung mit dem IOC und die weitere Vertiefung der Zusammenarbeit<br />

mit der Volksrepublik China und Russland. Der russische Industrieverband wurde deshalb<br />

als Vollmitglied in die WFSGI integriert.<br />

Das ispo Trainee-Projekt ging erneut mit rund 150 Teilnehmern an den Start. Die Auszubildenden<br />

des deutschen Sportfachhandels kamen aus 16 Städten per Bus-Shuttle zur ispo und erhielten von<br />

Partnern aus Industrie und Handel einen wichtigen Einblick in die internationale Sportartikel- und<br />

Sportmodebranche. Die große Fußball-Party aus Anlass des Endspiels um die Fußball-Europameisterschaft<br />

fand bei schönstem Wetter im vollbesetzten Atrium der Neuen Messe München statt. Über<br />

3.000 Messeteilnehmer feierten in der Atmosphäre einer ausgelassenen Party der ispo community.<br />

Weitere Stimmen von der ispo summer 04:<br />

Werner Haizmann, Präsident des VDS, Verband Deutscher Sportfachhandel, und der FEDAS, Europäische<br />

Vereinigung der Sporthändlerverbände: „Die ispo ist eine Messe für die Einkaufswünsche<br />

der jugendlichen Verbraucher geworden. Das zeigten besonders die ausgeprägten Board- und Inline-Präsentationen.<br />

Gleichzeitig fanden wir als Händler hier das komplette Nordic Walking-Angebot<br />

ausgezeichnet vertreten. Wichtig für unsere Umsätze war auch das Angebot an hochwertigen<br />

Laufschuhen. Insgesamt sind wir mit dem Messeangebot für Wellness und für High Tech im Sport<br />

sehr zufrieden gewesen.”<br />

Oliver Brüggen, Leiter PR Area Central, adidas-Salomon AG: „Die Atmosphäre auf der ispo summer<br />

04 wurde von der aktuellen Situation im Handel geprägt. Die Messe bot auch in diesem Jahr eine<br />

ausgezeichnete Plattform für intensive Kundengespräche.”<br />

Dieter Bauer, Geschäftsführer Asics Deutschland GmbH: „Die Atmosphäre auf der ispo summer 04<br />

war sehr positiv. Unsere Gespräche fanden in entspannter, positiver Atmosphäre statt, und wir erfahren<br />

große Resonanz. Diejenigen, die sich mit dem Markt auseinandersetzen und ein klares <strong>Prof</strong>il<br />

bewahren, machen gute Geschäfte.”<br />

Dietmar Damith, Geschäftsleitung Marketing, Lizenzen & Markenrecht, Windsurfing Chiemsee:<br />

„Die Atmosphäre in dieser Halle und an unserem Stand war sehr gut. Wir sind im wesentlichen zufrieden<br />

und hatten qualitativ gute Kontakte. Die Kunden suggerieren uns, das wir ein positives Konzept<br />

haben und erkennen unsere Konstanz an. Das Konzept der special communities geht in der<br />

board_ispo voll auf.”<br />

Die ispo winter 05 findet von Sonntag bis Mittwoch, 6. bis 9.<br />

Februar 2005, auf dem Gelände der Neuen Messe München statt.


40 Talentförderung Dopinganalytik Natursport Höhentraining CHILT-Projekt Mountainbiken<br />

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