Wann & Wo 17.01.2016
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10 Sonntag, 17. Jänner 2016 WANN & WO<br />
Sonntags-Talk<br />
Hanno Loewy<br />
Alter, <strong>Wo</strong>hnort: 54, Hohenems<br />
Beruf: Leiter Jüdisches Museum Hohenems<br />
Studium: Literaturwissenschaft, Theater-, Film- und<br />
Fernsehwissenschaft sowie Kulturanthropologie<br />
Familie: Verheiratet, zwei Kinder<br />
„Als Jude pfeife ich drauf“<br />
W&W sprach mit Hanno Loewy, dem Leiter des Jüdischen Museums in Hohenems.<br />
W&W traf sich mit<br />
Hanno Loewy, um über<br />
Privates, Gesellschaftspolitisches<br />
und jüdische<br />
Komik zu reden.<br />
WANN & WO: Wie hat Ihre Kindheit<br />
in Frankfurt ausgesehen?<br />
Hanno Loewy: Meine Eltern haben<br />
sich damals entschieden aus Israel<br />
nach Deutschland zurückzukehren.<br />
Sie haben sich dann eher Freunde<br />
aus der „Nachkriegsgeneration“<br />
gesucht. Meine Eltern waren schon<br />
älter, als ich auf die Welt kam, über<br />
40. Heute ist das ja eher normal.<br />
Ansonsten hatte ich eine schöne<br />
Kindheit in Frankfurt. Es war eine<br />
spannende Stadt, es gab noch viele<br />
Ruinen und irgendwelche Schutthaufen.<br />
Die stärkste Erinnerung aus<br />
meiner Kindheit ist: Es ist überall<br />
Baustelle. Grau und staubig, zu<br />
viele Autos – aber Energie.<br />
WANN & WO: Was machen Sie<br />
privat, wenn Sie nicht gerade im<br />
Museum sind?<br />
Hanno Loewy: Ich genieße was<br />
diese Region, dieses Land zu bieten<br />
hat – neben dem Museum. Es gibt<br />
eine unvergleichlich hohe Qualität<br />
an Natur, Kultur, Essen und Architektur.<br />
Wir gehen sehr gerne Wandern,<br />
Rodeln, Skifahren, im Alten<br />
Rhein Schwimmen oder Radfahren.<br />
Und wir gehen gerne in den Adler<br />
Essen, das muss ich einfach sagen<br />
(lacht).<br />
WANN & WO: Was hat Sie nach<br />
Vorarlberg gebracht?<br />
Hanno Loewy: Das Museum. Ich<br />
habe schon 1994 das erste Mal<br />
Hohenems besucht. Viele Freunde<br />
aus Wien haben erzählt, dass es da<br />
ein neues Museum gäbe, das ganz<br />
modern und anders gemacht sei als<br />
die üblichen jüdischen Museen und<br />
irgendwie hab ich mich da verliebt.<br />
WANN & WO: Könnte man sagen,<br />
dass Hohenems ihr Zuhause ist?<br />
Hanno Loewy: Ich bin natürlich ab<br />
und zu in Frankfurt, denn ein Teil<br />
der Familie lebt noch dort, aber für<br />
mich ist es schon sehr zu einem<br />
Zuhause geworden. Man hat viele<br />
„Zuhause“, aber für mich ist es<br />
inzwischen das Lebenszentrum. In<br />
Vorarlberg lebt man doch eh ein<br />
sehr regionales Leben, jeder ist viel<br />
unterwegs.<br />
WANN & WO: Was bedeutet das<br />
jüdische Museum für Sie?<br />
Hanno Loewy: Für mich ist es ein<br />
Ort der Begegnung, an dem sich<br />
Menschen ganz herausfordernden<br />
Fragen stellen, von Selbstbildern,<br />
von Zugehörigkeit, von Fremdheit<br />
und Eigenheit. Ein Ort, an dem<br />
Identitäten in Frage gestellt werden<br />
und nicht wiedergekäut oder<br />
zementiert werden. Ein Ort, an dem<br />
sich Menschen offen begegnen.<br />
WANN & WO: Haben Sie einen<br />
bestimmten Friseur?<br />
Hanno Loewy: Ja (lacht). Ja, ja,<br />
die Ingrid hier in Hohenems. Wieso?<br />
Ich hab nicht soviel Arbeit mit<br />
den Haaren, zweimal im Jahr wird<br />
gestutzt.<br />
WANN & WO: Wie wichtig ist<br />
Ihnen die Familie?<br />
Hanno Loewy: Die ist mir immer<br />
sehr wichtig gewesen, weil ansonsten<br />
ist man haltlos. Im Moment,<br />
da die Kinder außer Haus sind, sind<br />
wir zu zweit – die Tochter ist in<br />
Wien, der Sohn in Frankfurt. Meine<br />
Frau und ich versuchen so viel wie<br />
möglich im Leben zu teilen. Das<br />
gibt Kraft. Und so ist es so eine<br />
Art Dreieck, in dem sich unser<br />
Leben abspielt. Familie ist wichtig,<br />
wenn ich mir vorstelle alleine zu<br />
leben, da verwahrlost man doch.<br />
Zusammenleben mit Menschen ist<br />
die Zivilisation, die einen am Leben<br />
erhält.<br />
WANN & WO: Die Urheberrechte<br />
an „Mein Kampf“ sind ausgelaufen.<br />
Was sagen Sie dazu?<br />
Hanno Loewy: So ist das nun mal.<br />
Wenn Historiker Kommentare zu<br />
„Mein Kampf“ schreiben wollen,<br />
sei es ihnen gegönnt, aber ich<br />
mache mir andere Sorgen. Auf dem<br />
Markt gibt es gefährlichere Bücher,<br />
mit einer zeitgemäßen Sprache