Hallberg-Rassy 372
Hallberg-Rassy 372
Hallberg-Rassy 372
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BOOTE & BOOTSPRAXIS<br />
<strong>Hallberg</strong>-<strong>Rassy</strong> <strong>372</strong><br />
<strong>Rassy</strong>s Rennziege<br />
Glaubt man den Umfragen, ist eine HR das Traumschiff der deutschen Segler.<br />
Doch auch Träume ändern sich mit der Zeit… Text und Fotos: Thorsten Höge<br />
Diese Marke hat Tausende<br />
um die Welt getragen<br />
– egal, ob in den Träumen<br />
oder tatsächlich von Haiti<br />
bis Hamburg. Irgendwie hat<br />
es diese schwedische Werft geschafft, in<br />
den Köpfen der Segler zum Synonym<br />
für Blauwasser-Yachten aufzusteigen.<br />
Wie, wenn nicht auf einer <strong>Hallberg</strong>-<br />
<strong>Rassy</strong> über den Atlantik? Zumindest<br />
laut Branchenumfrage der Kollegen der<br />
„Yacht“ wünschen sich die meisten<br />
Segler eine HR. Nun bedeutet derartige<br />
Bekanntheit oft aber auch eine Bürde –<br />
jede Änderung im Konzept, jede Abkehr<br />
vom Gewohnten wird mit besonderem<br />
Argwohn beobachtet und kommentiert.<br />
Und in den letzten Jahren hat sich eini-<br />
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ges getan bei <strong>Rassy</strong>. Puristen und Traditionalisten<br />
müssen sich mit etlichen<br />
Neuerungen anfreunden.<br />
Wie sonst könnte man erklären, dass<br />
wir hier im Skagerrak gerade mit zehn<br />
Knoten die Welle hinunter rauschen?<br />
Das ist eigentlich geradezu unverschämt!<br />
Eine <strong>Hallberg</strong>-<strong>Rassy</strong> ist solide,<br />
schwer, ein reiner Verdränger, aber kein<br />
Geschwindigkeits-Wunder!<br />
Doch dieses Bild wandelte sich in den<br />
vergangenen Jahre bereits und kulminiert<br />
nun in der neuen <strong>372</strong>, die tatsächlich<br />
Werte an der Logge zeigt, die man einer<br />
HR nie zugetraut hätte. Bei der Regatta<br />
um die schwedische Insel Tjörn in diesem<br />
Jahr musste Magnus <strong>Rassy</strong> mit einer<br />
LYS-Zahl (das schwedische Äquivalent<br />
zum deutsche Yardstick) von 1,25 antreten.<br />
Das ist das Handicap einer Regattakonstruktion<br />
wie der X-99 oder eines<br />
modernen Performance-Cruisers wie der<br />
neuen Dehler 34. Die Hanse 370 hat 1,26,<br />
wird also unwesentlich schneller eingestuft.<br />
Mit einer X-332 dürften Sie langsamer<br />
sein. <strong>Rassy</strong> schaffte es mit diesem<br />
Handicap auf Platz 141 von 502 (!) Startern,<br />
ein Platz im vorderen Drittel. Die<br />
noch neuere HR 310 gewann übrigens<br />
ihre Klasse. Dabei schloss sich das Wortpaar<br />
Regatta und <strong>Hallberg</strong>-<strong>Rassy</strong> bisher<br />
eigentlich selbst aus…<br />
Fahrtentauglichkeit<br />
Es scheint was faul im Staate Schweden…<br />
Geht es jetzt also auch <strong>Rassy</strong> nicht
Mit Code Zero durch die<br />
Außenschären – die <strong>Rassy</strong><br />
ist ein Küstensegler<br />
mehr um Seetüchtigkeit, gutmütiges Verhalten<br />
und Fahrtentauglichkeit, sondern<br />
um Performance?<br />
Zurück zu unserer Welle. Wir testeten die<br />
<strong>372</strong> an zwei aufeinanderfolgenden Tagen,<br />
die unterschiedlicher nicht sein können:<br />
Erst ist es grau in grau, der Wind bläst im<br />
Mittel mit 20 Knoten, in Böen deutlich<br />
mehr, die Welle läuft konfus, bis eineinhalb<br />
Meter hoch. Am zweiten Tag scheint<br />
nach Frühnebel die Sonne, ein laues Lüftchen<br />
weht. Ein perfekter Fototag.<br />
Als wir am ersten Tag nach vielen Kreuzschlägen<br />
raumschots wieder in den<br />
Schärengarten zurücklaufen, können wir<br />
die HR mehrfach auf der mitlaufenden<br />
Welle zum Surfen bringen. Doch auch<br />
ohne Welle läuft sie über acht Knoten.<br />
➤ Testrevier: Schweden, Skagerrak<br />
➤ Testbedingungen: um 20 Knoten<br />
Wind, ein bis 1,5 Meter Welle<br />
➤ Das Konzept: Fahrtenyacht<br />
➤ Der Preis: ab 266.000 € mit Segeln<br />
Möglich macht das ein flacheres Unterwasserschiff,<br />
geringere Verdrängung und<br />
ein breiteres Achterschiff. Bevor jetzt<br />
alle HR-Traditionalisten aufschreien und<br />
einen in der See schlagenden Rumpf vermuten,<br />
muss man erstens ein paar Sätze<br />
zum Konzept verlieren und daran, zweitens,<br />
das Boot messen.<br />
Die neue HR <strong>372</strong> ist ein Küstensegler.<br />
Für Blauwasser-Törns enthält das Portfolio<br />
der Werft die 37 mit Mittelcockpit.<br />
Seit sechs Jahren lagen Pläne in der<br />
Schublade für einen schnelleren 37-Fuß-<br />
Küstenkreuzer, dies ist der dritte Entwurf.<br />
Experimentiert hat die Werft auch<br />
mit dem Rumpf der 37, doch das stellte<br />
sich als Irrweg heraus. Die <strong>372</strong> hat drei<br />
stark gepfeilte Salingspaare, sie wird<br />
wie die meisten modernen Performance-<br />
Cruiser mit einer Genua 3 gesegelt (107<br />
Prozent), da das Oberwant weit außen<br />
an einem Pütting befestigt ist. Sie hat einen<br />
größeren Tiefgang (1,99 Meter) und<br />
einen steileren Steven als ihre Blauwasser-Schwester,<br />
der 9/10-geteilte Mast ist<br />
einen Meter höher. „An der Küste muss<br />
man viel kreuzen“ erläutert Magnus<br />
<strong>Rassy</strong> die Wahl des Riggs. „Beim Blauwasser-Segeln<br />
ist der Vorm-Wind-Anteil<br />
dagegen hoch, also hat die 37er im Vergleich<br />
nahezu gerade Salinge, um das<br />
Groß möglichst weit auffieren zu können“.<br />
Zum Performance-Gen der Yacht<br />
gehört auch eine im Standard unter Deck<br />
montierte Genua-Rollanlage (Furlex).<br />
Mit einem Trick hat Konstrukteur ➤<br />
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Germán Frers das Einsetzen in die Welle<br />
verbessert. Der üblicherweise stark Vförmige<br />
Vorfuß (der Teil des Unterwasserschiffes<br />
zwischen Bug und Kielansatz) ist<br />
kräftig gerundet. Während ein V-förmiger<br />
Vorfuß bei Krängung in die Welle schlägt,<br />
setzt die Frers-Variante sanfter ein. Beim<br />
Gegenanbolzen am Testtag fühlen wir<br />
das bestätigt. Die Yacht setzt weich ein,<br />
wir laufen ohne Mühe über sechs Knoten<br />
bei einem Wendewinkel um die 90 Grad,<br />
eine genaue Messung ist aufgrund des<br />
konfusen Wellenbildes kaum möglich.<br />
Die Yacht wirkt steif, einen Strömungsabriss<br />
und ein Ausbrechen können wir erst<br />
bei 30 bis 35 Grad Krängung provozieren.<br />
Die beim Test gesetzten Segel waren keine<br />
Standard-Segel, normal gehören Dacron-<br />
Segeln in Offshore-Qualität von Elvström<br />
zur Garderobe.<br />
Das Ruder vermittelt ein gutes Gefühl<br />
für das Boot, es ist passend vorbalanciert.<br />
Von hart auf hart dreht man genau<br />
einmal rund – das spricht für ein eher<br />
direktes Steuern. Anders als auf der 37<br />
(Halbskeg) besitzt die <strong>372</strong> nur noch den<br />
Stummel eines Skegs. Die Richtungsstabilität<br />
ist dennoch groß, auch wenn etwas<br />
aufmerksamer gesteuert werden muss.<br />
Im geschützten Achtercockpit kann<br />
man sich gut bewegen, unter der festen<br />
Sprayhood sitzt man immer trocken. Die<br />
Plicht läuft nach vorne etwas schmaler<br />
zu, so dass man sich mit den Füßen an<br />
der gegenüberliegenden Sitzbank immer<br />
gut abstützen kann. Der Platz hinter dem<br />
Rad ist ausreichend bemessen, auch auf<br />
der hohen Kante sitzt man gut – allerdings<br />
sollte man hier von längerer Statur<br />
sein, um das Steuerrad entspannt zu erreichen.<br />
Ungünstig positioniert war auf<br />
dem Testboot das Motorpaneel. Um die<br />
Maschine zu starten, muss man durch<br />
das Steuerrad greifen.<br />
Zwei Elektro-Winschen gibt es für die<br />
Genua-Schot, zwei normale für die im<br />
„German Main-Sheet-System“ geführte<br />
Großschot. Bei diesem System läuft die<br />
Schot vom Traveller an der Unterseite<br />
des Großbaumes entlang zum Mast, von<br />
dort auf die Aufbauten und wird dann –<br />
sehr ungewöhnlich – auf dem Kajütdach<br />
in zwei Kanälen nach achtern geführt.<br />
Die Schot lässt sich damit ausschließlich<br />
über die vorderen Winschen bedienen.<br />
Die Platzierung der Winschen ist gewöhnungsbedürftig,<br />
weil die Groß-Winschen<br />
so vor den Genua-Winschen sitzen. Der<br />
Vorschoter kurbelt mit Blick nach ach-<br />
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Schöner Kochen: Die<br />
Pantry ist auch auf See<br />
nutzbar. Das Eisfach fällt<br />
groß aus. Stauraum ist<br />
ausreichend vorhanden.<br />
Unter Deck<br />
Die <strong>Hallberg</strong>-<strong>Rassy</strong> kommt ohne Innenschalen<br />
aus, alle Bereiche sind gut<br />
zugänglich. Der Innenausbau erfolgt erst<br />
nach dem Zusammenlaminieren von Deck<br />
und Rumpf. Warmwasser (40 Liter) gibt es<br />
im Standard, einen Landanschluss leider<br />
nicht. Dieser steht mit knapp 1.300 Euro<br />
in der Zubehörliste.<br />
Schöner Wohnen: Alle Schränke<br />
zwangsentlüftet, die Polster in sehr<br />
guter Qualität, die Einrichtung in<br />
Mahagoni. Licht durch zwei Decksluken<br />
und große Fenster<br />
Schöner Arbeiten: Ein großer<br />
Kartentisch mit Platz ist für<br />
einen Küstensegler nach<br />
wie vor wichtig. Gut: überall<br />
Schlingerleisten<br />
Schöner Duschen:<br />
Die Dusche lässt sich<br />
durch eine zweigeteilte<br />
Plexiglas-Tür<br />
trennen. Die Ventile<br />
sind gut erreichbar
tern, das ist anstrengend. Ist der Skipper<br />
allerdings einhand unterwegs, ist das<br />
Konzept gut. Nach einiger Zeit hat man<br />
den Dreh raus. Fallen und Strecker laufen<br />
in Kanälen ins Cockpit, das macht<br />
Nachrüsten schwierig, aber es verhindert<br />
Stolperfallen auf dem Aufbau. Hinter<br />
den Großschot-Winschen nehmen ins<br />
Süll integrierte Fallen-Kästen die Leinen<br />
auf. Aus der Plicht verstellbare Genua-<br />
Holepunkte sind Standard, ebenso ein<br />
Achterstagspanner. Der Weg auf das Vorschiff<br />
ist einfach, Unter- und Oberwanten<br />
an separaten Püttingen lassen genügend<br />
Platz zum Durchgehen. <strong>Rassy</strong>-Standard<br />
ist die eingelassene hohe Fußreling (inklusive<br />
Scheuerleiste), die durch die zusammenlaminierteDeck-Rumpf-Verbindung<br />
entsteht. Das sich in der Fußreling<br />
sammelnde Regenwasser fließt durch einen<br />
Auslass unter der Wasserlinie, weil<br />
den Rumpf keine Streifen verunzieren<br />
sollen. LED-Navigationsbeleuchtung ist<br />
ebenfalls Standard. Neu für <strong>Rassy</strong> ist die<br />
nach achtern fast offene Badeplattform.<br />
Eine wegnehmbare Sitzbank trennt sie<br />
vom Cockpit.<br />
Wir laufen wieder in den privaten Schärenhafen<br />
der Werft ein. Spätestens hier<br />
zeigt sich auch dem letzten Traditiona-<br />
listen, wie angenehm kurze Kiele und<br />
Spatenruder sein können (zumindest im<br />
Hafen) – die HR lässt sich problemlos<br />
längsseits zirkeln. Unter Deck erkennt<br />
man sofort die Liebe zum Detail, die<br />
diese Werft auszeichnet. Stolz präsentiert<br />
Magnus <strong>Rassy</strong> zum Beispiel eigens<br />
Plus und Minus<br />
+ Seeverhalten, Kursstabilität<br />
+ wirkungsvoller, einfacher Trimm<br />
+ solide Ausführung der Seereling<br />
mit vernünftigem Bugkorb<br />
+ Bauqualität<br />
+ Nasszelle mit Ölzeugschrank<br />
+ hochwertige Decksausrüstung<br />
im Standard<br />
+ Doradelüfter<br />
BOOTE & BOOTSPRAXIS<br />
entwickelte Türgriffe, hinter denen die<br />
Hose nicht hängen bleibt. Oder Schiebetüren<br />
in der Pantry, weil Klapptüren sich<br />
über einem heißen Kochtopf schlechter<br />
öffnen lassen. Die drei Wassertanks aus<br />
Edelstahl sind mit internen Schotten geteilt,<br />
damit der Inhalt nicht zu stark ➤<br />
+ + –<br />
Die feste Sprayhood ist<br />
Standard auf allen <strong>Rassy</strong>s<br />
+ gute Zwangsentlüftung<br />
+ geräumiges Vorschiff<br />
+ Gesamtkonzept<br />
+ gute Detaillösungen<br />
+ auf See nutzbare Pantry, Nasszelle<br />
+ bündig eingelassene Decksluken<br />
– Zugang Motorpaneel<br />
– gewöhnungbedürftige Schotführung<br />
– schmale Achterkoje<br />
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BOOTE & BOOTSPRAXIS<br />
Gemessen und getestet<br />
Design ................................ Germán Frers<br />
CE-Konstruktionsklasse ........................A<br />
Lüa ............................................ 11,35 m<br />
LWL .......................................... 10,25 m<br />
Büa ............................................. 3,60 m<br />
Tiefgang ...................................... 1,99 m<br />
Gewicht .....................................7.500 kg<br />
Ballast ......................................2.900 kg<br />
Rigg ............................................... 9/10<br />
Groß und Genua (107 % max.) 73,2 m2<br />
Kojenzahl ..............................................6<br />
Motor .............Volvo D2-55, 41kw/55 PS,<br />
Saildrive, 2-Blatt-Faltpropeller<br />
Masthöhe über Wasser ............. 17,80 m<br />
Trinkwasser .................................... 425 l<br />
Diesel ............................................. 270 l<br />
Grundpreis ..... ab 266.000 € mit Segeln<br />
hin- und herschwappt. Die Wassertanks<br />
positionierte die Werft für bessere Segeleigenschaften<br />
im Bootsschwerpunkt<br />
im Salon. Heizungsschläuche sind gedoppelt,<br />
um möglichst wenig Verlust zu<br />
erzeugen. Und dann gibt es auch noch<br />
solche Liebeleien: In das beige Polster ist<br />
ein brauner Faden eingewebt, der genau<br />
den Farbton des Mahagonis trifft. Apropos<br />
Holzausbau: der fällt in erwartbar hoher<br />
Qualität aus, doch ist auch auf einer<br />
<strong>Rassy</strong> nicht mehr alles massiv. Die Türen<br />
beispielsweise besitzen einen Sandwichkern<br />
aus Honeycomb. Zwei Decksluken<br />
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Rumpf und Deck<br />
Sandwich ab Wasserlinie (PVC-Schaum),<br />
Handlauflegeverfahren. Deck ebenfalls<br />
Sandwich. Deck und Rumpf zusammenlaminiert<br />
mit eingearbeiteter Fußreling.<br />
Stehhöhen<br />
Salon .......................................... 1,93 m<br />
Vorschiff ...................................... 1,88 m<br />
Nasszelle .................................... 1,86 m<br />
Acherkabine................................ 1,90 m<br />
Kojen:<br />
Vorschiff ....... Länge 2,06 m, Fuß 0,68 m,<br />
Kopf 1,96 m<br />
Achtern .........Länge 2,00 m, Fuß 1,03 m,<br />
Kopf 1,40 m<br />
Salonsofas ..... Länge 2 m, Breite 0,68 m<br />
Gut zu sehen: Die Badeplattform mit dem teils offenen Heck<br />
im Salon sorgen für viel Licht. Die seitlichen<br />
Salon-Fenster sind genauso groß<br />
wie die auf der HR 54 – ein deutliches<br />
Zugeständnis an den Einsatzzweck als<br />
Küstensegler. Zwei Doradelüfter sorgen<br />
für Frischluftzufuhr, alle Schränke sind<br />
zwangsentlüftet und feuchtes Ölzeug<br />
trocknet in einem separaten Schrank<br />
in der Nasszelle. Die Dusche ist durch<br />
einen zweigeteilten Plexiglas-Vorhang<br />
abgetrennt und angenehm groß. Da die<br />
Boote der Werft meist von kleinen Crews<br />
bewegt werden, hat HR es auch nicht<br />
nötig, im „Noch mehr Kojen, noch mehr<br />
Für eine <strong>Rassy</strong> ein vergleichsweise flaches<br />
Unterwasserschiff und ein breiteres Heck<br />
Adresse<br />
Händlernachweis: <strong>Hallberg</strong>-<strong>Rassy</strong> Deutschland, An der<br />
Wiek 7-15, 23730 Neustadt, Tel. 04561/55 86 48<br />
Nasszellen“-Rennen mitzumischen – es<br />
gibt eine Nasszelle, fertig. Dafür hat die<br />
HR eine schön große Vorschiffskoje mit<br />
deutlich über zwei Metern Länge, zwei<br />
kleine Nachttische und einen Sitz. Der<br />
weit nach vorne gezogene Aufbau sorgt<br />
für viel Stehhöhe – das merken wir,<br />
als wir auf dem Boot übernachten. Die<br />
Achterkoje ist mit 1,40 Meter Breite am<br />
Kopfende allerdings schon recht schmal.<br />
Die zwei Meter lange Steuerbord-Salonkoje<br />
lässt sich auch als Seekoje nutzen.<br />
Ein schön großer Kartentisch fehlt ebenfalls<br />
nicht. Bei der Elektrik setzt <strong>Rassy</strong><br />
auf das Can-Bus-System. Hier führt ein<br />
Hauptkabel durch das ganze Boot, von<br />
dem Abzweigungen an den entsprechenden<br />
Stellen abgehen. Der Vorteil: Es lässt<br />
sich elektronisch steuern. Als Batterien<br />
werden Flat-Plate-Speicher verwendet.<br />
Der Maschinenraum ist groß und gut zugänglich.<br />
Belüftet wird er sowohl durch<br />
einen Permanent-Auslass als auch elektrisch<br />
bei Betrieb des Volvos.<br />
Die Werft nimmt den Innenausbau nach<br />
wie vor nach der „Hochzeit“ von Rumpf<br />
und Deck vor – nach dem Motto „was<br />
so reinpasst, geht hinterher auch wieder<br />
raus.“ Es gibt keine Innenschale, alle<br />
Stellen des Rumpfes sind gut erreichbar.<br />
Den Rumpf steift ein solider GFK-Rahmen<br />
aus, der Bleikiel ist mit elf Bolzen<br />
befestigt. Am Hauptschott nimmt eine<br />
einzelne Stahlwrange die Kräfte auf, der<br />
Mast wird unterfüttert von einer Stütze<br />
aus verzinktem Stahl. In dieser Stütze<br />
laufen auch Kabel. Insgesamt wiegt die<br />
leere HR <strong>372</strong> circa 7,5 Tonnen – 200 Kilo
Schwacher Wind am zweiten Tag<br />
des Tests – aber das Revier allein<br />
dient schon als Verkaufshilfe<br />
Zuladung lassen die <strong>372</strong> einen Zentimeter<br />
tiefer schwimmen. Laminiert wird im<br />
Handauflege-Verfahren, über der Wasserlinie<br />
wird ein PVC-Schaum (Divinycell)<br />
als Sandwichkern verwendet.<br />
Fazit: Nur die wenigsten werden die vollausgerüstet<br />
(Heizung, Landanschluss und<br />
viel Elektronik sind im Standard nicht enthalten)<br />
rund 280.000 Euro für eine HR <strong>372</strong><br />
haben. Wer es ausgeben kann, bekommt<br />
eine nahezu perfekte Fahrtenyacht, an der<br />
es wenig zu kritisieren gibt. Die Werft hat<br />
ihr Portfolio geschickt ergänzt – die 37 für<br />
Blauwasser, die <strong>372</strong> für die Küste an Nord-<br />
und Ostsee sowie Mittelmeer. Diesen Anspruch<br />
erfüllt die <strong>372</strong> mit allem denkbaren<br />
Komfort. Obendrein segelt sie auch noch<br />
flott… Traditionalisten, die Langkielen bei<br />
HR nachtrauern, finden bei der Werft keine<br />
Angebote mehr – aber ihnen gehen auch<br />
die Argumente zunehmend aus, schließlich<br />
bedeutet Geschwindigkeit auch Sicherheit,<br />
vor allem im Küstenbereich. HR ist dennoch<br />
weit entfernt von dem Kurswechsel<br />
hin zum sehr Modernen, den einige andere<br />
Werften (wie zum Beispiel Najad) vollzogen<br />
haben. z<br />
BOOTE & BOOTSPRAXIS<br />
Wichtige Daten zur Beurteilung einer Yacht<br />
Segeltragezahl: Yachten mit einer großen Segeltragezahl können<br />
auf Grund ihres hohen Krängungswiderstandes mit höheren<br />
Windgeschwindigkeiten ohne Reff segeln als weniger steife<br />
Boote. Die Segeltragezahl einer typischen Fahrtenyacht liegt bei<br />
4,2 – steife Cruiser-Racer erreichen den Wert 5.<br />
Segelfläche 73,2 m² : ³ Verdrängung 7,5 t = 4,4<br />
Ballastanteil: 39 %. Mit dem Ballastanteil von über einem Drittel der Verdrängung<br />
liegt die HR <strong>372</strong> im oberen Bereich. Einen Ballastanteil unter 25 % sollten Fahrtenyachten<br />
mit dem üblichen, moderaten Tiefgang aus Gründen der Seetüchtigkeit<br />
nicht unterschreiten.<br />
Längen-Breitenverhältnis: 3,1 : 1. Bei modernen Fahrtenyachten mit der Wasserlinienlänge<br />
der HR <strong>372</strong> liegt das Längen-Breitenverhältnis<br />
meist im mittleren Bereich. Reine Racer können das<br />
Verhältnis 2,2 : 1 erreichen.<br />
Zusammen mit dem Ballastanteil hat dieser Wert starken<br />
Einfluss auf das Segeltragevermögen einer Yacht<br />
und die Segeleigenschaften am Wind oder raumschots.<br />
Rumpfgeschwindigkeit: 7,8 kn. Maximal erreichte Fahrt durchs Wasser beim<br />
Test: über 8 kn ohne Welle, Windgeschwindigkeit: 20 kn<br />
2,43 Wasserlinienlänge 10,25 = 7,8 kn<br />
10/2009 www.segelnmagazin.de 45