Die Syphilis im Kindesalter - Kathrin von Basse
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schen Erkrankung des Kindes würde es also bei Vorhandensein der <strong>Syphilis</strong> der Mutter<br />
unzweifelhaft bleiben können, ob das Gift am Ovulum gehaftet hat oder auf dem<br />
Blutwege übertragen worden ist. Es wird sich aber später zeigen, dass der letztere Fall<br />
der ungemein viel seltener vorkommende ist.<br />
Obwohl es also trotz aller Bemühungen der Bakteriologen nicht gelungen ist,<br />
das Contagium der <strong>Syphilis</strong> darzustellen, so darf aus den klinischen Thatsachen doch<br />
mit Sicherheit geschlossen werden, dass das Contagium die Eigenschaft haben muss,<br />
an einer oder einigen wenigen Zellen der Zeugungsorgane zu haften und, ohne dass<br />
diese in ihrer Entwicklung und ungemessenen Vermehrung gehemmt werden, seine<br />
pathogenen Kräfte monatelang bewahren kann.<br />
Kapitel III.<br />
Pathologische Anatomie<br />
Man kann wohl sagen, dass das Studium der pathologischen Veränderungen<br />
bei der hereditären <strong>Syphilis</strong> die furchtbare Wirkung des syphilitischen Virus auf den<br />
Organismus noch erschreckender kennen lehrt, als dies be<strong>im</strong> Erwachsenen der Fall ist.<br />
Denn es giebt kaum ein Organ, welches nicht den verderblichen Einflüssen desselben<br />
verfallen könnte. Am häufigsten pflegen <strong>im</strong>mer gerade die lebenswichtigen inneren<br />
Apparate <strong>von</strong> schweren unausgleichbaren Veränderungen ihrer Struktur befallen<br />
zu werden. Fast nie beschränkt sich die Erkrankung auf eine oder wenige<br />
Körperstellen, sondern <strong>im</strong>mer pflegen mehrere verschiedene Gebiete, und oft in<br />
grosser Ausdehnung, affiziert zu sein. –<br />
<strong>Die</strong>ser perniciöse Charakter der Heredosyphilis erklärt sich aus dem Umstande,<br />
dass das Gift eben den ersten Zellen, aus denen der Organismus sich entwickelt, bereits<br />
anhaftet und mit den wachsenden Zellen unmittelbar nach allen Richtungen<br />
des Wachstums sich ausbreiten kann. <strong>Die</strong>se allgemeine Durchseuchung, diese weit<br />
ausgebreiteten anatomischen Störungen haben ein frühes Absterben des wachsenden<br />
Organismus zur Folge. – So kommt es, dass die Familiensyphilis zu einer enormen<br />
Polymortalität der Nachkommenschaft Veranlassung giebt, welche bis zu zwei Dritteln<br />
der entstandenen Wesen wieder vernichtet. Und zwar geschieht dieses Absterben<br />
sehr gewöhnlich vor Ablauf der natürlichen Entwicklung <strong>im</strong> Mutterleibe, oder<br />
nach kurzer, über wenige Stunden, Tage oder höchstens Wochen sich erstreckenden<br />
Lebensdauer. <strong>Die</strong>se recht zahlreichen Fälle also, wo die ererbte <strong>Syphilis</strong> durch charakteristische<br />
anatomische Veränderungen innerer Organe an der Leiche sich zu erkennen<br />
giebt, sind <strong>im</strong> Allgemeinen n i c h t Gegenstand der k l i n i s c h e n Beobachtung,<br />
weil sie absterben, ehe eine solche möglich ist.<br />
Es wird allerdings hierbei zunächst nur <strong>von</strong> denjenigen syphilitischen Veränderungen<br />
die Rede sein, welche die Neugeborenen und sehr jungen Säuglinge darbieten.<br />
<strong>Die</strong> Lues hereditaria t a r d a bleibt bei der folgenden Schilderung aus dem Spiele.<br />
<strong>Die</strong> Pathologie dieser wird passender <strong>im</strong> Anschluss an die Definition und die klinische<br />
Beschreibung der dahingehörigen Zustände abgehandelt werden.<br />
Umgekehrt aber findet man in der Regel in den Leichen <strong>von</strong> Kindern, die man<br />
längere Zeit, Wochen und Monate, klinisch zu beobachten Gelegenheit hatte und<br />
wo man die später zu erörternden syphilitischen Erscheinungen an der Haut und den<br />
Schle<strong>im</strong>häuten sicher konstatieren konnte, k e i n e s y p h i l i t i s c h e n Veränderungen<br />
der inneren Organe, sondern nur die Zeichen eines allgemeinen Marasmus, der<br />
aber auch wieder auf die syphilitische Infektion zurückgeführt werden muss. –<br />
Es scheinen hier die pathologisch anatomische und die klinische Erfahrung aus-