Hamm porträt Zwischen Leidenschaft <strong>und</strong> Qual <strong>Die</strong> Pianistenkarriere von Clemens Zeil<strong>in</strong>ger sche<strong>in</strong>t vorprogrammiert, wäre da nicht <strong>die</strong> Tatsache, dass sie für ihn nicht so selbstverständlich ist. Was ihn zweifeln lässt <strong>und</strong> was ihn wieder auf den Boden zurückbr<strong>in</strong>gt, dazu hat er Ste<strong>in</strong>way <strong>in</strong> <strong>Austria</strong> e<strong>in</strong> sehr persönliches Interview gegeben. „Man stellt sich mit se<strong>in</strong>er ganzen Persönlichkeit der Musik <strong>und</strong> liefert sich aus. Das ist immer e<strong>in</strong> existenzieller, dramatischer Vorgang, der zutiefst <strong>die</strong> ganze Person erfasst <strong>und</strong> sie <strong>in</strong> Frage stellt“, r<strong>in</strong>gt der oberösterreichische Pianist Clemens Zeil<strong>in</strong>ger sichtlich bewegt nach den passenden Worten für den schier unmöglichen Spagat zwischen leidenschaftlicher H<strong>in</strong>wendung <strong>und</strong> großer Verantwortung der Musik gegenüber. „Immer könnte man noch mehr tun, noch mehr verfe<strong>in</strong>ern, noch mehr entdecken“, erklärt er den permanenten Druck, nicht ohne h<strong>in</strong>zuzufügen, dass durch <strong>die</strong>se Ambivalenz <strong>die</strong> Beziehung zum Klavierspielen auch frisch bleibe. Zur <strong>in</strong>neren Anstrengung kommt für den Vater zweier K<strong>in</strong>der (e<strong>in</strong> <strong>und</strong> fünf Jahre) noch <strong>die</strong> äußere. „Wenn man Familie hat <strong>und</strong> außerdem noch viele Bücher lesen will, hat man als Musiker immer wieder e<strong>in</strong> schlechtes Gewissen.“ Und das bekommt durch das aktuelle Projekt – Clemens Zeil<strong>in</strong>ger spielt sämtliche Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven <strong>in</strong>nerhalb von vier Monaten – zusätzliche Nahrung, denn für <strong>die</strong>ses große Unterfangen musste er noch mehr üben als sonst, <strong>in</strong>sgesamt brauchte es e<strong>in</strong> Jahr Vorbereitung. „Me<strong>in</strong>e Frau hat aber sofort verstanden, dass <strong>die</strong>ses Projekt absolut wichtig ist für mich <strong>und</strong> dass ich nun e<strong>in</strong>e Zeit lang nicht der moderne Halbe-halbe-Mann se<strong>in</strong> kann, den ich anstrebe, sondern dass me<strong>in</strong> Prozentsatz wohl auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>stellige Zahl s<strong>in</strong>ken wird.“ LEIDENSCHAFT BEETHOVEN <strong>Die</strong> Leidenschaft für Beethoven begann mit e<strong>in</strong>er Verwechslung. Mit zehn Jahren sollte Clemens Zeil<strong>in</strong>ger über <strong>die</strong> Sommerferien e<strong>in</strong>e Beethoven-Sonate üben, hat sich aber <strong>die</strong> Nummer nicht gemerkt <strong>und</strong> <strong>die</strong> viel zu schwere Sonate Op. 2, Nr. 2 geübt. Am Rande der Verzweiflung hat er damals auch e<strong>in</strong>en Vorgeschmack bekommen, wie viel Quälen beim Üben immer dabei ist <strong>und</strong> wie viel er durch das viele Üben andererseits lernt. Spätere Lehrer köderten ihn mit netten Sonaten wie der Mondsche<strong>in</strong>sonate, <strong>und</strong> so hat Beethoven ihn <strong>die</strong> ganze Zeit begleitet. Was <strong>die</strong> musikalische Persönlichkeit betrifft, fühlt er sich mit Beethoven sehr verwandt <strong>und</strong> Clemens Zeil<strong>in</strong>ger begann se<strong>in</strong> Studium mit sechs Jahren am Bruckner-Konservatorium des Landes Oberösterreich <strong>und</strong> setzte es an der Universität für Musik <strong>und</strong> darstellende Kunst <strong>in</strong> Wien fort. Er ist Preisträger mehrerer Wettbewerbe wie des „Beethoven- Wettbewerbs“ <strong>in</strong> Wien <strong>und</strong> Sieger beim „Europäischen Jugend- Musikwettbewerb“ <strong>in</strong> Antwerpen. Konzerte führten ihn durch ganz Europa, <strong>in</strong> <strong>die</strong> USA, nach Japan, Korea, Marokko, <strong>in</strong> den Iran <strong>und</strong> den Oman. Als Solist arbeitet er mit renommierten Orchestern zusammen. E<strong>in</strong>en großen Teil se<strong>in</strong>er künstlerischen Tätigkeit widmet er der Kammermusik <strong>und</strong> der Liedbegleitung. Er unterrichtet an der Universität für Musik <strong>in</strong> Wien <strong>und</strong> an der Anton Bruckner Privatuniversität <strong>in</strong> L<strong>in</strong>z. von dessen willenbetontem Charakter angezogen. „Wie unabhängig im Denken Beethoven für se<strong>in</strong>e Zeit war, hat mich immer fasz<strong>in</strong>iert. Er hat knallhart über se<strong>in</strong>e Zeit h<strong>in</strong>ausgeschrieben, sodass auch das Verwenden e<strong>in</strong>es historischen Instruments nebenrangig ist. Und dann ist da noch <strong>die</strong> Tatsache, dass sich aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Taubheit se<strong>in</strong>e Musik immer mehr im Inneren abgespielt hat. Viele Aspekte also, warum mich der Kerl nicht mehr loslässt.“ Clemens Zeil<strong>in</strong>ger ist bekannt dafür, dass er se<strong>in</strong>e Konzerte moderiert, wodurch er e<strong>in</strong>e andere Aufnahmebereitschaft beim Publikum erzielt <strong>und</strong> sich zu dessen „Kumpel“ macht, wie er selbst sagt. Beim Beethoven-Zyklus wird er allerd<strong>in</strong>gs nicht moderieren, stattdessen hat er selbst e<strong>in</strong> umfangreiches Programmheft nahe an der gesprochenen Sprache verfasst <strong>und</strong> wird für „Ste<strong>in</strong>way-Fre<strong>und</strong>e“ (siehe auch Artikel Seite 14) kurz vor dem Konzert Fragen beantworten <strong>und</strong> auf <strong>die</strong>se Weise mit dem Publikum <strong>in</strong> Beziehung treten. „Es ist wichtig, über das Spielen h<strong>in</strong>aus etwas zusätzlich zu geben, auch wenn es e<strong>in</strong>e Herausforderung für <strong>die</strong> Konzentration ist. Ich hoffe auf viele Fragen, auf <strong>die</strong> ich noch ke<strong>in</strong>e Antwort weiß!“, scherzt er. LERNEN DURCH UNTERRICHTEN Doch im Gr<strong>und</strong>e me<strong>in</strong>t er es ernst. Fragen, auf <strong>die</strong> er noch ke<strong>in</strong>e Antworten weiß, hält er für e<strong>in</strong>e Bereicherung. Das hat er als Lehrer an der Universität für Musik <strong>und</strong> darstellende Kunst Wien <strong>und</strong> an der Anton Bruckner Privatuniversität <strong>in</strong> L<strong>in</strong>z gelernt. „Über den Umweg, Lösungen für <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>renden zu f<strong>in</strong>den, wird man selbst reicher, weil man <strong>die</strong> gef<strong>und</strong>enen Lösungen für sich selbst verwenden kann“, erklärt er. E<strong>in</strong> Lehrer müsse sich außerdem weiterentwickeln, <strong>und</strong> das könne er eben, <strong>in</strong>dem er von den Stu<strong>die</strong>renden aufgefordert werde, Lösungen für musikalische Probleme zu f<strong>in</strong>den. Durch das Unterrichten hat er auch immer wieder auf <strong>die</strong> Bühne zurückgef<strong>und</strong>en. „Me<strong>in</strong>e wirklich glückliche Klavierzeit hat mit dem Lehrerse<strong>in</strong> begonnen“, sagt er. „Durch <strong>die</strong> direkte Kommunikation mit den Stu<strong>die</strong>renden habe ich festgestellt, wie viel ich zu geben <strong>und</strong> zu sagen habe. Me<strong>in</strong> F<strong>und</strong>ament ist dadurch sicherer geworden.“ DAS BUDDHISTISCHE ES Solokonzerte von denUSA bis Japan, Kammermusik, Liedbegleitung <strong>und</strong> jetzt der Beethoven-Zyklus. Was davon sieht Clemens Zeil<strong>in</strong>ger als Höhepunkt se<strong>in</strong>er Karriere? „Der Höhepunkt me<strong>in</strong>er Karriere ist immer das jeweils nächste Konzert. Ich denke immer von e<strong>in</strong>em Projekt zum nächsten“, erklärt er. „Leider gibt es ke<strong>in</strong>en Speicher für Freude, aber <strong>die</strong> wirklich beglückenden Momente s<strong>in</strong>d jene, wo man weiß, man hat das Ideal erreicht, man ist dort angelangt, wo man h<strong>in</strong> wollte. Man löst sich dann auf, man ist entkörpert, vielleicht vergleichbar mit dem zen-buddhistischen Es. Dann weiß man, dafür haben sich das Lampenfieber <strong>und</strong> das Sich<strong>in</strong>fragestellen gelohnt. Da ist man nur noch Medium, an e<strong>in</strong>em Punkt angelangt, wo man selbst nichts mehr tun kann.“ In <strong>die</strong>ser H<strong>in</strong>sicht fühlt er sich als Musiker im Vergleich zu schreibenden Künstlern privilegiert, weil sich <strong>die</strong>ses Wissen, <strong>die</strong>ses Erleben völlig der Sprache entzieht. Früher nämlich, so erzählt er, hat er begeistert dunkle Lyrik <strong>und</strong> Kurztexte geschrieben <strong>und</strong> ebenso leidenschaftlich alles wieder verbrannt. „Der Vorteil der Musik gegenüber dem Schreiben ist <strong>die</strong> Zerbrechlichkeit des Moments. <strong>Die</strong> Musik schwebt <strong>in</strong> den Seelen <strong>und</strong> ist dann weg. Das ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliger, heiliger Moment. Das Ende des Tons gehört schon zum Anfang des nächsten. Wie der Tod zum Leben gehört.“ BEETHOVEN-ZYKLUS Clemens Zeil<strong>in</strong>ger spielt sämtliche Klaviersonaten im Brucknerhaus L<strong>in</strong>z TERMINE 22.01.2008 | 12.02.2008 * | 26.02.2008 * | 11.03.2008 * 08.04.2008 | 22.04.2008 * | 06.05.2008 | 20.05.2008 * mit persönlichem Künstlerkontakt (18 h) Konzertbeg<strong>in</strong>n jeweils 19.30 h MUSIKALISCHES PROGRAMM IM DETAIL www.brucknerhaus.at/klassik/kammermusik ste<strong>in</strong>way.tipp 4/ Konzerte<strong>in</strong>ladung für „Ste<strong>in</strong>way-Fre<strong>und</strong>e“ Auch <strong>in</strong> der „2. Halbzeit“ von „BEETHOVEN 33“ mit Clemens Zeil<strong>in</strong>ger im Brucknerhaus L<strong>in</strong>z laden wir wieder zum Konzert (19.30 h) <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>em Künstlertreffen (18.30 h) e<strong>in</strong>: 08.04.2008 „Hammerklavier“ 22.04.2008 „Waldste<strong>in</strong>“ mit TREFFPUNKT BÜHNE 06.05.2008 „Les A<strong>die</strong>ux“ 20.05.2008 „<strong>Die</strong> Drei“ Mehr Infos <strong>und</strong> Anmeldung bei Frau Höchfurtner: Tel 0662/84 12 06 oder hoechfurtner@ste<strong>in</strong>wayaustria.at 18 19
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