Inhalt 10/2009 - Liebes Land
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<strong>Liebes</strong> <strong>Land</strong> im<br />
<strong>Inhalt</strong> <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
132<br />
Brautschau mit Köpfchen<br />
Früher war es einfach. Ein Blick aufs Haupt der Auserwählten, und<br />
Mann wusste Bescheid. Je prächtiger der Schäppel, desto besser<br />
die Partie. Die Gebilde verrieten aber noch mehr über ihre Trägerinnen.<br />
138<br />
Ein Knöllchen, bitte!<br />
Linda ist die hübscheste, leckerste und berühmteste Kartoffel. Jetzt<br />
darf sie wieder in aller Munde sein – der Anbaustopp ist vom Tisch.<br />
Titelfoto: Beate Jeske; Fotos: Martin Grießhaber, Steffen Rasche, Beate Jeske,<br />
Hilde Frey, Mascha Lohe, Pear Design Markus Jöckel, imago<br />
Titelgeschichte<br />
Bei der Natur zu Gast<br />
Warum der Herbst die schönste Jahreszeit ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
<strong>Liebes</strong> <strong>Land</strong><br />
Der Geisterjäger vom Kahlgrund<br />
Arno Dirker brennt für seltenes Obst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Der Lampendoktor<br />
Wie Wolfgang Kostwald alte Lampen zum Leuchten bringt . . . . . . . . 22<br />
Die Powerbeere von der Küste<br />
Sanddorn für alle Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
Wasser marsch!<br />
Wie die Natur vom verregneten Sommer profitierte . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
In den Hörnern steckt die Kraft<br />
Zu Besuch im Ökodorf Brodowin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
Selbst gemacht<br />
Herbstlich willkommen!<br />
Mit Herzen die Wohnung verschönern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />
Butler für die Badewanne<br />
Ein Serviteur schützt vor Reinfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />
Leben und Wohnen<br />
Auf Tuchfühlung<br />
Traumstoffe aus der alten Handweberei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
Grüner Bereich<br />
Eiskaltes Früchtchen<br />
Warum die Mispel heiß auf Frost ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />
Der Rächer der Entrechteten<br />
Die Rose des Monats lebt im Sherwood Forest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />
Die Wipfelstürmer<br />
Wie Bäume mit Forschern sprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />
Kurz und klein<br />
Was Männer an Grasmulch spannend finden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />
Im Bann der Besen<br />
Jörg Kohout fliegt auf Hexenbesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />
Küche und Kochen<br />
Das besondere Rezept<br />
Wolfsbarsch für Feinschmecker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />
4 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
72 22 44 34<br />
Zauberhafte Hexenbesen<br />
Wenn Hexen ein Flugmanöver misslingt, wächst ihr Flieger<br />
angeblich an einem Baum fest. Diese seltenen Hexenbesen<br />
haben Jörg Kohout gefesselt. Er besitzt eine riesige Sammlung.<br />
Ein Licht aufgesteckt<br />
Die zündende Idee kam Wolfgang Kostwald bei<br />
einer alterschwachen Petroleumlampe. Er brachte<br />
das nostalgische Stück wieder zum Leuchten.<br />
Durch dick und dünn<br />
Köstliche Kürbis-Küche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />
Großmutters Rezepte<br />
Panierter Sellerie, Lauch-Auflauf und Pfannkuchen . . . . . . . . . . . . . . . . 84<br />
Der König der Krebse<br />
Ein Züchter aus Mecklenburg liebt die Edelkrebse . . . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />
Kinderleichte Küche<br />
Drei pfiffige Rezepte für Einsteiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />
Ein Helles, bitte<br />
Spitzenköche verraten ihr Frikassee-Rezept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />
Kinder<br />
Für kleine Frösche<br />
Wie weit ist es bis zum Horizont? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112<br />
Lurchi lebt<br />
Der mutige Feuersalamander ist zurück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />
Altes Wissen<br />
Die Zaubernuss<br />
Warum Hamamelis hext und heilt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118<br />
Post fürs Christkind<br />
Ein Ort namens Himmelreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122<br />
Schöne Sticheleien<br />
Dorothee Kandzi liest aus traditionellen Mustertüchern . . . . . . . . . . . 124<br />
Wohlbehütet unter die Haube<br />
Was Schäppel über Jungfrauen verraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132<br />
Mutter Natur<br />
Linda lebt<br />
Die alte Kartoffelsorte ist endlich zurück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138<br />
Ständige Rubriken<br />
Basteleien mit Herz<br />
Aus Heidekraut, Physalis oder Stroh<br />
entstehen ausgefallene Herbst-Herzen.<br />
Zum Verlieben oder Verschenken.<br />
Willkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
Über <strong>Land</strong> – Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
Impressum/Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Marktplatz mit Kleinanzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />
Über <strong>Land</strong> – Neues & Nützliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<strong>10</strong><br />
Dorfgeschichten – Erwin, die sind zu klein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130<br />
Vorschau auf das nächste Heft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144<br />
<strong>Land</strong> unter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146<br />
6<br />
Glänzende Aussichten<br />
Dieser Sommer war völlig verregnet. Wie oft haben wir über<br />
die Himmelskübel geschimpft? Aber viele Pflanzen und Früchte<br />
profitierten von der Feuchtigkeit.<br />
An der Tafel der Natur<br />
Jetzt können Sie Natur mit allen Sinnen genießen. Wir verraten Ihnen die schönsten<br />
Herbst-Abenteuer für Draußen und Drinnen, bringen Sie auf den Geschmack<br />
des Herbstes und brauen Herbstmilch nach uraltem Rezept. Lassen Sie sich verführen<br />
50<br />
Leinen los<br />
In der Handweberei von Ulla Schünemann klappern die Webstühle wie<br />
vor hundert Jahren. Die Meisterin produziert auf den uralten Maschinen<br />
Traumstoffe am laufenden Meter.<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 5
Titelgeschichte<br />
6 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
Welch ein Gastgeber: Kaum sind<br />
die heißen Sommertage vorbei,<br />
verführt der Herbst mit dem süßen<br />
Duft reifer Birnen und dem Aroma würziger<br />
Kartoffelfeuer. Am Morgen schmückt<br />
er sich mit dem seltsamen Glanz taubedeckter<br />
Spinnweben, den Abend taucht<br />
er ins raffinierte Licht zarter Rottöne.<br />
Er verspricht üppige Ernte im Garten,<br />
lockt mit glänzenden Kastanien, saftigen<br />
Trauben und knackigen Nüssen. Im<br />
Herbst wird die Natur ganz sinnlich.<br />
Keine andere Jahreszeit ist so betörend<br />
und vielfältig. Licht, Farben und Wetter<br />
wechseln stündlich und wecken alle<br />
Sinne, etwa bei einer Wanderung auf den<br />
Fotos: © mato, Jockelfin/Digitalstock; © pascal cribier/Fotolia.com; Pear Design Markus Jöckel<br />
Spuren von Hänsel und Gretel, einem<br />
Waldritt mit einem Förster oder dem<br />
Tanz mit den Kürbisgeistern zu Halloween.<br />
Einige besondere Herbst-Abenteuer<br />
finden Sie ab Seite 13.<br />
Aber der Herbst, der am 22. September<br />
beginnt, ist auch die Zeit der Besinn-<br />
www.liebes-land.de 7
<strong>Liebes</strong> <strong>Land</strong><br />
Der Geisterjäger<br />
vom Kahlgrund<br />
Der Blutapfel schmeckt so<br />
aromatisch, wie er aussieht.<br />
Dieser Franke brennt alles, was ihm in<br />
die Finger kommt. Bei Giftpflanzen fängt<br />
Arno Dirker erst richtig Feuer. Seine geistigen<br />
Ergüsse wurden sogar schon vergoldet.<br />
Arno Dirker geht allen auf den<br />
Geist. Seine Opfer: uralte Birnensorten,<br />
vergessene Äpfel, zuckrige<br />
Mirabellen, kernige Zwetschgen.<br />
Auch vor Pilzen, Nüssen, Fichtennadeln<br />
oder Sandelholz schreckt der 46-Jährige<br />
nicht zurück. Mit Verve rückt er sogar<br />
tödlichen Eiben zuleibe.<br />
„Ich fülle Geist in Flaschen“, beschreibt<br />
Arno J. Dirker sein Geschäft. Das<br />
J. steht für Josef, das Geschäft ist die<br />
Edelbrennerei Dirker in Mömbris bei<br />
Aschaffenburg. Seit 1988 erschnuppert<br />
Dirker hier im Kahlgrund Fruchtaromen,<br />
seit 1992 brennt er sie zu traumhaften<br />
Geistern, Bränden und Likören. Selbst<br />
tückischen Zutaten ringt er nur Gutes ab.<br />
Beispielsweise der Eibe. Nahezu alle<br />
Pflanzenteile sind hochgiftig, für Kinder<br />
wären schon wenige Kerne tödlich. Allein<br />
das sie umhüllende Fleisch ist ungefährlich<br />
– und ganz köstlich. „Also verarbeite<br />
ich nur das. Die gefährlichen Kerne gebe<br />
ich an eine Baumschule ab, die freut sich<br />
darüber.“ So ist der Genuss von Dirkers<br />
Eibenwasser völlig harmlos, abgesehen<br />
von 45 Prozent Alkohol natürlich.<br />
Ursprünglich lebte Familie Dirker nur<br />
vom Obstanbau. Mitte der Achtziger er-<br />
schwerten Supermärkte den Absatz, also<br />
machten Dirkers ihre Früchte zu Wein.<br />
Arnos ehemalige Militärkameraden meldeten<br />
sich zum Probieren, die Messe<br />
„Interfrukta“ brachte Kunden, plötzlich<br />
war Dirkers Apfelwein in aller Munde.<br />
Auch die Schnapsidee zündete, und Arno,<br />
im ersten Leben Schreiner und Zimmermann,<br />
startete durch: 1993 kürte ihn die<br />
Jury der Spirituosenmesse Destillata zum<br />
„Schnapsbrenner des Jahres“ in Silber,<br />
im Jahr drauf erntete er Gold. „Da habe<br />
ich mit dem Rauchen aufgehört.“<br />
So konnte er wieder mit mehr Puste<br />
durch seine Obstplantage mit 8000 Bäumen<br />
und Schräglage toben. Oder Birnen<br />
vom 16-Meter-Baum ernten, Fässer rück-<br />
Hübsches Etikett, viel dahinter.<br />
18 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
Fotos: Beate Jeske<br />
Nur Birnen, die den Aroma-Test von Arno Dirker (oben) bestehen, werden gebrannt (unten links) und im Hofladen (rechts) verkauft.<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 7
<strong>Liebes</strong> <strong>Land</strong><br />
Wolfgang Kostwald brennt für alte Petroleumlampen.<br />
Mit Feuereifer, Handwerkskunst und Liebe bringt er Kosmos,<br />
Matador und Fledermaus wieder zum Leuchten.<br />
22 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
Fotos: Beate Jeske<br />
Das Ausgleichsgewicht wird mit so viel Blei gefüllt, dass die Hängelampe<br />
auch bei sinkendem Petroleumgehalt perfekt ihre Höhe hält.<br />
Das alte Haus mitten in Nördlingens historischem Stadtkern<br />
duckt sich unter der Last der Jahre. Die grünen Fensterläden<br />
hängen schief, der Putz hat schon bessere Zeiten gesehen.<br />
Nichts deutet darauf hin, welche Schätze dieses Gemäuer beherbergt.<br />
Drinnen herrschen angenehme Kühle und ein geheimnisvolles Halbdunkel.<br />
„Einen Moment“, sagt Wolfgang Kostwald, zückt ein Streichholz<br />
und entzündet einen Docht. Dann einen zweiten. Nach und nach gewinnen<br />
die Flammen an Kraft und enthüllen die Leidenschaft des Hausherrn:<br />
Alte Petroleumlampen. Große, kleine, dicke, dünne. Aus Messing, Zink,<br />
Glas, Keramik. Kunstvoll verziert, schlicht, edel, plüschig oder bunt.<br />
Etwa 50 dieser Leuchten, alle aus der Zeit um 1900, hat Wolfgang<br />
Kostwald im Lauf von 35 Jahren zusammengetragen, repariert und restauriert.<br />
Dabei hatte der heute 76-Jährige die Lampen lange Zeit als<br />
„ollen Funzelkram“ abgetan – vor allem, wenn seine Mutter mal wieder<br />
von der Erfurter Petroleumlampenfabrik Kaestner und Toebelmann<br />
schwärmte, bei der sie vor dem Ersten Weltkrieg gearbeitet hatte.<br />
Die Väter der Funzel<br />
Wenn´s um Vaterschaft geht, will’s oft keiner gewesen sein. Bei der Petroleumlampe ist das<br />
anders, sie hat gleich mehrere Väter: Da ist der französische Physiker Aimé Argand, der 1783<br />
einen Brenner mit regelbarem Docht und gleichmäßiger Luftzufuhr entwickelte. Dann der<br />
polnische Apotheker Ignacy Lukasiewicz, der die ersten Petroleumlampen konstruierte. Und<br />
schließlich der amerikanische Chemiker Benjamin Siliman und der kanadische Geologe Abraham<br />
Gessner, denen die Gewinnung von Petroleum aus Erdöl zugeschrieben wird.<br />
Leuchtende Vorbilder:<br />
Aimé Argand,<br />
Ignacy Lukasiewicz,<br />
Benjamin Siliman<br />
und Abraham<br />
Gessner<br />
(von links).<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 23
<strong>Liebes</strong> <strong>Land</strong><br />
Der Sommer war total verregnet, viele Menschen fühlten sich genervt.<br />
Aber die Natur profitierte fast überall mit üppigem Wachstum. Ein Rückblick.<br />
Fotos: © Ulrike Kinze/Fotolia.com; © Katrin-Weyermann-Bötschi/Pixelio<br />
Wasser<br />
marsch!<br />
34 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
Kaiser Wilhelm hat einen goldenen Kopf, knallrote<br />
Pausbacken und bringt satte 250 Gramm auf die<br />
Waage. Und das im September. Dabei sollte der<br />
Apfel erst Mitte Oktober so richtig prall und saftig sein. „In<br />
diesem Jahr ist die Natur früher dran“, sagt Peter van Nahmen.<br />
Der Obstbauer aus Hamminkeln am Niederrhein<br />
pflückt auf seinen Streuobstwiesen alte Apfelsorten wie<br />
den Schönen von Boskoop, die Rote Sternrenette oder eben<br />
Kaiser Wilhelm und presst sie zu sortenreinen Säften. Auch<br />
Bundespräsident Horst Köhler lässt sich angeblich bevorzugt<br />
die Delikatessen vom Niederrhein schmecken.<br />
Auf was geht die üppige Ernte zurück? „Es hat im Juli<br />
wie aus Kübeln geschüttet“, sagt der Obstbauer. „Das hat<br />
unseren Pflanzen gut getan.“ Klar, denn Sommer heißt<br />
Wachstum. Dann saugen die Bäume über die Wurzeln die<br />
meiste Flüssigkeit aus dem Boden und leiten sie über den<br />
Stamm in die Früchte. Ist der Sommerregen reichlich,<br />
ist es die Ernte auch. Und deshalb watet der Obstbauer<br />
fröhlich in Gummistiefeln über seine matschigen Wiesen,<br />
wenn es mal wieder kräftig prasselt.<br />
Dass es in diesem Jahr tatsächlich in einer Tour geplätschert<br />
hat, bestätigt Uwe Kirsche vom Deutschen Wetterdienst<br />
(DWD). „<strong>10</strong>5 Liter fielen in Deutschland allein im<br />
Juli auf einen Quadratmeter, ein Drittel mehr als sonst.“<br />
Ein Durchschnitts-Juli kommt laut DWD nur auf 79 Liter.<br />
Bereits Anfang August war mit 214 Litern Regen fast die<br />
Menge herabgeprasselt, die für die Sommermonate Juni,<br />
Juli und August zusammen anfällt. <strong>2009</strong> floss etwa doppelt<br />
soviel Regenwasser in den Boden wie im Rekordsommer<br />
1911. Der gilt bis heute mit 124 Litern als der trockenste<br />
in der Geschichte.<br />
Knapp <strong>10</strong>0 Jahre später kam es den Leuten so vor, als<br />
wüchsen den Damen allmählich Meerjungfrau-Flossen,<br />
während die Herren statt in neue Badehosen lieber in wetterfeste<br />
Regencapes investierten. Aber es klingt wie eine<br />
Alle Wetter!<br />
Die Gewinner des Sommers: Äpfel, Frösche, Salat,<br />
Weintrauben, Tausendgüldenkraut und Robinien<br />
Zu den diesjährigen Regenlöchern zählt Freudenstadt im Schwarzwald. Im Juli <strong>2009</strong> prasselten hier rund 225 Liter pro Quadratmeter<br />
nieder, mehr als doppelt so viel wie der Mittelwert vieler Jahre. Baden-Württemberg sicherte sich im Juli zudem den wenig<br />
schmeichelhaften Titel „Nassestes Bundesland“ mit durchschnittlich 140 Litern pro Quadratmeter. Sind jetzt die Grundwasserspeicher<br />
im Südwesten praller gefüllt als üblich? „Nein, denn Grundwasser bildet sich vor allem im Winter neu“, sagt Markus Langner vom<br />
Umweltministerium Baden-Württemberg. Der Regen schlug sich wie überall in Deutschland im üppigen Grün nieder.<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 35<br />
Fotos: © iNNOCENt, © Martin Valigursky, © victoria p., © Torsten Schon/Fotolia.com; © R. Biedermann/Digitalstock; imago
Selbst gemacht<br />
Von<br />
Herzen<br />
Das Herz steht für die<br />
Liebe. Es symbolisiert<br />
den Ort, der als Sitz der<br />
Gefühle gilt. Sein<br />
Ursprung liegt im<br />
Pflanzenreich: Schon<br />
3000 vor Christi fanden<br />
sich stilisierte<br />
Feigenblätter in Herzform,<br />
etwa als Zierde<br />
auf Vasen. Die Korinther<br />
verewigten herzförmige<br />
Weintrauben. Griechen,<br />
Römer und frühe Christen<br />
sahen im langlebigen<br />
Efeu ein Symbol für<br />
ewige Liebe. Im 12. und<br />
13. Jahrhundert tauchten<br />
die ersten roten Herzen<br />
in der Literatur der<br />
Minnesänger auf – und<br />
hielten sich hartnäckig:<br />
Ohne die roten Zeichen<br />
geht kein <strong>Liebes</strong>brief<br />
zu Herzen.<br />
44 www.liebes-land.de<br />
Mit diesen Herbst-Herzen<br />
bewahren Sie die Düfte<br />
und Früchte des Sommers<br />
und bringen Farbe in Haus<br />
und Herz.<br />
Mit verschwenderischer Blütenpracht können<br />
Wiesen und Gärten im Oktober nicht<br />
mehr aufwarten. Dafür aber mit bunten<br />
Beeren, herrlichen Gräsern und hübsch haltbaren<br />
Farbtupfern wie Erika, Physalis oder Strohblumen.<br />
Aus den Geschenken des Herbstes lassen sich mit<br />
etwas Zeit und Phantasie herzige Dekorationen für<br />
Tür und Tisch, Gäste und Freunde basteln. Am<br />
bestem schnappt man sich einen Korb und eine<br />
Gartenschere und streift durch Felder, Wiesen und<br />
den Vorgarten. Erlaubt ist, was gefällt: Kräuter,<br />
Gräser, Getreide, Beeren, Blumen und Büsche bieten<br />
perfektes Bastelmaterial für Herz und Herzchen.<br />
Bettina Bernhard<br />
Zeitungspapier, Blumendraht und<br />
etwas Geschick bilden des Herzstück<br />
des Herbstgrußes.<br />
Flammendes Herz am Stiel:<br />
Physalisblüte und grüne<br />
Ligusterbeeren schmücken<br />
den Mooskörper.<br />
Fotos: Hilde Frey<br />
Herz -Schrittmacher<br />
So entsteht aus Zeitungspapier und Blumendraht<br />
der Herzkorpus:<br />
Doppelblatt einer Zeitung der Länge nach zusammenrollen. Zeitungsrolle zu<br />
einer festen Wurst zusammendrücken und stramm mit Blumendraht umwickeln.<br />
Auf der Hälfte knicken, aus den beiden losen Enden jeweils einen Halbkreis<br />
formen, die Enden unten zusammendrücken und mit Draht umwickeln.<br />
www.liebes-land.de 45
Leben + Wohnen<br />
Auf<br />
Tuchfühlung<br />
Für Gläser gibt es nichts Besseres: Handtücher<br />
aus edlem Leinen. Diesen Traumstoff zaubert<br />
Ulla Schünemann in ihrer Handweberei, zusammen<br />
mit vielen weiteren wunderbaren Spinnereien.<br />
Das Schiffchen flitzt von rechts nach<br />
links. Magdalena Götze tritt abwechselnd<br />
mit dem Fuß, zieht an<br />
einer Schnur, schiebt das Fach auseinander<br />
und wieder zusammen. Die Holzteile des<br />
Webstuhls klappern im Takt. Millimeter um<br />
Millimeter wächst der karierte Wollstoff in<br />
Orange und Brauntönen.<br />
„Pro Stunde schaffe ich einen Meter“, sagt<br />
die 20-Jährige. Bevor die stoffbegeisterte<br />
Die bunten Garne (oben) liefert<br />
ein Händler, im Webstuhl entsteht<br />
daraus Leinen und mehr (rechts).<br />
Praktikantin demnächst anfängt, Textildesign<br />
zu studieren, lernt sie fünf Monate das Webereihandwerk<br />
im Brandenburgischen Geltow.<br />
Die Weberei ist eine der ältesten Techniken<br />
zur Herstellung von Textilgeweben.<br />
Dabei werden mindestens zwei Fäden, der<br />
Kettfaden und der Schussfaden, rechtwinklig<br />
verkreuzt. Der Kettfaden trägt den Schussfaden,<br />
der von einer Webkante zu anderen gezogen<br />
wird und den Stoff länger werden lässt.<br />
50 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
Fotos: Mascha Lohe<br />
Eine Meisterin<br />
ihres Fachs<br />
Ulla Schünemann übernahm<br />
1987 die Geltower Handweberei<br />
von ihrer Mutter,<br />
1992 eröffnete sie das<br />
Museum. Wie wunderbar<br />
die jahrhundertealten Webstühle<br />
arbeiten, zeigt das<br />
blaue Leinenkleid der Chefin.<br />
Weben &<br />
weben lassen<br />
Das aktive Museum – Handweberei<br />
Henni Jaensch-Zeymer,<br />
Am Wasser 19,<br />
14548 Schwielowsee, OT Geltow,<br />
Tel. (03327) 552 72,<br />
Fax (03327) 562 89,<br />
www.handweberei-geltow.de<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 51
Im grünen Bereich<br />
Der Rächer<br />
der Entrechteten<br />
Was ist schöner als eine einzige Rose? Viele Rosen.<br />
Die Oktober-Rose produziert eifrig Nachkommen.<br />
Zudem strotzt sie vor Energie, so wie ihr Namensgeber.<br />
Robin Hood heißt eine Moschata-Hybride<br />
mit üppiger Blütenpracht und herrlichem<br />
Moschusduft. Sie entstand 1927 unter den<br />
kundigen Händen von Joseph Hardwick Pemberton,<br />
der die Strauchrose nach Englands legendärem<br />
Volksheld taufte.<br />
Wobei Robin Hood eigentlich nicht nur eine Legende,<br />
sondern viele darstellte. Mal sprang der<br />
Mann aus dem Sherwood Forest als böser Wegelagerer<br />
aus dem Gebüsch, mal galt er als enteigneter<br />
Adliger, mal wirkte er als kampferprobter Patriot,<br />
der sein Vaterland gegen die Normannen verteidigte.<br />
Das hängt davon ab, ob die Balladen über ihn aus<br />
dem 15., 16. oder 17. Jahrhundert stammen. Ein<br />
Antiquar namens Joseph Ritson veröffentlichte 1795<br />
ein Sammelwerk von rund 40 Robin-Balladen aus<br />
mehreren Jahrhunderten. Das war die Grundlage für<br />
Hoods Image als Kämpfer für soziale Gerechtigkeit.<br />
Den Rest erledigten Schriftsteller und Filmemacher.<br />
Heute kennt jedes englische Kind den Helden<br />
des Waldes, der die bösen Reichen bestiehlt und die<br />
Armen beschenkt. Auch auf Zelluloid brach er alle<br />
Rekorde: Der 1922 gedrehte Streifen mit Douglas<br />
Fairbanks war die teuerste Stummfilmproduktion<br />
aller Zeiten. 1938 staubte die Verfilmung mit Errol<br />
Flynn drei Oscars ab, 1973 brachte Walt Disney die<br />
Heldensaga aus England als Trickfilm in die Kinos.<br />
Robin Hood erschien als Serie, als Krimi, als Persi-<br />
Rose des<br />
Monats<br />
flage und als Fantasyreihe. Den Rächer der Witwen<br />
und Waisen verkörperten unter anderem Frank Sinatra,<br />
Sean Connery und Kevin Costner.<br />
Über das historische Vorbild kursieren viele<br />
Theorien, denen eines gemein ist: Sie sind alle unbewiesen.<br />
Als aussichtsreichste Kandidaten gelten<br />
ein Robert Hod, der 1225 als flüchtiger Schuldner<br />
aktenkundig wurde, ein Earl Robert Fitzooth, welcher<br />
im 12. Jahrhundert enteignet und geächtet<br />
wurde, sowie die Rebellenführer Roger Godberd<br />
(um 1270) und Robert Hood (um 1315).<br />
Steht Robin Hood in voller<br />
Blüte, liegt ein verführerischer<br />
Moschusduft in der Luft<br />
Was wohl der britische Rosenzüchter Joseph<br />
Hardwick Pemberton, der im Ursprungsberuf Priester<br />
war, in Robin Hood sah? Wohl kaum den Rächer,<br />
der gierige Geistliche ausnahm. Schon eher den<br />
Kämpfer für die Entrechteten. Wahrscheinlich aber<br />
den Helden, der nicht unterzukriegen ist und vor<br />
Energie strotzt. So wie seine Rose.<br />
Bettina Bernhard<br />
60 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
Fotos: © Rosenhof Schultheis<br />
Auch nach der üppigen Blüte kann sich die Strauchrose Robin Hood mit ihren hübschen Früchtchen (unten Mitte) noch sehen lassen.
Im Bann der<br />
Besen<br />
Fotos: Steffen Rasche<br />
Im grünen Bereich<br />
Früher flitzten Frauen auf<br />
Reisigfliegern durch die Lüfte.<br />
Krachten sie in einen Baum,<br />
wuchsen ihre Besen im Geäst<br />
fest. Auf diese bizarren<br />
Gebilde fliegt der Sachse Jörg<br />
Kohout. Sogar bis nach China.<br />
Düsen Hexen allzu flott auf ihren<br />
Besen durch die <strong>Land</strong>e, drohen<br />
schlimme Unfälle. So könnten sie in<br />
einem Baum hängen bleiben. Ist das passiert,<br />
schmiert die Zauberin spektakulär ab, ihr<br />
Reisigflieger aber verhakt sich in den Zweigen<br />
und wächst dort fest.<br />
So jedenfalls erklärten sich die Leute<br />
noch Anfang des 20. Jahrhunderts die merkwürdigen,<br />
kleinen Gehölze oben auf den<br />
normalen Bäumen. Hexenbesen heißen die<br />
Sprösslinge deswegen noch heute.<br />
Ein Hexenbesen sieht meist anders aus<br />
als sein Mutterbaum. So zeigt er dickere oder<br />
dünnere, kürzere, längere oder verdrehtere<br />
Nadeln. Das ist seltsam, heißt aber nicht,<br />
dass schlecht fliegende Zauberinnen ihre<br />
warzigen Hände im Spiel hatten. Denn die<br />
Gewächse sprießen offenbar per Zufall. „Sie<br />
sind eine Laune der Natur, eine spontane<br />
Mutation“, sagt Jörg Kohout. Der gelernte<br />
Gärtner pflegt am Rand der Oberlausitz bei<br />
Dresden gut 5000 Hexenbesen, die wohl<br />
größte Sammlung Deutschlands.<br />
Warum also plötzlich viele Knospen an<br />
irgendeiner Stelle eines Asts sprießen, ist ein<br />
Rätsel. Laut Kohout kann man nur beobachten,<br />
dass daraus allmählich Zweige treiben,<br />
die immer büscheliger werden und sich zu<br />
einer Kugel verdichten. Doch bis ein Spaziergänger<br />
den Baum im Baum von unten sehen<br />
kann, dauert es Jahre.<br />
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Durch<br />
dick und<br />
dünn<br />
Küche + Kochen<br />
Er kämpft gegen Radikale und<br />
taugt als Paddelboot. Zum Gemüse<br />
gehört der Alleskönner allerdings<br />
nicht. Denn der Kürbis ist eine<br />
Beere, wenn auch eine moppelige.<br />
Die Giganten unter ihnen sind Fernsehstars: Nur fünf Minuten hatte ein<br />
„Wetten dass”-Kandidat Zeit, um ein Exemplar der Sorte Atlantic Giant<br />
auszuhöhlen und dann im Kürbis-Boot 50 Meter weit zu paddeln. Die<br />
Wette gelang. Nur wenige wissen, dass die bis zu 300 kg schweren Prachtstücke<br />
auch als Boote gute Dienste tun.<br />
In der Küche zählen innere Werte. Hier punktet der Kürbis mit Carotinoiden, die<br />
nicht nur Farbe bringen, sondern sehr gesund sind. Sie sollen verhindern, dass<br />
sich zellschädigende Radikale bilden, und so vor Krebs, Herz- und Gefäßkrankheiten<br />
schützen. Auch Mineralien liefert er frei Haus, vor allem Kalium, etwa 300 mg<br />
in <strong>10</strong>0 g Fruchtfleisch. Die Riesenbeere enthält zudem jede Menge Ballaststoffe –<br />
prima für die Verdauung. Schlank hält der Kürbis obendrein: <strong>10</strong>0 g Fruchtfleisch<br />
hat, je nach Sorte, nur etwa 25 Kalorien. Gute Gründe also, dem Kürbis jetzt zuleibe<br />
zu rücken. Zumal er gerade Hochsaison hat. Kristina Wiechert<br />
KÜRBISSALAT MIT HONIG-VINAIGRETTE<br />
Rezept für<br />
vier Personen<br />
Zutaten:<br />
500 g Kürbisfleisch (geputzt gewogen),<br />
200 g Champignons, 1 Knoblauchzehe,<br />
2 EL Olivenöl, Salz, weißer Pfeffer<br />
aus der Pfeffermühle, 200 g Feldsalat,<br />
1 Schalotte, <strong>10</strong>0 ml Balsamessig,<br />
1 El Waldhonig, 80 ml Distelöl,<br />
50 g Walnusskerne.<br />
Zubereitung:<br />
Den Kürbis zuerst in Würfel, dann in kleine Scheiben schneiden.<br />
Champignons sauber bürsten und ebenfalls in Scheiben schneiden.<br />
Die Knoblauchzehe fein würfeln. Alles in heißem Olivenöl<br />
anbraten, mit Salz und Pfeffer würzen. 5 bis <strong>10</strong> Minuten dünsten,<br />
bis der Kürbis bissfest ist. Beiseite stellen. Den Feldsalat waschen<br />
und trockenschütteln. Schalotte in feine Ringe schneiden. Essig<br />
zuerst mit Honig, Salz und Pfeffer verrühren, dann das Distelöl<br />
dazugeben. Walnüsse grob hacken. Gemüse, Feldsalat und Zwiebeln<br />
auf Tellern anrichten, die Vinaigrette darüber geben und mit den<br />
Walnüssen bestreuen. Dazu passt herzhaftes Vollkornbrot.<br />
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Küche + Kochen<br />
Bei Hühnerfrikassee werden Kindheitserinnerungen wach.<br />
Doch dabei muss es nicht bleiben. Vier Spitzenköche<br />
bereiten die helle Schwester des Ragouts nach allen Regeln<br />
der Kunst zu.<br />
Ein Helles, bitte!<br />
Alfons Schuhbeck (60) bekam 1983<br />
seinen ersten Michelin-Stern. Der<br />
Gourmetführer Gault-Millau ehrte<br />
ihn 1989 als „Koch des Jahres“. Seit<br />
2003 kocht er am Münchener Platzl.<br />
Neben seinem Restaurant Schuhbecks<br />
in den Südtiroler Stuben betreibt<br />
der Oberbayer unter anderem eine<br />
Kochschule, einen Eissalon und die<br />
Orlando-Bar.<br />
Schuhbecks am Platzl,<br />
Platzl 6+8, 80331 München,<br />
Tel. (089) 216 69 00,<br />
www.schuhbeck.de<br />
Foto: imago<br />
Frikassee von der Poularde<br />
von Alfons Schuhbeck<br />
Rezept für vier Personen<br />
Zutaten:<br />
Für den Frikasseeansatz ½ Zwiebel, 2 Gewürznelken, 4 Poulardenkeulen, 1 EL Öl,<br />
½ l Gemüsebrühe, 1 kleines Lorbeerblatt, ½ TL Pfefferkörner<br />
Für das Frikassee 1 weiße Zwiebel, <strong>10</strong>0 g Weißes vom Lauch, 1 EL Öl, 80 ml Weißwein,<br />
<strong>10</strong>0 g Sahne, 2 TL Speisestärke, 40 g Butter, 1 Streifen unbehandelte Zitronenschale,<br />
1 halbierte Knoblauchzehe, 1 Scheibe Ingwer, 1 Zweig Thymian, 1 Spritzer Zitronensaft,<br />
1 Prise mildes, gemahlenes Chili, <strong>10</strong>0 g kleine weiße Champignons, Salz und 1 frisch<br />
geriebene Muskatnuss<br />
Für den Ansatz Zwiebel schälen und mit Nelken spicken. Die Poulardenkeulen in einem Topf<br />
rundherum farblos anbraten. Mit Gemüsebrühe auffüllen, die gespickte Zwiebel mit Lorbeer<br />
und Pfefferkörnern hineingeben und das Ganze etwa 45 Minuten knapp unter dem Siedepunkt<br />
mehr ziehen als köcheln lassen. Die Keulen herausnehmen, enthäuten und zerteilen. Den Sud<br />
auf einem Sieb abgießen.<br />
Für das Frikassee nun die weiße Zwiebel schälen, den Lauch waschen und beides in kleine Stücke<br />
schneiden. In einem Topf bei kleiner Hitze im Öl glasig anschwitzen. Mit Weißwein ablöschen,<br />
einköcheln lassen, mit 400 ml der Geflügelbrühe auffüllen und das Gemüse darin 15 Minuten weichköcheln.<br />
Die Sahne hinzufügen, in einem Mixer pürieren und durch ein Sieb passieren. Die Speisestärke<br />
mit kaltem Wasser glattrühren, in die S0ße geben und 2 Minuten köcheln lassen.<br />
Die Butter hineinmixen, mit Salz, einem Spritzer Zitronensaft, einem Hauch Muskatnuss und einer<br />
Prise Chili abschmecken. Die Champignons vierteln und mit dem Geflügelfleisch in die Soße geben.<br />
Veredeln Sie die Soße mit unbehandelter Zitronenschale, Knoblauch,<br />
Ingwer und Thymian und lassen Sie die Zutaten fünf Minuten mitziehen,<br />
bevor sie entfernt werden.<br />
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Fotos: Joachim Schahl; © Dalmatin.o/Fotolia.com<br />
Thomas Treusch, 29, ist Küchenchef<br />
im familieneigenen Treuschs Schwanen<br />
und im zugehörigen Odenwald-Gasthaus<br />
Johannesstube. Wer hier einkehrt,<br />
erlebt die Schätze der Odenwälder<br />
Küche: Kartoffelgerichte, Handkäse und<br />
Köstlichkeiten von Schwein und Rind.<br />
Treuschs Schwanen, Rathausplatz 2,<br />
64385 Reichelsheim, Tel. (06164) 22 26,<br />
www.treuschs-schwanen.com<br />
Hühnerfrikassee von Thomas Treusch<br />
Rezept für vier Personen<br />
Zutaten:<br />
1 Hähnchen (etwa 700 g), 1 Zwiebel, 40 g Butter, 30 g Mehl, <strong>10</strong>0 ml Weißwein,<br />
400 ml heller Geflügelfond, <strong>10</strong>0 ml Sahne, 20 g frischer Ingwer, <strong>10</strong>0 g weiße Kuvertüre,<br />
5 cl Apfelsherry, Salz und Pfeffer<br />
Das Hähnchen ausbeinen und die Haut vom Fleisch entfernen. Das Fleisch in schöne, gleichmäßig<br />
große Stücke schneiden. Die Zwiebel fein würfeln und mit dem Fleisch in der Butter in einem<br />
großen Topf andünsten, es sollte von allen Seiten gut angedünstet sein. Dann mit dem Mehl<br />
bestäuben und mit Weißwein sowie Geflügelfond auffüllen. Schnell glattrühren und mit Salz und<br />
Pfeffer würzen. Nun den Ingwer schälen, in kleine Würfel schneiden und dazugeben. Das Frikassee<br />
unter häufigem Rühren 20 bis 40 Minuten bei kleiner Hitze garen. Zum Schluss Apfelsherry und<br />
Sahne dazugeben.<br />
Rühren Sie dem Frikassee weiße, geraspelte Kuvertüre unter. Sie macht Ihr Gericht kräftiger.<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 93
Kinder<br />
Er versüßte den Schuhkauf und brachte<br />
Erstklässlern in den Fünfzigerjahren<br />
das Schönschreiben bei. Jetzt feiert<br />
der abenteuerlustige Feuersalamander<br />
Lurchi sein Comeback. Da werden<br />
Kindheitserinnerungen wach.<br />
Und da sind dann augenblicklich,<br />
alle, alle restlos glucklich. ..<br />
So endet Lurchis erstes Abenteuer, bei dem das Zwergenvolk<br />
endlich gute Schuhe bekommt. Der Reim passt auch<br />
auf den Esslinger Verlag, der mit der Neuauflage der kultigen<br />
Erlebnisse von Lurchi, dem berühmtesten Salamander<br />
Deutschlands, derzeit die Bestsellerlisten stürmt. Und er<br />
passt auf jeden, der mit Lurchi groß geworden ist und sich<br />
beim Wiederlesen seiner Abenteuer noch so freut wie früher<br />
(siehe dazu auch die Dorfgeschichten auf Seite 130).<br />
Als die Werbefigur der Schuhfirma 1937 geboren wurde,<br />
war sie nur eine von vielen. Jedes bessere Unternehmen<br />
warb damals mit mehr oder weniger hübschen Reimen für<br />
sein Produkt. Zum Star wurde Lurchi erst dank des genialen<br />
Gespanns von Zeichner Heinz Schubel und Salamander-<br />
Prokurist Erwin Kühlewein. Der eine zeichnete so gut, dass<br />
die Druckerei seine Identität geheimhielt und hoffte, mit<br />
diesem Trumpf den Auftrag von bis zu 2,7 Millionen Exemplaren<br />
pro Heft zu sichern. Der zweite dichtete aus den<br />
Erlebnissen seiner Kinder die spannenden Abenteuer mit<br />
der perfekten Portion Realitätsbezug. Kostprobe gefällig?<br />
Der Buttel ..<br />
weist die wilde Rasse,<br />
strengen Blickes in die Klasse.<br />
Weil nach dem II. Weltkrieg Lesefibeln fehlten und Lurchi<br />
in der offiziellen Schreibschrift verfasst war, lernten die<br />
Kinder ab 1951 mit dem Salamander lesen und schreiben.<br />
Lurchi und seine Freunde Hopps, Piping, Mäusepiep, Igelmann<br />
und Unkerich reimten, was das Zeug hielt. Nebenbei<br />
vermittelten sie einiges über die heimische Tierwelt, ferne<br />
Länder oder Olympia.<br />
Weiter geht’s auf Seite 116<br />
114 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
In diese Schule wäre jedes Kind gerne gegangen: Bei Lurchi und seinen Freunden war immer etwas los.<br />
Sammelleidenschaft<br />
Hermann Wagner arbeitete ein Berufsleben lang bei Salamander.<br />
Seine Freizeit widmete der Kornwestheimer Sammler dem Star Lurchi.<br />
Hermann Wagners früheste Erinnerung an Lurchi: Sein großer Bruder tat so, als ob er Lurchi-<br />
Hefte lesen könne, und gab damit mächtig an. Dabei war auch der ältere Dreikäsehoch noch<br />
Analphabet. Nur kannte er die meisten Abenteuer auswendig, weil die Mutter allabendlich<br />
aus den Lurchi-Heftchen vorlas.<br />
Das gefleckte Tierchen sollte Hermann Wagner nie wieder loslassen. Als junger Mann ging<br />
der gelernte Heizungsinstallateur zur Kornwestheimer Firma und blieb mehr als 40 Jahre.<br />
Dort fand er nicht nur die Frau seines Lebens, sondern auch reichen Stoff für seine Sammlung.<br />
Wagner, wie Lurchi Jahrgang 1937, hortete Leder, Dokumente, Stanzmaschinen, 4000<br />
Paar Modellschuhe und auch alles zu Lurchi: Originalzeichnungen, Reklameschilder,<br />
Luftballons, Aufkleber, Kostüme, Bälle, Figuren, ein Kasperltheater und natürlich Hefte und<br />
Sammelbände. Selbst die Gussformen für die Werbefigur rettete er vor der Vernichtung.<br />
Das Prunkstück seiner Sammlung ist ein mit Lurchifiguren bemaltes Holzkarussell aus den<br />
Fünfzigerjahren. Das ist allerdings genauso unverkäuflich wie hunderte weitere Exponate, die<br />
Wagner im Museum des örtlichen Vereins für Geschichte und Heimatpflege ausstellt. So<br />
lebt der Salamander in Kornwestheim fort, auch wenn<br />
im Werk die Lampen längst ausgeschaltet wurden.<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 115<br />
Fotos: Esslinger Verlag; Salamander
Altes Wissen<br />
SchoneSticheleien ..<br />
Fotos: Peter Duran<br />
Sie stammen aus Kinderhand, sind unfassbar fein und verraten<br />
die Geheimnisse junger Mädchen: Mustertücher. Solche edlen<br />
Stickvorlagen galten lange als verschollen. Bis die Historikerin<br />
Dorothee Kandzi die Schätze ans Licht holte.<br />
124 www.liebes-land.de<br />
An preußischen Schulen mussten<br />
Mädchen auf Leinen sticken. Kam<br />
bei der wochenlangen Arbeit nur<br />
ein kleiner Fleck auf den weißen Stoff,<br />
unterstellte die Handarbeitslehrerin der<br />
Stickerin eine „schmutzige Seele“.<br />
Wenn Dorothee Kandzi, 48, die Lupe<br />
um den Hals hängt und ein historisches<br />
Mustertuch anfasst, taucht sie in eine andere<br />
Welt ein. „Unglaublich, dass ein<br />
Stück Stoff so viel über frühere Mädchen-<br />
erziehung, über Politik, Religion und<br />
Kunstverständnis erzählt“, sagt sie.<br />
Das ahnte sie vor 23 Jahren nicht.<br />
Damals schenkte ihr jemand eine Stickschere.<br />
Die wollte sie unbedingt benutzen<br />
und suchte nach Stickvorlagen.<br />
Aber egal, ob sie Teddys oder Herzen<br />
fand – alle langweilten sie rasch. Dann<br />
entdeckte sie Bilder historischer Mustertücher<br />
in Büchern und war begeistert:<br />
„Es ist kaum zu glauben, dass zehn- bis<br />
fünfzehnjährige Mädchen diese aufwändige,<br />
feine und präzise Arbeit anfertigten.“<br />
Weil Vorlagen aus Papier zu viel Geld kosteten,<br />
stickten die Mädchen bis zur Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts Bilder zuerst auf<br />
Mustertücher. Die dienten dann als Stoffvorlage,<br />
von der die Mädchen die Motive<br />
auf Servietten, Kissenbezüge oder Krägen<br />
übertrugen. Nach der Arbeit rollten sie<br />
die Mustertücher zusammen und steckten<br />
sie ins Nähkörbchen. Weil alle ständig<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 125
Altes Wissen<br />
Wohlbehütet<br />
unter die Haube<br />
War früher eine Jungfrau heiratswillig, demonstrierte sie ihren Reichtum<br />
mit einer kostbaren Kopfbedeckung. Allerdings entpuppte sich so manche<br />
Braut als Mogelpackung – der Schäppel war geliehen.<br />
132 www.liebes-land.de <strong>10</strong>/<strong>2009</strong><br />
Foto: Grießhaber<br />
Früher mussten Frauen, die als<br />
gute Partie gelten wollten, nicht<br />
nur einiges im, sondern auch auf<br />
dem Kopf haben. An Festtagen trugen sie<br />
Kränze aus Tannenzweigen, Getreide<br />
oder Kräutern, geschmückt mit Blumen,<br />
Bändern und Früchten. Im Lauf der Zeit<br />
verwandelten sich diese schlichten Kopfbedeckungen<br />
in aufwändige Gebilde aus<br />
Glaskugeln, Perlen, Draht und Spiegeln.<br />
Mit diesen prunkvollen Gebilden, den<br />
Schäppeln, demonstrierten die jungen<br />
Frauen, dass sie unberührt und heiratsfähig<br />
waren. Warum sie das mit einer Kopfbedeckung<br />
verkündeten, weiß niemand<br />
mehr. Vielleicht, weil Unberührtheit eine<br />
entsprechende Geisteshaltung voraussetzt.<br />
Wahrscheinlicher ist aber, dass der<br />
ehemals heidnische Brauch im Mittelalter<br />
christianisiert und mit der Marienverehrung<br />
in Verbindung gebracht wurde.<br />
„Die junge Frau, die durch die Heirat<br />
Herrin im Hause wird, wird geschmückt<br />
wie eine Königin“, beschreibt der Buchautor<br />
Kurt Wintermantel die Entwicklung<br />
der Schäppel. „Das Christentum hat dies<br />
umgedeutet. Die Krone gilt als Abbild<br />
des Hoheitszeichens der Himmelskönigin<br />
Maria, Vorbild reiner Jungfräulichkeit.“<br />
Wer Reinheit vortäuschte,<br />
wurde bestraft<br />
So war das Schäppel-Tragen den<br />
Jungfrauen vorbehalten. Klar, dass<br />
Schwangere nicht mit einer solchen<br />
Brautkrone vor den Traualtar treten durften.<br />
Sogar Witwen war es verboten, bei<br />
einer zweiten Heirat einen Schäppel aufzusetzen.<br />
Das wurde peinlich kontrolliert,<br />
Übertretungen hatten unangenehme<br />
Folgen. Mancherorts wurden dem Paar bei<br />
der Trauung Kerzen, Gesang, Glockengeläut<br />
und Orgelspiel verweigert. Anderswo<br />
praktizierte man sogar eine Frühform des<br />
Mobbing: „Böse Mitmenschen deuteten<br />
mit den Fingern auf das Brautpaar, was<br />
oft zum Wegzug desselben aus dem Dorf<br />
geführt hat“, so Kurt Wintermantel. Im<br />
April 1700 wurde zudem festgelegt, dass<br />
„Bräute, welche sich bei der Trauung des<br />
Schäppels fälschlich bedienen, nebst ihren<br />
Chapeau!<br />
Das Wort „Schäppel“ stammt vom mittelhochdeutschen<br />
„Schapel“ ab und bedeutet „Kranz aus Laub oder<br />
Blumen“. Schapel entstand aus dem altfranzösischen<br />
„Chapel“, später wurde daraus das Wort „chapeau“,<br />
das auch als Kompliment („Hut ab!“) verwendet wird.<br />
Das wiederum geht auf das mittellateinische „cappa“<br />
(Kappe) zurück.<br />
Ehemännern mit Gefangenschaft und an<br />
Geld gebührendermaßen abzustrafen“<br />
seien. Da fing die Ehe also gut an . . .<br />
Der Schäppel war Teil der Festtagstracht<br />
und wurde nur an hohen kirchlichen<br />
Feiertagen, bei Prozessionen, Taufen<br />
oder eben Hochzeiten getragen. Als<br />
erste Gelegenheit diente meist die Erstkommunion<br />
oder Konfirmation der Dorf-<br />
Foto: Grießhaber<br />
mädchen, in manchen Gemeinden die<br />
Schulentlassung. Den Schlusspunkt markierte<br />
immer die Hochzeit, denn damit<br />
kam die Frau im wahrsten Sinn des Wortes<br />
„unter die Haube“ – und trug fortan<br />
die Haubentracht. Obwohl der Schäppel<br />
einst von allen Bevölkerungsschichten<br />
und in allen Regionen Deutschlands getragen<br />
wurde, sieht man ihn heute, wenn<br />
überhaupt, nur noch im Schwarzwald.<br />
Rosa Ringwald ist eine der letzten Schwarzwälder Schäppelmacherinnen.<br />
<strong>10</strong>/<strong>2009</strong> www.liebes-land.de 133<br />
Foto: Lampert
Foto: imago<br />
Mutter Natur<br />
Linda lebt<br />
Die Königin der Kartoffeln ist gerettet. Ihr<br />
Ritter heißt Karsten Ellenberg, der noch<br />
Hunderte anderer Sorten hütet. Seine<br />
jüngsten Schützlinge sind Emma und Elise.<br />
Manchmal liegt Karsten Ellenberg in der<br />
Hängematte, trinkt Tee und schaut in<br />
Ruhe zu, wie sie wächst. Linda ist sein<br />
spezieller Liebling, der Biobauer schwärmt vom<br />
gelben Fruchtfleisch und ihrem cremig-buttrigen<br />
Geschmack. „Linda zergeht auf der Zunge“, sagt<br />
Ellenberg. „Keine ist wie sie.“ Dabei ist Linda eine<br />
alte Dame, jedenfalls für eine Kartoffel. Friedrich<br />
Böhm züchtete sie vor fast 40 Jahren, ab 1974 vermarktete<br />
er sie. Und wie: Weil es für neue Züchtungen<br />
Sortenschutz gibt, hatte Böhms Unternehmen<br />
Europlant 30 Jahre lang ein Linda-Monopol. Wer<br />
Saatkartoffeln wollte, musste sie dort kaufen. 2004<br />
endete die Frist, Linda sollte beerdigt werden, denn<br />
ab sofort waren keine Gebühren mehr fällig.<br />
Jüngere und knackigere Konkurrentinnen wie<br />
Belana oder Leila machten sich breit. Die Linda-<br />
Liebhaber trauerten, Fernsehgrößen wie Ulrich<br />
Wickert, Ex-Mister-Tagesthemen und Hobbygourmet,<br />
schwärmte von den „köstlichen Bratkartoffeln“,<br />
die man aus ihr brutzeln konnte.<br />
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