LVSA Angeljournal (PDF 811 KB) - Landesverband Sächsischer ...
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<strong>Landesverband</strong> <strong>Sächsischer</strong> Angler e. V.<br />
Fortsetzung von Seite 023 »<br />
europarechtlichen Seite kein weiterer<br />
Regelungsbedarf bestünde. Artikel 9 der<br />
Vogelschutzrichtlinie lässt die Dezimierung<br />
der Kormoranbestände unter bestimmten<br />
Voraussetzungen zu. Nur ist<br />
es jedem Mitgliedsland selbst überlassen,<br />
ob es von dieser Möglichkeit Gebrauch<br />
macht. Und genau hier liegt das<br />
Problem. So werden z. B. in Sachsen auf<br />
Grundlage der Sächsischen Kormoranverordnung,<br />
übrigens der weitreichendsten<br />
aller Bundesländer, Kormorane geschossen,<br />
die Jahr für Jahr zu Tausenden<br />
aus nördlich gelegenen EU-Mitgliedsstaaten<br />
zur Überwinterung kommen.<br />
Nach Meinung von Herrn Savio könne<br />
man jedoch die EU-Mitgliedsländer<br />
nicht dazu verpflichten, z.B. in ihren<br />
Brutgebieten Reduktionsmaßnahmen<br />
durchzuführen. Man könne nicht in nationales<br />
Recht eingreifen. Irgendwie gewinnt<br />
man hier den Eindruck, dass sich<br />
die EU aus dem Konflikt möglichst heraushalten<br />
will. Denn wie ist es sonst zu<br />
verstehen, dass einerseits von Brüssel<br />
aus festgelegt werden kann, ob die Gurken<br />
gerade oder krumm sein dürfen,<br />
oder dass eine Stadt wie Berlin dazu gezwungen<br />
werden kann, eine Seilbahnverordnung<br />
zu erlassen und es andererseits<br />
bei dem wirklich dringenden Problem,<br />
nämlich der Anpassung des europaweiten<br />
Kormoranbestandes an die Bedingungen<br />
einer Kulturlandschaft angeblich<br />
keine Handhabe gibt.<br />
Dr. Helmut Winkler von der Universität<br />
Rostock stellte seine Forschungsergebnisse<br />
zur Wirksamkeit einer „Geburtenkontrolle“<br />
vor. Bei einem jetzt<br />
vorhandenen Brutvogelbestand in<br />
Mecklenburg-Vorpommern von ca.<br />
16 000 Brutpaaren würde es bei einer<br />
Senkung des Schlupferfolges um 38 %<br />
etwa einhundert Jahre dauern, bis sich<br />
ein Bestand von ca. 1 400 Brutpaaren<br />
einstellt, bei der gegenwärtigen Mortalitätsrate<br />
und ohne Fremdzuzug. Hieran<br />
sieht man schon das dringende Erfordernis,<br />
zumindest zeitweise auch<br />
Abschüsse vorzunehmen.<br />
Anhand von Beringungen von Kormoranen<br />
konnte Dr. Ulrich Köppen<br />
von der Beringungszentrale in Hiddensee<br />
nachweisen, dass in den letzten Jahren<br />
ein verstärkter Zuzug von Winter-<br />
024 Fischer & Angler in Sachsen, Frühjahr 2011<br />
gästen aus den stark anwachsenden<br />
Brutkolonien des Baltikums nach Zentraleuropa<br />
erfolgt.<br />
Reinhart Sosat vom Landesfischereiverband<br />
Baden-Württemberg verwies<br />
auf fehlgeschlagene Versuche, Fischbestände<br />
in Seen und Fließgewässern<br />
durch Einbringen von Totholz zu schützen.<br />
Die Kormorane lernten sehr<br />
schnell, dass sich an den künstlichen<br />
Strukturen die meisten Fische einfinden<br />
und machten trotz der Hindernisse reiche<br />
Beute. Das deckt sich auch mit der Erfahrung,<br />
dass selbst in völlig natürlichen,<br />
gut strukturierten Gewässerabschnitten<br />
der Fischbestand durch Kormorane nahezu<br />
ausgelöscht werden kann. Trotzdem<br />
wird in bestimmten Naturschutzkreisen<br />
nach wie vor behauptet, das Kormoranproblem<br />
könne allein durch Gewässerrenaturierungen<br />
gelöst werden.<br />
Zum Schluss der Veranstaltung einigte<br />
man sich auf eine Liste, die den Handlungsbedarf<br />
sowohl auf europäischer als<br />
auch auf nationaler Ebene umreißt. Dabei<br />
geht es zunächst um eine klare Zielvorgabe,<br />
mit welcher Bestandsgröße der<br />
Kormoran dauerhaft in die Kulturlandschaft<br />
integriert werden kann, und zwar<br />
so, dass wirtschaftliche Fischerei möglich<br />
ist und andere Arten in ihrem Bestand<br />
nicht bedroht werden. Bestandsregulierungen<br />
müssen national und auf<br />
europäischer Ebene so koordiniert werden,<br />
dass sie effektiv und tierschutzgerecht<br />
durchgeführt werden können.<br />
Die Anwesenden waren sich darin<br />
einig, dass diese Ziele nur mit allen Beteiligten<br />
auf sachlicher Grundlage zu erreichen<br />
sind. So soll vor allem die<br />
„Fachöffentlichkeitsarbeit“ forciert werden.