1011_st10 1860.pdf - Karlsruher SC
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14 | Der Gegner<br />
Sportlich gelungener Start / Punktabzug der DFL<br />
Zwischen Sorgen und Erfolgen<br />
„Es macht wieder Spaß, Löwen-Fan zu<br />
sein. Wir haben nicht nur einen genialen<br />
Trainer, sondern auch eine Mannschaft,<br />
die uns den Spaß am Fußball zurückgebracht<br />
hat“, war jüngst in einem<br />
Internetforum für Anhänger des TSV 1860<br />
München zu lesen. Das war in den vergangenen<br />
Jahren längst nicht immer so.<br />
Vielmehr machten die Sechziger durch<br />
zahlreiche Negativschlagzeilen auf sich<br />
aufmerksam. Zuletzt wurden den 60ern<br />
wegen Verstößen bei der Lizenzierung im<br />
Sommer zwei Punkte abgezogen. Doch<br />
sportlich läuft es…<br />
Zu beneiden war Rainer Maurer beileibe<br />
nicht, als er vor der Saison den Trainerposten<br />
beim Münchner Traditionsclub<br />
übernommen hatte, nachdem sein<br />
Vorgänger Ewald Lienen völlig überraschend<br />
zum griechischen Spitzenclub<br />
Olympiakos Piräus gewechselt war. Dem<br />
50-Jährigen, der von 1989 bis 1995 als<br />
Verteidiger bei den „Löwen“ unter<br />
Vertrag stand und eigentlich die U23 der<br />
„Löwen“ hätte übernehmen sollen,<br />
wurde eine Mannschaft vorgesetzt, auf<br />
deren Zusammenstellung er keinen<br />
Einfluss hatte nehmen können. Darüber<br />
hinaus musste er binnen kürzester Zeit<br />
eine schlagkräftige Truppe formen, die<br />
den hohen Ansprüchen der äußerst kri-<br />
tischen und erfolgshungrigen Anhänger<br />
gerecht werden konnte. Nachverpflichtungen<br />
waren in Anbetracht einer nicht<br />
eben prall gefüllten Vereinskasse nicht<br />
möglich. Aber der ehemalige Profi hat<br />
aus der schwierigen Situation bislang<br />
das Beste gemacht. Nach neun<br />
Spieltagen stehen die Münchner in der<br />
Tabelle auf Rang neun und haben lediglich<br />
sechs Punkte Rückstand auf den<br />
Relegationsplatz.<br />
Bei seiner täglichen Arbeit konzentriert<br />
sich Maurer stets auf das Wesentliche<br />
und lässt sich dabei von nichts und niemandem<br />
beeinflussen. In einem Interview<br />
mit der „Abendzeitung“ sagte der<br />
gebürtige Mindelheimer: „Ich habe hier<br />
einen klaren Auftrag. Ich muss das<br />
Sportliche leiten und für Ergebnisse sorgen.<br />
Alles andere ist nebensächlich. Es<br />
geht nur um das Maximum an Erfolg. Ich<br />
kann es mir nicht leisten mich ablenken<br />
zu lassen und mich mit Nebenschauplätzen<br />
zu beschäftigen.“ Einer dieser<br />
Nebenschauplätze ist das Verschwinden<br />
von Savio Nsereko. Der deutsche U19-<br />
Europameister ist vor knapp drei<br />
Wochen untergetaucht. Seitdem fehlt<br />
von ihm jede Spur. Angeblich soll der<br />
Grund für Nserekos Abtauchen die Ermordung<br />
seines Stiefbruders in Uganda<br />
zu sein. Mit welchen Konsequenzen der<br />
21-Jährige rechnen muss, bleibt abzuwarten.<br />
Maurer knapper Kommentar:<br />
„Jeder Arbeitnehmer hat gegenüber seinem<br />
Arbeitgeber eine Mitteilungspflicht.<br />
Dass Savio dieser nachkommt, hätte ich<br />
eigentlich erwartet.“<br />
Doch damit der Sorgen nicht genug. Am<br />
19. Oktober wurde der TSV von der DFL<br />
wegen Verstößen gegen die Lizenzierungsordnung<br />
nun auch noch mit einer<br />
Vertragsstrafe belegt. Den Bajuwaren<br />
wurden aufgrund unzureichender Informationen<br />
im Lizenzierungsverfahren für<br />
die laufende Saison mit sofortiger<br />
Wirkung zwei Punkte abgezogen. Ganz<br />
ohne Skandale scheinen die „Sechz´ger“,<br />
die die Strafe akzeptiert haben,<br />
also selbst in Zeiten des sportlichen<br />
Erfolgs nicht auszukommen.<br />
Aus dem Konzept bringen lassen wird<br />
sich Maurer von den Vorkommnissen jedoch<br />
sicher nicht, dafür ist er viel zu<br />
sehr Profi. Der 50-Jährige wird weiter<br />
akribisch seiner Arbeit nachgehen und<br />
auf sein Jugendkonzept setzen. Maurer<br />
kann hervorragend mit jungen Spielern<br />
und fördert diese, wo er nur kann.<br />
Bester Beweis für den gut funktionierenden<br />
Jugendstil ist Mittelfeldspieler<br />
Moritz Leitner. Unter Maurer schaffte der<br />
17-Jährige den Sprung in die Startelf und<br />
in die deutsche U19-Nationalmannschaft.<br />
Aber auch Kevin Volland (18),<br />
Christopher Schindler (20), Stefan Bell<br />
(19) und Aleksandar Ignjovski (19) sind<br />
Namen, von denen künftig sicher noch<br />
des Öfteren zu hören sein wird.<br />
Allerdings unter der Prämisse, dass sie<br />
mitziehen. Denn wie Maurer in der<br />
jüngsten Vergangenheit bewiesen hat,<br />
schreckt er auch vor unpopulären<br />
Entscheidungen nicht zurück. Diese<br />
leidvolle Erfahrung musste beispielsweise<br />
Mathieu Béda machen, den Maurer<br />
aus dem Kader warf, weil der Franzose<br />
mitunter eine zu bequeme Mentalität an<br />
den Tag gelegt hatte.<br />
Text: Andreas Kleber