Industriedenkmalpflege in Deutschland. "Die ... - DenkmalDebatten
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Axel Föhl: <strong>Industriedenkmalpflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. "<strong>Die</strong> verspätete Nation"<br />
aus: Bauten der Industrie und Technik. Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz Bd. 47. Berl<strong>in</strong> 2000, S. 28–38<br />
gleichen Jahr von der Landesregierung Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen verabschiedete "Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen-Programm 1975" bot ihm den Rahmen zur fälligen Revision denkmalpflegerischer<br />
Tätigkeit im hoch<strong>in</strong>dustrialisierten Rhe<strong>in</strong>land: "In Zukunft", so lautet die e<strong>in</strong>schlägige Passa-<br />
ge des Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen-Programms, "wird die Landesregierung verstärkt die Erhaltung<br />
wertvoller Bauwerke sichern, die für die technische und wirtschaftliche Entwicklung des<br />
Landes charakteristisch s<strong>in</strong>d." In der nun folgenden Def<strong>in</strong>ition von Objekten, die damit ge-<br />
me<strong>in</strong>t se<strong>in</strong> sollten, wird entschieden der Schritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zeitgemäße Pflege technisch-<br />
<strong>in</strong>dustrieller Denkmale getan: "Dazu gehören unter anderem Fördertürme, Masch<strong>in</strong>enhallen,<br />
Schleusen und Schachtgebäude". E<strong>in</strong>e Beispielliste macht unmißverständlich deutlich, daß<br />
der Aufgabenbereich der Denkmalpflege endgültig über die W<strong>in</strong>d- und Wassermühlen, Web-<br />
stuben und We<strong>in</strong>torkel h<strong>in</strong>ausgewachsen ist. E<strong>in</strong> Erlaß des Kultusm<strong>in</strong>isteriums setzt die In-<br />
tention des NRW-Programms 1975 um: <strong>Die</strong> Landeskonservatoren sollten die technischen<br />
Denkmale dokumentieren und sichern. 1971 werden die ersten beiden Folgen der damit<br />
vom Rhe<strong>in</strong>ischen Amt neu begründeten Reihe der "Arbeitshefte des Landeskonservators<br />
Rhe<strong>in</strong>land" vorgelegt: "Technische Kulturdenkmäler. Arbeitersiedlungen 1" und "Dokumen-<br />
tation technischer Denkmäler. Denkmäler der Stolberger Mess<strong>in</strong>g<strong>in</strong>dustrie". Zweierlei ist<br />
bemerkenswert. E<strong>in</strong>mal sucht das Denkmalamt mit den "Arbeitsheften" neue, schnellere<br />
und erschw<strong>in</strong>glichere Wege <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e breite Öffentlichkeit, als dies mit den le<strong>in</strong>engebundenen<br />
Kunstdruck-Bänden bisheriger Denkmalpublikationen der Fall war. Zum anderen vollzieht<br />
die Rhe<strong>in</strong>ische Denkmalpflege schon bei der zweiten Veröffentlichung den emanzipativen<br />
und objektivierenden Schritt weg vom Begriff des "technischen Kulturdenkmals", dem doch<br />
allzusehr die Reste des Anerkennungsstrebens der Ingenieure und Techniker der Jahrhun-<br />
dertwende angehaftet hatten. "Technische Denkmäler" war nun der Begriff für viele weitere<br />
Publikationen, bis 1976 zur Vere<strong>in</strong>heitlichung der Term<strong>in</strong>ologie <strong>in</strong> der Publikation "Techni-<br />
sche Denkmale im Rhe<strong>in</strong>land" die "Denkmäler" von den "Denkmalen" (wie es zuvor konse-<br />
quenterweise schon im DDR-Sprachgebrauch gehandhabt wurde) abgelöst wurden. Zur<br />
noch genaueren Def<strong>in</strong>ition des Arbeitsfeldes lautet seit den 1980er Jahren der Begriff<br />
"Denkmale der Technik und Industrie".<br />
Organisatorisch trugen als erste das westfälische und das rhe<strong>in</strong>ische Denkmalamt den neu-<br />
en Anforderungen Rechnung. Ende 1973 wurden <strong>in</strong> Münster, Mitte 1974 <strong>in</strong> Bonn die ersten<br />
beiden Referenten für <strong>Industriedenkmalpflege</strong> e<strong>in</strong>gestellt. <strong>Die</strong> Vorreiterrolle dieses Bundes-<br />
landes blieb seitdem ungebrochen. Im Jahre 1994 arbeiten <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen fünf In-<br />
dustriedenkmalpfleger, <strong>in</strong> allen alten Bundesländern zusammen s<strong>in</strong>d es lediglich sieben, <strong>in</strong><br />
den östlichen Ländern derzeit vier, <strong>in</strong>sgesamt also nur elf ausschließlich mit Aufgaben der<br />
Technik- und <strong>Industriedenkmalpflege</strong> betraute Mitarbeitern. Glücklicherweise bedeutet dies<br />
nicht, daß <strong>in</strong> den übrigen Ländern die Arbeit auf diesem Sektor brachliegt: Inventarisatoren<br />
wie Bezirksreferenten beziehen heute selbstverständlich, wenn auch nicht mit den nötigen<br />
Kapazitäten an Zeit und Mitarbeitern, Technik- und Industriedenkmale <strong>in</strong> ihre Tätigkeit e<strong>in</strong>.<br />
Seit den Tagen des NRW-Programms, der Zollern-II-Debatte und dem 12. Deutschen<br />
Kunsthistorikertag 1970 <strong>in</strong> Köln ist aber klar, daß die künstlerische Bedeutung historischer<br />
Objekte als alle<strong>in</strong>iges Kriterium für die Erhaltung von Bauwerken nicht mehr ausreicht. Zur<br />
Kunstgeschichte und -wissenschaft ist als Referenzlehre die Geschichtswissenschaft allge-<br />
me<strong>in</strong>, für die Industrie- und Technikdenkmale die Technik-, Wirtschafts- und Sozialge-<br />
<strong>DenkmalDebatten</strong> – Was ist e<strong>in</strong> Denkmal? Und wie geht man mit ihm um?<br />
Grundlagentexte auf www.denkmaldebatten.denkmalschutz.de<br />
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