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Juveniler Morbus Adamantiades - Städtisches Klinikum Dessau

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258<br />

Hautarzt<br />

1997 · 48:258–261 © Springer-Verlag 1997<br />

Zusammenfassung<br />

Der 12jährige Junge entwickelte innerhalb<br />

von zwei Jahren den vollen Symptomenkomplex<br />

eines <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet.<br />

Es handelte sich um die mukokutane Variante<br />

der Erkrankung mit rezidivierenden<br />

bis persistierenden oralen Aphthen mit Beteiligung<br />

der Rachenhinterwand, rezidivierenden<br />

Genitalulzera, perianalen Ulzerationen<br />

und ein positives Pathergie-Phänomen.<br />

Eine Augenbeteiligung sowie weitere, mit<br />

der Erkrankung asoziierte, Symptome wurden<br />

nicht nachgewiesen, allerdings wiesen<br />

das junge Alter beim Auftreten der Erkrankung<br />

und das männliche Geschlecht eher auf<br />

eine schlechte Prognose hin. Beim Vater des<br />

jungen Patienten bestand ein Asthma bronchiale<br />

mit rezidivierenden Infekten der<br />

Atemwege. Es war ein IgG-3-Subklassendefekt<br />

bekannt. Die immunologischen Untersuchungen<br />

des Jungen sowie seines Vaters<br />

zeigten im Lymphozytentransformationstest<br />

jeweils eine stark erniedrigte Stimulation<br />

mit Anti-CD3-monoklonalem Antikörper bei<br />

normaler Stimulation mit PWM, CoA und<br />

PHA. Darüber hinaus war bei beiden Patienten<br />

der lösliche Interleukin-6-Rezeptor im<br />

Serum stark reduziert.<br />

Schlüsselwörter<br />

<strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet · Immundefekt<br />

| Der Hautarzt 4·97<br />

Farbbildkasuistik<br />

Katja Krüger 1 · Klaus Fritz 1 · Volker Daniel 2 · Christos C. Zouboulis 3 · 1 Gemeinschaftspraxis<br />

Dr.Klaus Fritz, Dr.Isabel Gahlen, Landau · 2 Institut für Immunologie (Leiter:Prof.Dr.S.C.Meurer),<br />

Universität, Heidelberg · 3 Universitäts-Hautklinik und Poliklinik (Leiter und Geschäftsf.Direktor:<br />

Prof.Dr.Prof.h.c.C.E.Orfanos), <strong>Klinikum</strong> Benjamin Franklin, Freie Universität, Berlin<br />

<strong>Juveniler</strong> <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-<br />

Behçet bei erniedrigter Stimulation<br />

mit Anti-CD3-monoklonalen<br />

Antikörper<br />

Beim <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet<br />

handelt es sich um eine schubweise,<br />

meist chronisch progredient verlaufende<br />

Allgemeinerkrankung vom Typ einer<br />

Systemvaskulitis mit polytoper Organbeteiligung<br />

[28]. Die Originalbeschreibungen<br />

stammen aus den Jahren<br />

1931 und 1937 [1, 5]. Die Erkrankung<br />

wird klinisch durch das rezidivierende<br />

Auftreten von oralen Aphthen, Genitalulzera<br />

und Iritis mit Hypopyon gekennzeichnet.<br />

Die Prognose ist ernst; die<br />

Schwere der Erkrankung wird in der<br />

Regel vom Grad der Behinderung<br />

durch Erblindung, systemische vaskuläre<br />

Manifestationen, neurologische<br />

Ausfälle und Darmperforation bestimmt<br />

[28]. In 2–7% der Fälle kommen<br />

letale Verlaufsformen vor.<br />

Der <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet<br />

beginnt gewöhnlich – unabhängig von<br />

Geschlecht oder geographischer Region<br />

– im dritten oder vierten Lebensjahrzehnt<br />

[28]. Allerdings wurde auch ein<br />

sehr früher oder später Anfangszeitpunkt<br />

registriert. Kinder können an<br />

einzelnen Symptomen eines <strong>Morbus</strong><br />

<strong>Adamantiades</strong>-Behçet erkranken [12,<br />

20]. Der volle Symptomenkomplex ist<br />

allerdings im Kindesalter selten und<br />

manifestiert sich lediglich bei 1,5–3,1%<br />

der Patienten vor dem 15. bzw. dem 16.<br />

Lebensjahr [13, 22].<br />

Obwohl die Erkrankung seit der<br />

Antike beobachtet wird, bleibt ihre<br />

Ätiologie bis heute unklar [28]. Diskutiert<br />

wird das Zusammenspiel verschiedener<br />

Faktoren, insbesondere einer genetischen<br />

Prädisposition, einer potentiellen<br />

infektiösen Genese viraler oder<br />

bakterieller Herkunft, multipler Dysregulationen<br />

des Immunsystems, darunter<br />

auch eine verstärkte Chemotaxis, eines<br />

Defekts an Endothelzellen und einer<br />

gestörten Regulation von Gerinnungsfaktoren.<br />

Man vermutet, daß eine<br />

genetische Prädisposition in Kombination<br />

mit einem exogenen Faktor – z.B.<br />

eine Infektion – zur Störung der Immunregulation<br />

und somit zur Manifestation<br />

der Erkrankung führt [28].<br />

Wir stellen hier den seltenen Fall<br />

eines Kindes mit aktivem mukokutanen<br />

<strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet vor.<br />

Die immunologischen Untersuchungen<br />

sowohl des Patienten als auch seines<br />

Vaters, der an einem bekannten IgG-3<br />

Subklassendefekt bei Asthma bronchiale<br />

und rezidivierenden Infekten der<br />

Atemwege erkrankt ist, zeigten eine<br />

Reihe von Auffälligkeiten<br />

Kasuistik<br />

Anamnese<br />

Bei dem 12jährigen Jungen traten vor zwei<br />

Jahren erstmalig Genitalulzera auf. Kurze<br />

Zeit später folgten orale Aphthen. Während<br />

erstere langsam abheilten zeigten die Aphthen<br />

starke Rezidivfreudigkeit und neigten<br />

zur Persistenz. Insbesondere die hinteren<br />

Abschnitte der Mundhöhle und die Rachenhinterwand<br />

waren mit größeren teils entzündlichen<br />

teils erosiven Läsionen versehen.<br />

Aus der Anamnese ergaben sich keine<br />

Hinweise auf Augen- und Gelenkbeteiligung,<br />

sowie neurologische und gastrointe-<br />

Dr. K Krüger<br />

Praxis Dr. Guldner-Engelmann, Dr. Shih,<br />

Leonberger Straße 97, D-71229 Leonberg&/fn-block:&bdy:


Hautarzt<br />

1997 · 48:258–261 © Springer-Verlag 1997<br />

K. Krüger · K. Fritz · V. Daniel · Ch.C. Zouboulis<br />

Juvenile <strong>Adamantiades</strong>-Behçet’s disease<br />

with diminished response to stimulation<br />

with anti-CD3 monoclonal antibody<br />

Summary<br />

A 12 year old boy developed the complete<br />

symptom complex of <strong>Adamantiades</strong>-Behçet’s<br />

disease over a two-year period. He presented<br />

with the mucocutaneous variant with<br />

recurrent to persistent oral ulcers which extended<br />

into the pharynx, recurrent genital<br />

ulcers, perianal lesions, and a positive pathergy<br />

test. Ocular involvement and other<br />

symptoms associated with the disease were<br />

absent. However, the early onset of the<br />

disease and the male gender indicated a bad<br />

prognosis.The patients father deficiency of<br />

suffered from bronchial asthma with recurrent<br />

respiratory infections. An IgG-3 subclass<br />

was detected. Lymphocyte transformation<br />

tests showed markedly diminished response<br />

to stimulation with anti-CD3 monoclonal antibody<br />

in both patients, while response to<br />

PWM, CoA and PHA was normal. In addition,<br />

the concentration of serum soluble interleukin<br />

6 receptor was reduced in both patients.<br />

Key words<br />

<strong>Adamantiades</strong>-Behçet’s disease · Immune<br />

deficiency<br />

Abb. 1a, b � Histologische Untersuchung<br />

der Pathergiereaktion<br />

bei einem <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-<br />

Behçet. (a) Kräftiges entzündliches<br />

Infiltrat im mittleren Corium.<br />

Im oberen Papillarkörper<br />

sind einige extravasale Erythrozyten<br />

und eine kräftige Ödembildung<br />

zu sehen. Das Epidermis ist<br />

flach mit Spongiose und einer<br />

schmalen korbgeflechtartigen<br />

Hornschicht (H & E, 14,5×).<br />

(b) Massive Akkumulation neutrophiler<br />

Granulozyten im entzündlichen<br />

Infiltrat, die stellenweise<br />

betont perivaskulär liegen<br />

(H & E, 72×)<br />

a<br />

stinale Symptome oder rezidivierende<br />

Thrombophlebitiden. Die familiäre Anamnese<br />

war bzgl. eines <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-<br />

Behçet leer. Beide Elternteile waren deutscher<br />

Herkunft. Der Vater des Jungen litt an<br />

rezidivierenden Atemwegsinfekten mit<br />

Asthma bronchiale bei bekanntem isoliertem<br />

IgG-3-Subklassendefekt. Der Verdacht<br />

einer familiären Koinzidenz immunologischer<br />

Auffälligkeiten war der Anlaß, weitere<br />

Untersuchungen durchzuführen.<br />

Befunde<br />

Bei der klinischen Untersuchung waren in<br />

Abheilung befindende Genitoanalulzera<br />

und eine floride Aphthe an der Rachenhinterwand<br />

zu sehen. Die Genitoanalulzera<br />

heilten mit Hinderlassung von Narben ab.<br />

Nach einer intrakutanen Injektion von 0,1<br />

ml 0,9%iger Kochsalzlösung gelang der<br />

Nachweis eines positiven Pathergiephänomens.<br />

Der HLA-Phänotyp des Sohnes war:<br />

A2, A22, B35, Cw4, DR4, der des Vaters: A11,<br />

A24, B35, B44, Cw2, DR4, DR7. Sowohl beim<br />

Sohn als auch beim Vater zeigten sich im<br />

Lymphozytenstimulationstest eine erniedrigte<br />

Stimulation mit Anti-CD3-monoklonalem<br />

Antikörper bei normaler Stimulation<br />

mit PWM, CoA und PHA. Beim Vater zeigte<br />

sich zusätzlich noch eine erniedrigte allogene<br />

Stimulation. Der lösliche Interleukin-6-<br />

Rezeptor im Serum war stark erniedrigt<br />

sowohl beim Sohn 9157 pg/ml als auch<br />

beim Vater 822 pg/ml (Normbereich 30000–<br />

60000 pg/ml). Der Vater zeigte einen isolierten<br />

IgG-3-Subklassendefekt in Serum mit<br />

0,26 g/l (Normbereich 0,41–1,29 g/l) bei<br />

gleichzeitig niedrigem Gesamt-IgG von 6,3<br />

g/l (Normbereich 8–18 g/l). Dagegen lag der<br />

Sohn mit IgG-3 0,52 g/l im Normbereich<br />

(0,13–1,17 g/l).<br />

Die toxikologische Untersuchung (Lindan,<br />

Pentachlorphenol, polychlorite Biphenyle,<br />

Hexachlorcyclohexan), sowie der Gerinnungsstatus<br />

und die Bestimmung von<br />

Kupfer im Serum waren bei Vater und Sohn<br />

unauffällig. Ein Hinweis auf eine Typ-I-Sensibilisierung<br />

lag nicht vor.<br />

b<br />

Histologische Untersuchung der<br />

Pathergiereaktion<br />

Im Bereich des mittleren Koriums sieht man<br />

ein kräftiges entzündliches Infiltrat mit einer<br />

massiven Akkumulation neutrophiler<br />

Granulozyten (Abb. 1). Stellenweise liegen<br />

die neutrophilen Granulozyten betont perivaskulär.<br />

Allerdings ist weder eine Leukozytoklasie<br />

noch eine fibrinoide Nekrose der<br />

einzelnen Gefäßwände festzustellen. Im<br />

oberen Papillarkörper findet man einige extravasale<br />

Erythrozyten und eine kräftige<br />

Ödembildung. Das Deckepithel ist flach mit<br />

Spongiose und einer schmalen korbgeflechtartigen<br />

Hornschicht.<br />

Besprechung<br />

Der 12jährige Patient zeigte rezidivierende<br />

bis persistierende orale Aphthen<br />

mit Beteiligung der Rachenhinterwand,<br />

Genitalulzera und perianale Ulzera als<br />

kutane Manifestation und ein positives<br />

Pathergie-Phänomen. Mit Hilfe der Kriterien<br />

der “International Study Group<br />

for Behçet’s disease” [15] und nach dem<br />

Ausschluß anderer Erkrankungen stellten<br />

wir die Diagnose eines <strong>Morbus</strong><br />

<strong>Adamantiades</strong>-Behçet.<br />

Die Diagnose eines <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet<br />

wird häufig durch<br />

monosymptomatische Phasen und<br />

asynchrones Auftreten der Symptome<br />

erschwert. Bei multiplen Aphthen pro<br />

Schub, insbesondere wenn die Aphthen<br />

auch im hinteren Bereich der Mundhöhle<br />

lokalisiert sind, sollte ein <strong>Morbus</strong><br />

<strong>Adamantiades</strong>-Behçet in Erwägung gezogen<br />

werden [7]. Etwa 17% der Patienten<br />

mit einer rezidivierenden Aphthose<br />

entwickeln über die Jahre den vollen<br />

Symptomenkomplex der Erkrankung<br />

[21].<br />

Der Hautarzt 4·97 | 259


260<br />

Perianale Ulzerationen kommen<br />

fast ausschließlich beim juvenilen <strong>Morbus</strong><br />

<strong>Adamantiades</strong>-Behçet vor. Während<br />

sie sich bei weniger als 1% der<br />

erwachsenen Patienten manifestieren,<br />

treten sie bei 6–14% der unter 15 Jahren<br />

alten Patienten auf [13].<br />

Das Phänomen der kutanen Pathergie<br />

bzw. einer Hyperreaktivität der<br />

Haut an Stellen kleiner Verletzungen<br />

gehört heute zu den Hauptkriterien der<br />

Erkrankung [15]. Die kutane Pathergie<br />

manifestiert sich klinisch als erythematöse<br />

Infiltration, Papel oder sterile Pustel<br />

am Ort eines Nadelstiches bzw. einer<br />

kleinen Verletzung bis zu 48 h nach<br />

dem Geschehen. Im deutschsprachigen<br />

Raum wird das Phänomen der kutanen<br />

Pathergie auch Katzenellenbogen-Phänomen<br />

genannt [17]. Die Pathergie-Reaktion<br />

ist bei westeurpäischen Patienten<br />

häufig negativ und weist signifikant<br />

niedrigere Positivitätsraten auf als bei<br />

Patienten, die aus den Endemiegebieten<br />

stammen [27]. Das Pathergie-Phänomen<br />

ist eine vaskuläre Reaktion:<br />

sie weist histologisch subepidermale<br />

Ödembildung, Schwellung der Kapillarendothelien<br />

und dichtes, perivaskuläres,<br />

entzündliches Infiltrat überwiegend<br />

von neutrophilen Granulozyten<br />

auf [16,25].<br />

Das vermehrte Auftreten der Erkrankung<br />

innerhalb von Familien und<br />

das häufige Vorkommen von HLA-B5<br />

bei Patienten unterschiedlicher Herkunft<br />

[28] konnte bei den deutschstämmigen<br />

Patienten des Deutschen<br />

Registers „<strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet“<br />

nicht aufgezeigt werden [29]. Interessanterweise<br />

besteht ein Zusammenhang<br />

zwischen dem Vorhandensein<br />

des HLA-B5-Antigens und einer<br />

Augenbeteiligung bzw. einem Befall<br />

des Gefäßsystems [6, 29]. Somit bekommt<br />

das HLA-B5-Antigen eine prognostische<br />

Bedeutung. Das Fehlen des<br />

HLA-B5 bei unserem Patienten spricht<br />

gegen eine zu erwartende systemische<br />

Gefäßbeteiligung. Im Gegensatz dazu<br />

sind das männliche Geschlecht und die<br />

frühe Manifestation der Erkrankung in<br />

der Regel schlechte Prognosemarker<br />

[28].<br />

Die bei unseren Patienten nachgewiesene<br />

normale Lymphozytenstimulation<br />

mit CoA und PHA bei Kranken<br />

mit <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet ist<br />

aus einer früheren Studie bekannt [8].<br />

Bei unserem jungen Patienten und sei-<br />

| Der Hautarzt 4·97<br />

Farbbildkasuistik<br />

nem Vater fand sich jeweils im Lymphozytenstimulationstest<br />

eine stark erniedrigte<br />

Stimulation mit Anti-CD3monoklonalem<br />

Antikörper, welches<br />

gegen den T-Zellrezeptorkomplex gerichtet<br />

ist [10]. Dieses ist als Ausdruck<br />

eines Immundefektes zu werten. Bei<br />

<strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet finden<br />

sich in bezug auf die T-Lymphozyten<br />

zum Teil widersprüchliche Beobachtungen,<br />

die auf ein komplexes Ungleichgewicht<br />

innerhalb der T-Zell-<br />

Subpopulationen hinweisen.<br />

Der deutlich erniedrigte lösliche<br />

Interleukin-6-Rezeptor bei unserem<br />

Patienten kann durch eine, wahrscheinlich<br />

reaktiv, ehöhte Serumkonzentration<br />

von Interleukin-6 bei Patienten mit<br />

<strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-Behçet erklärt<br />

werden [26]. Darüber hinaus waren<br />

Zeichen einer erhöhten Immunreaktivität<br />

beim jungen Patienten zu finden,<br />

nämlich das erhöhte Serum-IgA [10].<br />

Der Nachweis eines erhöhten Immunglobulinspiegels<br />

im Serum bei Patienten<br />

im Erkrankungsschub weist auf das<br />

Vorliegen einer polyklonalen B-Zell-<br />

Aktivierung ohne obligate begleitende<br />

Zunahme der gesamten Zellzahl hin<br />

[14, 23]. Eine mögliche Zunahme der<br />

Zahl aktivierter, nicht mehr adäquat<br />

stimulierbarer B-Lymphozyten mit<br />

gleichzeitiger Erniedrigung von ruhenden,<br />

zirkulierenden B-Lymphozyten<br />

liegt auch bei bestimmten Virusinfektionen<br />

sowie bei Autoimmunerkrankungen<br />

vor. Die meisten in den letzten<br />

Jahren erhobenen Befunde vertreten<br />

die Auffassung, daß es sich beim <strong>Morbus</strong><br />

<strong>Adamantiades</strong>-Behçet um eine Erkrankung<br />

mit gesteigerter Immunreaktivität<br />

handelt [9].<br />

Das Konzept einer Autoimmunpathogenese<br />

hat durch den Nachweis von<br />

spezifisch gegen verschiedene humane<br />

Antigene gerichtete Antikörper an Bedeutung<br />

gewonnen [18, 28]. Solche<br />

Antikörper richten sich gegen Endothelzellen,<br />

Keratinozyten der oralen<br />

Schleimhaut, neutrophile Granulozyten<br />

(ANCA), Keratinkomponenten, Glukolipide,<br />

Ganglioside, Lipopolysaccharide<br />

und Cardiolipin [2, 3, 24, 30]. Ein vaskulärer<br />

Befall kann auch durch zirkulierende<br />

Immunkomplexe verursacht<br />

werden, die sich an der Gefäßwand vieler<br />

Organe ablagern [4, 11]. Versuche,<br />

ein krankheitspezifisches Antigen aus<br />

isolierten Immunkomplexen zu identifizieren,<br />

sind bisher nicht gelungen.<br />

Für eine Beteiligung bei der Pathogenese<br />

der Erkrankung wurden Umweltschadstoffe,<br />

wie z.B. organische<br />

Phosphatverbindungen, Kupfer, polychlorierte<br />

Biphenyle und Zink, verantwortlich<br />

gemacht [19]. Allerdings erscheint<br />

eine spezifische Rolle dieser<br />

Stoffe bei der Auslösung der Erkrankung<br />

fraglich.<br />

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29. Zouboulis ChC, Büttner P, Djawari D, Kirch W, Keitel<br />

W, Garbe C, van Keyserlingk-Eberius H-J, Orfanos<br />

CE (1993) HLA-Muster bei <strong>Morbus</strong> <strong>Adamantiades</strong>-<br />

Behçet in Deutschland: Assoziation zum<br />

Auftreten, der klinischen Symptomatik und<br />

dem Krankheitsverlauf bei 39 Patienten.<br />

Hautarzt 44:81–84 und 256 (Erratum)<br />

30. Zouboulis ChC, Büttner P,Tebbe B, Orfanos CE<br />

(1993) Anticardiolipin antibodies in <strong>Adamantiades</strong>-Behçet’s<br />

disease. Br J Dermatol<br />

128:281–284<br />

&misc:Eingegangen am 22. Februar 1996<br />

Angenommen am 15.Mai 1996<br />

Der Hautarzt 4·97 | 261

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