15.02.2013 Aufrufe

2012 Jahresbericht - Diakonisches Werk Hessen-Nassau

2012 Jahresbericht - Diakonisches Werk Hessen-Nassau

2012 Jahresbericht - Diakonisches Werk Hessen-Nassau

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

32 <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> Arbeitsgebiete<br />

Die Uneinigkeit über die Verteilung der finanziellen<br />

Lasten zwischen Bund, Ländern und<br />

Gemeinden wirkte sich auch in <strong>Hessen</strong> in den<br />

letzten Jahren immer wieder hemmend auf die<br />

Entwicklung einer behindertenpolitischen Gesamtstrategie<br />

aus. Mit der Nachricht der Einigung<br />

beim Fiskalpakt vom Juni <strong>2012</strong> bekannte<br />

der Bund nun erstmals, sich zukünftig an den<br />

Kosten der Eingliederungshilfe – und damit an<br />

der Entschuldung von Städten und Gemeinden -<br />

beteiligen zu wollen. Mit der hart erkämpften<br />

Zustimmung der Länder zum europäischen Fiskalpakt<br />

wurde u.a. festgelegt, dass der Bund sich<br />

zukünftig durch ein Bundesteilhabegesetz an der<br />

Eingliederungshilfe jährlich mit rund 4 Mrd. Euro<br />

beteiligen wird. Setzt man diese 4 Mrd. allerdings<br />

in Relation zu den Gesamtkosten für die Eingliederungshilfe<br />

von 13 Mrd. in 2009 mit weiterhin<br />

steigender Tendenz und bedenkt die Verpflichtung<br />

der Länder zu eiserner Haushaltsdisziplin, darf<br />

bezweifelt werden, dass eine grundsätzliche inhaltliche<br />

Reform, wie sie in den Eckpunkten der<br />

Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK)<br />

gefordert wird, Realität werden wird.<br />

Der öffentlich gefeierte politische Erfolg der<br />

Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungshilfe<br />

weicht somit schnell der er -<br />

nüch ternden Erkenntnis, dass politisches Handeln<br />

und reale Reformpraxis nicht zwingend nah<br />

beieinander liegen.<br />

Wie die inhaltlichen Entwicklungen, die sich<br />

an den Eckpunkten des ASMK-Papieres und den<br />

Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

orientieren, vorangebracht werden können, haben<br />

diakonische Träger der Diakonie in <strong>Hessen</strong><br />

klar vor Augen. Sie beteiligen sich seit 2005 mit<br />

großem Engagement an den Projekten „Leistungs -<br />

finanzierung“ und „Personenzentrierte Steuerung<br />

der Eingliederungshilfe in <strong>Hessen</strong>“ (PerSEH) und<br />

unterstreichen damit, dass sie aktiv die Zukunft<br />

mitgestalten wollen. Große Träger der Behindertenhilfe<br />

in <strong>Hessen</strong> gehen seit Jahren unter dem<br />

Stichwort „Regionalisierung“ neue Wege. Sie lösen<br />

ihre Großeinrichtungen zugunsten kleiner<br />

Einheiten in Städten und Gemeinden auf, sodass<br />

Menschen mit Behinderung so leben, arbeiten<br />

und wohnen können, wie es ihrem individuellen<br />

Bedürfnis und Wunsch entspricht. Wieder an dere<br />

Träger implementieren mit engagierten Teams von<br />

Mitarbeitenden Einzelprojekte, die auch Men -<br />

schen mit sehr hohem Unterstützungsbedarf ein<br />

ambulantes Wohnen mitten in der Stadt, eingebunden<br />

in die sozialen Bezüge des Stadtteils und<br />

der dazugehörigen Gemeinde ermöglichen.<br />

Die starke Zuwendung von diakonischen Trä -<br />

gern der Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie und<br />

Suchthilfe zum personenzentrierten Ansatz ist<br />

kein Zufall. Die Philosophie der Personenzentrierung<br />

hat viele Bezüge zum evangelisch-diakonischen<br />

Leitbild unserer Dienste und Einrichtungen:<br />

Der diakonische Auftrag fordert uns dazu auf,<br />

Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen<br />

entschieden entgegenzutreten. Als Christen glau -<br />

ben wir, dass jeder Mensch ein von Gott gewolltes<br />

uneingeschränktes Recht auf Leben hat; das<br />

Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben<br />

und ein die Menschenwürde wahrendes Mitein -<br />

ander bilden hierfür die Grundlage. Somit sehen<br />

wir es als unsere Aufgabe an, für die Menschen<br />

mit Behinderung, die die Leistungen unserer Träger<br />

in Anspruch nehmen, die bestmöglichen Bedingungen<br />

für ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches<br />

Leben und Handeln zu schaffen.<br />

Deshalb erwarten wir von der Politik durch<br />

differenzierte Aussagen und zukunftsweisende<br />

Entscheidungen zu würdigen, was in der Realität<br />

längst begonnen hat; nämlich die Umsetzung der<br />

Prinzipien von Personenzentrierung und Selbst -<br />

bestimmung. Die einseitige Schelte für die „Pflege<br />

von Sonderwelten“ oder das Argument von Finanz -<br />

kraftvorbehalten in Zeiten einer hessischen Schul -<br />

denbremse, die jedes Spitzengespräch von vornherein<br />

zum Schlagabtausch werden lassen, wirken<br />

hier kontraproduktiv und demotivierend auf<br />

engagierte Träger und deren Mitarbeitende, nicht<br />

zuletzt auch auf die betroffenen Menschen<br />

selbst. Eine Reform der Eingliederungshilfe – in<br />

der es im Grundsatz um eine Haltungsänderung<br />

weg vom Fürsorgegedanken hin zur Personenzentrierung,<br />

Teilhabe und Gemeinwesenorientierung<br />

geht – erfordert ein Zusammenwirken aller<br />

gesellschaftlicher Akteure und kann nicht allein

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!