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Industriedenkmalpflege in Deutschland. "Die ... - DenkmalDebatten

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Axel Föhl: <strong>Industriedenkmalpflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. "<strong>Die</strong> verspätete Nation"<br />

aus: Bauten der Industrie und Technik. Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz Bd. 47. Berl<strong>in</strong> 2000, S. 28–38<br />

frühen 19. Jahrhunderts, stellen ke<strong>in</strong>e technik-, wirtschafts- oder sozialgeschichtlichen<br />

Fragen, sondern betrachten ihre Objekte re<strong>in</strong> Stil- und bauentwicklungsgeschichtlich. Auffäl-<br />

lig ist auch, daß die eher gewerblichen denn <strong>in</strong>dustriellen Objekte stets <strong>in</strong> landschaftlich-<br />

naturräumlichen Zusammenhängen gesehen s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong> Zusammenhang, der weniger funktio-<br />

nal als stimmungsmäßig-romantisierend behandelt wird. <strong>Die</strong>s ist möglicherweise e<strong>in</strong> weite-<br />

res Indiz für e<strong>in</strong>e unbewußte Abkehr von der <strong>in</strong>ternational-<strong>in</strong>dustriellen Welt. So ist die<br />

Betrachtungsweise dessen, was man zwischen 1910 und 1939 für denkmalwert hält, entwe-<br />

der re<strong>in</strong> technikgeschichtlich bed<strong>in</strong>gt mit der Tendenz, die Objekte <strong>in</strong> fortschreitende und<br />

damit "fortschrittliche" Entwicklungsreihen zu br<strong>in</strong>gen, oder sie zehrt von e<strong>in</strong>er nostalgisch<br />

bee<strong>in</strong>flussten, die Bauten als Teile der pastoralen Szene wertenden Wehmut, wenn man es<br />

überspitzt ausdrücken will. Deutlich wird auf jeden Fall, daß von der Möglichkeit, die Bauten<br />

und Anlagen als Geschichtsdokumente im umfassenden S<strong>in</strong>ne zu sehen, ke<strong>in</strong> Gebrauch ge-<br />

macht wurde. <strong>Die</strong>s erstaunt umso mehr, als Voraussetzungen dazu <strong>in</strong> den meisten gesetzli-<br />

chen Regelungen der Zeit durchaus gegeben waren. <strong>Die</strong> Weimarer Verfassung von 1919<br />

spricht zum Beispiel von "Denkmälern der Kunst, Geschichte und Natur". <strong>Die</strong> damit zwangs-<br />

läufig <strong>in</strong> den Vordergrund rückende Wertung der Denkmale nach kunstgeschichtlichen Krite-<br />

rien verh<strong>in</strong>derte wirksam die Beschäftigung mit Objekten, die – der damaligen Auffassung<br />

entsprechend – "stillosen" Zeiten entstammten, die nach herrschender Anschauung spätes-<br />

tens <strong>in</strong> der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen. <strong>Die</strong> Techniker, die von solch<br />

hemmenden Anschauungen noch am ehesten hätten frei se<strong>in</strong> können, erlahmen bald <strong>in</strong><br />

ihrem ursprünglichen Enthusiasmus. 1928 noch hatten das Deutsche Museum, der Deutsche<br />

Bund Heimatschutz und der Vere<strong>in</strong> Deutscher Ingenieure die "Deutsche Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

zur Erhaltung technischer Kulturdenkmäler" gegründet mit dem Ziel, für diese e<strong>in</strong>en "ähnli-<br />

chen" Schutz wie für Kunstdenkmale zu erreichen. Alle Beteiligten nennen <strong>in</strong> Beispiellisten<br />

die Objekte, die sie dabei im S<strong>in</strong>ne haben: Wasserräder, W<strong>in</strong>dmühlen, We<strong>in</strong>pressen, Web-<br />

stuben. Denkt man an den achtzehn Jahre älteren Ansatz des Rhe<strong>in</strong>ischen Vere<strong>in</strong>s, verblüfft<br />

die Flucht <strong>in</strong> die vor<strong>in</strong>dustrielle Idylle. Man muß sich allerd<strong>in</strong>gs klarmachen, daß auf diese<br />

Weise Interessenkonflikten mit der Industrie, die ja sowohl für das Deutsche Museum als<br />

auch für den VDI e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle spielte, aus dem Wege gegangen werden konnte.<br />

<strong>Die</strong> lauschigen Kle<strong>in</strong>anlagen der Handwerkszeit ließen sich, was die Last ihrer Unterhaltung<br />

betraf, an die öffentliche Hand "loswerden". Man dachte an "Patenschaften" mit Stadtver-<br />

waltungen. Beim Deutschen Museum sollte e<strong>in</strong> "Führer durch die technischen Kulturdenk-<br />

mäler <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>" ersche<strong>in</strong>en. Aber die Aktivitäten des Deutschen Museums ließen<br />

nach. Der Deutsche Bund Heimatschutz übernahm die <strong>in</strong> München aufgelaufenen Bestände<br />

und startete e<strong>in</strong>e umfängliche Fragebogenaktion, an der auch die Landesdenkmalämter<br />

beteiligt wurden. In e<strong>in</strong>em Schreiben, das daraufh<strong>in</strong> das Württembergische Amt für Denk-<br />

malpflege im Jahr 1931 an Partner im Lande verschickte, war ausdrücklich die Aufforderung<br />

enthalten: "Nur altertümliche Anlagen sollen genannt werden." Immerh<strong>in</strong> fragt man nach<br />

Dampfmasch<strong>in</strong>en, "soweit diese Masch<strong>in</strong>en Anfangsglieder wichtiger technischer Entwick-<br />

lungsreihen s<strong>in</strong>d". Greifbarstes Resultat ist das 1932 von Conrad Matschoß, Direktor des<br />

VDI, und Werner L<strong>in</strong>dner, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Bundes<br />

Heimatschutz, herausgegebene Buch "Technische Kulturdenkmale". Es wurde gefördert von<br />

der 1926 gegründeten Agricola-Gesellschaft, die damit nach dem Repr<strong>in</strong>t von Agricolas "De<br />

re metallica Libri XII" ihre zweite technikgeschichtliche Publikation unterstützte. Mit L<strong>in</strong>dner<br />

<strong>DenkmalDebatten</strong> – Was ist e<strong>in</strong> Denkmal? Und wie geht man mit ihm um?<br />

Grundlagentexte auf www.denkmaldebatten.denkmalschutz.de<br />

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