DER ROTE FADEN - Anette Kramme
DER ROTE FADEN - Anette Kramme
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VERANSTALTUNGEN IM BLICKPUNKT<br />
Ausgabe November/ Dezember 2006<br />
Informationsveranstaltung der AG 60 plus: Wohnen im Pflegeheim – Müssen Kinder zahlen?<br />
Pflegebedürftigkeit und Elternunterhalt<br />
- aufgrund der steigenden Kosten<br />
für die Unterbringung in Pflegeheimen<br />
ist das ein Thema, das jung<br />
und alt betrifft. Was ist, wenn die<br />
eigenen Finanzen (irgendwann)<br />
nicht mehr ausreichen? Werden<br />
Kinder und auch Schwiegerkinder<br />
für Kosten eines Aufenthalts in<br />
einem Pflegeheim herangezogen?<br />
Um Antworten auf diese Fragen zu<br />
erhalten, kamen rund 130 interessierte<br />
Bürgerinnen und Bürger in die<br />
BSV-Stadiongaststätte zum Informationsnachmittag:<br />
„Wohnen im<br />
Pflegeheim - Müssen Kinder zahlen?“<br />
Als Referentin konnte die<br />
SPD-Bundestagsabgeordnete und<br />
Rechtsanwältin <strong>Anette</strong> <strong>Kramme</strong><br />
gewonnen werden. Christine Hacker,<br />
die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft<br />
60plus Bayreuth<br />
Stadt, die mit ihrem Team und dem<br />
SPD-Unterbezirk Bayreuth die Veranstaltung<br />
organisiert hatte, war<br />
erfreut über die Resonanz. „Das<br />
große Interesse an der Veranstaltung<br />
zeigt, dass erheblicher Informationsbedarf<br />
besteht.“<br />
MdB <strong>Kramme</strong> startete zunächst mit<br />
einer allgemeinen Einführung. „Es<br />
kommt immer häufiger vor, dass<br />
Menschen nicht in der Lage sind,<br />
die Kosten für die Unterbringung in<br />
einem Pflegeheim selbst zu zahlen.<br />
Die Pflegeheimsätze liegen im Bundesdurchschnitt<br />
mittlerweile bei ca.<br />
3.000 Euro monatlich“, erklärte<br />
<strong>Kramme</strong>. Wenn die Pflegekosten<br />
den Betrag übersteigen, den die<br />
Kasse bezahlt, und der Restbetrag<br />
zusammen mit den Unterbringungsund<br />
Verpflegungskosten höher ist<br />
als die Eigenmittel des Pflegebedürftigen,<br />
springt der Sozialhilfeträger<br />
ein. Beim Einsatz der Eigenmittel<br />
ist dem pflegebedürftigen Eltern-<br />
P R E S S E M I T T E I L U N G<br />
Wohnen im Pflegeheim – Müssen Kinder zahlen?<br />
teil ein Schonvermögen zu belassen,<br />
wie z.B. ein Sparguthaben in<br />
Höhe von zurzeit 2.600 Euro (sog.<br />
Notgroschen). „Der Sozialhilfeträger<br />
wird aber in der Regel versuchen,<br />
bei Angehörigen, z. B. den Kindern<br />
des Pflegebedürftigen, Rückgriff zu<br />
nehmen“, so MdB <strong>Kramme</strong>. „Kinder<br />
sind als Verwandte in gerader Linie<br />
unmittelbar zum Unterhalt verpflichtet.“<br />
Sie müssen laut <strong>Kramme</strong> jedoch<br />
leistungsfähig sein. Als leistungsfähig<br />
gelte nur, wer bei Berücksichtigung<br />
seiner sonstigen<br />
Verpflichtungen imstande sei, ohne<br />
Gefährdung seines angemessenen<br />
Lebensunterhalts Unterhalt zu gewähren.<br />
Die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten<br />
Kindes beurteilt<br />
sich insbesondere nach seinem<br />
Einkommen, den erzielbaren Einkünften<br />
und seinem Vermögen.<br />
Berücksichtigung finden u. a. vorrangige<br />
Unterhaltsverpflichtungen,<br />
Altersvorsorgeaufwendungen und<br />
der Eigenbedarf des Kindes. So<br />
steht jedem unterhaltspflichtigen<br />
Kind das Recht zu, einen Teil seines<br />
Bruttoeinkommens für die angemessene<br />
zusätzliche Altersvorsorge<br />
zu verwenden.<br />
Besonders hob die Abgeordnete<br />
hervor, dass das Kind auch einen<br />
sog. Mindestselbstbehalt hat, der<br />
dem Unterhaltspflichtigen monatlich<br />
bleiben muss. „Dieser liegt zur Zeit<br />
bei 1.400 Euro“, stellte <strong>Kramme</strong><br />
klar. „Nach der Rechtsprechung des<br />
Bundesgerichtshofs können von<br />
dem unterhaltspflichtigen Kind lediglich<br />
50 % des den Mindestbehalt<br />
übersteigenden Betrages als Unterhalt<br />
verlangt werden.“ Grundsätzlich<br />
müssen die Kinder im Rahmen der<br />
bestehenden Grenzen auch eigene<br />
Vermögenswerte einsetzen. Das<br />
selbst genutzte Eigenheim des<br />
unterhaltspflichtigen Kindes muss<br />
jedoch nicht verwertet werden.<br />
„Was ist mit den Schwiegerkindern?“<br />
wollte ein Zuhörer wissen.<br />
„Schwiegerkinder können zwar nicht<br />
unmittelbar, aber gegebenenfalls<br />
mittelbar auch herangezogen werden“,<br />
erläuterte <strong>Anette</strong> <strong>Kramme</strong>.<br />
Die Bundestagsabgeordnete hatte<br />
Beispiele vorbereitet, um die<br />
schwierige Materie der Zuhörerschaft<br />
zu verdeutlichen. An Musterfällen<br />
erklärte sie Schritt für Schritt<br />
die Rechenwege bei der Ermittlung<br />
der Unterhaltshöhe, die ein zum<br />
Unterhalt verpflichtetes Kind zu<br />
leisten hat oder nicht. „Manch einer<br />
könnte auf die Idee kommen, einer<br />
Unterhaltspflicht durch das Eingehen<br />
von Schulden zu entgehen;<br />
aber auch in diesem Bereich gibt es<br />
natürlich Bestimmungen“, so<br />
<strong>Kramme</strong>. „In der Regel werden<br />
Schulden, die vor Kenntnis der<br />
Pflegebedürftigkeit des Elternteils<br />
eingegangen wurden, einkommensmindernd<br />
berücksichtigt.“<br />
Als problematisch stellte <strong>Anette</strong><br />
<strong>Kramme</strong> auch noch Vermögensumschichtungen<br />
des bedürftigen Elternteils<br />
heraus. Beispielhaft nannte<br />
sie dazu Schenkungen (z. B. von<br />
bebauten Grundstücken) und Übergabeverträge<br />
(z. B. mit Vereinbarungen<br />
über ein Wohnrecht und<br />
sonstiger Leistungen).<br />
Zahlreiche Fragen und Anmerkungen<br />
während und nach den Ausführungen<br />
der SPD-Abgeordneten<br />
verdeutlichten das Interesse an der<br />
Thematik.<br />
Bayreuth, den 19.10.2006<br />
<strong>DER</strong> <strong>ROTE</strong> <strong>FADEN</strong><br />
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