Hans Christian Andersen - Ministère de l'éducation nationale et de ...
Hans Christian Andersen - Ministère de l'éducation nationale et de ...
Hans Christian Andersen - Ministère de l'éducation nationale et de ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
…<br />
Sein Körper wur<strong>de</strong> von Koliken, Gelbsucht,<br />
Zahnweh und Glie<strong>de</strong>rschmerzen geschüttelt,<br />
so dass er sein l<strong>et</strong>ztes Lebensjahr – von<br />
August 74 bis Juli 75 – ziemlich einsam in<br />
seinen Zimmern am Nyhavn verbrachte.<br />
Im Juli 75 ließ er sich mit <strong>de</strong>r Kutsche auf<br />
Gut Rolighed <strong>de</strong>r Familie Melchior fahren.<br />
Der Tod trübte seine Augen und seine<br />
Kräfte nahmen rapi<strong>de</strong> ab, er konnte die<br />
Tafel nicht mehr mit Blumen und Gräsern<br />
schmücken, wie in all <strong>de</strong>n Jahren zuvor.<br />
Am 4. August 1875 starb <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong>.<br />
Gegenüber seinen langjährigen Freun<strong>de</strong>n<br />
hatte sich <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong> Jahre zuvor einmal<br />
geäußert, dass er dafür sorgen wür<strong>de</strong>,<br />
dass ein Guckloch in seinen Sarg zu<br />
bohren sei, damit er <strong>de</strong>n Trauerzug beobachten<br />
könnte; es könnte ja sein, dass<br />
er nur scheintot sei. Sogar im Falle seinen<br />
tatsächlichen To<strong>de</strong>s hielt <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong> noch<br />
einen einmalig spritzigen Sarkasmus<br />
bereit: „Wer mir nicht folgt, <strong>de</strong>m erscheine<br />
ich als Geist, und ich wer<strong>de</strong> bestimmt ein<br />
furchtbarer Geist sein!“ Eigentlich ist es<br />
eine Binsenweisheit, dass große Literatur<br />
fast immer durch schwere seelische<br />
Vertracktheiten zustan<strong>de</strong> kommt und in<br />
manchen Einzelfällen grandiose Gestalt<br />
annimmt. <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong> war grandios.<br />
Die Spannweite seiner Gefühls- und Gemütszustän<strong>de</strong>,<br />
die enorme Bandbreite<br />
seiner Sozial-Erfahrungen, seine heftigen<br />
Introspektionen und seine überragen<strong>de</strong><br />
Sprachgenialität erklären zu einem Teil<br />
die vielfältigen Qualitäten seiner literarischen<br />
Werke – vor allem die <strong>de</strong>r Märchen.<br />
Dort gilt es noch einiges zu entwirren.<br />
Nun steht ein Jubeljahr ins europäische<br />
Haus und am 2. April, <strong>de</strong>m Tag <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s,<br />
wird <strong>de</strong>s 200. Geburtstag von <strong>Hans</strong> <strong>Christian</strong><br />
<strong>An<strong>de</strong>rsen</strong> zu ge<strong>de</strong>nken sein; hoffentlich<br />
mit Glanz und Elend, mit Sentimentalität<br />
und Subversion, schnellem Witz und<br />
tiefgründiger Doppelbödigkeit und mit<br />
weiteren abenteuerlichen Ent<strong>de</strong>ckungen<br />
in <strong>de</strong>n Märchen <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong>s.<br />
16 MINISTÈRE DE L´ÉDUCATION NATIONALE | LUXEMBOURG 2005<br />
Beson<strong>de</strong>rs illustrierte Publikationen<br />
wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Liebhabern von <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong>-<br />
Märchen nahe gelegt, wobei zwischen<br />
Sammelbän<strong>de</strong>n und Büchern, in <strong>de</strong>nen<br />
ein einziges Märchen illustriert wur<strong>de</strong>,<br />
unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n muss:<br />
• Das <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong> Märchenbuch.<br />
Bearbeit<strong>et</strong> von Frie<strong>de</strong>run Reichenst<strong>et</strong>ter.<br />
Illustriert von Silke Leffler. Wien: B<strong>et</strong>z;<br />
94 Seiten. (13 Märchen)<br />
• Das große Märchenbuch.<br />
Illustriert von Joel Stewart.<br />
Aus <strong>de</strong>m Dänischen von Thyra Dorenburg.<br />
Einleitung von Naomi Lewis,<br />
aus <strong>de</strong>m Englischen von Gabriele Haefs.<br />
Düsseldorf: Sauerlän<strong>de</strong>r;<br />
208 Seiten. (13 Märchen)<br />
• Die allerschönsten Märchen von H.C. <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong>.<br />
Illustriert von Sabine M<strong>et</strong>z.<br />
Aus <strong>de</strong>m Dänischen von Heinrich Denhardt.<br />
München: Arsedition;<br />
128 Seiten. (10 Märchen)<br />
• <strong>Hans</strong> <strong>Christian</strong> <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong> Märchen.<br />
Illustriert von Nikolaus Hei<strong>de</strong>lbach.<br />
Aus <strong>de</strong>m Dänischen von Albrecht Leonhardt.<br />
Weinheim: Beltz & Gelberg;<br />
376 Seiten. (43 Märchen)<br />
• Die schönsten Märchen.<br />
von <strong>Hans</strong> <strong>Christian</strong> <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong>.<br />
Mit Bil<strong>de</strong>rn von Anastassija Archipowa.<br />
Einzelne Märchen nacherzählt<br />
von Arnica Esterl.<br />
esslinger.atelier. 5. Auflage 2004.<br />
• Die schönsten Märchen.<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Christian</strong> <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong>.<br />
Illustriert von Christa Unzner.<br />
Altberliner 1997.<br />
• Die kleine Meerjungfrau.<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Christian</strong> <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong><br />
mit Bil<strong>de</strong>rn von Lisb<strong>et</strong>h Zwerger.<br />
minedition. Michael Neugebauer. 2004.<br />
• Des Kaisers neue Klei<strong>de</strong>r.<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Christian</strong> <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong>.<br />
John Alfred Rowe. minedition.<br />
Michael Neugebauer. 2004.<br />
Das Märchen „Das hässliche Entlein“ soll<br />
als exemplarisches Beispiel herangezogen<br />
wer<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>n höchst verschie<strong>de</strong>nen<br />
Umgang von Illustratoren/Innen mit <strong>de</strong>m<br />
zweigesichtigen <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong> anzu<strong>de</strong>uten.<br />
Mit prägnanten Bil<strong>de</strong>rn, Episo<strong>de</strong> an<br />
Episo<strong>de</strong> geknüpft und aus einer 1,40 m<br />
Perspektive beobacht<strong>et</strong>, wahrgenommen<br />
und beschrieben sowie mit einer mehr<br />
als zweifelhaften Herkunftsmoral durchzogen,<br />
gleichlautend o<strong>de</strong>r in ähnlichen<br />
Zuweisungen wer<strong>de</strong>n die wesentlichen<br />
formalen Elemente und die angenommene<br />
Moral für dieses Märchen skizziert.<br />
Die Bil<strong>de</strong>r sind kräftig und klar: „Das Land“,<br />
„<strong>de</strong>r Sommer“, „das Korn“, „das Entennest“,<br />
„die Mutter“, „die Alte … die Wil<strong>de</strong>nten und<br />
die Jagdhun<strong>de</strong> … das Bauernhaus mit <strong>de</strong>r<br />
alten Frau, <strong>de</strong>m Kater und <strong>de</strong>r Henne“ …<br />
Episo<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n aneinan<strong>de</strong>rgereiht:<br />
Entennest, Entenhof, Entenjagd, Bauernhaus,<br />
erste Begegnung mit Schwänen,<br />
Winterteich, noch ein Bauernhaus,<br />
zweite Begegnung mit Schwänen, vor<br />
<strong>de</strong>m Schönsten verneigen sich die alten<br />
Schwäne;<br />
Der Blick bekommt die entsprechen<strong>de</strong><br />
Höhe zugewiesen:„…große Ampferblätter…,<br />
dass kleine Kin<strong>de</strong>r aufrecht unter <strong>de</strong>n größten<br />
von ihnen stehen konnten … – wie ist die<br />
Welt doch so groß …, ein fürchterlich großer<br />
Hund dicht neben ihm“; Die Zeile: „Es macht<br />
nichts, im Entenhof geboren zu sein, wenn<br />
man nur in einem Schwanenei gelegen hat!“<br />
wird durchweg als entlarven<strong>de</strong> Aussage<br />
zu <strong>An<strong>de</strong>rsen</strong>s Auffassung interpr<strong>et</strong>iert,<br />
naturgegeben ausgericht<strong>et</strong> zu sein; m.E.<br />
durchweht gera<strong>de</strong>zu ein bissiger Spott die<br />
„hässliche Entlein-Welt“:<br />
„… stolzierte <strong>de</strong>r Storch … schwatzte ägyptisch,<br />
<strong>de</strong>nn diese Sprache hatte er von<br />
seiner Mutter gelernt …“ • o<strong>de</strong>r – „Wie ist<br />
die Welt doch groß“ staunen die Entlein<br />
und die Mutter gibt ihnen <strong>de</strong>n Plan mit<br />
„Glaubt ihr, das sei die ganze Welt? … Die<br />
erstreckt sich weit bis auf die an<strong>de</strong>re Seite<br />
<strong>de</strong>s Gartens, gera<strong>de</strong> hinein in das Feld <strong>de</strong>s<br />
Pfarrers. Aber dort bin ich nie gewesen“ …<br />
• o<strong>de</strong>r – sagt doch die Entenmutter über<br />
ihre gera<strong>de</strong> ausgebrüt<strong>et</strong>en Entlein: „Sie<br />
gleichen alle miteinan<strong>de</strong>r ihrem Vater. – Der<br />
Schuft! Er kommt mich nicht mal besuchen.“<br />
Wie aktuell, in Zeiten flüchten<strong>de</strong>r Väter<br />
und selbstbewusster Mütter.<br />
• O<strong>de</strong>r – als die zwei draufgängerischen<br />
Wildgänse kurz bevor sie „piff, paff“ abgeknallt<br />
wur<strong>de</strong>n zum hässlichen Entlein<br />
sagen: „ … du bist so hässlich, dass wir dich<br />
gut lei<strong>de</strong>n mögen … hier ganz in <strong>de</strong>r Nähe …