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Skulptur/Plastik: Antike Übersicht Die sogenannte «AntenorKore ...

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<strong>Skulptur</strong>/<strong>Plastik</strong>: <strong>Antike</strong> <strong>Übersicht</strong><br />

Der <strong>sogenannte</strong> «Kleobis» Anfang 6. Jh. v. Chr. Delphi, Oriinal<br />

<strong>Die</strong> überlebensgrosse Jünglingsstatue wurde(1893) im Apollonheiligtum in Delphi<br />

aufgefunden. Auf der Oberseite der Plinthe (Bodenplatte) erhielt sich eine fragmentarische<br />

Künstlersignatur: «Der Argiver [Poly]medes hat [die Statue] gemacht.» Ein Jahr später kam<br />

in Delphi eine zweite, der ersten sehr ähnliche Statue zum Vorschein.<br />

<strong>Die</strong> beiden <strong>Skulptur</strong>en sind Vertreter der hocharchaischen Zeit. Sie stehen frontal da, das eine<br />

Bein vorgestellt, die Hände zu Fäusten geballt und an die Hüfte gepresst. Im Körperaufbau<br />

fallen die massigen und blockhaften Gliedmassen und das unausgewogene Verhältnis<br />

zwischen dem zu kurzen Oberkörper dem zu großen Kopf und den Beinen auf. (achtet auf<br />

Knie, Beinstellung Füße und die lineare Ausarbeitung der einzelnen Körperteile Gesichts!)<br />

NICHT VERGESSEN Einfluss des Geometrischer Stils: (ca. 1050 - ca. 700/675 v. Chr.)<br />

Vasenmalerei (Dipylonvase mit 3eckigen Figuren)<br />

<strong>Die</strong> Statuen des Kleobis und Biton sind keine Porträts im heutigen Sinne sondern vielmehr<br />

Sinnbilder menschlicher Stärke, Tüchtigkeit und Ergebenheit.<br />

<strong>Die</strong> <strong>sogenannte</strong> <strong>«AntenorKore</strong>» Um 530/20 v. Chr. Athen Original<br />

<strong>Die</strong> AntenorKore gehört zu jenen archaischen Votivstatuen, die im Heiligtum der<br />

Athena auf der Athener Akropolis aufgestellt waren und trägt eine Inschrift:<br />

«Nearchos, [der Töpfer], hat mich geweiht von dem Erstlingsopfer; Antenor, Sohn<br />

des Eumares, hat [die Statue] geschaffen».<br />

Sie ist streng axialsymmetrisch aufgebaut: mit geschlossenen Beinen und Blick<br />

geradeaus. Der rechte Arm ist angewinkelt, im abgebrochenen Unterarmes hielt<br />

das Mädchen einst ein Opfergeschenk . Der andere Arm rafft ihr Untergewand, den<br />

Chiton, der eng um ihre Beine spannt. Der äusserst schmale Stand kontrastiert<br />

den wegen den auffällig breiten Oberkörper. <strong>Die</strong> Faltenstege und täler des<br />

Mantels sind in gleichmässig paralleler und radialer Anordnung angelegt. Das<br />

Linienspiel war ursprünglich durch farbliche Verzierung akzentuiert: <strong>Die</strong> Basis<br />

hat die Form eines Kapitells, was auf eine hohe Aufstellung auf einer Säulenbasis<br />

schliessen lässt<br />

Im Gesicht fallen die leeren Augenhöhlen auf; die Pupillen und Augäpfel waren<br />

ursprünglich im separat gearbeiteten Material eingelegt, das Haar fällt vorne<br />

jeweils in vier Strähnen und hinten in einem breiten «Haarteppich“ hinab.<br />

Der <strong>sogenannte</strong> «Kouros von Tenea» Um 560/50 v. Chr. Original<br />

in Tenea, einem Dorf in der Nähe Korinths gefunden stand die<br />

Jünglingsstatue ursprünglich über einem Grab – quasi als Vermittler<br />

zwischen der Welt der Sterblichen und der Welt der Unsterblichen,<br />

denn archaische Statuen stellen weder Menschen noch Götter dar.<br />

Der nackte Jüngling steht, wie alle archaischen Kourosstatuen, starr und<br />

unbewegt da; auch wenn das eine Bein vorgesetzt ist, behält der Körper<br />

eine exakte Axialsymmetrie in einer strengen Frontalität. Auffallend<br />

stilisiert sind einzelne Partien des Körpers. <strong>Die</strong> Leistenwulste bilden<br />

einen spitzen Winkel, der Rippenkorb einen eigentümlichen Spitzbogen.<br />

Im Gesicht fallen die präzis umrissenen Augen und Nase auf, die Lippen<br />

sind zum «archaischen Lächeln» hochgezogen.<br />

<strong>Die</strong> archaisch-griechischen Bildhauer benutzten ein einfaches<br />

Rastersystem, mit dem sie alle Höhen, Breiten und Tiefen der Statue<br />

festlegten. (Vorbild: ägyptischen Figurenkanon leicht modifiziert)<br />

In diesem Rastersystem war auch das Verhältnis der Kopfhöhe zur<br />

Gesamthöhe des Körpers entscheidend In der frühgriechischen Zeit sind<br />

Körpergrößen von 6, 6,5, 7 und 7,5 Anzahl Kopfhöhen belegt. <strong>Die</strong>se Kopfhöhen werden ihrerseits jeweils aus vier


Quadrateinheiten gebildet. Der Gesamtraster umfasst in seiner maximalen Höhe folglich 24 (6x4 Einheiten), 26<br />

(6,5x4), 28 (7x4) bzw. 30 (7,5x4) Einheiten. Im Laufe der archaischen Zeit setzte sich immer mehr das Rastersystem<br />

mit dreißig Einheiten und einem Kopf-Körperverhältnis von 7,5 durch. <strong>Die</strong>ses Verhältnis blieb dann über die<br />

ganze klassische Zeit hinaus bindend.<br />

Beim diesem Kouros sind wichtige Körperteile in ihrer Achsenlage exakt markiert sind; genau in der Körpermitte<br />

kommt der Gliedansatz zu liegen, während die Höhe der maximalen Hüftbreite, der Taille und der Brustmuskulatur<br />

auf den Oberkanten der 14, 18, bzw. 22 Quadrateinheit liegen.<br />

Der archaischen Körperkanon lässt keine Bewegungen des Körpers oder Verschiebungen der Einzelpartien zu<br />

Aus diesem Grund stehen die Kuroi, und auch die Koren, in relativ starrem Schema da.<br />

Der <strong>sogenannte</strong> «Kritios-Knabe» Kurz vor 480 v. Chr. (Athen) Original<br />

Das Thema der <strong>Skulptur</strong>, ein nackter stehender Knabe, steht noch vollkommen in der<br />

Tradition des sog. Kuros, doch die archaische Starrheit und die strenge Symmetrie<br />

sind bereits gelöst und entsprechen zum ersten Mal dem tatsächlichen<br />

Körperverhalten eines lebenden Menschen. Es wird hier deutlich zwischen einem<br />

Stand- und einem Spielbein unterschieden. <strong>Die</strong>ses Merkmal bleibt nicht nur auf die<br />

Beine beschränkt, es spiegelt sich auch im Hüftbereich wider. Der Kopf ist leicht<br />

nach rechts gewendet, nicht in „archaischen Frontalität“. Das Haar ist weiterhin mit<br />

dekorativen Mustern gegliedert. Deutlich wird ein zunehmendes Interesse für den<br />

menschlichen Körper erkennbar. Das naturgetreue Aussehen der Figur wurde durch<br />

ihre ursprüngliche Bemalung hervorgehoben; der Jüngling war, wie alle griechischen<br />

Statuen, einst komplett farbig gefasst. (ACHTUNG! Gilt für ALLE antiken <strong>Plastik</strong>en und<br />

Skulpuren!!!) <strong>Die</strong> Datierung des Werkes kann genau eingegrenzt werden: Das<br />

Standbild wurde auf der Akropolis von Athen im sog. Perserschutt gefunden. <strong>Die</strong><br />

Einnahme Athens durch die Perser geschah in den Jahren 480/79 v. Chr. Alle im<br />

«Perserschutt» ausgegrabenen Bildwerke müssen folglich vor 480 v. Chr. Da alle<br />

anderen Statuen noch eindeutig archaisch sind; er muss also nur wenige Jahre vor<br />

dem Persereinfall entstanden sein.<br />

Beim Jüngling dürfte es sich um einen Athleten gehandelt haben. <strong>Die</strong>se Deutung ist<br />

allerdings nicht schlüssig zu beweisen.<br />

Der <strong>sogenannte</strong> «Gott aus dem Meer»(Poseidon) Um 460 v. Chr. Original<br />

Er ist, zusammen mit weiteren griechischen Bronzeskulpturen, vermutlich in der frühen Römerzeit bei einem<br />

Schiffsuntergang auf den Grund gesunken. Dank dieses Unglücks blieben die kostbaren Bronzen vor grösseren<br />

Schäden bewahrt, so dass der Gott zusammen mit dem Wagenlenker aus Delphi und den beiden Kriegern aus<br />

Riace, zu den einzigen vier noch erhaltnen grossformatigen griechischen Bronzeoriginalen aus dem 5. Jh. v. Chr.<br />

gehört. Der bronzene Gott ist in seinen strengen und klaren Umrissen im Körper und vor allem im Gesicht eindeutig<br />

als ein Werk der frühen griechischen Klassik zu erkennen, und ist damit in die Zeitepoche des <strong>sogenannte</strong>n «Strengen<br />

Stils» (ca. 480–450 v. Chr.) zu datieren.<br />

Er steht in angespannter und gerade aufgerichteter Haltung da. <strong>Die</strong> Komposition ist, unter Beibehaltung strenger<br />

Axialsymmetrie, frontal in die Breite ausgerichtet. Das meiste Gewicht des K örpers lastet auf dem linken Bein, das<br />

nach vorne gestemmt ist, während das andere leicht entlastet ist, indem es nur mit dem Fussballen und Zehen den<br />

Boden berührt. Der Gott setzt zu einem Wurf an; der rechte Arm holt nach hinten aus, während der linke Arm,<br />

gleichsam das Wurfziel visierend, weit zur Seite bis in die Fingerspitzen ausgestreckt ist. <strong>Die</strong> Unterseite des rechten<br />

Armes ist nach oben gedreht; ganz deutlich erkennt man die angespannten Adern und Muskeln. <strong>Die</strong> Rechte umgreift<br />

das nicht mehr vorhandene Wurfgeschoss, wobei der abgespreizte Zeigefinger dieser Geste etwas Spielerisches<br />

verleiht.Der Kopf des Bronzegottes ist zu seiner Linken gewendet. <strong>Die</strong> ebenmässige Nase und das energische Kinn<br />

weisen in die Richtung, in die er werfen wird. Der kleine Mund ist eingerahmt von einem Vollbart aus langen dichten<br />

und strähnigen Haaren. Den Kopf umspannt ein kunstvoll geflochtener Zopf; unter ihm hängen dichte, kräftig<br />

abgehobene Stirnfransen herunter, während die restlichen Haare eng anliegen. <strong>Die</strong> Augen waren aus separat<br />

gearbeitetem Material eingesetzt und auf das unbestimmte Wurfziel gerichtet. Da er ein Gott ist, das geht eindeutig<br />

aus dem überlebensgrossem Format der Statue hervor. Als Bartträger kann er dabei nur Zeus oder Poseidon<br />

sein.Eindeutig lässt sich diese Streitfrage nicht entscheiden, da sich sowohl Blitzbündel (ein Attribut des den Himmel<br />

regierenden Zeus) als auch ein Dreizack (dasjenige des Meeresgottes Poseidon) ohne weiteres in seiner Rechten<br />

ergänzen liessen.


Der <strong>sogenannte</strong> «Wagenlenker von Delphi» 478/74 v. Chr. Original<br />

Der Wagenlenker steht mit angehobenen Unterarmen aufrecht, ja geradezu starr da. Er<br />

trägt einen langen Chiton, der bis auf die Füsse den gesamten Unterkörper verdeckt. .<br />

Damit sich der Stoff hinten nicht aufblähte, wurde er – wie man an unserer Statue gut<br />

erkennt – an den Schultern zusammengeschnürt. Der Kopf ist zur Rechten gewendet<br />

und wird von einer mit eingelegten Kupfer- und Silberstreifen verzierten Binde<br />

umspannt. In der erhaltenen linken Hand befanden sich bei der Auffindung noch Reste<br />

von drei bronzenen Zügeln, die zu den zwei rechten Gespannpferden gehörten. Der<br />

Text der Weihinschrift gibt folgenden Wortlaut wieder: «Polyzalos, siegreich mit<br />

seinen Pferden, hat mich geweiht, der Sohn des Deinomenes, dem du Erfolg<br />

gewähren mögest, verehrter Apollon». Da Polyzalos sich nur zwischen 478 und 467 v.<br />

Chr. «Herrscher von Gela» nennen konnte, die pythischen Spiele von Delphi nur alle vier<br />

Jahre wiederkehrten, und da bei den Spielen von 470 v. Chr. sein Bruder Hieron von<br />

Syrakus gewann, kommen für seinen Sieg im Wagenrennen allein die Jahre 478 und 474<br />

in Frage.<br />

Das Werk ist ein gutes Beispiel für den strengen Stil, für jene Kunstperiode zu Beginn der<br />

griechischen Klassik (ca. 490/80–460/50 v. Chr.), die sich in noch verhaltenen<br />

Bewegungskompositionen und mit einer strengen Formauffassung artikuliert. In<br />

der Tat erinnert der eiförmige Kopf noch an archaische Statuen und auch der<br />

Körperaufbau wirkt im Vergleich mit reiferen Statuen relativ statisch. Das lange Gewand,<br />

das der Körper vollumfänglich verbirgt, mutet in seinem kompakten Gesamteindruck und<br />

in seiner Starrheit gar wie eine Säule an.<br />

AUFGABE: Recherchiert nach den anderen genannten <strong>Skulptur</strong>en (Krieger aus Riace)<br />

Der <strong>sogenannte</strong> «Doryphoros des Polyklet» um 440 v. Chr. Nicht im Original erhalten!!!<br />

Der in Athen wirkende Bildhauer Polyket war neben Phidias der bedeutendste Bildhauer der griechischen Klassik.<br />

Er wirkte zwischen 450 und 420 v. Chr. und schuf wohl über 30 Bronzestatuen, meistens von nackten Jünglingen<br />

und Heroen. Keines seiner Werke hat im Original überlebt; von den wichtigsten Werken wurden in römischer Zeit<br />

aber unzählige Marmorkopien hergestellt.<br />

Plinius der Ältere aus dem 1. Jh. n. Chr. erzählt. «Polyklet ... schuf ... einen<br />

speertragenden mannhaften Knaben (doryphorus). Auch verfertigte er eine<br />

Statue, welche die Künstler als Kanon bezeichnen; und aus diesem Kanon<br />

leiten sie die Grundregeln der Kunst wie aus einer Art Gesetz ab. ... Eine<br />

Besonderheit von ihm ist die Erfindung, Statuen auf einem Bein stehen zu<br />

lassen...»<br />

«Kanon» ist der programmatische Titel einer Theorieschrift des<br />

Bildhauers.<br />

Tatsächlich sind die Statuen Polyklets, und allen voran der Doryphoros, nach<br />

präzisen Proportionsvorgaben strukturiert. Ausserdem ist allen die<br />

Ausgewogenheit der Komposition gemein. Bei allen polykletischen Werken<br />

ist der klassische Kontrapost, d. h. die Unterscheidung eines Spiel- und<br />

eines Standbeines, stark ausgeprägt. Das Gewicht des ganzen Körpers ist auf<br />

das rechte (Stand)bein verlagert, während das linke (Spiel)Bein entlastet ist<br />

und dessen Fuss nach hinten versetzt ist. Der sich dadurch ergebende<br />

Gegensatz von Ruhe und Bewegung, Spannung und Entspannung sowie<br />

Hebung und Senkung erfasst sämtliche Teile des Körpers. <strong>Die</strong> Schräglage<br />

des Beckens wird durch die Entgegenneigung der Schultern ausgeglichen;<br />

folglich umschreibt der Rumpf einen bogenförmigen Schwung, der besonders gut in der tief eingefurchten<br />

Wirbelsäule am Rücken ersichtlich wird. Das Knochengerüst ist unter der glatt gespannten Haut gut sichtbar<br />

und am Kopf tritt das haubenartig eng anliegende Haar kaum in Erscheinung, umso mehr die solide Schädelform.<br />

Auffällig sind auch die Enden der Rippenknochen, die zusammen den eigentümlichen Bogen ergeben, sowie die<br />

prägnant abgesetzte Leistenlinie, die wie ein Gelenk zwischen Unter- und Oberkörper vermittelt. Polyklet ging es<br />

bei der Gestaltung seiner Statuen darum, den inneren Aufbau eines menschlichen Körpers und das<br />

zugrundeliegende Knochengerüst auch von Aussen her sichtbar zu machen und damit die Einzelteile auch in ihrer<br />

organischen Funktionalität verständlich zu machen.<br />

<strong>Die</strong> Breite der Schultern (von Gelenk zum Gelenk gemessen) beträgt beispielsweise 1/5, die Taille 1/6, die Hüfte<br />

nochmals 1/5 der Körperlänge. <strong>Die</strong> Höhe des Kopfes macht 2/15, die Höhe des Gesichts 1/10, dessen Teilpartien<br />

(Mundpartie, Nase, Stirn) jeder genau ein Drittel des Gesichtes aus, also jeweils 1/30, usw. Jede Strecke des Körpers


verhält sich somit in einem präzisen Verhätnis zur Gesamthöhe des Körpers. Hier wird klar, dass Polyklet seine<br />

Statuen nicht nach lebendigem Modell formte, sondern eine höchst künstliche Idealgestalt nach festgelegten<br />

Masssystem schuf.<br />

Der <strong>sogenannte</strong> «Der Schaber des Lysipp» um 320 v. Chr. Nicht im Original erhalten<br />

<strong>Die</strong> sportliche Tätigkeit spielte bei den Griechen eine zentrale Rolle, sowohl im täglichen wie auch im<br />

kulturellen Leben. <strong>Die</strong> Ertüchtigung des eigenen Körpers durch Sport und Jagd zählte zu<br />

den Hauptbeschäftigungen eines Jünglings adliger Familien. <strong>Die</strong> freien Bürger der<br />

griechischen Stadtstaaten mussten einerseits in der Lage sein, ihre Gemeinschaft vor<br />

allfälligen Feinden zu verteidigen, andererseits gehörte das gute Aussehen zu den<br />

Wesensmerkmalen einer moralischen Vollkommenheit. Der adlige Jüngling musste<br />

deswegen «kalos kai agathos» («schön und gut») sein, um seinen privilegierten Status<br />

zur Schau zu tragen. Aus diesem Grund sind die Athleten oft ein weit verbreitetes Thema<br />

in der griechischen Kunst. Der nackte männliche Körper erlaubte zudem den Künstlern<br />

ihre Fähigkeiten in der Nachahmung, ja Übertreffung der Natur unter Beweis zu stellen<br />

und so das Bild des idealen griechischen Mannes zu festigen.<br />

Lysipp aus Sykion ist einer der berühmtesten Bildhauer (Hofbildhauer Alexanders<br />

d.Gr) Griechenlands. Der nackte Mann reinigt sich mit seinem Schaber (griechisch<br />

apoxyomenos)vom Öl, Schweiss und Sand. Durch die horizontal nach vorne<br />

ausgestreckten Arme und den in eine unbestimmte Ferne blickenden Kopf wird der<br />

Raum vor der Figur in einem früher nicht bekannten Ausmass einbezogen. Das zur<br />

Seite weit ausgreifende Spielbein gibt dem Stand eine schwebende Leichtigkeit und<br />

dem Körperaufbau eine eigenwillige Dynamik. Im Vergleich zum schlanken Körperbau<br />

des Athleten wirkt der Kopf auffällig klein. Alle diese stilistischen und<br />

kompositorischen Merkmale sind typisch für das bildhauerische Oeuvre des Lysipp.<br />

<strong>Die</strong> Statue war in der <strong>Antike</strong> bekannt. <strong>Die</strong> Römer waren von der hervorragenden<br />

Qualität des lysippischen Werkes beeindruckt. Agrippa liess die Originalstatue nach Rom<br />

überführen, um die Thermen auf dem Marsfeld zu schmücken. Tiberius war von diesem<br />

Meisterwerk derart begeistert, dass er ihn in den kaiserlichen Palast brachte. Das römische Volk verlangte aber im<br />

Theater «mit Geschrei» seine Rückgabe, wodurch deutlich wird, dass dieses Standbild für die Römer viel mehr war als<br />

nur ein Kunstwerk. Das bronzene Original ging vermutlich 80 n. Chr. verloren, als ein Brand den Grossteil des<br />

Marsfeldes zerstörte.<br />

<strong>Die</strong> <strong>sogenannte</strong> «Aphrodite von Knidos» Praxiteles um 340 v. Chr. Kein Original<br />

Ihr Ruhm beruhte zweifellos vor allem auf der Tatsache, dass sie die<br />

erste Statue war, die einen weiblichen Körper in völliger<br />

Nacktheit zeigte.<br />

Aphrodite steht im klassischen Kontrapost nackt und mit nach<br />

rechts gewendetem Kopf da. Typisch für Praxiteles ist die<br />

schwungvolle Kontur des Körpers in der Vorderansicht. Während<br />

der rechte Arm vor dem Bauch herabhängt und die Hand wie<br />

unwillkürlich die Scham bedeckt, hält die linke Hand noch das<br />

Gewand, den die Göttin eben abgestreift hatte und den sie auf den<br />

Krug am Boden neben ihr herabgleiten lässt. <strong>Die</strong> Göttin hat sich<br />

ausgezogen, um ein Bad zu nehmen,die Nacktheit entspringt also<br />

nicht einer vordergründigen «Zurschaustellung» sondern wird<br />

durch die Handlung in natürlicher Weise begründet. <strong>Die</strong>ser<br />

motivische Sachverhalt ist typisch für die Zeit des Praxiteles. <strong>Die</strong><br />

Standbilder des 4. Jhs. v. Chr. zeigen nämlich die Götter auch sonst<br />

vorzugsweise bei profanen, alltäglichen Handlungen – dies ganz im Gegensatz zur Kunst des 5. Jhs., in der die<br />

Götter wie unnahbar und durch nichts abgelenkt erscheinen. <strong>Die</strong> praxitelische Aphrodite ist der Blicke der<br />

Betrachter nicht gewärtig; Im Gegenteil, die Zuschauer kommen in die Rolle eines unbemerkten Beobachters.<br />

Genau dieses «voyeuristische» Gefühl war für die Kunstbetrachter im damaligen Griechenland eine neue<br />

Erfahrung, Angeblich soll eine Geliebte, die berühmte Kurtisane namens Phryne, porträtiert haben Das Heiligtum<br />

Knidos und avancierte zu einer «touristischen Attraktion». Aufgestellt war das Werk in der Mitte eines Rundbaus,<br />

in dem dank einer rückwärtigen Tür auch von hinten zu bewundern war.<br />

Hinsichtlich Proportionierung fallen die relativ breite Hüfte und der schmale Brustkorb auf. Auch der Busen ist im<br />

Vergleich zum Körper eher klein. <strong>Die</strong>s ist auf das Proportionierungssystem zurückzuführen: danach sind alle<br />

Breiten, Höhen und Tiefen sämtlicher Körperpartien genau festgelegt, indem sie sich alle von der absoluten<br />

Körpergrösse ableiten. <strong>Die</strong>ses System wurde bereits im 5. Jh. perfektioniert, und blieb auch in der Spätklassik


massgebend. So sind beispielsweise die Breite der Hüften und der Schulterabstand (von Gelenk zu Gelenk<br />

gemessen) stets ein Fünftel der Körperhöhe, die Taille ein Sechstel der Körpergrösse – bei allen Statuen. Um bei<br />

gleich bleibenden Verhältnissen dennoch geschlechtsspezifische Unterschiede berücksichtigen zu können konnten<br />

die Bildhauer bestimmte Strecken des Körpers auch mal von einer gegenüber der Körpergrösse kleineren Skala<br />

ableiten, die sich von der ponderierten (sprich «gestauchten») Grösse der Spielbeinseite ableitet: So beträgt die<br />

Hüfte der Knidia einen Fünftel der oberen Skala, während sich die Breitenmasse der Taille und der Schultern<br />

von der unteren Skala ableiten. Allein aufgrund dieses Entwurfssystems wird klar, dass Praxiteles hier keineswegs<br />

ein lebendes Modell nachmodelliert hat.<br />

<strong>Die</strong> <strong>sogenannte</strong> «Nike von Samothrake»um 190 v. Chr., Insel Samothrake,<br />

Original<br />

Nike ist das griechische Wort für «Sieg» Mit dem Beginn des Hellenismus und dem<br />

Konkurrenzkampf der Nachfolger Alexanders d. Gr. erhält die Nike eine noch<br />

größere Bedeutung. <strong>Die</strong> Fähigkeit, eines Herrschers militärische<br />

Auseinandersetzungen zu seinen Gunsten zu entscheiden und so Nike für sich zu<br />

gewinnen, war ein wesentlicher Aspekt des hellenistischen Herrscherideals. Es ist<br />

eindeutig, daß die Nike von Samothrake an eine gewonnene Seeschlacht erinnern<br />

soll da die im Anflug dargestellte Siegesgöttin auf einem Schiffsbug (griech.<br />

prora) stand. <strong>Die</strong> prora war in einem Wasserbecken plaziert, in dessen vorderem<br />

Teil sich das eingeleitete Wasser an Felsblöcken brach. <strong>Die</strong>ses Wasserspiel gab so<br />

eine künstlich-natürliche Kulisse ab. Meisterhaft dargestellt ist der kraftvolle<br />

Balanceakt der Göttin gegen den Luftwiederstand. Mit dem weit ausgreifendem<br />

rechten Bein stemmt sie sich gegen das Bootsdeck und sucht zugleich mit dem<br />

zurückgesetzten linken Fuß das Gleichgewicht. <strong>Die</strong>se Instabilität wird durch die<br />

versetzt aufeinander aufbauenden Körperachsen sowie durch die<br />

ausgebreiteten mächtigen Schwingen verstärkt. Der dünne nasse Chiton klebt am<br />

Körper, eine Spange hat sich gelöst und er ist bis auf den Ansatz der Brust hinabgeglitten. Das große Manteltuch ist<br />

um die rechte Hüfte geschlungen und bildet im Gegensatz zur Transparenz des Chitons Stoffmassen, die sich sperrig<br />

um den Unterkörper bauschen. Der verlorene rechte Arm wird eine Siegerbinde gehalten haben. <strong>Die</strong> dynamisch<br />

gegeneinander gesetzten Körperachsen sowie die «barocke» Gewandgestaltung sind Charakteristika, die<br />

bezeichnend für die <strong>Plastik</strong> des Hochhellenismus sind.<br />

<strong>Die</strong> <strong>sogenannte</strong> «Laokoon-Gruppe» Um 50 n. Chr.<br />

Als die Gruppe am 14. Januar 1506 am Hang des Esquilin in Rom gefunden wurde, war dem herbeigezogenen<br />

Architekten Giuliano da Sangallo und dem Maler und Bildhauer Michelangelo Buonarroti sofort klar, dass es sich um<br />

die schon in antiken Schriftquellen hoch gerühmte Laokoon-Gruppe handelte und dass folglich eine der<br />

bedeutendsten <strong>Skulptur</strong>en der <strong>Antike</strong> überhaupt entdeckt worden war.<br />

Laokoon, ein Poseidon-Priester aus der Stadt Troja, hatte den Zorn der Göttin Athena beschworen, weil er versucht<br />

hatte, seine Mitbürger zu warnen. Athena sandte zwei Schlangen aus dem Meer, die Laokoon und seine beiden Söhne<br />

überfielen. <strong>Die</strong> Gruppe zeigt diese göttliche Bestrafung am Höhepunkt der Spannung: Vor einem Altar wird der<br />

kräftige Priester – durch seinen Bart als älterer Mann gekennzeichnet – tödlich von einer der beiden Schlangen<br />

gebissen. Der geöffnete Mund und das ausdrucksvolle Gesicht, die krampfhafte Bewegung des sich ein letztes<br />

mal wehrenden Körpers, drücken wirkungsvoll das Leid dieses Menschen aus. Der jüngere Sohn links von ihm<br />

teilt sein Schicksal.<br />

<strong>Die</strong> pyramidal komponierte Gruppe ist stark in die Fläche gezogen und ausschliesslich für eine Ansicht von<br />

Vorne bestimmt. Wahrscheinlich war sie, wie heute im Belvedere des Vatikans, in einer Nische aufgestellt.<br />

Alle Texte gekürzt und modifiziert, Quelle: <strong>Skulptur</strong>enhalle Basel: http://www.skulpturhalle.ch/

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