Demographie konkret – - Ruhr-Universität Bochum
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Wenn die Adresse über die persönliche<br />
Zukunft entscheidet<br />
Johannes Meier, Kirsten Witte<br />
Wir werden weniger, älter und bunter. In vielen deutschen Städten<br />
sind die demographischen Veränderungen deutlich spürbar:<br />
abnehmende Bevölkerungszahlen, eine Zunahme des Anteils<br />
älterer Menschen und ein deutlicher Rückgang des Anteils von<br />
Kindern und Jugendlichen. Dabei ist die Entwicklung in den einzelnen<br />
Kommunen sehr unterschiedlich. Während einige Kommunen<br />
sogar weiterwachsen, haben andere mit Bevölkerungsverlusten<br />
von bis zu 40 Prozent zu rechnen.<br />
Die Schrumpfung der Städte ist dabei häufig mit der eindeutigen<br />
Tendenz zur sozialen Entmischung der Stadtteile verbunden<br />
<strong>–</strong> und dies betrifft keineswegs nur die Gruppe der Migranten.<br />
Auch Arbeitslosigkeit, Armut, Kinderreichtum und Bildungsstand<br />
der Bevölkerung kann man inzwischen in vielen<br />
Städten an der Adresse ablesen. Besonders auffällig ist dabei,<br />
dass die verschiedenen Dimensionen der sozialen Segregation<br />
stark korrelieren.<br />
Kinder sind am stärksten von dieser Entwicklung betroffen. Sie<br />
sind es, die die Konsequenzen ein Leben lang spüren werden:<br />
Kinderarmut geht mit Stigmatisierung und geringeren Bildungschancen<br />
einher. Und sie mündet in gescheiterte Arbeitsmarktkarrieren.<br />
Prof. Klaus Peter Strohmeier kommt in dieser Studie zu dem<br />
Ergebnis: „Heute und in naher Zukunft gibt es in Deutschland<br />
zwei Kindheiten: auf der einen Seite die Kindheit der privile-<br />
Vorwort<br />
gierten Mittelschichten in der ‚Zwischenstadt‘ im Umland oder<br />
in der bürgerlichen ‚Oberstadt‘, auf der anderen Seite die Kindheit<br />
der Unterschichten und der armen Zugewanderten in der<br />
Großsiedlung des sozialen Wohnungsbaus, in den Arbeitersiedlungen<br />
oder in den innenstadtnahen Armutsvierteln am Cityrand.“<br />
Nicht nur aufgrund der sinkenden Geburtenraten braucht die<br />
Gesellschaft jedes Kind <strong>–</strong> und jedes Kind braucht viele Chancen<br />
und robuste Möglichkeiten, für sein eigenes Leben eine Perspektive<br />
zu entwickeln. Die Verhinderung einer sozialen und<br />
räumlichen Aufspaltung der Gesellschaft wird daher zu einer<br />
immer wichtigeren Aufgabe der Städte. Am Beispiel der Randgebiete<br />
von Paris konnten wir erleben, was passiert, wenn nicht<br />
mit viel Kraft gegengesteuert wird.<br />
Die vorliegende Studie aus der Reihe <strong>Demographie</strong> <strong>konkret</strong><br />
zeichnet ein Bild von Ausmaß und Entwicklung sozialräumlicher<br />
Segregation in deutschen Großstädten. Unsere Reihe<br />
<strong>Demographie</strong> <strong>konkret</strong> betont nicht nur die Analyse, sondern<br />
dokumentiert immer auch Beispiele guter Praxis. So möchten<br />
wir mit vielen positiven Beispielen <strong>konkret</strong>e Anregungen geben<br />
und zeigen, dass die Möglichkeiten zu handeln auch angesichts<br />
enger finanzieller Spielräume groß sind und Früchte tragen <strong>–</strong><br />
für das Wohl der Kinder und Familien und damit auch zum<br />
Wohle der Städte sowie der Gesellschaft insgesamt.<br />
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