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Leseprobe - Hogrefe

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1 Neurophysiologie der menschlichen Hirnentwicklung 17<br />

Selektive Zurückbildung von Synapsen und Untergang<br />

von Neuronen<br />

Die Ausbildung von synaptischen Verknüpfungen wird zunächst durch biochemische<br />

Bedingungen, hormonelle Einflüsse und immunologische Prozesse bestimmt. Im Folgenden<br />

spielen dann aktivitätsabhängige Ereignisse eine entscheidende Rolle für die Bildung,<br />

und vor allem für das Überleben der Synapsen und des dazugehörigen Neurons.<br />

Diese Aktivität kann entweder in der Nervenzelle selbst (endogene Aktivität) entstehen<br />

oder von außen ankommenden (afferenten) Signalen (funktionelle Aktivität) stammen<br />

(Flint et al., 1998; Goodman & Shatz, 1993; Mrzljak et al., 1988; Schlaggar et al., 1993).<br />

Nach der Ausbildung der maximalen synaptischen Dichte kommt es zu einer Rückbildung<br />

von nicht benutzten (inaktiven) Synapsen. So werden ca. 40 % der gebildeten Synapsen<br />

wieder zurückgebildet (Huttenlocher et al., 1982; Huttenlocher, 1984). Ähnliches<br />

findet auch in den anderen Hirnregionen statt und dauert sogar bis in das jugendliche Alter<br />

an (Huttenlocher & Dabholkar, 1997). Die Gesamtzahl der Synapsen eines einzigen<br />

Neurons samt seiner Dendriten beträgt beim Erwachsenen letztendlich ca. 38 000.<br />

Während der Hirnentwicklung werden nicht nur Synapsen, sondern auch Neurone im<br />

Überschuss gebildet (Purves & Lichtman, 1980; Rakic & Riley, 1983). Die einzelnen<br />

Neurone konkurrieren miteinander um synaptische Kontakte. Neurone, die nicht in<br />

der Lage sind eine bestimmte Anzahl von Synapsen zu bilden, gehen zugrunde. Dieser<br />

programmierte Zelltod erfüllt damit zwei wichtige Funktionen: a) das quantitative<br />

Angleichen von untereinander in Verbindung stehenden Neuronenpopulationen und b)<br />

den Untergang von fehl gegangenen, inkorrekten Verbindungen (Allsopp, 1993). Die ursprünglich<br />

sehr große Anzahl von Neuronen, die nach synaptischen Verbindungen sucht,<br />

steigert somit die Wahrscheinlichkeit, dass aufsteigende Axone eine Zielzelle finden.<br />

Der selektive Untergang von Neuronen, die keine oder nur wenige synaptische Verbindungen<br />

haben, führt dann zur Präzisierung der neuronalen Netzwerke. Abhängig von der<br />

Hirnregion gehen ca. 50% der gebildeten Neurone wieder zugrunde.<br />

Störungen dieses fein regulierten Zelltodes, insbesondere des gesteigerten Zelltodes,<br />

können dramatische Auswirkung auf die Gehirnentwicklung und die spätere kognitive<br />

Funktion haben. Somit dient der neuronale Zelltod und die Rückbildung von nicht oder<br />

nur wenig benützten Synapsen der Feinregulierung der neuronalen Organisation und somit<br />

der Ausbildung und Verstärkung von funktionellen Netzwerken. Die Synaptogenese,<br />

die gezielte Rückbildung von Synapsen und Zelltod von Neuronen ist für die Plastizität<br />

des sich entwickelnden Gehirns von entscheidender Bedeutung. Dies bedingt, dass<br />

erfahrungsabhängige Faktoren auf die Hirnentwicklung, einschließlich der kognitiven<br />

Funktionen, Einfluss nehmen können (Johnston, 1995).<br />

3.4 Gliale Proliferation und Differenzierung<br />

Die Gliazellen stellen die Mehrheit der Zellen im Großhirn dar. So besteht die weiße<br />

Substanz fast ausschließlich aus Gliazellen. Im Prinzip kommt es während der Entwicklung<br />

zunächst zur Bildung von Astrozyten und dann zur Bildung von Oligodendrozyten.<br />

Astrozyten spielen eine ernährende und unterstützende Rolle für die Neuronen.

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