Entwidmung der Obdachlosenunterkunft Vin - Kamp-Lintfort
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Sozialamt<br />
Franz-Josef Evers<br />
Bernd Kopitzki<br />
- 1 -<br />
Drucksache Nr. 211<br />
09.11.2010<br />
öffentliche Sitzung<br />
Ausschuss für Soziales und Senioren 25.11.2010<br />
Haupt- und Finanzausschuss 07.12.2010<br />
Rat <strong>der</strong> Stadt 21.12.2010<br />
<strong>Entwidmung</strong> <strong>der</strong> <strong>Obdachlosenunterkunft</strong> <strong>Vin</strong>nmannsweg, Widmung des Gebäudes Fried-<br />
richstraße 102 als "gemeinsames Übergangswohnheim"<br />
Beschlussentwurf:<br />
Die <strong>Entwidmung</strong> <strong>der</strong> Gebäude am <strong>Vin</strong>nmannsweg als Obdachloseneinrichtung wird beschlossen.<br />
Das Gebäude Friedrichstraße 102/104 wird mit Wirkung vom 01.01.2011 als Übergangswohnheim<br />
für Aussiedler, Asylanten und Obdachlose gewidmet.<br />
Dr. Müllmann<br />
Anlage(n):<br />
Objektplan Gebäudebestand Friedrichstraße:<br />
Wohnraumskizze Friedrichstraße:
Obdachlose in <strong>der</strong> Stadt sind seit Jahren in den stadteigenen Obdachlosenunterkünften am <strong>Vin</strong>n-<br />
mannsweg untergebracht. Angesichts <strong>der</strong> insgesamt stark rückläufigen Tendenz in den letzten Jah-<br />
ren stehen gegenwärtig die meisten Wohnungen leer. Die Obdachlosenräume befinden sich nur<br />
noch in einem Haus, in dem rd. 210 qm bewohnt werden können. Sechs weitere, früher ebenfalls<br />
mit Obdachlosen belegte Häuser sind unbewohnt und baufällig.<br />
Die Einrichtung <strong>der</strong> zur Unterbringung von obdachlosen Menschen zur Verfügung stehenden Räu-<br />
me ist auf die einfachsten Verhältnisse abgestellt. Eine Zentralheizung besteht nicht. Die dort leben-<br />
den 11 (Einzel-)Personen heizen mit Elektroöfen (Heizstrahlern). Der hygienische Zustand ver-<br />
schiedener Räume ist nicht immer gesunden Lebens- und Wohnverhältnissen för<strong>der</strong>lich. Die Einzel-<br />
aspekte <strong>der</strong> fehlenden Wohnungshygiene beziehen sich beispielweise auf die Raumluft (Lüftung),<br />
Heizung, Feuchtigkeit (von Wohnraumwänden) und Abfallbeseitigung.<br />
Ebenfalls sind Belastungen hinsichtlich <strong>der</strong> Substanz des Hauses auffällig. So ist eine Wohnung<br />
wegen eines Brandschadens nicht bewohnbar. Zur Feststellung, ob gesundheitsschädliche Reakti-<br />
onen in den Baustoffen erfolgt sind, wäre eine Beprobung durchzuführen. Ferner befindet sich im<br />
Erdgeschoss ein aus Plastik bestehen<strong>der</strong> Kabelkanal, dessen Sicherheitstauglichkeit ebenfalls un-<br />
tersucht werden müsste. Die Unterkünfte im <strong>Vin</strong>nmansweg zeigen somit hygienische und sonstige<br />
Mängel, die diese zwar als Notunterkunft nicht ungeeignet machen, jedoch einen hohen Grad an<br />
Beeinträchtigungen erreichen.<br />
Bei den dort seit mehreren Jahren lebenden Einzelpersonen scheint momentan keine Bereitschaft<br />
vorhanden, sich aus <strong>der</strong> jetzigen Lage <strong>der</strong> Wohnungslosigkeit zu befreien. Es scheint, als habe sich<br />
<strong>der</strong> genannte Personenkreis an das Leben im <strong>Vin</strong>nmannsweg gewöhnt. Ein Problempunkt hierbei ist<br />
sicherlich auch, dass Betreuungs- o<strong>der</strong>/und Aufsichtspersonal nicht bzw. nur gelegentlich im Einsatz<br />
war und ist: Ein Hausmeister ist nicht vorhanden, und erst seit einigen Wochen findet im begrenzten<br />
Umfang eine aufsuchende Sozialarbeit durch den Caritasverband statt. Bei einigen obdachlosen<br />
Menschen beginnt dadurch <strong>der</strong> verfestigte Isolationsprozess zu bröckeln.<br />
Die Arbeit des Caritasverbandes beruht auf §§ 67 SGB XII (Hilfe zur Überwindung beson<strong>der</strong>er sozi-<br />
aler Schwierigkeiten). Die Finanzierung erfolgt über den Kreis Wesel; für die Obdachlosenbetreuung<br />
in <strong>Kamp</strong>-<strong>Lintfort</strong> steht ein Stundenkontingent von sechs Wochenstunden zur Verfügung. Darin ent-<br />
halten ist eine einmal wöchentlich stattfindende aufsuchende Sozialarbeit auf dem <strong>Vin</strong>nmansweg.<br />
Dadurch konnte eine obdachlose Frau mit ihrem erwachsenen Sohn in den Wohnungsmarkt integ-<br />
riert werden. Bei weiteren so aufgestellten begleitenden Sozialmaßnahmen sind gleichgelagerte<br />
Erfolge nicht unwahrscheinlich. Mitarbeiter <strong>der</strong> Caritas sind zur Sitzung des Ausschusses für Sozia-<br />
les und Senioren am 25.11.2010 eingeladen.<br />
Folgerung<br />
Es besteht ein günstiger Zeitpunkt, die zuvor umschriebenen aktuellen Verhältnisse und Entwick-<br />
lungen abzuän<strong>der</strong>n. Die Verwaltung schlägt unter Berücksichtigung <strong>der</strong> wirtschaftlichen und be-<br />
- 2 -
triebsorganisatorischen Gesichtspunkte vor, an<strong>der</strong>norts Unterkünfte zu konzipieren. Als dritter Ge-<br />
sichtspunkt kommt hinzu, dass diese über in sich stimmende und vergleichsweise bessere Platzver-<br />
hältnisse verfügen sollten. Das führt zu <strong>der</strong> Überlegung, künftig im Übergangswohnheim an <strong>der</strong><br />
Friedrichstraße ein Raumangebot für Obdachlose vorzuhalten, da hier weitreichende Raumkapazi-<br />
täten gegeben sind.<br />
Beschreibung des Übergangswohnheimes an <strong>der</strong> Friedrichstraße<br />
Die Stadt unterhält in <strong>der</strong> Friedrichstraße 102-104 ein Übergangswohnheim für Asylbewerber,<br />
Flüchtlinge und Spätaussiedler. Auf den beigefügten Objektplan wird verwiesen.<br />
Das Objekt Friedrichstraße 102-104 besteht aus insgesamt 28 Wohneinheiten, die wie<strong>der</strong>um über je<br />
3 Zimmern sowie einem WC/Bad und einer Küche verfügen. Außerdem sind im Gebäudekomplex<br />
ein Schulungsraum, ein Besprechungsraum, eine Teeküche sowie ein Hausmeisterbüro vorhanden.<br />
Im Gebäudeteil Friedrichstraße 102 sind augenblicklich die Asylbewerber untergebracht. Jedes<br />
Zimmer im Bereich Asyl könnte mit max. 3 Personen belegt werden; zur Erhaltung des sozialen<br />
Friedens erfolgt(e) die Belegung niemals mit mehr als 2 Personen. Dort sind grundsätzlich 12 WE<br />
(36 Zimmer) zuweisungsfähig; die maximale Belegungszahl für diesen Wohnblock beträgt damit 72<br />
Personen. Gegenwärtig (01.11.2010) ist dieser Teil des Gebäudekomplexes mit 43 Personen be-<br />
legt. Bei <strong>der</strong> tatsächlichen Belegung werden die persönlichen Hintergründe <strong>der</strong> unterzubringenden<br />
Personen (Herkunft, Geschlecht, Religion usw.) ausreichend berücksichtigt. Die vorhandenen<br />
Wohnabschnitte waren und sind dabei sehr nützlich. Sie sollen beibehalten bleiben, weil eine solche<br />
Belegungspraxis maßgeblich zu einer weitgehend versöhnlichen Atmosphäre beiträgt. Damit würde<br />
auch in Zukunft <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>e Wohnblock (Friedrichstraße 102) als Übergangswohnheim für Asylbe-<br />
werber genutzt werden, und zwar mit einer Kapazität von 72 Plätzen.<br />
Der hintere Wohnblock (Friedrichstraße 104) steht leer und könnte für die Unterbringung <strong>der</strong> Ob-<br />
dachlosen genutzt werden. In diesem Wohnbereich stehen 16 Wohneinheiten (48 Zimmer) zur Ver-<br />
fügung. Im Obdachlosenbereich sollte nicht ohne Not ein Zimmer mit zwei o<strong>der</strong> mehr Personen be-<br />
legt werden. Somit könnten bis zu 48 obdachlose Menschen im Wohnblock Friedrichstraße 104 un-<br />
tergebracht werden. Derzeit leben im Stadtgebiet 11 Personen, die als obdachlos gelten (und eine<br />
Unterkunft im <strong>Vin</strong>nmannsweg haben).<br />
Selbst wenn bedacht wird, dass für etwaige kurzfristige Zuweisungen Platzreserven vorzuhalten<br />
sind, stehen an diesem Ort bis zu 25 Räume zur Verfügung, die als Obdachlosenheim konzipierbar<br />
sind. Eine solche Nutzung würde die Häuser am <strong>Vin</strong>nmannsweg endgültig überflüssig machen. Der<br />
Hauseingang und die Fenster des dann leergezogenen letzten Obdachlosenhauses jenseits <strong>der</strong><br />
Bahnstrecke wären vorerst zu barrikadieren. Der Zeitpunkt des Abrisses ist im Zusammenhang mit<br />
<strong>der</strong> Folgenutzung des Geländes zu sehen. Das ist bereits jetzt Gegenstand von Überlegungen (lo-<br />
gistische Nutzung des Kohlelagerplatzes – s. Drucksache Nr. 63/1).<br />
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Ergebnisse<br />
Es ist wahrscheinlich, dass we<strong>der</strong> die Anzahl <strong>der</strong> unterzubringenden Wohnungslosen noch die An-<br />
zahl <strong>der</strong> Asylbewerber „auf Null“ reduzierbar ist. Ohne ein Obdach für Wohnungslose und ein Über-<br />
gangswohnheim für Flüchtlinge wird die Stadt auch in Zukunft nicht auskommen. Dabei wird auch<br />
ein gewisser Leerstand an Räumen erfor<strong>der</strong>lich sein, um die Belegung flexibel gestalten zu können<br />
(o<strong>der</strong> mit an<strong>der</strong>en Worten: um für eine notwendige Erhöhung gewappnet zu sein).<br />
Obdachlose sollten nur noch im Gebäude an <strong>der</strong> Friedrichstraße 104 untergebracht sein. Dort ist zu<br />
den Tagzeiten ein Hausmeister anwesend. Neben <strong>der</strong> Durchführung von kleineren Reparaturen sind<br />
dadurch Aufsichtsmaßnahmen möglich, die auf sporadische Kontrollen in <strong>der</strong> dunklen Tageszeit<br />
ausgedehnt werden könnten. Die Aufenthaltsbedingungen im Übergangsheim sollen formell beglei-<br />
tet werden durch eine Satzung (und einen Hygieneplan), die Regelungen über die Nutzung und die<br />
damit verbundenen Rechte und Pflichten und die fälligen Nutzungsgebühren enthalten wird. Der<br />
Standortwechsel zur Friedrichstraße kann letztlich als Chance genutzt werden, von Anfang an eine<br />
verbesserte Kontrollstruktur zu schaffen und „subjektive Gewohnheitsrechte“ <strong>der</strong> Bewohnerschaft<br />
aufzubrechen. Die Verwaltung erhofft sich ferner durch einen Wechsel des Standorts, dass die Be-<br />
reitschaft wächst, Normalwohnraum zu beziehen. Der Caritasverband hält eine kurzfristige Normal-<br />
wohnraumübersiedlung von 4 Bewohnern für realistisch.<br />
Schlussendlich können Schritte angegangen werden, das Obdach wirtschaftlicher zu führen und die<br />
Kosten durch Vandalismus etc. zu minimieren. Hinzu käme bei einem Umzug, dass Kosten für die<br />
allgemeine Bauunterhaltung des Gebäudes am <strong>Vin</strong>nmansweg (zuletzt ca. 20.000 € jährlich) erspart<br />
bleiben. Ferner könnten die Planungen für eine Folgenutzung "ohne Fleck" aufgenommen werden<br />
(s.o.)<br />
Hinzuweisen ist allerdings auf die durch die Bauweise an <strong>der</strong> Friedrichstraße begründete Min<strong>der</strong>-<br />
laufzeit im Vergleich zur massiven Bauweise. Die Lebensdauer <strong>der</strong> Mobilbauten in Thermodul-<br />
Leichtbeton-Bauweise ist nicht endlich. Grob geschätzt wird aus heutiger Sicht noch eine sieben- bis<br />
zehnjährige Nutzungszeit angenommen. Soll die volle Nutzungszeit ausgeschöpft werden, wären in<br />
etwa viereinhalb Jahren die Verlängerung <strong>der</strong> am 01.09.2015 auslaufenden Baugenehmigung zu<br />
beantragen und vor Ende dieses Jahrzehnts ein neuer Standort und die dazugehörige Gebäudeher-<br />
richtung für die Unterbringung von Aussiedlern, Asylbewerbern und Obdachlosen zu besorgen.<br />
Finanzielle Auswirkungen:<br />
Die Bewirtschaftskosten am Standort <strong>Vin</strong>nmannsweg können eingespart werden (jährlich etwa<br />
20.000 €). Ansonsten ist die Erhöhung von Ausgabeansätzen nicht ersichtlich.<br />
Dr. Müllmann<br />
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