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Essay Beschneidung Steffens - Privates Johannes-Gymnasium ...

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Bundes- und Landeswettbewerb Philosophischer <strong>Essay</strong> 2012<br />

Verfasser: Yannik <strong>Steffens</strong>, Im Höms 21, 56357 Lollschied; yannik.steffens@yahoo.de,<br />

13. Jahrgangsstufe; Lehrer: Herr Friedhelm Hahn<br />

Schule: <strong>Johannes</strong>-<strong>Gymnasium</strong>, <strong>Johannes</strong>straße 38, 56112 Lahnstein;<br />

sekretariat@johannes-gymnasium.de<br />

Thema III: „Ist die aus religiösen Traditionen begründete <strong>Beschneidung</strong> von<br />

Jungen, die aufgrund ihres Alters nicht einwilligen können, unmoralisch?“<br />

Die Bedrohung holistischer Systeme<br />

In der aktuellen <strong>Beschneidung</strong>sdebatte geht es, so scheint es mir, weniger um die Frage,<br />

ob die rituelle Entfernung der Vorhaut eines Jungen als Körperverletzung anzusehen ist -<br />

denn das ist sie in der Tat, wie jüngst ein deutsches Gericht zu Recht entschieden hat,<br />

obgleich sich über den Schweregrad gewisslich streiten lässt.<br />

Vielmehr ist der Stellenwert der Religionen in Moralfragen Gegenstand der Diskussion.<br />

Für viele Menschen ist die Religion als oberste moralische Instanz des Lebens seit der<br />

Aufklärung im 18. Jahrhundert Geschichte, als nämlich kein Geringerer als Immanuel<br />

Kant mit dem Leitspruch dieser Bewegung, „Sapere aude!“ - aus einer Epistel von Horaz<br />

entlehnt - die Freiheit des Individuums postulierte. Kants berühmte Interpretation „Habe<br />

den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ als Aufforderung zum freien<br />

Denken stand in krassem Gegensatz zur Diktion der Kirche 1 , welche Jahrhunderte lang<br />

das Leben der Menschen bis ins kleinste Detail bestimmt hatte. Nach gewissen Phasen<br />

der Rückbesinnung auf das Spirituelle, in Pietismus und Romantik beispielsweise, erhebt<br />

auch die heutige Gesellschaft den Anspruch, aufgeklärt zu sein und eine fortschreitende<br />

Säkularisierung selbiger ist unverkennbar.<br />

Hat die Religion als Moralinstanz also ausgedient oder wäre eine neue Phase spiritueller<br />

Besinnung nicht ratsam?<br />

Ganz gleich, in welcher Epoche der Geschichte wir uns auch befinden, immer schon<br />

wurde nach dem Ursprung sittlich guten Handelns gefragt. Als Offenbarungsreligion war<br />

dies für das Judentum stets eine klare Sache: Die Moral lässt sich vom Willen Gottes<br />

ableiten, den er seinem Volk geoffenbart hat, und zwar in Form des Dekalogs, den Mose<br />

damals auf dem Berg Sinai von Gott persönlich in Empfang genommen haben soll, und in<br />

der mündlichen Lehre, welche im Talmud zusammengefasst ist. Dem Christentum sind<br />

die Zehn Gebote Gottes ebenso heilig, wenn auch der Talmud hier keine Rolle spielt,<br />

dafür aber freilich die Lehren Jesu und die zahlreichen paulinischen Briefe. Zusammen<br />

mit dem Islam als dritte und letzte abrahamitische Religion, welche den Koran als Heilige<br />

Schrift versteht, bedingen diese Religionen und all ihre verschiedenen Strömungen doch<br />

die Existenz eines einzigen, allmächtigen und allwissenden Gottes, der Ursprung alles<br />

Lebens ist. Da sich eine solche Existenz aber leicht ablehnen lässt, mussten von den<br />

Gotteszweiflern neue Quellen des Moralischen ausfindig gemacht werden, zumal man<br />

zwar auf Gott, nicht aber auf die Moral verzichten wollte. Die Quelle der Moral in der<br />

Auklärung war zweifelsfrei der Glaube an die Vernunft, welche nach Kant<br />

allgemeingültig ist und von jedem Menschen a priori erschlossen werden kann 2 .<br />

Der Glaube an die Vernunft löste den noch im Barock omnipräsenten Glauben an Gott<br />

weitestgehend ab. Es bedurfte nunmehr keiner Gottesoffenbarung, denn der Schlüssel zu<br />

gutem Handeln war dank der Vernunft bereits im Einzelnen angelegt und dieser wartete<br />

1 Mit „Kirche“ meine ich hier vornehmlich den Einfluss der katholischen Kirche in Europa.<br />

2 Vgl. KANT, Immanuel, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Reclam, Stuttgart 2010, Vorrede S. 7 - 15


förmlich nur darauf, vom Individuum benutzt zu werden. Was für Kant die Vernunft war,<br />

welche den berühmten kategorischen Imperativ als Grundlage des Sittengesetzes<br />

manifestierte und so uniformes, sittlich gutes Handeln ermöglichte, war bei Arthur<br />

Schopenhauer das Mitleid, welches den Menschen dazu befähigte, seinen Egoismus zu<br />

überwinden und sich in das Leiden des Gegenübers hineinzuversetzen, um auf diese<br />

Weise moralisch gut zu handeln. Später erklärte dann Friedrich Nietzsche Gott und die<br />

Moral für tot, zog die Möglichkeit in Betracht, dass Gut geglaubtes böse und Böses gut<br />

sein könnte und forderte die Menschheit auf, sich zu „Übermenschen“ zu erheben, indem<br />

man jegliche Fremdbestimmung von sich weisen solle. Für die französischen<br />

Existentialisten Jean Paul Sartre und Albert Camus war der Mensch sogar „zur Freiheit<br />

verurteilt“. Denn die Moral ergab sich in deren Vorstellung aus der Verantwortung des<br />

Individuums der gesamten Menschheit gegenüber, die die individuelle Freiheit<br />

unweigerlich mit sich brachte.<br />

Diese kleine Auswahl an Moralvorstellungen in der Philosophiegeschichte zeigt, dass es<br />

die eine Moralinstanz nicht geben kann. Moral, wenn es sie denn überhaupt gibt, um<br />

Nietzsche nochmals aufzugreifen, ist und bleibt Ansichtssache des Einzelnen. Denn alle<br />

Modelle der Moral lassen sich immer auf ein Prinzip zurückführen, das von dem<br />

jeweiligen Philosophen als Ideal gesetzt worden ist. Die Vernunft ist eine Setzung der<br />

Aufklärer, das Mitleid eine Setzung Schopenhauers, die Nichtexistenz einer Moral die<br />

Setzung Nietzsches. Die Wahrhaftigkeit einer dieser Philosophien lässt sich nicht<br />

beweisen – aber auch nicht widerlegen. Und genauso verhält es sich auch mit der Setzung<br />

religiös begründeter Moral, nämlich mit Gott. Meiner Ansicht nach folgt daraus, dass<br />

man die Religion in Moralangelegenheiten nicht einfach hinten anstellen darf. Sie steht<br />

für mich auf einer Stufe mit allen anderen Moralmodellen.<br />

Doch ist die angezweifelte Legitimiät der Religion als moralische Instanz nicht das<br />

primäre Problem, mit dem die <strong>Beschneidung</strong>s-Befürworter zu kämpfen haben, sondern es<br />

ist, wie ich meine, die Einstellung der restlichen postmodernen Gesellschaft:<br />

Weil sich die <strong>Beschneidung</strong>sdebatte aber nun einmal in unserer heutigen Zeit abspielt, ist<br />

es unabdingbar, einen Blick auf die Struktur der Postmoderne zu werfen. Hierzu möchte<br />

ich die philosophischen Grundüberlegungen von Norbert Bolz zu Rate ziehen, die den<br />

Zustand der Postmoderne in meinen Augen treffend widerspiegeln. Wie aus dem Vorwort<br />

von Bolz´ Schrift „Die Konformisten des Andersseins“ 3 hervorgeht, sieht er die Existenz<br />

eines „Ordo“ in unserer heutigen (zumindest westlichen) Gesellschaft nicht mehr<br />

gegeben. Während die Kritische Theorie 4 der Frankfurter Schule, ganz in der Tradition<br />

der vielen vorherigen Idealisten stehend, noch von einem solchen holistischen, also ganz-<br />

und einheitlichen System, in welchem das Individuum einen festen Platz einnimmt und<br />

seiner jeweiligen Bestimmung folgt, überzeugt war, zeichnet Bolz ein dem<br />

entgegengesetztes Bild der modernen Gesellschaft. Für ihn ist diese nämlich von vielen<br />

verschiedenen Systemen, Strukturen und Differenzen geprägt. Dem kann ich voll und<br />

ganz zustimmen. Stellt man den Vergleich zwischen heutiger Gesellschaft und<br />

mittelalterlicher Ständegesellschaft an, wird dies besonders deutlich. Eine gottgegebene<br />

Ständeordnung im Sinne eines Ordogedankens widerspricht glasklar unserer<br />

multikulturellen und im höchsten Maße vielfältigen Postmoderne. Ein<br />

Zusammenstauchen der Gesellschaft auf ein einheitliches Prinzip lässt deren enorme<br />

Komplexität meiner Ansicht nach auch nicht zu. Hinzu kommt, dass die Freiheit heute als<br />

eines der höchsten Güter angesehen wird, auf welches man nur äußerst ungern verzichten<br />

möchte. Die lange Zeit vorherrschende Annahme, dass der Existenz des Individuums eine<br />

Essenz (wie Gott, die Vernunft, etc.) vorausgeht - um mit den Begrifflichkeiten Sartres zu<br />

3 BOLZ, Norbert, Konformisten des Andersseins, Fink-Verlag, München 1999<br />

4 Kritische Analyse der vom kapitalistischen Wirtschaftssystem geprägten Gesellschaft des<br />

20. Jahrhunderts


arbeiten - scheint also dem Untergang geweiht. Jeder ist - auch ganz im Sinne des<br />

französichen Existentialisten - nur noch sich selbst verpflichtet, muss aber, obwohl er<br />

keiner übergeordneten Moralinstanz verpflichtet ist, die Konsequenzen seines Handelns<br />

gänzlich selbst tragen.<br />

Da aber ein Ordogedanke auch immer so etwas wie Verpflichtung mit sich trägt, bedeutet<br />

er eine Einschränkung der Freiheit und ist damit dem klassischen Postmodernisten ein<br />

Dorn im Auge 5 .<br />

Doch Bolz belässt es nicht bei dieser Beobachtung, sondern er sagt weiter, dass all jene<br />

verschiedene Strukturen, welche die Gesellschaft durchziehen, absolut gleichwertig sind,<br />

womit er sich selbst zum Feind des Ordo und zum Kritiker der Kritischen Theorie und<br />

des Idealismus per se erklärt. Überspitzt ausgedrückt heißt eine derartige Ansicht der<br />

Dinge nichts anderes, als dass etwa die Werke Goethes mit jeder Illustrierten mithalten<br />

können oder ein x-beliebiger Werbejingle nicht weniger bedeutend ist als die<br />

Kompositionen eines Johann Sebastian Bach. Das geflügelte „Maß aller Dinge“ gibt es<br />

nicht in der Postmoderne. Folglich verfügt auch die Religion in dieser Philosophie über<br />

keine übergeordnete Autorität mehr. Ich persönlich habe den Eindruck, dass das Gros der<br />

westlichen Welt, vor allem die jüngere Generation, im Begriff ist, genau eine solche<br />

Einstellung mehr und mehr auszubilden. Freilich gibt es in der Vielfalt der Gesellschaft<br />

aber immer noch Vertreter eines Ordogedankens und das sind üblicherweise die<br />

gläubigen Anhänger einer Religion, die Gott bzw. Götter als Ursprung, Sinn und Ziel<br />

ihres Lebens ansehen sowie als ihre moralgebende Instanz.<br />

Betrachten wir doch einmal auf dieser Grundlage die <strong>Beschneidung</strong>sdebatte:<br />

Die Heilige Schrift der Juden, und damit Gott selbst, verlangt von den Gläubigen, dass<br />

die männlichen Säuglinge am achten Tag nach der Geburt beschnitten werden 6 (An dieser<br />

Stelle sei gesagt, dass die auch heute noch praktizierte <strong>Beschneidung</strong> von Mädchen in<br />

keiner Heiligen Schrift, auch nicht im Koran, verankert ist und deshalb hier nicht zur<br />

Diskussion stehen wird.). Da gibt es kein Wenn und Aber, obgleich im Christentum das<br />

Sakrament der Taufe jederzeit gespendet werden kann, womit dem Argument, der<br />

Säugling solle sich im mündigen Alter selbst für die <strong>Beschneidung</strong> entscheiden können,<br />

jeglicher Wind aus den Segeln genommen wird. Der später Beschnittene wäre schlicht<br />

kein vollwertiges Mitglied seiner Glaubensgemeinschaft.<br />

Warum man dies nicht ändere, könnte der Postmodernist jetzt einwerfen, zumal für ihn<br />

Veränderung in dieser schnelllebigen Welt etwas vollkommen Normales ist. Doch hier<br />

verkennt er, so wie er die erwähnten Illustrierten und Goethes Werk auf eine Stufe stellt,<br />

die existentielle, absolut zentrale Bedeutung der <strong>Beschneidung</strong> für Judentum und Islam.<br />

Die Rolle der <strong>Beschneidung</strong> kann in keinster Weise mit irgendeiner Speisevorschrift oder<br />

einer Anweisung zum Gebet verglichen werden. Dies wird offensichtlich, sobald man<br />

versteht, worin genau diese Bedeutung besteht und da möchte ich gerne dem ein oder<br />

anderen Postmodernisten auf die Sprünge helfen, der es pflegt, mit seiner Freiheit wild<br />

drauf los zu argumentieren, ohne dieser Bedeutung auch nur die geringste Beachtung zu<br />

schenken:<br />

Die <strong>Beschneidung</strong> ist für die Gläubigen ein konkretes Zeichen des Bundes mit dem<br />

ewigen Gott - oder anders ausgedrückt - mit ihrem speziellen Ordo. Sie zeigt ihnen, dass<br />

Gott, welcher allein für das Wahrhaftige, den Sinn des Lebens und die Gerechtigkeit<br />

schlechthin steht, aktiv auf den Menschen zugeht, mit ihm in eine Beziehung treten will.<br />

Der gläubige Mensch, der, wie alle anderen Menschen freilich auch, auf Erden zahllosen<br />

Leiden und Mühen ausgesetzt ist und sich so in einem nie enden wollenden Zustand<br />

5 Ich möchte an dieser Stelle den Wert der Freiheit, die auch in unserer heutigen Welt bedauerlicherweise<br />

nicht jedem Indivduum zur Verfügung steht, in keinerlei Hinsicht degradieren, sondern kritisiere vielmehr<br />

die in meinen Augen übermäßige Betonung des Freiheitwerts.<br />

6 Vgl. 1. Mose 17, 12


großer Hilflosigkeit befindet, hofft mit aller Sehnsucht darauf, dass er irgendwann mit<br />

diesem alles umfassenden Weltprinzip eins werden kann, oder philosophisch: Die<br />

Existenz zur Essenz zurückkehrt. Nichts anderes war auch schon das Ziel der Stoiker in<br />

den ersten vorchristlichen Jahrhunderten, welche das Einswerden mit der Weltvernunft<br />

mittels eines durchaus tugendhaften Lebens erreichen wollten. Allein diese Parallele<br />

beweist doch, dass das Streben nach vollkommener Erfüllung, nach Glückseligkeit, die<br />

sich noch deutlicher in den asiatischen Religionen zeigt, schon immer ein typisch<br />

menschliches Phänomen war.<br />

Ein Ludwig Feuerbach mag dieses Phänomen als Trugschluss des Menschen entlarvt<br />

haben, wenn er behauptet, dass der Mensch, der sich selbst als negativ erlebt, all das ihm<br />

gegensätzliche Positive auf Gott „projeziere“. Folglich existiere Gott nur in der<br />

gespaltenen Persönlichkeit des Menschen. Für Sigmund Freud war Gott als Vaterperson<br />

nichts weiter als das Produkt der Sehnsucht des schwachen Menschen nach Schutz und<br />

Geborgenheit und Karl Marx bläst in dasselbe Rohr, indem er die Religion als das<br />

„Opium des Volkes“ bezeichnet, die die Menschheit lediglich auf das zukünftige Jenseits<br />

vertröste und dadurch nicht gewillt mache, gegen gegenwärtige Missstände vorzugehen.<br />

Aber all diesen mehr oder weniger plausiblen antireligiösen Ansichten zum Trotz haben<br />

Menschen entschieden an der unverblümten Existenz eines solchen Monismus<br />

festgehalten und mit ihr an ihrer unerschütterlichen Hoffnung auf das sprichwörtliche<br />

Paradies.<br />

Wenn nun die derzeit in allen Medien präsenten postmodernen Gegner der <strong>Beschneidung</strong><br />

selbige als, wie ich häufig gehört habe, „archaisch“ abtun, womit sie ausdrücken wollen,<br />

dass sie dem jetzigen Zeitalter nicht angemessen ist, greifen sie somit nicht nur das<br />

medizinisch und juristisch zwar bedenkliche Ritual der Entfernung der Vorhaut an,<br />

sondern in meinen Augen gleichsam das für die Gläubigen existentielle Ordo, welches für<br />

sie mit der <strong>Beschneidung</strong> in direkter Verbindung steht und den Kern ihres Weltbildes<br />

ausmacht. Die <strong>Beschneidung</strong> zu verbieten heißt demnach auch den Glauben an ein Ordo<br />

zu verbieten oder zumindest in beträchtlicher Weise einzuschränken.<br />

Woher kommt es aber, dass der Postmodernist dies offenbar nicht begreifen kann? Bei<br />

meinen Überlegungen bin ich auf eine mögliche Antwort gestoßen:<br />

Die meisten Menschen, auf die meine Beschreibung eines Postmodernisten zutrifft, sind<br />

meiner Meinung nach nicht verzweifelt genug, als dass sie etwas so Grundlegendes<br />

verstehen könnten. Materiell gesehen sind selbst die Unterschichten vergleichsweise gut<br />

versorgt, wobei die Betonung auch hier wieder auf unserer westlichen Gesellschaft liegt.<br />

Zudem leben wir in der längsten Friedenszeit, die es jemals gegeben hat. Die<br />

fortschreitende Technisierung nimmt uns viel Mühe ab und sorgt ferner durch reichlich<br />

Unterhaltung dafür, dass es dem Postmodernisten nur schwer langweilig wird. Kurzum,<br />

es geht ihm gut, dem Postmodernisten. Sein Sinn des Lebens besteht darin, so erfolgreich<br />

wie möglich zu sein, so viel Geld wie möglich zu verdienen, Ansehen und Wohlstand zu<br />

haben - ausschließlich auf Erden versteht sich - und natürlich so lange wie möglich<br />

gesund und am Leben zu bleiben. Am besten ist es für ihn, wenn er dabei noch möglichst<br />

viele Freiräume genießt, selbst wenn dafür die Grundsätze der Ethik über den Haufen<br />

geworfen werden müssten. Das einzige, womit er zu kämpfen hat, ist die<br />

Unzufriedenheit, wenn einmal etwas nicht so funktionieren sollte, wie er es sich vorstellt.<br />

Und wenn er das Spirituelle doch nicht missen will, probiert er womöglich etwas Esoterik<br />

aus, freilich ohne sich gänzlich an eine Sache binden zu müssen. Kein Wunder also, dass<br />

so jemand für die aus der Tradition stammenden existentiellen Fragen des Lebens (Wo<br />

komme ich her? Wer bin ich? Wo gehe ich hin?) nicht mehr empfänglich ist, ja regelrecht<br />

abstumpft, und das Recht auf körperliche Unversehrtheit meilenweit über die<br />

Religionsfreiheit und das Elternrecht stellt, welche in gleicher Weise von der Verfassung<br />

garantiert und gestützt werden.


Die Frage, die sich zum Schluss stellt, ist: Kann man es den Eltern verübeln, ihr Kind,<br />

das noch nicht mündig ist, durch die <strong>Beschneidung</strong> einem Ordo zuführen zu wollen, von<br />

dem sie überzeugt sind, dass es mit seiner Wahrhaftigkeit, Kontinuität und seiner Moral<br />

dem überaus instabilen Kreuz und Quer der Postmoderne vorzuziehen ist und diese sogar<br />

überleben wird? - Ich glaube nein.<br />

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst<br />

und keine anderen als die angegebenen Quellen benutzt habe und alle<br />

Entlehnungen als solche gekennzeichnet habe.<br />

Ort, Datum:………………………………………………………………………………..<br />

Unterschrift:……………………………………………………………………………….

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