Der »Klon - Zentrum für Literatur
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24 Forum Interdisziplinäre Begriffsgeschichte I (2012), Heft 2<br />
roman marek · Klon<br />
Doch während das Motiv des vermenschlichten und verdoppelten Besens in der <strong>Literatur</strong> nicht als Beispiel<br />
<strong>für</strong> den Klon angeführt wird, bezieht man sich in der Forschung unisono auf Aldous Huxleys Brave new<br />
World (1932). 46 Dieser Roman gilt als»the first science-fiction classic which furnishes explicit images of<br />
cloning and, as such, it has had considerable popular resonance ever since its initial publication.« 47 In<br />
der ›schönen neuen Welt‹ ist ›natürliche‹ Fortpflanzung verpönt, und gleich im ersten Kapitel werden die<br />
neuen Produktionsmethoden <strong>für</strong> Menschen erläutert. Im Fall der niederen Kasten (gammas, Deltas und<br />
Epsilons) handelt es sich um Klone, denn die Embryonen werden geteilt um möglichst große Mengen<br />
eineiiger Zwillinge zu erzeugen. Huxleys Dystopie findet auch auf der visuellen Ebene ihre Umsetzung.<br />
Ein Buchcover aus dem Jahr 1965 (Abb. 5) illustriert eine ikonische semantik, die das Motiv serieller<br />
reproduktion visuell umsetzt. In einer Art ›Copy-Paste-technik‹ werden abstrahierte menschliche Figuren<br />
dupliziert und leicht versetzt nebeneinander gestellt. Dieses Motiv ist beliebig steigerbar und findet sein<br />
Extrem in den vor allem aus science-Fiction-Filmen bekannten sequenzen, die scheinbar unendliche<br />
Massen uniformer Klonkrieger im gleichschritt in den Kampf ziehen lassen. Oft wirken die Klone dabei<br />
maskenhaft, sie scheinen einen leeren, abwesend wirkenden Blick zu haben (Abb. 6 rechts), oder – noch<br />
viel deutlicher – sie weisen an stelle der Augen nur eine leere Fläche auf (Abb. 5 und 6 links). Besonders<br />
in Filmen kommt meist hinzu, dass die Kleidung uniformiert ist, und dass das gesicht insgesamt durch<br />
(tarn-)Masken oder (schutz-)Helme verdeckt ist. Zusammen mit dem maskenhaften Ausdruck und den<br />
leeren Augen wird den Klonfiguren ihre Individualität genommen, und sie scheinen weniger menschlich<br />
zu sein.<br />
Abb. 5: Buchcover von Aldous Huxleys Brave new World (1932),<br />
Penguin Edition aus dem Jahr 1965, Cover-Illustration: Denis Piper<br />
46 Dies heißt natürlich nicht, dass nicht bereits andere romane zuvor die Möglichkeiten menschlicher reproduktion thematisiert hätten. Zu nennen<br />
wäre hier z. B. Paul Scheerbart: Die grosse Revolution. Ein Mondroman, Leipzig 1902. Ohne dass diese Begriffe verwendet werden, gibt es recht eindeutige<br />
Vorstellungen von Klon- und gentechnik in Clement Fezandiés Erzählung Doctor Hackensaw’s Secrets. The Secret of artificial reproduction.<br />
Diese erschien im Mai 1921 in der Zeitschrift Science and Invention 9 (1921), die von Hugo gernsback herausgegeben wurde. geschildert werden unter<br />
anderem die Massenherstellung von soldaten, eine Hund-Katzen-Chimäre, sowie ein menschliches Baby, das in der gebärmutter einer Kuh heranwächst.<br />
Vgl. hierzu auch: Everett F. Bleiler: science Fiction. the Early Years, Kent 1990, s. 241. Mike Ashley: The Time Machines. The Story of the<br />
Science-Fiction Pulp Magazines from the beginning to 1950, Liverpool 2000, S. 33 ff.<br />
47 Joan Haran u. a.: Human Cloning in the Media. From science fiction to science practice, new York 2008, s. 23.