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points d' rgue à udelange - Orgue-dudelange.lu

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Bachs Kantate „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit BWV<br />

106, auch als ACTUS TRAGICUS bekannt, ist ein anderes<br />

Beispiel einer überzeugenden Auswahl von Bibeltexten<br />

zum Thema des menschlichen Sterbens. Auch Schumann<br />

hatte den Plan eines deutschen Requiems in sein „Projektbuch“<br />

eingetragen, allerdings – soviel uns bekannt<br />

ist – nie daran gearbeitet. Während seines Aufenthalts<br />

im Schumannschen Haushalt könnte Brahms den Band<br />

eingesehen haben, obwohl er dies später abstritt. Sicherlich<br />

war ihm aber Schumanns REQUIEM FÜR MIGNON<br />

vertraut, ein weltliches Werk über Texte aus Goethes<br />

WILHELM MEISTER, denn immerhin führte er es mit der<br />

Wiener Singakademie zu der Zeit auf, da sein eigenes<br />

Requiem heranreifte.<br />

Man würde freilich den Einf<strong>lu</strong>ss dieser Werke überschätzen, wollte man sie als Modelle<br />

auffassen. Zum einen ist nicht klar, ob Brahms Schütz und Bach kannte, als er sein Requiem<br />

schrieb; zum anderen macht die Textzusammenstel<strong>lu</strong>ng das Brahmssche Werk<br />

einmalig.<br />

Obwohl kein orthodox gläubiger Christ, studierte Brahms eifrig die Lutherbibel. Sein<br />

eigenes Bibelexemplar, das in einer Wiener Samm<strong>lu</strong>ng aufbewahrt wird, ist voll von<br />

Bleistiftanmerkungen. Darüber hinaus führte er ein Notizbuch mit Details von möglicherweise<br />

verwendbaren Texten. In seinem DEUTSCHEN REQUIEM vermeidet Brahms<br />

den liturgischen Text völlig und schafft dadurch ein Werk mit ganz anderem Blick auf<br />

den Tod. Während das herkömmliche lateinische Requiem den Seelenfrieden für die Verstorbenen<br />

erfleht, versucht Brahms, den Hinterbliebenen Trost zu bieten. Alec Robertson<br />

drückte es so aus: „Brahms betet nicht einmal, geschweige denn zweimal für die Toten.“<br />

Es gibt nur eine einzige kurze Entsprechung zum Dies irae mit seiner erschreckenden<br />

Darstel<strong>lu</strong>ng des Jüngsten Gerichts, aber wenn im Brahms-REQUIEM die Posaunen des<br />

Letzten Tags erschallen, dann rufen sie nicht die Toten vor den Richterstuhl, sondern<br />

sie verkünden die Hoffnung auf die Auferstehung und Vereinigung nach dem Tod. Dies<br />

deckt sich weitgehend mit der <strong>lu</strong>therischen Theologie, welche die Idee des Fegefeuers<br />

zusammen mit vielen anderen Elementen des Römischen Ritus ablehnt.<br />

Es ist bezeichnend für Brahms, dass in seiner Textauswahl kein einziges Mal von Christus<br />

die Rede ist, wenn auch bisweilen das Wort „Herr“ sich eindeutig auf den Messias des<br />

Neuen Testaments bezieht. Er setzte sich damit der Kritik Reinthalers aus, der eine Erweiterung<br />

des Werks vorsch<strong>lu</strong>g, um einen offenkundiger christlichen Ton einzuführen;<br />

aber Brahms lehnte eine Änderung ab und gab zu erkennen, dass er jeder dogmatischen<br />

Bindung abhold sei. Er betonte, „dass ich recht gern auch das „Deutsch“ fortließe und<br />

einfach den „Menschen“ setzte.“ Gleichwohl sträubte sich der Komponist nicht, als bei<br />

der Uraufführung am Karfreitag 1868 im Bremer Dom die Arie „Ich weiß, dass mein<br />

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