Die lumbale Spinalkanalstenose
Die lumbale Spinalkanalstenose
Die lumbale Spinalkanalstenose
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<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
R. Kothe 1 , C. Ulrich 2 , L. Papavero 3<br />
1 Interdisziplinäres Wirbelsäulenzentrum Klinikum Dortmund<br />
2 Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Klinik am Eichert, Göppingen<br />
3 Zentrum für Spinale Chirurgie, Klinikum Eilbek, Hamburg<br />
<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong> ist keine Erkrankung im<br />
engeren Sinne, sondern die Folge degenerativer Verände−<br />
rungen des Bewegungssegments, also der Bandscheibe,<br />
des gelben Bandes und der Gelenkfacetten. In der immer<br />
älter werdenden Gesellschaft bedürfen sowohl die damit<br />
verbundenen unspezifischen Rückenschmerzen als auch<br />
die typischen Beschwerden vonseiten der Einengung der<br />
Cauda equina mehr und mehr der Behandlung, auch um<br />
die Selbständigkeit des Patienten so lange wie möglich<br />
zu erhalten.<br />
<strong>Die</strong> Anamnese ist meistens zielführend, während der neu−<br />
rologische Befund häufig unspezifisch ist. <strong>Die</strong> bildgebende<br />
Diagnostik beinhaltet Röntgen−Nativ Bilder und MRT.<br />
<strong>Die</strong> konservative Therapie hat zu Beginn der Symptomatik<br />
zumeist ihre Berechtigung. Bei neurologischen Störungen<br />
und/oder therapieresistenten Schmerzen hat sich die ope−<br />
Einleitung<br />
Ätiologie und Pathogenese<br />
<strong>Die</strong> altersbedingte Dehydratation des Gallertkernes<br />
geht mit einem Höhenverlust der Bandscheibe und<br />
einem Elastizitätsverlust des Faserringes einher, wes−<br />
wegen sich dieser in den Spinalkanal vorwölbt (Abb. 1).<br />
<strong>Die</strong> zeitgleiche Verschmälerung des Bandscheiben−<br />
faches bewirkt eine Erschlaffung des gelben Bandes.<br />
<strong>Die</strong>ses verändert sich auch in seiner Zusammenset−<br />
zung: Als Folge der fehlenden Vorspannung werden<br />
Elastinfasern zunehmend durch unelastische Kollagen−<br />
fasern mit größerem Volumen ersetzt. <strong>Die</strong>ser Prozess,<br />
oft ungenau als ¹Hypertrophie“ des gelben Bandes be−<br />
schrieben, bewirkt eine dorsolaterale Einengung des<br />
Spinalkanals. Da 80% der biomechanischen Belastung<br />
der LWS von der vorderen Säule getragen werden, be−<br />
deutet die Degeneration der Bandscheibe auch eine<br />
Umverteilung der Last auf die hintere Säule, also auf die<br />
Gelenkfacetten. <strong>Die</strong>se vergrößern sich und degenerie−<br />
ren schneller: Ergüsse im Gelenkspalt und Synovial−<br />
zysten sind das morphologische Korrelat. Letztendlich<br />
entwickelt sich dadurch ebenfalls eine zusätzliche<br />
<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
rative Dekompression jedoch als wirksamer erwiesen. In<br />
den USA ist die Dekompression der <strong>lumbale</strong>n Spinalkanal−<br />
stenose der häufigste Eingriff an der Lendenwirbelsäule bei<br />
Patienten, die älter als 65 Jahre sind. In unserer klinischen<br />
Arbeit hat sich das Verhältnis vom <strong>lumbale</strong>n Bandschei−<br />
beneingriff zur Dekompression der <strong>Spinalkanalstenose</strong> von<br />
3 : 1 im Jahre 1994 zu 1 : 3 im Jahre 2007 umgekehrt.<br />
<strong>Die</strong> mikrochirurgische Dekompression bewirkt in der<br />
Mehrzahl der Fälle eine unmittelbare Verlängerung der<br />
Gehstrecke und Rückbildung der Schmerzsymptomatik,<br />
selbst wenn die <strong>Spinalkanalstenose</strong> mit einer segmentalen<br />
Instabilität oder mit einer ¹De−novo−Skoliose“ einhergeht.<br />
<strong>Die</strong> niedrige Morbidität der weniger invasiven operativen<br />
Eingriffe stellt auch für den betagten Patienten eine zu−<br />
mutbare Belastung dar.<br />
Abkürzungen<br />
zSKS zentrale <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
WKS Wurzelkanalstenose<br />
PNP Polyneuropathie<br />
TLIF Transforaminal Lumbar Interbody Fusion<br />
ALIF Anterior Lumbar Interbody Fusion<br />
PLIF Posterior Lumbar Interbody Fusion<br />
dorsolaterale Einengung des Spinalkanals, die eine<br />
klinisch relevante Kompression der Kaudafasern ver−<br />
ursacht.<br />
Klassifikation<br />
<strong>Die</strong> seltene kongenitale Stenose zeichnet sich durch<br />
eine maximale Inzidenz im mittleren Lebensalter aus.<br />
Als Folge der Pedikelverkürzung imponiert im MRT ein<br />
gleichmäßig enger Spinalkanal. <strong>Die</strong> degenerative zent−<br />
rale <strong>Spinalkanalstenose</strong> (zSKS) tritt im 6. ±8. Lebensjahr−<br />
zehnt auf. Sie kann mono− oder multisegmental sein.<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316 êDOI 10.1055/s−2008−1077673<br />
301
a<br />
b<br />
Vorwölbung der Bandscheibe in den<br />
Spinalkanal<br />
Ventrale Einengung<br />
Spinalkanal<br />
Dehydrierung der Bandscheibe<br />
Faltung (buckling)<br />
des lig. flavum<br />
Kom pression der Kaudafasern<br />
Reduzierung der ZWR-Höhe<br />
Segm entinst abilität<br />
Hypert rophie der<br />
Gelenkfacetten ±<br />
Gelenkergüsse<br />
Dorsolaterale Einengung<br />
Spinalkanal<br />
Abb. 1 n Pathogenese der degenerativen <strong>Spinalkanalstenose</strong>. Schematische Darstellung<br />
(a) mit typischem Befund im MRT (b).<br />
302<br />
Wirbelsäule<br />
<strong>Die</strong> Assoziation mit einem degenerativen Wirbelgleiten<br />
oder mit einer De−novo−Skoliose ist möglich. Ist das<br />
Wirbelgleiten mobil, sind belastungsabhängige<br />
Rückenschmerzen ein Hinweis auf eine segmentale<br />
Instabilität. <strong>Die</strong> seltenere Wurzelkanalstenose (WKS)<br />
ist auf eine Einengung des Wurzelkanals, der dann die<br />
Form eines Alphornes hat, zurückzuführen. Ursachen<br />
können der einseitig betonte Höhenverlust der Band−<br />
scheibe oder ein Wirbelgleiten sein.<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
Diagnostik<br />
Klinik<br />
n Symptomatik<br />
<strong>Die</strong> klinische Symptomatik der degenerativen Spinal−<br />
kanalstenose erklärt sich aus den jeweils vorliegenden<br />
pathophysiologischen Veränderungen. Prinzipiell sollte<br />
zwischen der zSKS, der WKS sowie der degenerativen<br />
Instabilität unterschieden werden (Tab. 1). Da diese<br />
Veränderungen häufiger kombiniert vorkommen, be−<br />
schreiben viele Patienten ein Mischbild von verschie−<br />
denen Beschwerden.<br />
Das Leitsymptom der zSKS ist jedoch fast immer<br />
die Claudicatio spinalis. Es handelt sich dabei um eine<br />
Kraftlosigkeit der Beine bei Belastung im aufrechten<br />
Gang. Typisch ist die anteflektierte Haltung beim<br />
Gehen, die eher den Angehörigen als den Patienten auf−<br />
fällt. <strong>Die</strong> Anteflexion bedingt durch die segmentale Ky−<br />
phosierung eine Straffung des gelben Bandes und somit<br />
indirekt eine Erweiterung des Spinalkanals. Typisch<br />
sind auch der durch viele Pausen unterbrochene Weg zu<br />
dem Einkaufszentrum und die subjektive Entlastung<br />
beim Abstützen am Einkaufswagen.<br />
" Im Unterschied zur vaskulären Claudicatio intermit−<br />
tens können die Patienten mit spinaler Stenose nur kurze<br />
Strecken gehen, aber zumeist noch lange Strecken auf<br />
dem Fahrrad zurücklegen. <strong>Die</strong> Beinschmerzen bessern<br />
sich typischerweise nicht schon beim Stehenbleiben<br />
(¹Schaufensterkrankheit“), sondern erst im Sitzen und<br />
einer damit verbunden Entlordosierung der LWS.<br />
Symptome einer WKS sind der chronische radikuläre<br />
Schmerz, der sich langsam unter Belastung steigert, sich<br />
allerdings auch nur langsam unter Ruhe zurückbildet.<br />
Im Unterschied zum akuten radikulären Schmerz, wie<br />
er zum Beispiel typisch ist für den <strong>lumbale</strong>n Band−<br />
scheibenvorfall, zeichnet sich der Schmerz bei der WKS<br />
nicht durch die vernichtende Intensität aus, sondern<br />
durch einen parästhetischen Charakter und eine nicht<br />
so eindeutige dermatomerische Zuordnung.<br />
Das Leitsymptom der degenerativen Instabilität ist der<br />
belastungsabhängige Rückenschmerz. Insbesondere der<br />
Wechsel zwischen Liegen, Sitzen und Stehen wird als<br />
beeinträchtigend empfunden. Der Rückenschmerz<br />
spitzt sich gegen Ende des Tages zu.<br />
Problematisch in der klinischen Beurteilung sind die<br />
häufigen Komorbiditäten der zumeist älteren Patienten.<br />
So kann z.B. eine diabetogene Polyneuropathie (PNP)<br />
die Symptome einer Claudicatio spinalis durchaus<br />
überlagern. Oft sind weitere degenerative Veränderun−<br />
gen des Bewegungsapparates vorhanden, so dass etwa
Tabelle 1<br />
Klinisches Beschwerdebild in Abhängigkeit von den pathologischen Veränderungen.<br />
bei einer zusätzlich bestehenden Koxarthrose die<br />
Hauptbeschwerden auch arthrogen sein können.<br />
n Klinische Befunde<br />
<strong>Die</strong> klinische Befunderhebung ist insbesondere bei der<br />
zSKS eher unspezifisch (Tab. 1). Radikuläre Defizite<br />
sprechen fast immer für das Vorliegen einer WKS. Im<br />
Gegensatz zum Bandscheibenvorfall ist der Las›gue bei<br />
diesen Patienten meistens negativ. Ein segmentaler Fe−<br />
derungsschmerz spricht für eine symptomatische seg−<br />
mentale Instabilität. Viele Patienten haben zusätzlich<br />
eine unspezifische Schmerzsymptomatik in den Ilio−<br />
sakralgelenken, was eine relevante Stenose natürlich<br />
nicht ausschließt. Obwohl sich die Patienten bei der<br />
ärztlichen Untersuchung häufig schmerzfrei bewegen<br />
können, sollten die geschilderten Beschwerden deshalb<br />
nicht unterschätzt werden.<br />
" Bei der klinischen Beurteilung von Patienten mit<br />
degenerativer <strong>Spinalkanalstenose</strong> kommt der Anamnese<br />
die entscheidende Bedeutung zu.<br />
Bildgebende Verfahren<br />
Symptome Befunde Differenzialdiagnosen<br />
SKS Claudicatio spinalis:<br />
n Beinschmerzen beim Gehen<br />
n Müdigkeit und Taubheitsgefühl in den Beinen<br />
n Besserung beim Stehenbleiben mit Anteflexion<br />
n Diskrepanz Gehen/Fahrradfahren<br />
WKS überwiegend einseitiger radikulärer Schmerz<br />
begleitende belastungsinduzierte Rückenschmerzen<br />
Instabilität Rückenschmerzen<br />
häufig belastungsinduziert<br />
Besserung der Schmerzen mit Orthese<br />
Unter Berücksichtigung der üblicherweise betagten Pa−<br />
tienten sollte die bildgebende Diagnostik nichtinvasiv,<br />
aber maximal aussagefähig sein.<br />
Röntgen. Röntgenaufnahmen der LWS (a.±p. und seit−<br />
lich im Stand sowie Funktionsaufnahmen in Flexion/<br />
Extension) erlauben den Nachweis einer Deformität so−<br />
wie die Beurteilung einer segmentalen Instabilität. <strong>Die</strong><br />
<strong>Spinalkanalstenose</strong> selbst kann in konventionellen<br />
<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
meist unauffälliger Untersuchungsbefund<br />
Hypästhesien und Paresen (gelegentlich)<br />
Kaudasyndrom (selten)<br />
tastbare Fußpulse (DD)<br />
radikuläre Schmerzausstrahlung<br />
Zunahme bei Extension zur betroffenen Seite<br />
selten radikuläre Defizite<br />
Las›gue meist negativ<br />
schmerzhafte Bewegungseinschränkung<br />
segmentaler Federungsschmerz<br />
Nachweis einer Deformität<br />
(strukturell oder Schonhaltung)<br />
Röntgenaufnahmen, bis auf den Nachweis von sagitta−<br />
lisierten Gelenkfacetten in der a.±p. Aufnahme, nicht<br />
direkt erkannt werden.<br />
vaskuläre Claudicatio intermittens<br />
Polyneuropathie<br />
zervikale Myelopathie<br />
Bandscheibenvorfall<br />
Koxarthrose<br />
Iliosakralgelenkarthrose<br />
Facettengelenksyndrom<br />
Spondylodizitis<br />
Metastasen der Wirbelsäule<br />
osteoporotische Frakturen<br />
MRT. Im MRT (1,5 Tesla) sind Ausmaß der Einengung,<br />
Zahl der betroffenen Höhen sowie Synovialzysten er−<br />
kennbar (Abb. 2). Bei der Beurteilung der Einengung hat<br />
sich die Oberfläche des geringsten verbliebenen Quer−<br />
schnittes der Cauda equina (mCSA: minimal cross−<br />
sectional area) als wichtigste messbare Größe erwiesen.<br />
<strong>Die</strong> Oberfläche sollte in den axialen T1−gewichteten<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
Abb. 2 n<br />
Flüssigkeits−<br />
haltige Synovial−<br />
zyste, ausgehend<br />
vom Facetten−<br />
gelenk L4/5 links<br />
im MRT.<br />
303
Abb. 3 n Beurteilung der Stenose im MRT. a Hypertrophe Gelenkfacetten als Hinweis auf<br />
eine beginnende zSKS. <strong>Die</strong> Kaudafasern sind jedoch noch von Liquor umflossen. b <strong>Die</strong> Kauda−<br />
fasern bilden eine kompakte signalhomogene ¹Masse“ und können nicht mehr untereinander<br />
differenziert werden. c <strong>Die</strong> Kaudafasern wirken proximal der Stenose eindeutig elongiert,<br />
distal davon gespannt.<br />
304<br />
Wirbelsäule<br />
Bildern bestimmt werden. Sie zeigt eine sehr gute Kor−<br />
relation mit präoperativen Symptomen wie maximale<br />
Gehstrecke, Schmerzintensität und Lebensqualität<br />
(Ogikubo et al. 2007). Eine Flüssigkeitsansammlung in<br />
den Facettengelenken in den axialen T2−Bildern kann<br />
dagegen Ausdruck einer segmentalen Instabilität sein<br />
(Rhin et al. 2007; Abb. 3).<br />
Durch Hyperextension der LWS (durch Kissen unter<br />
dem Rücken) kann ein ¹Funktions−MRT“ auch in liegen−<br />
der Position durchgeführt werden (Madsen et al. 2008).<br />
<strong>Die</strong>s kann bei grenzwertiger zSKS mit dynamischer<br />
Komponente weiterführen.<br />
Das offene ¹Upright−MRT“ ermöglicht ebenfalls eine<br />
funktionelle Belastung der LWS, jedoch ist die Qualität<br />
der Aufnahmen (0,5 Tesla) deutlich geringer.<br />
CT. <strong>Die</strong> Computertomografie ist nur eine Alternative bei<br />
Kontraindikationen für die MRT. <strong>Die</strong> Schichten sollten<br />
immer von LWK1 bis SWK1 gefahren werden.<br />
Funktionsmyelografie. <strong>Die</strong> Funktionsmyelografie kommt<br />
nur noch bei speziellen Indikationen zur Anwendung.<br />
<strong>Die</strong>s kann zum Beispiel bei der Planung einer Operation,<br />
insbesondere wenn die MRT−Befunde grenzwertig sind,<br />
der Fall sein. <strong>Die</strong> Methode wird dann durch eine zu−<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
sätzliche Computertomografie noch aussagekräftiger<br />
(Myelo−CT), weil sie ein ergänzendes Querschnittbild<br />
liefert.<br />
<strong>Die</strong> degenerative Skoliose schränkt die Aussagefä−<br />
higkeit einer Schnittbildgebung, wie die MRT, erheblich<br />
ein. Liegt zusätzlich eine mono− oder multisegmentale<br />
Instabilität vor, kann nur die Funktionsmyelografie zu−<br />
verlässig die Einengung/en des Spinalkanals unter Be−<br />
lastung nachweisen.<br />
EMG. Das EMG ist bei der Diagnosestellung einer zSKS<br />
zumeist nicht richtunggebend. Allerdings erweist es<br />
sich als hilfreich, um differenzialdiagnostisch eine PNP<br />
abzuklären. Im Falle einer WKS können chronische<br />
neurogene Schädigungen nachgewiesen werden.<br />
Differenzialdiagnosen<br />
<strong>Die</strong> wichtigste Differenzialdiagnose der zSKS ist die<br />
vaskuläre Claudicatio intermittens. Eine genaue Be−<br />
schreibung des Beschwerdebildes ermöglicht meist<br />
schon die klinische Unterscheidung. Im Zweifelsfall ist<br />
eine zusätzliche vaskuläre Untersuchung unbedingt er−<br />
forderlich. Das Vorliegen einer differenzialdiagnostisch<br />
anderen Erkrankung (Tab. 1) schließt eine zusätzliche<br />
degenerative <strong>Spinalkanalstenose</strong> aber nicht aus. Um die<br />
Wertigkeit der einzelnen Erkrankungen für das Be−<br />
schwerdebild des betroffenen Patienten herauszufin−<br />
den, ist immer eine individuelle Beurteilung erforder−<br />
lich. So kann z.B. eine operative Therapie der SKS trotz<br />
gleichzeitig bestehender PNP eine wesentliche Be−<br />
schwerdelinderung erbringen. Wichtig ist in solchen<br />
Fällen die genaue Aufklärung der Patienten, um unrea−<br />
listische Erwartungen zu vermeiden.<br />
Therapie<br />
<strong>Die</strong> Entscheidung für eine operative oder konservative<br />
Behandlung bei Patienten mit degenerativer Spinal−<br />
kanalstenose galt lange Zeit als umstritten. Auch wenn<br />
die genaue Therapieempfehlung nach wie vor von einer<br />
individuellen Bewertung des betroffenen Patienten ab−<br />
hängig ist, haben in den letzten Jahren mehrere aus−<br />
sagekräftige Studien die Überlegenheit der operativen<br />
Behandlung nachgewiesen. So konnten kürzlich zwei<br />
prospektive Untersuchungen der Evidenzklasse I und II<br />
den Vorteil einer operativen Therapie im Vergleich<br />
zur konservativen Behandlung eindeutig nachweisen<br />
(Athiviraham et al. 2007, Malmivaara et al. 2007). <strong>Die</strong>s<br />
wird unterstützt durch die Ergebnisse des Spine Patient<br />
Outcomes Research Trial (SPORT) anhand eines großen<br />
Patientenkollektives aus den USA (Weinstein et al.<br />
2008).
Konservative Therapie<br />
Auch wenn sich die operative Behandlung der Spinal−<br />
kanalstenose bei richtiger Indikationsstellung als vor−<br />
teilhaft erwiesen hat, kann ein konservatives Vorgehen<br />
unter folgenden Umständen durchaus indiziert sein:<br />
n als Behandlungsoption während der ersten<br />
12 symptomatischen Wochen<br />
n bei den wenigen Patienten, die aufgrund ihrer<br />
Komorbidität ein sehr hohes anästhesiologisches/<br />
operatives Risiko aufweisen<br />
<strong>Die</strong> erste ± nichtinvasive ± Behandlungsstufe beinhaltet<br />
multimodale Therapieprogramme, in denen Physiothe−<br />
rapie, physikalische Schmerztherapie (Stromtherapie,<br />
Ultraschall, Wärme usw.), Bewegung und Verhaltens−<br />
training im Mittelpunkt stehen. <strong>Die</strong> Gabe von NSAR<br />
kann erwogen werden.<br />
Bei der zweiten ± minimalinvasiven ± Behandlungs−<br />
stufe wird eine verdünnte Lösung aus Fentanyl, Lokal−<br />
anästhetikum und kristallinem Kortikoid epidural<br />
appliziert, und zwar entweder als Einmalpunktion<br />
(SSPDA: single shot peridural anesthesia) oder als<br />
2 ± 3−tägiger Katheter. <strong>Die</strong>se Maßnahmen können in<br />
6 ± 8−wöchigem Abstand wiederholt und durch eine<br />
medikamentöse Schmerztherapie (NSAR, Opiate usw.)<br />
ergänzt werden.<br />
Im Falle von therapieresistenten Schmerzen und<br />
progredienter Verkürzung der Gehstrecke sollte, insbe−<br />
sondere bei einem entsprechenden Korrelat in der Bild−<br />
gebung, die Option der operativen Behandlung erwogen<br />
werden. Infolge des fortgeschrittenen Lebensalters und<br />
der eventuellen Komorbiditäten wird vielen Patienten<br />
die erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität un−<br />
nötigerweise als ¹schicksalhaft“ zugemutet.<br />
Tabelle 2<br />
Dekompressionstechniken der zSKS.<br />
Muskeltrauma Resektion von<br />
Dornfortsatz + Lig.<br />
interspinosum<br />
<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
Operative Therapie<br />
n Spinale Dekompression<br />
In Tab. 2 sind die gängigen Dekompressionstechniken<br />
der zSKS aufgeführt. Eine detaillierte Analyse der<br />
Methoden sprengt den Rahmen dieser Übersicht. Zu−<br />
sammenfassend kann festgehalten werden, dass der<br />
klinische Nutzen einer effektiven Dekompression der<br />
Neurostrukturen so wenig wie möglich durch eine<br />
Traumatisierung der paravertebralen Muskulatur<br />
(Denervierung und Hypotrophie) und Resektion der<br />
Gelenkfacetten (potenzielle Segmentinstabilität) rela−<br />
tiviert werden sollte. <strong>Die</strong> Umsetzung dieser Strategie<br />
führt zwangsläufig zum Einsatz des Mikroskopes. <strong>Die</strong><br />
Vorteile der hervorragenden Ausleuchtung und Ver−<br />
größerung des operativen Situs sowie des unbeein−<br />
trächtigten Einblickes durch Operateur und Assistent,<br />
auch bei einem einseitigen Zugang von ca. 3 cm, er−<br />
möglichen eine effektive bilaterale Dekompression mit<br />
nur minimalem biomechanischem Trauma. <strong>Die</strong> in der<br />
Literatur als ¹cross−over“ oder ¹over the top“ beschrie−<br />
bene mikrochirurgische Dekompression ist unseres<br />
Erachtens die erste Option in all den Fällen, in denen<br />
keine zusätzliche segmentale Instabilität behandelt<br />
werden muss (Abb. 4).<br />
Vorteile dieser Methode sind<br />
n kleines Operationstrauma, dadurch geringer<br />
Blutverlust,<br />
n weniger Narbenbildung,<br />
n Möglichkeit der frühzeitigen Mobilisation und<br />
Rehabilitation,<br />
n Erhalt der Stabilität im Bewegungssegment.<br />
Resektion der<br />
Wirbelbögen<br />
Teilresektion<br />
der Gelenke<br />
Instabilitäts−<br />
potenzial<br />
Laminektomie +++ +++ +++ ++ +++ ±<br />
Midline−Dekompression +++ ++ ++ ++ ++ ±<br />
bilaterale Foraminotomie +++ ± + ++ + ±/+<br />
Cross−over−Dekompression + + +/± + +/± +<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
Lupenbrille<br />
oder Mikroskop<br />
erforderlich<br />
305
OP−Schritte und Tricks<br />
306<br />
Schematische Darstellung der mikrochirurgischen Dekompression in ¹Cross−over“− oder ¹Over−the−top“−Technik (Abb. 4)<br />
Skizze ipsilateral<br />
Skizze kontralateral<br />
Wirbelsäule<br />
Mikroskop<br />
Mikroskop<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
Ipsilateral, intraoperativ MRT postoperativ<br />
Kontralateral, intraoperativ CT postoperativ
OP−Schritte und Tricks<br />
Spinale Dekompression<br />
n standardisierter Aufbau des OP−Tisches mit Mikroskop und<br />
Instrumententisch (Abb. 5)<br />
Bildschirm<br />
Instrumente<br />
OP-Schwester<br />
Chirurg<br />
n Bauchlagerung des Patienten mit Entlordosierung der LWS.<br />
Markierung des/der zu dekomprimierenden Segmente/s am<br />
Oberrand des Zwischenwirbelraumes, um einer kranialen<br />
Reststenose vorzubeugen<br />
n 3 cm lange Hautinzision, etwa 5 mm paramedian, um sämtliche<br />
Nähte nicht auf der Mittelinie zu legen. Unter Mikroskop oder<br />
makroskopisch teils stumpfe, teils scharfe subperiostale Präpa−<br />
ration der paravertebralen Muskulatur wie bei interlaminärem<br />
Zugang<br />
n Einsetzen eines Spekulum−Retraktors oder Äquivalent. Erneute<br />
Markierung des Oberrandes des Zwischenwirbelraumes unter<br />
Durchleuchtung<br />
n Kippung des OP−Tisches um ca. 108 weg von dem Operateur.<br />
Ausfräsen der Basis des kranialen Dornfortsatzes sowie des Un−<br />
terrandes der kranialen Hemilamina, bis auf der Mittellinie der<br />
Spalt zwischen beiden Ligg. flava erscheint<br />
n Resektion des ipsilateralen gelben Bandes nach lateral bis zum<br />
Rand des Duralsackes, nach kaudal bis zum Abgang der Wurzel<br />
und nach kranial bis wenige Millimeter oberhalb des Oberran−<br />
des des Zwischenwirbelraumes<br />
n Kippung des OP−Tisches um 308 weg vom Operateur. Resektion<br />
des tiefen Anteiles des Lig. interspinosum und des kontralate−<br />
ralen gelben Bandes wie ipsilateral. Nur selten ist ein zusätz−<br />
liches Anfräsen (Diamantfräse!) der medialen kontralateralen<br />
Gelenkfacette erforderlich<br />
n sorgfältige Blutstillung, epidural ggf. mit Kollagenschwämm−<br />
chen. Eine Drainage ist üblicherweise nicht erforderlich<br />
n schichtweiser Wundverschluss<br />
Assistenzarzt<br />
Mikroskop<br />
" Im Falle einer multisegmentalen Dekompression<br />
kann eine Wechselschnitttechnik angewendet werden.<br />
<strong>Die</strong> kleinen Zugänge bedeuten weniger postoperative<br />
Schmerzen und eine bessere Verteilung der iatrogenen<br />
Gelenkinstabilität. Bei fixierter Skoliose sollte immer nur<br />
das Gelenk der konvexen Seite des Scheitelpunktes an−<br />
gefräst werden (Abb. 6).<br />
<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
a<br />
<strong>Die</strong> mikrochirurgische Behandlung der WKS besteht<br />
meistens in der selektiven Erweiterung des Recessus<br />
lateralis über intraspinalem Zugang. Bei fixiertem Wir−<br />
belgleiten mit radikulärer Symptomatik im Vorder−<br />
grund kann eine MRT ± besonders eindrucksvoll sind<br />
sagittale und koronale Bilder ± die Stenose des Wurzel−<br />
kanals bestätigen. In diesem Fall ist die mikrochirurgi−<br />
sche Dekompression des Nervs über einen transmusku−<br />
lären extraforaminalen Zugang eine schonende,<br />
stabilitätserhaltende Option.<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
Abb. 6 n<br />
Dekompression<br />
einer 3−Höhen−<br />
Stenose im<br />
Wechselschnitt.<br />
a Narben 6 Wo−<br />
chen postopera−<br />
tiv, L2/3 und L4/5<br />
rechts und L3/4<br />
links. Prä− und<br />
postoperative CTs<br />
der Segmente<br />
L2/3 (b) und L3/4<br />
(c).<br />
307
308<br />
Wirbelsäule<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
Abb. 7 n Interkorporelle Fusion.<br />
a ALIF. 18 lytische Spondylolisthesis L5/S1 mit wei−<br />
tem zentralem Spinalkanal (1), Wurzelkanalstenose<br />
L5 bei 18 lytischer Spondylolisthesis (2), postopera−<br />
tives Röntgenbild nach dorsoventraler Repositions−<br />
spondylodese L5/S1 mit PEEK−Cage (3).<br />
b PLIF. 28 degenerative Spondylolisthesis L4/5 mit<br />
zSKS (1), postoperative Röntgenbilder nach dorsaler<br />
Repositionsspondylodese in PLIF−Technik mit PEEK−<br />
Cages (2).<br />
c TLIF. 18 degenerative Spondylolisthesis L4/5 mit<br />
zSKS (1), postoperative Röntgenbilder nach dorsaler<br />
Repositionsspondylodese in TLIF−Technik mit PEEK−<br />
Cage (2).
n Stabilisierung und Fusion<br />
Das primäre Ziel der operativen Behandlung ist die De−<br />
kompression der Nervenfasern im zentralen Spinalka−<br />
nal und/oder Wurzelkanal. Besteht neben der Stenose<br />
eine segmentale Instabilität der LWS, sollte die Dekom−<br />
pression mit einer Fusionsoperation des betroffenen<br />
Segmentes verbunden werden. Art und Ausdehnung der<br />
Fusion sind dabei abhängig von verschiedenen Fakto−<br />
ren:<br />
n Alter des Patienten<br />
n Anzahl der betroffenen Segmente<br />
n Vorliegen einer höhergradigen Osteoporose<br />
n zusätzliche Deformität im frontalen und/oder<br />
sagittalen Profil<br />
n Ausmaß der noch vorhandenen segmentalen<br />
Mobilität<br />
Prinzipiell ist nicht nur operationstechnisch zwischen<br />
Stabilisierung und Fusion zu unterscheiden:<br />
n <strong>Die</strong> Stabilisierung erfolgt implantatgestützt und ist<br />
prinzipiell temporär angelegt.<br />
n <strong>Die</strong> Fusion erfordert eine Knochentransplantation<br />
und stellt somit die definitive intersegmentale knö−<br />
cherne Durchbauung her.<br />
Zur Stabilisierung haben sich die transpedikulären<br />
Schrauben−Stab−Systeme in den letzten Jahren eindeu−<br />
tig durchgesetzt. Hakenfixationen oder Plattensysteme<br />
sind nur noch von historischem Interesse. Eine Sonder−<br />
stellung nehmen die dynamischen Stabilisierungssys−<br />
teme und hier insbesondere die interspinösen Spacer<br />
ein (s.u.).<br />
Bezogen auf die Fusionstechnik sollte zwischen der<br />
dorsalen (posterior: verbliebene Lamina und Gelenke;<br />
posterolateral: zwischen den Querfortsätzen) und der<br />
interkorporellen Fusion unterschieden werden. <strong>Die</strong> in−<br />
terkorporelle Fusion ist von verschiedenen Zugängen<br />
aus möglich (Abb. 7):<br />
n posterior intraspinal (Posterior Lumbar Interbody<br />
Fusion = PLIF)<br />
n transforaminal intra−oder extraspinal (Trans−<br />
foraminal Lumbar Interbody Fusion = TLIF)<br />
n ventral (Anterior Lumbar Interbody Fusion = ALIF)<br />
<strong>Die</strong> zunehmend verwendeten interkorporellen Platz−<br />
halter (Cages aus Titan oder PEEK) haben dabei neben<br />
der Fusion auch eine wichtige segmental stabilisierende<br />
Funktion.<br />
" Im Gegensatz zur HWS ist die alleinige Implantation<br />
eines interkorporellen Cages in der LWS nicht ausrei−<br />
chend. Um eine knöcherne Durchbauung zu erreichen,<br />
sollten die Cages und das verbliebene Bandscheibenfach<br />
mit geeignetem Fusionsmaterial aufgefüllt werden. In<br />
<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
den meisten Fällen kann hierfür autologer Knochen von<br />
den dorsalen Strukturen oder vom hinteren Becken−<br />
kamm verwendet werden. Alternativ kommen auch<br />
Knochenersatzstoffe, wie b−Tricalcium−phosphate (TCP)<br />
oder Hydroxylapatit (HA)−Keramiken zur Anwendung.<br />
Eine spezielle Problematik ist die operative Behandlung<br />
einer <strong>Spinalkanalstenose</strong> in Verbindung mit einer de−<br />
generativen Skoliose. Neben der spinalen Dekompressi−<br />
on ist hier bei der operativen Planung ganz wesentlich<br />
die Korrektur der Deformität zu berücksichtigen. Dabei<br />
ist eine Wiederherstellung des sagittalen Profils von<br />
besonderer Bedeutung. <strong>Die</strong>s kann ein zusätzliches ven−<br />
trales Release oder aber auch eine Korrekturosteotomie<br />
erforderlich machen. Unterschiedliche Ansichten gibt es<br />
über die Ausdehnung der Fusionsstrecken bezogen auf<br />
die thorako<strong>lumbale</strong>n bzw. lumbosakralen Übergangs−<br />
regionen. Theoretisch erscheint es ungünstig, eine<br />
langstreckige <strong>lumbale</strong> Fusion an den Übergangswirbeln<br />
TH12 oder L1 abzuschließen. In einer retrospektiven<br />
Analyse verschiedener Endwirbel konnte in einer kürz−<br />
lich erschienenen Publikation allerdings keine ver−<br />
mehrte Anschlussinstabilität in dieser Region nachge−<br />
wiesen werden (Kim et al. 2007). Ähnlich umstritten ist<br />
die Frage nach einer generellen Einbeziehung des lum−<br />
bosakralen Überganges bei langstreckigen Fusionen.<br />
Aufgrund des deutlich erhöhten Pseudarthroserisikos<br />
im Segment L5/S1 erscheint es sinnvoll, die Fusion,<br />
wenn aufgrund der Deformität möglich, bei L5 zu be−<br />
enden. Bei jüngeren Patienten besteht dann allerdings<br />
ein erhöhtes Risiko einer schnelleren Anschlussdegene−<br />
ration der Bandscheibe L5/S1 (Kuhns et al. 2007). Wenn<br />
der lumbosakrale Übergang einbezogen wird, empfiehlt<br />
es sich, in diesem Segment eine interkorporelle Fusion<br />
von ventral durchzuführen (ALIF), um eine frühzeitige<br />
Implantatlockerung mit entsprechender Pseudarthrose<br />
zu vermeiden (Abb. 8).<br />
n Interspinöse Spacer<br />
<strong>Die</strong> minimalinvasive Implantation interspinöser Spacer<br />
zur Entlordosierung des Bewegungssegments bei zSKS<br />
hat in den letzten Jahren zunehmende Verbreitung ge−<br />
funden. <strong>Die</strong> Spacer werden dabei sowohl isoliert als<br />
auch in Verbindung mit einer spinalen Dekompressi−<br />
onsoperation verwendet. Der klinische Nutzen dieser<br />
neuen Implantate konnte bislang in nur wenigen pro−<br />
spektiven Studien im Vergleich zur konservativen Be−<br />
handlung nachgewiesen werden. Umfangreiche ver−<br />
gleichende Studien zur operativen Standardtechnik der<br />
mikrochirurgischen Dekompression existieren nicht.<br />
Somit kann derzeitig die zusätzliche Implantation eines<br />
Spacers bei mikrochirurgischer Dekompression auf−<br />
grund einer zSKS nicht empfohlen werden.<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
309
Abb. 8 n<br />
Pseudarthrose<br />
L5/S1 nach dor−<br />
saler Korrektur−<br />
spondylodese.<br />
a Degenerative<br />
Lumbalskoliose<br />
mit multiseg−<br />
mentaler<br />
Stenose.<br />
b Postoperativer<br />
Befund nach dor−<br />
saler Korrektur−<br />
spondylodese<br />
TH11 ± S1.<br />
c Röntgenbefund<br />
6 Monate post−<br />
operativ mit aus−<br />
gedehntem Lyse−<br />
saum S1 beidseits<br />
(axiales CT).<br />
310<br />
Komplikationsmanagement<br />
Duraverletzung<br />
generell<br />
n knöcherne Dekompression bis zur<br />
Darstellung der Läsionsränder<br />
n Reposition der Fasern nach intra−<br />
dural<br />
n Schnittverletzung: monofile Naht<br />
der Stärke 7 ± 0<br />
n Defektverletzung: Patch in Sand−<br />
wichtechnik, Tachosil, Tachocomp<br />
o. ä. intradural (Klebeseite zur<br />
Dura) + extradural (Klebeseite<br />
zur Dura)<br />
Wirbelsäule<br />
n tiefe Muskelnähte, verankert<br />
am Dornfortsatz; mehrschichtige<br />
Muskelnaht<br />
n Rückstichnaht der Haut<br />
n keine Redon−Drainage mit Sog<br />
n 24 Stunden postoperative Bettruhe<br />
optional<br />
n großer epiduraler Hohlraum: ge−<br />
stielte Muskelplastik nach epidural<br />
n ausgedehnte Duraläsion: <strong>lumbale</strong><br />
Dauerdrainage für 48 Stunden<br />
n ventrale Duraläsion: Inspektion mit<br />
Spiegel + Patch + Muskelplastik<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
<strong>Die</strong> immer häufigeren Revisionseingriffe infolge von<br />
Spacerdislokationen, insbesondere nach Implantation<br />
bei Spondylolisthesis oder degenerativer Skoliose,<br />
unterstreichen dies.<br />
<strong>Die</strong> aktuell verfügbaren Implantate unterscheiden<br />
sich sowohl in ihrem Wirkungsmechanismus als auch<br />
durch die operative Technik der Implantation. Bezüglich<br />
des Mechanismus sind die Extensionsstopper mit dis−<br />
trahierender Funktion und Entlastung der dorsalen<br />
Strukturen (X−stop, Coflex, Inspace) von den eher stabi−<br />
lisierenden Spacern mit entsprechender Zuggurtung<br />
(Wallis, Diam) zu unterscheiden. Bis auf die erst kürz−<br />
lich verfügbaren Spacer Inspace und Aperius erfordern<br />
alle Implantate einen offenen Zugang zum interspinö−<br />
sen Raum. Wegen der fehlenden Primärstabilität sind<br />
die interspinösen Spacer generell nicht als sinnvolle<br />
Alternative zur Fusionsoperation anzusehen (Verhoof<br />
et al. 2008).
Nachbehandlung<br />
Auch nach multisegmentaler mikrochirurgischer De−<br />
kompression kann der Patient noch am Operationstag<br />
mobilisiert werden. Sitzen ist ab dem 1. postoperativen<br />
Tag erlaubt. <strong>Die</strong> krankengymnastische Anleitung zur<br />
rückengerechten Alltagsbelastung rundet den 3−tägigen<br />
postoperativen Aufenthalt ab. Eine Orthese ist nicht er−<br />
forderlich.<br />
Nach instrumentierter Spondylodese wird, je nach<br />
Umfang des Eingriffes, die gleiche Nachbehandlung auf<br />
7 ± 10 Tage verteilt. Eine Orthese kann in Einzelfällen<br />
indiziert sein.<br />
Komplikationen<br />
Art und Häufigkeit von Komplikationen bei der opera−<br />
tiven Behandlung der <strong>lumbale</strong>n <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
sind abhängig von dem operativen Vorgehen (Tab. 3).<br />
<strong>Die</strong> häufigste Komplikation in Verbindung mit der<br />
Dekompression des Spinalkanales ist die Verletzung der<br />
Dura. Sie wird in der Literatur mit einer Häufigkeit von<br />
ca. 4% angegeben. Kommt es zu einer Duraverletzung,<br />
sollte der Defekt unbedingt vollständig verschlossen<br />
werden, um weitere Folgeschäden zu vermeiden. Hier−<br />
für ist die Verwendung eines OP−Mikroskopes ausge−<br />
sprochen hilfreich (Abb. 9).<br />
Technische Fehler wie eine falsche Höhenlokalistion<br />
oder eine unzureichende Dekompression sollten durch<br />
die konsequente Anwendung einer sorgfältigen opera−<br />
tiven Technik vermieden werden können.<br />
<strong>Die</strong> Entwicklung eines postoperativen epiduralen<br />
Hämatoms lässt sich dagegen auch durch eine sorgfälti−<br />
ge Blutstillung nicht immer verhindern. Ein erhöhtes<br />
Risiko besteht vor allem bei Patienten mit einer prä−<br />
operativen gerinnungshemmenden Medikation<br />
(Abb. 10). Kommt es zu Ausbildung eines epiduralen<br />
Hämatoms, so ist eine operative Revision nur bei<br />
therapierefraktären Schmerzen oder neurologischen<br />
Ausfällen erforderlich. Häufig lässt sich das Hämatom<br />
nach einigen Tagen gut punktieren.<br />
" Eine sorgfältige Blutstillung der Muskulatur sollte<br />
bereits vor Einsetzen des Spekulums durchgeführt wer−<br />
den. Nach Abschluss der Dekompression und Entfernen<br />
des Spekulums besteht zumeist ein druckbedingter Ver−<br />
schluss der kleinen Muskelgefäße, sodass potenzielle<br />
Blutungsquellen nicht erkannt werden.<br />
Bei den typischen Komplikationen durch eine zusätz−<br />
liche Instrumentierung ist vor allem die Implantatfehl−<br />
lage zu nennen. Mit zunehmender Erfahrung des Ope−<br />
rateurs sollte eine Fehlpositionierung der Schrauben<br />
allerdings eine Ausnahme darstellen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
Tabelle 3<br />
Komplikationen bei der operativen Behandlung der <strong>Spinalkanalstenose</strong>.<br />
Im Zusammenhang mit<br />
der Dekompression<br />
n falsche Höhenlokalisation<br />
n Duraverletzung<br />
n Nervenverletzung<br />
n epidurales Hämatom<br />
n unzureichende Dekompression<br />
n iatrogene Instabilität (Abb. 11)<br />
Bedingt durch eine<br />
zusätzliche Instrumentation<br />
n Nervenverletzung<br />
n Gefäßverletzung<br />
n Implantatfehllage<br />
n Pseudarthrose<br />
n Anschlussinstabilität<br />
Ein iatrogener Wurzelschaden ist sowohl durch die De−<br />
kompression als auch im Rahmen der Instrumentierung<br />
möglich. Ein erhöhtes Risiko besteht bei der Einbrin−<br />
gung von interkorporellen Cages vom dorsalen Zugang<br />
aus. <strong>Die</strong> Wurzel sollte hierbei immer durch einen ent−<br />
sprechenden Wurzelhaken geschützt werden. Bei<br />
der TLIF−Technik ist durch den weit lateralen Zugang<br />
besonders auf die kraniale Nervenwurzel zu achten.<br />
Allgemeine<br />
Komplikationen<br />
n Wundheilungs−<br />
störungen<br />
n Infektionen<br />
n Thrombose,<br />
Embolie<br />
Abb. 9 n<br />
Operative Ver−<br />
sorgung einer<br />
Duraläsion.<br />
a Intraoperatives<br />
Bild einer Defekt−<br />
versorgung mit<br />
Sandwichtechnik.<br />
b Intraoperatives<br />
Bild einer gestiel−<br />
ten Muskelplastik<br />
nach epidural.<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316 311
Abb. 10 n MRT eines postoperativen Hämatoms nach monosegmentaler Dekompression<br />
L4/5. Sagittales (a) und axiales (b) Bild in T2−Gewichtung.<br />
312<br />
Wirbelsäule<br />
Eine Gefäßverletzung ist zunächst eine typische Kom−<br />
plikation des ventralen Zuganges bei der ALIF−Technik.<br />
Selten kann eine Verletzung der großen Gefäße aber<br />
auch durch eine unvorsichtige Ausräumung des Zwi−<br />
schenwirbelraumes entstehen. <strong>Die</strong>s ist besonders pro−<br />
blematisch, da eine sofortige Versorgung der Blutung<br />
vom dorsalen Zugang aus nicht möglich ist. <strong>Die</strong> Präpa−<br />
ration des ventralen Zwischenwirbelraumes sollte des−<br />
halb bei der PLIF− und TLIF−Technik immer unter<br />
lateraler BV−Kontrolle erfolgen.<br />
<strong>Die</strong> Wahrscheinlichkeit einer Pseudarthrose kann<br />
durch eine sorgfältige Fusionstechnik sicher deutlich<br />
reduziert werden. Kritisch ist vor allem der lumbo−<br />
sakrale Übergang bei langstreckigen Fusionen (s. Abb. 8).<br />
Das Auftreten allgemeiner Komplikationen wird<br />
durch die Ausdehnung des Eingriffes und die Komor−<br />
bidität des Patienten beeinflusst. Ein hohes Lebensalter<br />
hat an sich, bei korrekter Indikation und entsprechend<br />
umsichtigem operativen Vorgehen, keinen wesent−<br />
lichen Einfluss für das Auftreten von schweren peri−<br />
operativen Komplikationen (Cassinelli et al. 2007).<br />
Abb. 11 n Iatrogene Instabilität nach Dekompression. a Präoperatives MRT mit zSKS L4/5. b MRT 12 Monate nach Dekompression L4/5 beidseits<br />
und Nukleotomie. c Seitliches Röntgenbild im Stand mit 28 iatrogener Spondylolisthesis L4/5.<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316
Prognose<br />
<strong>Die</strong> mikrochirurgische Dekompression für die zSKS be−<br />
wirkt eine statistisch signifikante Rückbildung der prä−<br />
operativen Schmerzen und eine Verlängerung der Geh−<br />
strecke bei 93 % der Patienten im 1. postoperativen Jahr.<br />
Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Operation, An−<br />
zahl der dekomprimierten Höhen und anästhesiologi−<br />
sche Risikofaktoren sind keine prognostisch relevanten,<br />
insbesondere keine negativen Faktoren. Lediglich die<br />
Adipositas (BMI > 30) verschlechtert die Ergebnisse,<br />
wobei auch diese Patienten von dem Eingriff profitieren<br />
(Papavero et al. 2008). <strong>Die</strong> unmittelbare postoperative<br />
Mobilisation und eine frühestmögliche Integration in<br />
den ¹normalen Alltag“ sind wichtige Voraussetzungen<br />
für einen langfristigen Erfolg. <strong>Die</strong> Rezidivrate einer<br />
Stenose im dekomprimierten Segment ist eine Rarität,<br />
während unbehandelte prästenotische Etagen im Laufe<br />
der postoperativen Jahre zu erneuten Symptomen füh−<br />
ren können. Aus diesem Grunde sollte die Indikation zu<br />
der Dekompression von stenotischen Segmenten eher<br />
umfassend gestellt werden.<br />
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Korrespondenzadresse<br />
Priv.−Doz. Dr. Ralph Kothe<br />
Interdisziplinäres Wirbelsäulenzentrum<br />
Klinikum Dortmund<br />
Beurhausstraße 40<br />
44137 Dortmund<br />
Telefon: 0231/953−21890<br />
Telefax: 0231/953−21020<br />
E−Mail: ralph.kothe@klinikumdo.de<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316 313
CME−Fragen<br />
<strong>Die</strong> folgenden Fragen beziehen sich auf den vorangehenden Beitrag. Sie können uns die entsprechenden<br />
Antworten entweder online unter http://cme.thieme.de oder durch das CME−Teilnahmeheft hinten in dieser<br />
Zeitschrift zukommen lassen. Jeweils eine Antwort ist richtig.<br />
<strong>Die</strong> Vergabe von CME−Punkten ist an die korrekte Beantwortung der Multiple−Choice−Fragen gebunden.<br />
Welche Aussage<br />
zur Pathogenese der<br />
degenerativen<br />
<strong>Spinalkanalstenose</strong> ist<br />
nicht zutreffend?<br />
Was ist das typische<br />
klinische Leitsymptom<br />
der zentralen Spinal−<br />
kanalstenose? 2<br />
Welche Aussage zur<br />
klinischen Befunderhe−<br />
bung bei der Wurzel−<br />
kanalstenose trifft zu? 3<br />
Welche Aussage zur<br />
Bedeutung der bild−<br />
gebenden Verfahren<br />
bei der zSKS trifft<br />
nicht zu?<br />
314<br />
Wirbelsäule<br />
1 A<br />
A<br />
A<br />
4 A<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
Als Folge des Degenerationsprozesses kommt es zu einer Veränderung der Kollagenfasern<br />
des gelben Bandes.<br />
B <strong>Die</strong> degenerative Spondylolisthesis entsteht durch eine Spaltbildung im Bereich des<br />
Isthmus interarticularis.<br />
C Eine Ergussbildung in den Facettengelenken kann Ausdruck einer beginnenden<br />
Instabilität sein.<br />
D <strong>Die</strong> relevante Einengung des Spinalkanales entsteht dorsolateral.<br />
E <strong>Die</strong> Erschlaffung des gelben Bandes ist Folge einer Verschmälerung des Bandscheiben−<br />
faches.<br />
belastungsinduzierte Rückenschmerzen<br />
B radikuläre neurologische Ausfälle<br />
C Beinschmerzen in Ruhe, die unter Belastung abnehmen<br />
D Claudicatio spinalis<br />
E Claudicatio intermittens<br />
Das Zeichen nach Las›gue ist fast immer positiv.<br />
B Schmerzen in den Iliosakralgelenken schließen eine relevante Stenose aus.<br />
C Bei Extension zur betroffenen Seite kann es zu einer Zunahme der Schmerzen kommen.<br />
D Radikuläre neurologische Defizite sind typisch.<br />
E Tastbare Fußpulse sprechen für eine zSKS.<br />
<strong>Die</strong> Röntgenuntersuchung der LWS sollte wenn möglich immer im Stand durchgeführt<br />
werden.<br />
B Durch das Vorliegen einer erheblichen degenerativen Lumbalskoliose kann die MRT in<br />
ihrer Aussagefähigkeit eingeschränkt werden.<br />
C Durch Hyperextension der LWS kann eine Funktionsuntersuchung der zSKS auch im<br />
konventionellen MRT durchgeführt werden.<br />
D Hüftendoprothesen sind keine Kontraindikation zur Durchführung einer MRT−Unter−<br />
suchung der LWS.<br />
E <strong>Die</strong> Funktionsmyelografie mit Myelo−CT ist trotz der verbesserten MRT−Technologie der<br />
Goldstandard in der bildgebenden Diagnostik der zSKS.
Welche Aussage zur<br />
Therapie der zSKS<br />
trifft zu? 5<br />
Welche Aussage zur<br />
operativen Dekompres−<br />
sion des Spinalkanales<br />
trifft nicht zu? 6<br />
Welche Aussage<br />
trifft zu?<br />
Auf eine zusätzliche<br />
Stabilisierung und<br />
Fusion kann bei<br />
folgender Befund−<br />
konstellation<br />
verzichtet werden:<br />
Welche Aussage zur<br />
Verwendung inter−<br />
spinöser Implantate<br />
trifft zu? 8<br />
A<br />
A<br />
7 A<br />
A<br />
<strong>Die</strong> <strong>lumbale</strong> <strong>Spinalkanalstenose</strong><br />
Aktuelle klinische Studien zeigen bei korrekter Indikationsstellung eine Überlegenheit der<br />
operativen Therapie gegenüber der konservativen Behandlung.<br />
B Eine OP−Indikation besteht nur bei nachweisbaren neurologischen Ausfällen.<br />
C <strong>Die</strong> Gabe von NSAR bei älteren Menschen ist unproblematisch und sollte deshalb immer<br />
einer operativen Behandlung vorausgehen.<br />
D Eine zusätzliche Stabilisierungsoperation ist bei älteren Menschen mit hohen Risiken<br />
verbunden und sollte deshalb nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden.<br />
E <strong>Die</strong> epidurale Applikation von Kortikoiden ist nur sehr selten mit Komplikationen<br />
behaftet und kann deshalb beliebig oft wiederholt werden.<br />
Bei der Cross−over−Technik ist eine ausreichende Dekompression der kontralateralen Seite<br />
in den allermeisten Fällen möglich.<br />
B Zur ausreichenden Dekompression des Spinalkanales ist in den meisten Fällen eine<br />
zusätzliche Nukleotomie notwendig.<br />
C Eine Laminektomie ist heute nur noch in wenigen Ausnahmefällen bei der Dekompression<br />
der zSKS erforderlich.<br />
D Zur korrekten Durchführung der Dekompression in Cross−over−Technik ist die Verwen−<br />
dung eines OP−Mikroskopes ausgesprochen hilfreich.<br />
E Im Falle einer multisegmentalen zSKS kann die Wechselschnitttechnik von Vorteil sein.<br />
mobile 1 ± 28 degenerative Spondylolisthesis L4/5 mit hochgradiger monosegmentaler<br />
zSKS<br />
B mobiles Drehgleiten L3/4 mit degenerativer Skoliose und einseitiger Radikulopathie<br />
bei Wurzelkanalstenose<br />
C breitbasiger NPP L4/5 mit zSKS und überwiegenden Rückenschmerzen bei zusätzlicher<br />
Claudicatio spinalis<br />
D fixierte 18 degenerative Spondylolisthesis L3/4 mit monosegementaler zSKS und<br />
ausschließlicher Claudicatio spinalis<br />
E stabile 28 degenerative Spondylolisthesis L4/5 mit belastungsinduzierten Rücken−<br />
schmerzen und Claudicatio spinalis (Verhältnis 50/50)<br />
<strong>Die</strong> Implantation eines interspinösen Spacers macht eine zusätzliche Dekompression des<br />
Spinalkanales auch bei hochgradiger zSKS überflüssig.<br />
B Prospektive Studien zeigen eine klinische Überlegenheit spezieller interspinöser Spacer<br />
im Vergleich zur mikrochirurgischen Dekompression.<br />
C Bei mobiler degenerativer Spondylolisthesis kann durch die Verwendung eines<br />
Extensionsstoppers (X−Stop) auf eine zusätzliche Fusionsoperation verzichtet werden.<br />
D Bei einem mobilen Drehgleiten mit degenerativer Skoliose ist die Verwendung eines<br />
interspinösen Implantates nicht sinnvoll.<br />
E <strong>Die</strong> Anwendung interspinöser Implantate ist eine sinnvolle Maßnahme zur Kosten−<br />
reduktion bei der operativen Behandlung der zSKS.<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
315
Welche Aussage<br />
zur Duraverletzung<br />
trifft nicht zu? 9<br />
Welche Aussage<br />
trifft zu?<br />
Bei der operativen<br />
Behandlung der<br />
zSKS können typische<br />
Komplikationen<br />
auftreten:<br />
316<br />
Wirbelsäule<br />
A<br />
10 A<br />
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3 ê2008 ê301 ± 316<br />
Eine Verletzung der Dura ist eine häufige Komplikation bei der operativen Behandlung<br />
der zSKS mit einer Inzidenz von ca. 4%.<br />
B Zur Versorgung der Duraläsion ist in den allermeisten Fällen eine einfache Abdeckung<br />
mit einem Patch (z.B. Tachosil) ausreichend.<br />
C Nach Auftreten einer Duraverletzung sollten zunächst die Läsionsränder durch eine<br />
ausreichende knöcherne Dekompression dargestellt werden.<br />
D Bei einer Defektverletzung der Dura kann die Abdeckung mit einem Patch in Sandwich−<br />
technik sinnvoll sein.<br />
E Eine <strong>lumbale</strong> Dauerdrainge ist nur bei ausgedehnten Duraläsionen notwendig.<br />
Das Auftreten eines epiduralen Hämatoms erfordert immer eine operative Revision.<br />
B Eine Verletzung der großen Gefäße ist bei einer interkorporellen Fusion von dorsal nicht<br />
möglich.<br />
C <strong>Die</strong> Verletzung der großen Gefäße ist eine typische Komplikation ventraler Zugänge zur<br />
LWS.<br />
D Bei langstreckigen lumbosakralen Fusionen ist eine interkorporelle Fusion L5/S1 aufgrund<br />
der geringen mechanischen Belastung in diesem Segment nur selten notwendig.<br />
E Bei der interkorporellen Fusion in PLIF−Technik ist die kraniale Nervenwurzel im Vergleich<br />
zur TLIF−Technik besonders gefährdet.