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Florian Oppel Zur Diskussion um die Besteuerung von Destinatszahlungen vor der erwarteten Klärung dieser Frage durch den BFH<br />
<strong>steueranwalts</strong><strong>magazin</strong> 5 /2010<br />
� Beiträge<br />
Zur Diskussion um die Besteuerung von Destinatszahlungen vor der erwarteten<br />
Klärung dieser Frage durch den BFH<br />
Florian Oppel, cand. iur., Bonn *<br />
I. Einleitung<br />
Nicht höchstrichterlich geklärt und entsprechend umstritten<br />
ist die Frage, welcher Einkunftsart Einkünfte, die ein<br />
Destinatär von einer steuerpflichtigen Stiftung erhält, zuzuordnen<br />
sind. Im Kern geht es um die Reichweite des Anwendungsbereichs<br />
von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG und um eine<br />
nähere Bestimmung des Merkmals der „wirtschaftlichen<br />
Vergleichbarkeit“. Der folgende Beitrag zeigt den Streitstand<br />
und die praktischen Konsequenzen vor der Entscheidung<br />
des BFH auf.<br />
II. Übersicht über die aktuelle Rechtslage<br />
Bisher hat der BFH sich über den Anwendungsbereich des<br />
§ 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht geäußert. Besonders für den<br />
Fall der nicht steuerbegünstigten Stiftung ist die Reichweite<br />
dieser Vorschrift umstritten. Die Finanzverwaltung möchte<br />
Leistungen einer körperschaftsteuerpflichtigen Stiftung an<br />
ihre Destinatäre als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v.<br />
§ 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG behandeln. Das Finanzgericht Berlin-<br />
Brandenburg hat mit Urteil vom 16. 09. 2009 dieser Auffassung<br />
der Finanzverwaltung 1 widersprochen und angenommen,<br />
daß Zahlungen, die eine Stiftung an die nach ihrer<br />
Satzung begünstigten Personen leistet, nicht als Einkünfte<br />
aus Kapitalvermögen zu behandeln seien, sondern als Einkünfte<br />
i. S. d. § 22 Nr. 1 S. 2 lit. a) EStG. 2 Dagegen hat die<br />
Finanzverwaltung Revision zum BFH eingelegt und so ihre<br />
Auffassung bekräftigt. 3 Diese verschiedenen Ansichten führen<br />
in der Praxis zu unterschiedlichen Ergebnissen:<br />
Wenn die fraglichen Zuwendungen mit der Finanzverwaltung<br />
als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizieren<br />
sind, muß die Kapitalertragsteuer von der Stiftung<br />
nur einbehalten und an das FA abgeführt werden. Dies<br />
hat besonders seit der Einführung der Abgeltungssteuer<br />
zum 01. 01. 2009 Bedeutung. 4 Seitdem werden Kapitaleinkünfte<br />
mit 25 % (zzgl. KiSt u. Soli) abgeltend besteuert.<br />
Qualifizierte man hingegen die fraglichen Einkünfte als<br />
Sonstige gemäß § 22 EStG, unterlägen diese dem Teileinkünfteverfahren<br />
(§ 3 Nr. 40 lit. i) EStG), so daß 60 % der<br />
dem Destinatär zugeflossenen Beträge besteuert würden.<br />
Sollte der persönliche durchschnittliche Steuersatz des<br />
jeweiligen Destinatärs weniger als 42 % betragen, wäre<br />
die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für ihn vor-<br />
teilhaft. 5 § 22 EStG setzt „wiederkehrende Bezüge“ voraus.<br />
Fehlt es daran, wären die Bezüge steuerfrei.<br />
III. Die verschiedenen Argumentationslinien<br />
Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gehören zu den Einkünften<br />
aus Kapitalvermögen Einnahmen aus Leistungen einer<br />
nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Vermögensmasse<br />
i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, wenn sie mit Gewinnausschüttungen<br />
i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar<br />
sind. Eine Stiftung ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5, 3.<br />
Fall KStG eine solche Vermögensmasse. Fraglich ist allein,<br />
ob derartige Leistungen an Destinatäre wirtschaftlich mit<br />
Gewinnausschüttungen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar<br />
sind.<br />
1. Finanzverwaltung<br />
Die Finanzverwaltung hat sich im Jahre 2006 eindeutig zu<br />
dieser Frage positioniert. In einem Schreiben betr. Anwendung<br />
des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf Auskehrungen von Stiftungen<br />
heißt es, daß unter § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG alle wiederkehrenden<br />
oder einmaligen Leistungen einer Stiftung<br />
fielen, die von den beschlußfassenden Stiftungsgremien<br />
aus den Erträgen der Stiftung an den Stifter, seine Angehörigen<br />
oder deren Abkömmlinge ausgekehrt werden. Der Stifter,<br />
seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge erzielten<br />
entsprechend Einkünfte aus Kapitalvermögen. 6<br />
* Der Autor hat Rechtswissenschaften an der Universität Bonn studiert<br />
und befindet sich derzeit im Verfahren der staatlichen Pflichtfachprüfung<br />
vor dem JPA Köln. An der Universität Bonn hat er das Schwerpunktbereichsstudium<br />
„Unternehmen, Kapitalmarkt und Steuern“<br />
absolviert. Seit Januar 2009 ist er Mitarbeiter bei Meyer-Köring,<br />
<strong>Rechtsanwälte</strong> & Steuerberater, Bonn.<br />
1 BMF v. 27. 06. 2006, IV B 7-S 2252-4/06, BStBl. I S. 417 = DStR 2006,<br />
S. 1227.<br />
2 FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. 09. 2009 – 8 K 9250/07, DStR<br />
2010, S. 385 f.<br />
3 BFH: Az. I R 98/09.<br />
4 Vgl. Drüen in: Die Stiftung – Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009,<br />
S. 89 (112); Klümpen-Neusel, Stiftungsbrief 2010, S. 104 (108); Haas,<br />
DStR 2010, S. 1011 (1012).<br />
5 Klümpen-Neusel, Stiftungsbrief 2010, S. 104 (108); Haas, DStR 2010,<br />
S. 1011 (1012).<br />
6 BMF, v. 27. 06. 2006, IV B 7-S 2252-4/06, BStBl. I S. 417 = DStR<br />
2006, S. 1227.<br />
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