dazu... - Kempfert + Partner Geotechnik
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Zyklische und statische horizontale Pfahlprobebelastungen für<br />
Lärmschutzwände der Neubaustrecke Nürnberg – Ingolstadt<br />
Dr.-Ing. M. Raithel, Dipl.-Ing. E. Leusink<br />
<strong>Kempfert</strong> + <strong>Partner</strong> <strong>Geotechnik</strong>, Würzburg, Deutschland<br />
Prof. Dr.-Ing. H.-G. <strong>Kempfert</strong><br />
Institut für <strong>Geotechnik</strong> und Geohydraulik, Universität Kassel, Deutschland<br />
ABSTRACT<br />
Die Lärmschutzwände im Los Nord der NBS Nürnberg-Ingolstadt werden auf Bohrpfählen mit einem<br />
Durchmesser von D = 60 cm gegründet. Die Schutzwände und somit die Gründungspfähle werden durch<br />
Wind und bei Zugvorbeifahrten durch eine Druck-Sog-Welle horizontal belastet.<br />
Im Beitrag werden nach der Darstellung der Belastungsrandbedingungen die Konzeption und Durchführung<br />
von zyklischen und statischen horizontalen Pfahlprobebelastungen erläutert und wesentliche Messergebnisse<br />
dargestellt. Durch einen Vergleich der aufgetretenen Verformungen bei verschiedenen Ausnutzungsgraden<br />
(Verhältnis der jeweils aufgebrachten zyklischen Belastung zur rechnerischen Bruchlast) werden die auf<br />
Grundlage der Pfahlprobebelastungsergebnisse extrapolierten Verformungen bei unterschiedlichen Sicherheitsniveaus<br />
erläutert.<br />
Keywords: Hochgeschwindigkeitsverkehr, Schutzwände, zyklische Belastungen<br />
1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG<br />
Lärm- und Windschutzwände an Verkehrswegen<br />
werden in der Regel auf kurzen, in den Baugrund<br />
eingespannten Pfählen gegründet, die aufgrund<br />
der geringen Schlankheit (Verhältnis der Einbindelänge<br />
zum Pfahldurchmesser) bei Belastung nur<br />
vernachlässigbare Eigenverformungen aufweisen<br />
und somit als nahezu „starr“ bezeichnet werden<br />
können, vgl. <strong>Kempfert</strong> (1985) und (1987).<br />
Daneben hat sich das Bemessungsverfahren nach<br />
Vogt etabliert, welches auch in FGSV (1997) enthalten<br />
ist.<br />
Neben der näherungsweise gleichmäßig über<br />
die Wandfläche wirkenden und vorwiegend ruhend<br />
anzusetzenden Windbelastung ist bei<br />
Schutzwänden an schienengebundenen Hochgeschwindigkeitsstrecken<br />
als maßgebende Belastung<br />
die Druck-/Sogwelle bei Zugvorbeifahrt zu<br />
berücksichtigen. Hinsichtlich der für die Bemessung<br />
maßgebenden Belastung wird im zur Zeit<br />
gültigen Regelwerk der Deutschen Bahn AG (DS<br />
804 bzw. Richtlinie 800.2001 und DIN Fachbericht<br />
101) eine statische Ersatzlast vorgegeben.<br />
Aufgrund von aufgetretenen Schadensfällen<br />
wurden in jüngerer Zeit Messungen an ausgeführ-<br />
ten Schutzwänden durchgeführt, auf deren Grundlage<br />
gefolgert werden musste, dass die o.g. Angaben<br />
für die hohen Zuggeschwindigkeiten der<br />
Neubaustrecken (ve = 300 km/h) nicht für eine realitätsnahe<br />
und sichere Bemessung der Schutzwände<br />
ausreichen.<br />
Daher wurden von Seiten der DB AG neue<br />
Bemessungsgrundlagen für die Schutzwände der<br />
NBS Nürnberg - Ingolstadt vorgegeben, verbunden<br />
mit der Anforderung, auch eine sichere Gründung<br />
unter Berücksichtigung der auftretenden<br />
zyklisch/dynamischen Druck-/Sogbelastung zu<br />
erstellen.<br />
Da kein allgemein anerkanntes Bemessungsverfahren<br />
bzw. Sicherheitskonzept zur rechnerischen<br />
Dimensionierung der derartig beanspruchten<br />
Gründungspfähle vorliegt, wurde für die Bemessung<br />
der Schutzwände der NBS Nürnberg-<br />
Ingolstadt ein Nachweisverfahren konzipiert, welches<br />
zunächst eine Bemessung mit den vorliegenden<br />
Berechnungsverfahren unter Zugrundelegung<br />
der statischen Grenzlasten und eines „auf der sicheren<br />
Seite liegenden“ globalen Sicherheitsbeiwertes<br />
von η = 4 auf die zu erwartenden zyklisch<br />
/dynamischen Belastungen sowie insbesondere eine<br />
Überprüfung der gewählten Ansätze durch zyklische,<br />
horizontale Pfahlprobebelastungen vorsah.
2 ZYKLISCHE PFAHLPROBEBELASTUNGEN<br />
2.1 Allgemeines<br />
Insgesamt wurden an 5 Probepfählen mit einem<br />
Durchmesser von D = 65 cm und einer Einbindetiefe<br />
zwischen ca. 3,0 und ca. 6,0 m unter GOK<br />
Probebelastungen in Dammlage (Standort D) und<br />
in Geländegleichlage (Standort G) durchgeführt.<br />
Die horizontalen Druck- und Zuglasten wurden<br />
mit einer hydraulischen Druck-/Zug-Presse kraftgesteuert<br />
in die Probepfähle eingeleitet. Als Belastungswiderlager<br />
für die Pressenlasten wurde<br />
ein Container mit einem Gesamtgewicht von ca.<br />
85 t verwendet. Der lichte Abstand zwischen den<br />
Probepfählen und dem Container betrug insgesamt<br />
mindestens ca. 4 m. Ein Überblick über die<br />
Versuchseinrichtung ist in Bild 1 und die Lasteinleitung<br />
in den Pfahl ist in Bild 2 dargestellt.<br />
Bild 1: Überblick über die Pfahlprobebelastung<br />
Bild 2: Stahlkonstruktion und Lasteinleitung in den Pfahl<br />
2.2 Belastung<br />
Zunächst wurden für die folgenden möglichen<br />
Wandsysteme und für alle auftretenden Wandhöhen<br />
(h = 1,5, 2,5 und 3,0 m) dynamische Berechnungen<br />
der aufgehenden Konstruktion vorgenommen<br />
um so die in situ zu erwartenden<br />
Belastungen zu definieren.<br />
Im Hinblick auf die Beeinflussung des Trag-<br />
und Verformungsverhaltens der Gründungspfähle<br />
unter wiederholten horizontalen zyklischen Lasten<br />
wurden zunächst Wechselbelastungen zur Simulation<br />
der Druck-Sog-Wellen infolge Zugverkehr<br />
aufgebracht, wobei die Amplitude der<br />
Druck- und Zuglast in 3 Stufen (Mehrstufentechnik)<br />
auf ca. 150 - 200% der maximal zu erwartenden<br />
Lastamplitude infolge Zugverkehr gesteigert<br />
wurde. Die Lastwechselanzahl wurde je Belastungssequenz<br />
zwischen ca. N = 1.000 bis<br />
N = 10.000 Lastwechseln bei einer Frequenz von<br />
i.d.R. ca. 1 Hz gewählt. Nach Durchführung der<br />
Wechselbelastungen wurde anschließend an allen<br />
Pfählen eine statische horizontale Probebelastung<br />
zur Ermittlung der statischen horizontalen Bruchlast<br />
durchgeführt.<br />
Tabelle 1. Übersicht über die Probepfähle und die durchgeführten<br />
Belastungssequenzen<br />
Pfahl<br />
Einbindetiefe<br />
[m unter<br />
GOK]<br />
Lasteinleitung<br />
[m über<br />
GOK]<br />
Belastungssequenzen<br />
ΔH<br />
1. Stufe<br />
[kN]<br />
ΔH<br />
2. Stufe<br />
[kN]<br />
ΔH<br />
3. Stufe<br />
[kN]<br />
D1 ca. 4,0 ca. 1,5 +/- 10 +/- 20 +/- 40<br />
D2 ca. 5,0 ca. 2,5 +/- 20 +/- 40 +/- 60<br />
D3 ca. 6,0 ca. 2,5 +/- 20 +/- 40 +/- 60<br />
G1 ca. 3,0 ca. 1,8 +/- 10 +/- 20 +/- 40<br />
G2 ca. 4,0 ca. 2,5 +/- 20 +/- 40 +/- 60<br />
2.3 Baugrund<br />
Im Bereich des gewählten Standorts D (Damm)<br />
binden die Pfähle in den geschütteten Dammkörper<br />
ein. Nach den Kornverteilungen und der visuellen<br />
Ansprache handelt es sich beim Dammschüttmaterial<br />
um einen schwach kiesigen,<br />
schluffigen/tonigen bis stark schluffigen/tonigen<br />
Sand. Nach den Ergebnissen der schweren<br />
Rammsondierungen ist der Sand bzw. das Dammschüttmaterial<br />
i.d.R. dicht bis sehr dicht gelagert.<br />
Hinsichtlich der Scherparameter konnte unter<br />
Wertung aller vorliegenden Versuchsergebnisse<br />
von in situ tatsächlich vorliegenden Scherparame-
tern von ϕ’ = 42,5° und c’ = 5 kN/m 2 ausgegangen<br />
werden.<br />
Am Standort G (Geländegleichlage) binden<br />
beide Probepfähle vollständig in quartäre bindige<br />
Böden ein. Dabei handelt es sich vorwiegend um<br />
leichtplastisch und mittelplastische quartäre<br />
Schluffe und Tone mit wechselnden Beimengungen<br />
von Feinsand und vereinzelt auch Kies. Lokal<br />
sind dünne schluffige Feinsandlagen eingelagert.<br />
Nach den Laborversuchen und der Ansprache des<br />
Bohrgutes weisen die Schluffe und Tone i.d.R.<br />
eine weiche bis steife Konsistenz auf, im Tiefenbereich<br />
der lokal eingelagerten organischen Beimengungen<br />
auch eine breiige bis weiche Konsistenz.<br />
Im Hinblick auf die Scherparameter wurde<br />
unter Wertung aller vorliegenden Versuchsergebnisse<br />
von ϕ’ = 25° und c’ = 5 kN/m 2 ausgegangen.<br />
Das Grundwasser liegt in den quartären bindigen<br />
Böden (qt) vorwiegend in Form eines<br />
geringen bis sehr geringen Schichtenwasserzustroms<br />
in Tiefen von rd. 3 bis 5 m unter GOK vor.<br />
2.4 Ergebnisse bei zyklischer Belastung<br />
Bei allen Pfählen und in allen Laststufen war<br />
i.d.R. eine gleichmäßige Steigerung der Pfahlkopfverschiebung<br />
in Druckrichtung mit zunehmender<br />
Versuchsdauer bzw. Lastwechselanzahl<br />
zu ersehen. Eine schlagartige starke Zunahme der<br />
Pfahlkopfverschiebungen wurde nicht beobachtet.<br />
Allerdings konnten deutliche zyklische Bewegungswellen<br />
in den Böschungen und Hohllagen<br />
bzw. Rissbildungen im Bereich der Einspannstelle<br />
verbunden mit einem Materialtransport augenscheinlich<br />
festgestellt werden, vgl. Bild 3.<br />
Bild 3: Rissbildungen nach zyklischer Belastung<br />
Im Rahmen einer umfassenden Auswertung der<br />
Messergebnisse wurden zunächst die gemessenen<br />
Verschiebungen sowie Verdrehungen in Druck-<br />
und Zugrichtung sowie die Gesamtauslenkungen<br />
der Pfahlköpfe (Summe der Verschiebungen in<br />
Druck- und Zugrichtung) ausgewertet. In Bild 4<br />
ist exemplarisch die Auswertung am Beispiel des<br />
Probepfahles D2 dargestellt.<br />
Horizontallast [kN]<br />
Verschiebung [mm]<br />
80<br />
40<br />
0<br />
-40<br />
-80<br />
8<br />
4<br />
0<br />
-4<br />
ΔH=+/-20 kN<br />
f = 1,0 Hz<br />
ΔH=+/- 40 kN<br />
f = 1,0 Hz<br />
Böschungsrichtung<br />
Richtung NBS-Achse<br />
ΔH=+/- 60 kN<br />
f = 0,9 Hz<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Zeit [min]<br />
Bild 4: Gemessene Pfahlkopfverschiebung bei zykl. Belastung,<br />
exemplarisch für Pfahl D2<br />
Tabelle 2 enthält die gemessenen Pfahlkopfverformungen<br />
nach 1000 Lastwechseln.<br />
Tabelle 2. Gemessene Verschiebung nach 1000 Lastwechseln<br />
Probepfahl<br />
D1<br />
ΔH = +/-<br />
10 kN<br />
0,43<br />
-0,08<br />
D2 -<br />
D3 -<br />
G1<br />
0,24<br />
-0,19<br />
G2 -<br />
Pfahlkopfverschiebung in<br />
Druckrichtung [mm]/<br />
Zugrichtung [mm]<br />
ΔH = +/-<br />
20 kN<br />
0,86<br />
-0,44<br />
0,86<br />
-0,84<br />
0,72<br />
-0,68<br />
0,65<br />
-0,53<br />
0,74<br />
-0,48<br />
ΔH = +/-<br />
40 kN<br />
1,84<br />
-1,58<br />
2,17<br />
-2,08<br />
1,80<br />
-1,40<br />
3,76<br />
-2,62<br />
2,41<br />
-1,80<br />
ΔH = +/-<br />
60 kN<br />
-<br />
4,04<br />
-2,08<br />
2,60<br />
-1,68<br />
-<br />
5,81<br />
-3,40<br />
Die Auswertungen zeigen grundsätzlich, dass die<br />
Pfahlkopfverschiebungen am Standort D in Böschungs-<br />
bzw. Druckrichtung, wie erwartet, i.d.R.<br />
größer als in Richtung der NBS-Achse bzw. Zugrichtung<br />
sind.<br />
Bei halblogarithmischer Auftragung der Pfahlkopfverschiebungen<br />
inkl. der Gesamtauslenkung<br />
und Pfahlkopfverdrehungen ergibt sich i.d.R. näherungsweise<br />
eine Gerade, die eine Extrapolation der<br />
Messwerte für höhere Lastwechselanzahlen ermöglicht.<br />
Die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Extrapolation<br />
ist exemplarisch in Bild 5 für den Probepfahl<br />
D1 dargestellt.
Pfahlkopfverschiebung u [mm]<br />
0.0<br />
0.5<br />
1.0<br />
1.5<br />
2.0<br />
2.5<br />
1x10 0<br />
1x10 1<br />
1x10 2<br />
Lastwechsel n [-]<br />
1x10 3<br />
1x10 4<br />
ΔH = +/-10 kN<br />
ΔH = +/-20 kN<br />
ΔH = +/-40 kN<br />
1x10 5<br />
1x10 6<br />
1x10 7<br />
Bild 5: Extrapolierte Pfahlkopfverschiebung bei zykl. Belastung,<br />
exemplarisch für Pfahl D1<br />
Es ist allerdings festzustellen, dass bei mehreren<br />
Belastungssequenzen die Messwerte nicht eindeutig<br />
extrapoliert werden konnten, da die erforderliche<br />
Konstanz der Lastwechselamplitude oder der<br />
Pfahlkopfverschiebungen zum Schluss der Laststufe<br />
nicht gegeben war. Grundsätzlich wurde<br />
versucht eine Extrapolation der Verformungen auf<br />
10.000.000 Lastwechsel vorzunehmen, vgl. Tabelle<br />
3.<br />
Tabelle 3: Extrapolierte Verschiebung und Verdrehungen nach<br />
10 Mio. Lastwechseln (in Druckrichtung)<br />
Probepfahl<br />
D1<br />
Extrapolierte Pfahlkopfverschiebung und<br />
Extrapolierte Pfahlkopfverdrehung<br />
+/-10 kN +/-20 kN +/-40 kN +/-60 kN<br />
0,7 mm /<br />
0,02°<br />
D2 -<br />
D3 -<br />
G1<br />
1)<br />
G2 -<br />
1,4 mm /<br />
0,045°<br />
0,9 mm /<br />
1)<br />
0,9 mm /<br />
0,055°<br />
0,8 mm /<br />
1)<br />
1,2 mm /<br />
0,09°<br />
1) Extrapolation nicht möglich<br />
2,6 mm /<br />
0,15°<br />
3,4 mm /<br />
0,093°<br />
2,3 mm /<br />
0,115°<br />
9,1 mm /<br />
0,228°<br />
4,8 mm /<br />
0,18°<br />
-<br />
9,4 /<br />
0,24°<br />
1)<br />
1)<br />
7,9 mm /<br />
1)<br />
Es ist zu erkennen, dass bei weiterer Steigerung<br />
der Wechselbelastung auf ca. 150 bzw. 200% von<br />
ΔHZugverkehr (auf +/-40 kN bzw. auf +/-60 kN) ge-<br />
nerell eine überproportionale Verschiebungszunahme<br />
auftrat.<br />
Bei den höheren Wechselbelastungen wurden<br />
im Vergleich zum standort D am Standort G erheblich<br />
größere Pfahlkopfverschiebungen bei<br />
gleicher Lastwechselanzahl festgestellt, was mit<br />
der starken Annäherung an den statischen Grenzzustand<br />
bzw. Auslastung der Tragfähigkeit am<br />
Standort G begründet werden kann. Des Weiteren<br />
kann somit bestätigt werden, dass bei geringeren<br />
Scherfestigkeiten im Untergrund deutlich größere<br />
Verformungen bei ansonsten gleichen Randbedingungen<br />
hervorgerufen werden.<br />
2.5 Ergebnisse bei statischer Belastung<br />
Im Anschluss an die zyklischen Belastungen wurde<br />
das Lastniveau in statischen Laststufen bis zum<br />
Erreichen der horizontalen Bruchlast bzw. bis zur<br />
maximalen Pressenkraft erhöht. Bild 6 enthält exemplarisch<br />
die gemessene Verdrehung und die<br />
Definition der Grenzlast für den Pfahl G1.<br />
Pfahlkopfverdrehung ψ [°]<br />
Horizontallast [kN]<br />
0 25 50 75 100 125 150 175 200<br />
0.0<br />
0.5<br />
1.0<br />
1.5<br />
2.0<br />
2.5<br />
3.0<br />
3.5<br />
Ψ Grenz = 1°<br />
Ψ Grenz = 2°<br />
Nur Pfahlkopfverdrehungen am Ende<br />
jeder Laststufe dargestellt<br />
Bild 6: Auswertung der statischen Pfahlprobebelastung<br />
und Definition der Grenzlast, exemplarisch für<br />
Pfahl G1<br />
Im Hinblick auf die Festlegung der horizontalen<br />
Grenzlast ist zu beachten, dass diese nicht eindeutig<br />
definiert ist. In <strong>Kempfert</strong> (1985) wird die (fiktive)<br />
Grenzlast für eine Belastung in einer Richtung<br />
bei einer Pfahlkopfverdrehung von ψ = 2°<br />
(ca. tan ψ = 0,035) festgelegt.<br />
Da im vorliegenden Fall Wechselbelastungen<br />
auftreten, wurde näherungsweise auch eine<br />
Grenzlast bei einer Pfahlkopfverdrehung von ψ =<br />
1° (ca. tan ψ = 0,0175) dargestellt.
In Bild 7 sind zudem die theoretischen nach Vogt<br />
(1988) ermittelten Grenzlasten dargestellt, die<br />
sich unter Ansatz der in situ zu folgernden Scherparameter<br />
ergeben (vgl. Abschnitt 2.3).<br />
Bild 7: Zusammenstellung der horizontalen statischen<br />
Grenzlasten der Probepfähle<br />
Es zeigt sich, dass die rechnerisch unter Annahme<br />
von wahrscheinlich in situ vorliegenden Scherparametern<br />
ermittelten Grenzlasten i.d.R. näherungsweise<br />
mit den fiktiven Grenzlasten bei einer<br />
gemessenen Pfahlkopfverdrehung von ca. ψ = 1°<br />
übereinstimmen bzw. diese unterschätzt werden.<br />
Eine Ausnahme stellt hierbei der Pfahl D3 dar. Da<br />
der Pfahl D3 die größte Einbindetiefe aufweist, ist<br />
zu folgern, dass die Steigerung der Bruchlasten<br />
bei einer Vergrößerung der Einbindetiefe im Berechnungsmodell<br />
nach Vogt etwas überschätzt<br />
wird.<br />
3 ZUSAMMENFASSENDE AUSWERTUNG<br />
UND FOLGERUNGEN FÜR DIE BEMESSUNG<br />
Um zu einer abschließenden Bewertung des gewählten<br />
Sicherheitsniveaus zu gelangen und um<br />
weitere Folgerungen im Hinblick auf die zukünftige<br />
Bemessung von Schutzwandgründungen zu<br />
ermöglichen, wurden die extrapolierten Verformungen<br />
jeweils in Abhängigkeit des Verhältnisses<br />
der nach Vogt (1988) berechneten statischen<br />
Grenzlast Hg zu jeweiligen zyklischen Amplitude<br />
ΔHzyk ausgewertet, siehe Bild 8. Die Berechnungen<br />
wurden dabei unter Verwendung der für die<br />
spätere Bemessung der Schutzwandgründungen<br />
auf der sicheren Seite vorgegebenen Scherparameter<br />
(Standort D: ϕ’ = 35°; c’ = 0 kN/m²; Standort<br />
G: ϕ’ = 22,5°; c’ = 3 kN/m²) durchgeführt.<br />
Pfahlkopfverdrehung Ψ [°]<br />
η = H g,stat,bem./ΔH zyk<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
0.00<br />
0.04<br />
0.08<br />
0.12<br />
0.16<br />
0.20<br />
0.24<br />
0.28<br />
Probepfahl D1 - n = 10 Mio<br />
Probepfahl D2 - n = 10 Mio<br />
Probepfahl D4 - n = 10 Mio<br />
Probepfahl G1 - n = 10 Mio<br />
Probepfahl G2 - n = 10 Mio<br />
Ausgleichsfunktion<br />
Bild 8: Zusammenfassende Gegenüberstellung des Belastungsverhältnisses<br />
zur auftretenden Pfahlverdrehung<br />
Das Verhältnis zwischen rechnerischer Bemessungsbruchlast<br />
zur tatsächlich auftretenden zyklisch/dynamischen<br />
Belastung kann dabei als wirksame<br />
Globalsicherheit η zur pauschalen<br />
Abdeckung des zyklischen Tragverhaltens definiert<br />
werden.<br />
Unter Ansatz der Sicherheit von η = 4 konnte<br />
eine wahrscheinliche mittlere Pfahlkopfverdrehung<br />
von ca. ψ = 0,09° für den längerfristigen<br />
Gebrauchszustand abgeleitet werden. Im betreffenden<br />
Fall wurden diese zu erwartenden Verformungen<br />
der hergestellten Schutzwandgründungen<br />
innerhalb der gesamten Lebensdauer als zulässig<br />
bewertet.<br />
Allerdings ist festzustellen, dass seitens der<br />
Deutschen Bahn bis dato keine allgemeinen Anforderungen<br />
hinsichtlich der einzuhaltenden Verformungen<br />
vorliegen und dass weiterhin ein erheblicher<br />
Forschungsbedarf im Zusammenhang<br />
mit der theoretischen Erfassung und Prognose des<br />
Verformungsverhaltens von kurzen, starren Pfählen<br />
unter zyklisch/dynamischen Belastungen besteht.<br />
Dies und die vorhandenen Streuungen der<br />
Ergebnisse sowie die Problematik der Übertragbarkeit<br />
der Pfahlprobebelastungsergebnisse auf<br />
andere bautechnische Randbedingungen sind bei<br />
der Wahl eines vorläufigen Sicherheitsniveaus zu<br />
berücksichtigen.<br />
Für weitere Bemessungen von Schutzwandgründungen<br />
wird vorläufig empfohlen, die in Bild<br />
9 dargestellten vorsichtigen Sicherheiten ηp für<br />
zyklisch/dynamische Belastungen in Abhängigkeit<br />
von der Fahrgeschwindigkeit nicht zu unter-
schreiten (für näherungsweise ruhende Belastungen,<br />
wie z.B. auf die Schutzwände einwirkende<br />
Windlasten kann ηp,stat = 2 angesetzt werden).<br />
ηp [-]<br />
4.5<br />
4<br />
3.5<br />
3<br />
2.5<br />
Grenzzustandsgleichung: mit Hg<br />
z.B. <strong>Kempfert</strong> (1987) oder Vogt (1988)<br />
Hstat ⋅ ηP,Stat + Hzykl ⋅ ηP,zykl ≤ Hg bzw.<br />
Mstat ⋅ ηP,Stat + Mzykl ⋅ ηP,zykl ≤ Mg<br />
für kleinere zulässige Pfahlverdrehungsanforderungen<br />
für größere zulässige Pfahlverdrehungsanforderungen<br />
2<br />
100 200<br />
Entwurfsgeschwindigkeit vE [km/h]<br />
300<br />
Bild 9: Vorschlag für ein vorläufiges globales Sicherheitsniveau<br />
ηp bei zyklisch/dynamischen Belastungen<br />
4 LITERATUR<br />
DB AG: DS 804 – Anlage 28 Druck-Sog-Einwirkungen<br />
auf Bauwerke in Gleisnähe - Aerodynamische Einwirkungen,<br />
1996.<br />
DB AG: Richtlinie 800.2001: Netzinfrastruktur Technik<br />
entwerfen; Lärmschutzanlagen an Eisenbahnstrecken,<br />
2000.<br />
DIN-Fachbericht 101: Einwirkungen auf Brücken, 2003.<br />
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen<br />
FGSV: Entwurfs- und Berechnungsgrundlagen für<br />
Bohrpfahlgründungen und Stahlpfosten von Lärmschutzwänden<br />
an Straßen. Merkblatt Ausgabe 1997.<br />
Hertle, R. / Näßl, A.: Aerodynamische Anregung von<br />
Schutzwandkonstruktionen an schienengebundenen<br />
Hochgeschwindigkeitsstrecken. Bauingenieur Band<br />
80, S. 151 – 161, 2005.<br />
<strong>Kempfert</strong>, H.-G.: Lärmschutzwände auf Pfählen. Tiefbau-Ingenieurbau-Straßenbau,<br />
TIS Heft 2/1985.<br />
<strong>Kempfert</strong>, H.-G.: Zum Trag- und Verformungsverhalten<br />
von im Baugrund eingespannten, nahezu starren<br />
Gründungskörpern bei ebener oder geneigter Geländeoberfläche.<br />
Schriftenreihe des Fachgebietes Baugrund-Grundbau<br />
der Universität Dortmund, Heft 1,<br />
1987.<br />
<strong>Kempfert</strong>, H.-G.: Dimensionierung kurzer, horizontal belasteter<br />
Pfähle. Bauingenieur Band 64, S. 201 – 207,<br />
1989.<br />
Vogt, N.: Vorschlag für die Bemessung der Gründung<br />
von Lärmschutzwänden. <strong>Geotechnik</strong> 11, Heft 4, Seite<br />
210-214, 1988.