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WAS BISHER<br />
GESCHAH...<br />
1909<br />
Anton Weiguny, Gemeinderat in Linz und Abgeordneter<br />
zum Wiener Reichstag, bekommt überraschend das Haus<br />
Spittelwiese 5 in Linz zum Kauf an geboten. Dessen Besitzer,<br />
der Schneidermeister Johann Bartha, plant den Ruhestand.<br />
Weiguny sieht die Chance, der ober öster reichischen Arbeiterschaft<br />
ein Heim zu schaffen – und wird aktiv.<br />
1910<br />
Um 66.000 Kronen geht am 5. Februar das Haus Spittelwiese<br />
5 an den „Verein Arbeiterheim“. Noch im selben Jahr<br />
kommt es an dieser Adresse zur Gründung einer Druckerei.<br />
Erste Gesellschafter werden neben Anton Weiguny noch<br />
Josef Dametz, ein Schriftsetzer und späterer Linzer Bürgermeister,<br />
sowie Julius Spielmann. Der festge legte Name:<br />
Druck und Verlagsgeschäft Gutenberg, Weiguny & Comp.<br />
1916<br />
Die Beschäftigten bei Gutenberg, Weiguny & Comp. ge<br />
nießen für die Zeit unüblich hohe Sozialstandards. Von<br />
An fang an gelten der Achtstundentag und die 48Stunden<br />
Woche. Plus jährlich 14 Tage Urlaub.<br />
Mit der „Wahrheit!“ wird seit Beginn eine auflagenstarke<br />
Tageszeitung herausgebracht. Deren Name ändert<br />
sich nun auf „Tagblatt“. Zusätzlich offeriert man weiterhin<br />
die „Übernahme aller Druck arbeiten“.<br />
1930<br />
Ein schwieriges Jahr liegt hinter den Linzer Druckern. Die<br />
Weltwirtschaftskrise hatte 1929 ein unerfreuliches Gesamtergebnis<br />
beschert. Dennoch investiert man in neue<br />
Maschinen, werden mit einem Heidelberger Druckautomat<br />
und einer neuen IntertypeBleisetzmaschine Zeichen des<br />
Aufbruchs gesetzt. Ende des Jahres wird der Schichtbetrieb<br />
eingeführt. Die Arbeitszeit verkürzt sich so von 48 auf 41,5<br />
Wochenstunden.<br />
1934<br />
In Österreich eskaliert die politische Lage zu einem kurzen,<br />
aber erbittert geführten Bürgerkrieg. Die anhaltende Wirt<br />
schaftskrise, Arbeitslosigkeit und Inflation hatten zuvor<br />
schon dem „Tagblatt“ enorme Einbußen beschert. Bei Gu<br />
tenberg, Weiguny & Comp. wurden bereits Urlaubs und<br />
Weihnachtszuschuss gestrichen, um über die Runden zu<br />
kommen. Nun aber geht es ums Ganze.<br />
Der FebruarAufstand der Arbeiter scheitert und es<br />
kommt zur Einstellung ihrer Presse. Nach Wochen geht es<br />
zwar weiter, aber eine „treuhändische Verwaltungs kommission“<br />
überträgt die Druckerei der „Vaterländischen<br />
Front“. Alle Führungspersonen werden ausgetauscht, ein<br />
Regierungskommissär übernimmt die inhaltliche Überwachung.<br />
1938<br />
Die längst enteignete „Druckerei Gutenberg GmbH“ erlei<br />
det ihre schwärzeste Stunde. Die Nationalsozialisten ergreifen<br />
die Macht, Österreich wird Deutschland angeschlossen<br />
– und das Unternehmen in der Folge aufgelöst. Offiziell er<br />
wirbt der NSGauverlag das Haus Spittelwiese 5. Ob die<br />
ver einbarte Kaufsumme von 59.022,65 Reichsmark je mals<br />
bezahlt wurde, ist nicht bekannt. Ende des Jahres sind die<br />
Räumlichkeiten bereits leer und die Druckmaschinen verschrottet<br />
oder weiterverkauft. Gutenberg gibt es nicht<br />
mehr.<br />
1945<br />
Sieben Jahre später ist die Welt eine andere. NSDiktatur<br />
und Krieg haben Millionen Menschen das Leben gekostet,<br />
nun aber ist der Spuk vorbei. Wo es noch möglich ist, wird<br />
an die lange unterdrückten Strukturen angeknüpft. Das be<br />
trifft auch die wiedererstandene Druckerei Gutenberg. Am<br />
8. Oktober erscheint erstmals eine neue Ausgabe des „Tagblatts“.<br />
Wenn auch noch „außer Haus“ gedruckt, kehrte in<br />
der Spittelwiese im selben Jahr der alte Geist zurück. Der<br />
Wiederaufbau – er betraf auch Gutenberg.<br />
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