II,2_DE_Ansichten des Weimarer Parks und andere Werke
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kleinformatigen Skizzenblätter hat sich in der Villa Vigoni erhalten; diesen reizvollen Bestand, der<br />
zufolge der Beischriften die ganze Reiseroute von Thüringen bis Genua abdeckt, im einzelnen<br />
vorzustellen, ist hier nicht der Ort. Kraus hat eine kleine Auswahl seiner Reise-Kostümskizzen 1797<br />
<strong>und</strong> 1805 unter dem Titel National-Trachten verschiedener Völker. Gesammelt <strong>und</strong> herausgegeben<br />
von G. M. Kraus 5 in Form kolorierter Radierungen veröffentlicht. Sie bilden eine komplementäre<br />
Ergänzung zu den mondänen Modekupfern <strong>des</strong> ebenfalls bei Bertuch verlegten Journals <strong>des</strong> Luxus<br />
<strong>und</strong> der Moden <strong>und</strong> spiegeln das in der Zeit erwachte <strong>und</strong> durch die Publikationen Herders<br />
beförderte Interesse für Lebensformen <strong>und</strong> -kultur <strong>des</strong> “Volkes”.<br />
Außer den Skizzen der italienischen Reise befinden sich in der Sammlung der Villa Vigoni vier<br />
bildmäßig ausgearbeitete Aquarelle von Kraus bzw. Arbeiten in Mischtechnik, die alle noch mit<br />
ihren wahrscheinlich ursprünglichen Rahmen <strong>und</strong> alter Verglasung versehen sind. Zwei der Blätter<br />
können mit Hilfe der von Kraus zwischen 1788 <strong>und</strong> 1805 in 6 Lieferungen veröffentlichten<br />
<strong>Ansichten</strong> <strong>und</strong> Parthien <strong>des</strong> Herzoglichen <strong>Parks</strong> bey Weimar 6 eindeutig als Veduten <strong>des</strong> <strong>Weimarer</strong><br />
<strong>Parks</strong> bestimmt werden, den Kraus nicht nur bildlich dokumentiert, sondern auch als künstlerischer<br />
Berater in seinen malerischen Aspekten wesentlich mitgestaltet hat 7 . Der im Flußtal der Ilm<br />
angelegte Park war seit 1776, anfänglich unter starker Beteiligung Goethes, entstanden <strong>und</strong> folgte<br />
den u.a. Ober Dessau-Wörlitz vermittelten malerisch-naturnahen Gestaltungsprinzipien der<br />
englischen Gartenkunst. Da er heute gegenüber dem Zustand der Goethezeit erheblich verändert ist,<br />
sind die von Kraus geschaffenen <strong>Ansichten</strong>, sowohl die Radierungen als auch die beiden gemalten<br />
<strong>Ansichten</strong> der Villa Vigoni, wichtige Quellen seiner ursprünglichen Gestalt.<br />
Das eine der beiden Blätter, ein auf dem Untersatzkarton signiertes <strong>und</strong> in das Jahr 1803 datiertes<br />
Aquarell, zeigt die Blickachse Ober die sogenannte Bogen- oder Duxbrücke hin zum Kirchturm von<br />
Oberweimar, der in der Ferne erscheint (D 129; 38 x 30,5 cm; Abb. 1). Im Vordergr<strong>und</strong> sitzt<br />
zeichnend eine der Kraus’schen Demoiselles, vielleicht ist es Friederike Schnauss. Die<br />
Bogenbrücke existiert heute nicht mehr, aber der Durchblick auf den Kirchturm ist noch erhalten<br />
<strong>und</strong>, wenn auch nicht mehr von dem von Kraus gewählten Standort aus, nachvollziehbar. Die<br />
gewählte Blickachse entspricht bei unterschiedlichern Betrachterstandort derjenigen der 1788<br />
publizierten Ansicht An der Klause im herzogl. Park bey Weimar die Duxbrücke erscheint auf dem<br />
Blatt der Villa Vigoni allerdings in ihrer 1797 veränderten Form 8 . Diese Achse gehörte zu den am<br />
meisten bew<strong>und</strong>erten Fern- oder Durchblicken <strong>des</strong> Parkes, die auf Wunsch <strong>des</strong> Herzogs Carl<br />
August unbedingt von Bewuchs freigehalten werden mußten 9 .<br />
Das zweite, unsignierte Blatt (D 130, 60 x 48 cm) 10 , technisch eine Mischung von Aquarell- <strong>und</strong><br />
Deckfarbenmalerei, zeigt einen Ausblick auf den aufgr<strong>und</strong> seines Gr<strong>und</strong>risses Stern genannte<br />
Parkteil; seitlich erscheint die später veränderte Duxbrücke in ihrer ursprünglichen Form, wodurch<br />
die Datierung der Ansicht auf die Jahre 1784 - 1797 festgelegt wird 11 . Wiederum wird die<br />
Identifizierung durch eine der druckgraphischen Parkveduten ermöglicht. Das betreffende Blatt mit<br />
dem Titel Aussicht von der Knüppelbank nach dein Sternd 12 zeigt einen ganz ähnlichen<br />
Bildausschnitt, nur daß die Radierung aufgr<strong>und</strong> ihres Querformates noch die seitlich plazierte<br />
“Knüppelbank” erfasst, während das Hochformat der Villa Vigoni den Akzent gänzlich auf die den<br />
Durchblick rahmenden <strong>und</strong> überwölbenden Büume mit ihrem reichen Blattwerk legt. Das qualitativ<br />
5<br />
Verzeichnis, wie Anm. 4, Nrn, 77 – 92.<br />
6<br />
Verzeichnis, wie Anm. 4, Nrn. 45 - 60. Abdrucke der <strong>Ansichten</strong> sind in der Villa Vigoni nicht (mehr) vorhanden; wohl<br />
aber findet sich ein zeitgenössisches Kästchen mit Spielchips, welches mit in Lackmalerei gemalten Kopien von 5 der<br />
Kraus’ schen <strong>Ansichten</strong> geschmückt ist.<br />
7<br />
W. Huschke, Die Geschichte <strong>des</strong> Parkes von Weimar, Weimar 1951, 80.<br />
8<br />
Verzeichnis, wie Anna. 4, Nr, 46, 1788. Die 1784 erbaute Duxbrücke wurde schon 1797 in verlinderter Form neu<br />
errichtet: Huschke, wie Anm. 7, 69.<br />
9<br />
Huschke, wie Anm. 7, 70.<br />
10<br />
Villa Vigoni, hg. v. R. Lill, Köln 1994, Abb. 59.<br />
11<br />
Zur Baugeschichte der Duxbrücke vgl. Anm. 8.<br />
12<br />
Verzeichnis, wie Anm. 4 Nr. 47, 1793