Wir Apotheker – kompetente und sichere ... - VAAÖ
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arbeitsrecht<br />
Bericht aus der Rechtsberatung<br />
Herste lung von Thalidomidkapseln in ö fentlichen Apotheken<br />
Die nebenstehende Amtliche Mitteilung, erschienen in der ÖAZ<br />
18 v. 29.08.2005, ist der vorläufige Abschluß eines Beratungs<strong>und</strong><br />
Betreuungsfalles, der die Rechtsabteilung des <strong>VAAÖ</strong> mehrere<br />
Monate beschäftigt hat. Das Ergebnis weist über den<br />
Einzelfall hinaus <strong>und</strong> soll daher hier nochmals besprochen wer-<br />
den.<br />
Ein Teil der Belegschaft der N.N. Apotheke trat an uns heran, da<br />
der Dienstgeber von den Angestellten die Herstellung von<br />
Thalidomidkapseln in verschiedener Stärke <strong>und</strong> großer Stückzahl<br />
verlangte. Er hatte die Dienstnehmerinnen in keiner Weise über<br />
den Stoff, mit dem sie arbeiteten, informiert <strong>und</strong> auch keine<br />
Schutzmaßnahmen ergriffen. Die Herstellung erfolgte zunächst<br />
ohne jegliche Schutzkleidung <strong>und</strong> geeignete Absaugung im einzigen<br />
Labor der Apotheke, durch das laufend durchgegangen<br />
werden muß <strong>und</strong> in dem auch alle anderen Zubereitungen erfolgen<br />
<strong>und</strong> gelagert werden.<br />
Erst nachdem die Angestellten<br />
übereinstimmende Befindlichkeitsstörungen<br />
feststellten, gingen<br />
sie den Hintergründen<br />
nach <strong>und</strong> <strong>–</strong> insbesondere die<br />
jungen Kolleginnen <strong>–</strong> waren<br />
alarmiert. Der Dienstgeber<br />
drohte bei Arbeitsverweigerung<br />
mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen.<br />
Allmählich konnten<br />
zumindest Teile einer Schutzkleidung<br />
durchgesetzt werden.<br />
In der Folge wurde das Arbeitsinspektorat<br />
eingeschaltet. Nach<br />
einer Begehung <strong>und</strong> Messung<br />
wurde bef<strong>und</strong>en, die getroffenen<br />
Maßnahmen seien ausreichend,<br />
eine Überschreitung<br />
von Grenzwerten liege nicht<br />
vor, obwohl es für Thalidomid<br />
überhaupt keine Grenzwerte<br />
für eine unbedenkliche Exposition<br />
gibt.<br />
Es stellte sich schnell heraus,<br />
dass es sich um Sammelbestellungen<br />
von Krankenhäusern handelte, deren Anstaltsapotheken<br />
<strong>–</strong> trotz entsprechender technischer Ausstattung <strong>–</strong> die Herstellung<br />
der in der Krebstherapie im Rahmen von Studien verwendeten<br />
Thalidomidkapseln u.a. aus rechtlichen Haftungsgründen ablehnten.<br />
Ausführliche Kontakte <strong>und</strong> Gespräche mit den zuständigen<br />
Beitrag von<br />
Dr. Vera Moczarski<br />
Abteilungen des Ges<strong>und</strong>heitsministeriums führten letztlich zu<br />
der hier zitierten Amtlichen Mitteilung.<br />
<strong>Wir</strong> möchten dazu ausdrücklich festhalten, dass die magistrale<br />
Zubereitung auch aus Sicht des <strong>VAAÖ</strong> eine der zentralen<br />
Aufgaben im Rahmen der <strong>Apotheker</strong>tätigkeit ist. Es muß sich<br />
aber auch tatsächlich um eine solche handeln, <strong>und</strong> nicht um<br />
eine serielle Massenproduktion.<br />
Mit gutem Gr<strong>und</strong> gibt es dafür entsprechende<br />
gesetzliche Auflagen,<br />
die sowohl der Sicherheit der<br />
Beschäftigten als auch der erzeugten<br />
Produkte dienen.<br />
Im Anlassfall hat der Dienstgeber<br />
nicht nur seine Fürsorgepflicht<br />
massiv verletzt (mangelnde Information,<br />
keine bzw. unzureichende<br />
Schutzmaßnahmen) sondern auch<br />
in Kauf genommen, dass das hergestellte<br />
Produkt <strong>–</strong> wegen der unzureichenden<br />
Arbeitsbedingungen<br />
<strong>–</strong> mangelhaft ist bzw. andere Arzneimittel<br />
mit Thalidomid kontaminiert<br />
werden.<br />
Insbesondere stimmt bedenklich,<br />
dass die Thalidomidkapseln aus<br />
dem Ausland sehr wohl hätten besorgt<br />
<strong>und</strong> mit entsprechender ministerieller<br />
Genehmigung importiert<br />
werden können. Es scheint,<br />
als sei dies unterblieben, weil<br />
diese unter entsprechend strengen<br />
Sicherheitsauflagen hergestellten<br />
Kapseln naturgemäß teurer waren, als die im dafür völlig ungeeigneten<br />
Labor einer öffentlichen Apotheke abgefüllten.<br />
Nach unserer letzten Information hat die entsprechende<br />
Apotheke lt. eigener Aussage dem Ministerium gegenüber die<br />
Herstellung eingestellt, vor Ort überprüft wurde dies <strong>–</strong> soweit<br />
uns bekannt <strong>–</strong> aber nicht.<br />
<strong>Wir</strong> betonen nochmals unser Bekenntnis zur magistralen Anfertigung in öffentlichen<br />
Apotheken als wichtigem Teil der Erfüllung des Versorgungsauftrages für die<br />
Bevölkerung.<br />
<strong>Wir</strong> lehnen aber ebenso entschieden die quasi-industrielle Herstellung von Arzneimitteln<br />
aus Profitgründen zu Lasten der Beschäftigten <strong>und</strong> auf Kosten der Produktsicherheit<br />
ab.<br />
Beides muß zur Wahrung des Ansehens <strong>und</strong> der Glaubwürdigkeit des Berufsstandes<br />
jedenfalls Priorität haben!<br />
14 pharmazie sozial 03/05