Arthur Honegger - durand-salabert-eschig
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ARTHUR<br />
HONEGGER<br />
(1892-1955)<br />
Aus einer deutsch-schweizerischen Familie stammend<br />
und in Le Havre geboren, ist <strong>Honegger</strong> sowohl Erbe<br />
der französischen, als auch der deutschen Kultur. Am<br />
Beginn des 20. Jahrhunderts entwerfen diese beiden<br />
verschiedenen Welten die reichhaltigsten Antworten auf die<br />
unterschiedlichsten neuen musikalischen Fragen: Was soll<br />
mit der Tonalität geschehen? Was ist der Ausdruck? Welche<br />
Formen können die Verbindungen zwischen der Musik<br />
und den anderen Künsten, der Musik und der Philosophie<br />
annehmen? Wie werden die neuen musikalischen Formen<br />
aussehen?<br />
<strong>Honegger</strong> scheint auf all diese Fragen klare, aber tolerante<br />
Antworten zu geben. Die Atonalität interessiert ihn nur<br />
als ein vorübergehendes Mittel, um Spannung oder<br />
Chaos auszudrücken (die Serialität erscheint ihm als<br />
ein willkürliches Dekret). Die Bezugnahme auf die gut<br />
erprobten musikalischen Formen (Symphonie, Oratorium,<br />
Quartett) führt in seinem Fall zu originellen Werken, sowohl<br />
was ihren Geist, als auch ihre Gestaltung betrifft. Das vor<br />
allem im Frankreich des beginnenden 20. Jahrhunderts<br />
vorherrschende Interesse für Theater, Ballett und Oper<br />
beschäftigt ihn intensiv, auch in seinen unterhaltsamsten<br />
Seiten, selbst wenn sein Humanismus ihn zu einer<br />
tiefgründigen Meditation über die moralische Funktion des<br />
Künstlers in der Gesellschaft führt.<br />
Als ein Musiker, der sich allen ästhetischen, wissenschaftlichen<br />
oder sozialen Strömungen seines Jahrhunderts öffnet,<br />
scheint <strong>Honegger</strong> während seiner ganzen Karriere auf der<br />
Suche nach der intensivsten und ehrlichsten Ausdrucksform<br />
einer schöpferischen Kraft, die ihn zur Komposition sehr<br />
unterschiedlicher Stücke führt. Doch es läßt sich feststellen,<br />
daß die Stimme und vor allem der Chor eine Vorzugsrolle<br />
in seiner Arbeit einnehmen. Die Zusammenarbeit mit<br />
René Morax (Le Roi David, Judith) und danach mit<br />
Paul Claudel (Jeanne d’Arc au bûcher, La Danse des<br />
morts) erhellen das ursprüngliche Interesse <strong>Honegger</strong>s an<br />
philosophischen und religiösen Themen. Aber er schreibt<br />
auch eine temperamentvolle Operette, Les Aventures du<br />
Roi Pausole, nach einem Libretto von Willemetz, sowie<br />
zahlreiche Lieder.<br />
Wenn Jeanne d’Arc au bûcher (1935) als sein repräsentativstes<br />
Werk gilt, dann wahrscheinlich deshalb, weil sich hier die<br />
größte Einfachheit (Rückgriff auf die Sprechstimme,<br />
ruhige Schönheit der Kindheitsgeschichte Jeannes und der<br />
französischen Folklore) und die sonderbarsten Erfindungen<br />
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