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WER WAR HANNAH ARENDT?

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DER SKANDAL…Am 16. Februar 1963 erscheint der erste von fünf Artikelnüber den Eichmann-Prozess unter dem Titel „Eichmann inJerusalem: A Report on the Banality of Evil“ in der ZeitschriftThe New Yorker. Der letzte Artikel kommt vier Wochenspäter heraus. Geplant ist eine Veröffentlichung als Buchunter dem gleichen Titel bei Viking Press.Das Erscheinen der Prozessberichte Hannah Arendts ruftbei manchen Lesern – die meisten von ihnen Juden – großeEmpörung hervor. Man erklärt ihr sogar im Namen desdeutschen Judenrates „den Krieg“. Ihr Text wird strengverurteilt – auch von einer Anti-Defamation-League, dieRichtlinien zum Kampf gegen das erwartete Buch herausgibtund in einem Rundbrief alle Rabbiner in NYC zu einerPredigt gegen Hannah Arendt am jüdischen Neujahrstagaufruft. Nicht nur in Zeitungsartikeln, sondern auch inöffentlichen Vorträgen vor jüdischen Studentenvereinenund vor ehemaligen KZ-Häftlingen wird gegen HannahArendts angebliche „Verteidigung Eichmanns“ gesprochen.Sie wird als Verräterin am eigenen jüdischen Volk empfundenwegen der gelesenen Behauptung, Juden seiennicht weniger am Holocaust schuldig als andere. Man wirftihr Arroganz, Kälte, Gefühllosigkeit für das grauenvolleSchicksal der Opfer und fehlende Liebe zu ihrem eigenenVolk vor. Sogar als „Verächter der Menschen“ wird sie voneinem Rezensenten betitelt.Man spricht in der Sekundärliteratur von einem „Bürgerkrieg“,der anlässlich der sogenannten Eichmann-Kontroverseunter New Yorker Intellektuellen ausgebrochen sei.In jedem Fall waren die Zeitungsartikel und das 1963erschienene Buch ein Anstoß zu einer heftigen Debatte überjüdische Identität, über den Holocaust und seine Folgen,über die Funktion und die Bedeutung des Staates Israel.Was genau erregte derart heftige Reaktionen?Über den angeblich distanzierten Ton Hannah Arendtshinaus richten sich die Vorwürfe zum einen gegen denBegriff von der Banalität des Bösen und zum anderengegen die Darstellung der Judenräte im Dritten Reich.12

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