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Versammlungsrecht - Leseprobe

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Das vorliegende Werk verknüpft die Vorteile eines Kommentars mit denen eines Lehr- und Studienbuchs. Durch die themenbezogene Gliederung in 14 Kapitel, das umfangreiche Stichwortverzeichnis sowie zahlreiche Belege aus Rechtsprechung und Schrifttum bietet es eine umfassende Hilfestellung an und ist sowohl zur methodischen Erarbeitung der Gesamtmaterie des Versamm­lungsrechts als auch als wertvolles Nachschlagewerk zur Beantwortung von Einzelfragen geeignet.

Kapitel I •

Kapitel I • Verfassungsrechtliche Grundlagen des BVerfG am 17.2.2009 sodann die Anwendung mehrerer Bestimmungen des BayVersG eingeschränkt. 52 Folgerichtig hat daraufhin der Landesgesetzgeber das Gesetz zur Änderung des BayVersG vom 22.4.2010 verabschiedet, das am 1.6.2010 in Kraft trat und eine deutliche Liberalisierung der legislatorischen Vorgaben darstellt. 53 Eine weitergehende Verfassungsbeschwerde ist durch das Gericht nicht angenommen und das Hauptsacheverfahren nicht eröffnet worden. 54 Von grundlegender Bedeutung ist im Übrigen, dass die Verfassungsnorm des Art. 8 GG nunmehr auch in Art. 74 BayPAG zitiert wird, so dass eine subsidiäre Anwendung des allgemeinen Polizeirechts im Versammlungsgeschehen in Betracht kommt. 55 Dieser Schritt ist grundsätzlich zu begrüßen, wenngleich einer legislatorisch festgeschriebenen und an einem angemessenen Mindeststandard ausgerichteten Transfernorm im speziellen Gefahrenabwehrrecht Vorrang zukommen sollte. 56 Mit Änderungsgesetz vom 23.11.2015 57 ist schließlich eine weitere Anpassung des bereichsspezifischen Normengefüges erfolgt. Damit war insbesondere eine Verschärfung des Schutzwaffen- und Vermummungsverbotes verbunden. 58 Im Koalitionsvertrag für die LP 2018-2023 59 ist eine erneute Modifizierung des bereichsspezifischen Gesetzes nicht vorgesehen. Allerdings kam es durch Gesetz vom 26.3.2019 zu redaktionellen Anpassungen. 60 2.3.2 Berlin 61 Durch das Gesetz über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel vom 23.4.2013 ( VersammlG BE) hat der Landesgesetzgeber Berlin die §§ 12a, 19a BVersG aufgegriffen und in einen neuen Kontext gestellt. 62 Die Notwendigkeit einer Regelung ergab sich nicht zuletzt aus einer Entscheidung des VG Berlin vom 5.7.2010, in der einer Bildübertragung nach dem „ Kamera-Monitor-Prinzip“ schlüssig Grundrechtsqualität zugeschrieben wurde. 63 Trotz geäußerter Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser systematischen Verschränkung 64 hat der VerfGH Berlin in seiner Leseprobe 52 BVerfGE 122, 342. 53 BayVersG v. 22.4.2010, GVOBl 2010, S. 190. 54 BVerfG v. 21.3.2012, Az. 2492/08-juris (= NPA 150, Bl. 1 mit Anm. Brenneisen). 55 So auch § 10 NPOG, § 11 SOG LSA, § 8 POG RP, § 8 BbgPolG, § 10 SächsPVDG, § 78 SOG MV; vgl. dazu Brenneisen, 2020a, S. 28; ders., 2018a, S. 97; Brenneisen/Staack, 2017, S. 91; siehe auch BVerfG v. 18.12.2018, Az. 1 BvR 142/15-juris; v. 18.12.2018, Az. 1 BvR 2795/09-juris („AKLS-Entscheidungen“). 56 Vgl. z.B. § 9 VersFG SH; dazu Brenneisen/Wilksen/Staack/Martins, 2016, Vorb., Rn. 14; Brenneisen, 2017, S. 221. 57 BayVersG v. 23.11.2015, GVBl 2015, S. 410. 58 Vgl. dazu LT-Drucksache Bay 17/7338. 59 Koalitionsvertrag „Für ein bürgernahes Bayern“ zwischen CSU und Freien Wählern für die 18. LP 2018-2023. 60 GVBl 2019, S. 98. 61 Anhang V. 62 GVBl BE 2013, S. 103. 63 VG Berlin v. 5.7.2010, NVwZ 2010, S. 1442; vgl. auch OVG Münster v. 23.11.2010, Az. 5 A 2288/09-juris und OVG Koblenz v. 5.2.2015, Az. 7 A 10683/14-juris. 64 Vgl. z.B. Knape, 2013, S. 125. © VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb, Hilden Brenneisen/Wilksen/Staack/Martins, Versammlungsrecht, 5. Auflage 2020, ISBN 978-3-8011-0889-2

Brandenburg Entscheidung vom 11.4.2014 die Zulässigkeit bestätigt und festgestellt: 65 „Die Zulässigkeit einer Teilersetzung wird weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur grundsätzlich in Zweifel gezogen.“ Insbesondere begegnet die Ermächtigung zu Übersichtsaufnahmen „bei der gebotenen Auslegung und Anwendung im Lichte der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit keinen Bedenken hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit.“ Dennoch bestehen erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Teilersetzungen und der damit verbundenen rechtlichen Gemengelage. Beispielsweise kritisieren Neskovic/Uhlig, dass es dem Gericht „an der erforderlichen grundrechtlichen Empathie“ gefehlt habe. 66 Dem Koalitionsvertrag 67 für die laufende 18. LP 2016-2021 ist zu entnehmen, dass ein Vollgesetz geschaffen werden und, zumindest nach der ambitionierten Darlegung der Verfasser, zugleich „als deutschlandweites Vorbild für ein demokratieförderndes und grundrechtsbezogenes Versammlungsrecht dienen“ soll. 68 Inzwischen liegt ein Entwurf der regierungstragenden Koalition zu einem „Gesetz über die Versammlungsfreiheit im Land Berlin“ ( VersFG BE) vor, der sich stark am MEVersG und am VersFG SH orientiert. 69 2.3.3 Brandenburg 70 Brandenburg hatte als erstes Bundesland auf die neue versammlungsrechtliche Option des GG reagiert, 71 mit dem BbgGräbVersammlG allerdings bisher lediglich einen unbedeutenden Teilbereich geregelt und ausschließlich § 16 BVersG durch Landesrecht ersetzt. 72 Durch § 1 Abs. 1 GräbVersammlG wird das Verbot für öffentliche Versammlungen und Aufzüge auf Gräberstätten und in deren unmittelbarer Nähe ausgesprochen und durch § 1 Abs. 2 GräbVersammlG werden der zuständigen Behörde auf Antrag des Veranstalters Ausnahmeregelungen von diesem Verbot ermöglicht. Die Regelung steht insofern in unmittelbarer Nähe zu Aspekten der Erlaubnisfreiheit und Zulässigkeit von Versammlungen auf öffentlichen Verkehrsflächen im Privateigentum. Zu sonstigen Änderungen oder zur Übernahme des bisherigen Bundesrechts als Landesrecht liegen noch keine öffentlich zugänglichen Aussagen vor. 73 Leseprobe 65 VerfGH Berlin v. 11.4.2014, DVBl 2014, S. 922; vgl. dazu Brenneisen, 2017, S. 221. 66 Neskovic/Uhlig, 2014, S. 1317. 67 Koalitionsvereinbarung für Berlin zwischen SPD, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen (LP 2016- 2021 – „Berlin gemeinsam gestalten. Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen.“). 68 Siehe dazu auch PlPr der 13. Sitzung am 6.7.2017; vgl. auch ein inzwischen vorliegendes „GRÜNES Freiheitsrechtestärkungspaket“ u.a. mit dem Entwurf eines Berliner Versammlungsfreiheitsgesetzes (VersFG) aus dem Jahr 2019. 69 AGH-Drucksache BE 18/2764 (2.6.2020). 70 Anhang VI. 71 Janz, 2009, S. 481. 72 GräbVersammlG v. 26.10.2006, GVOBl 2006 I, S. 114; vgl. dazu Brenneisen, 2017, S. 221; Brenneisen/ Wilksen/Staack/Martins, 2016, Vorb., Rn. 15; Pahl, in: Peters/Janz, 2015, S. 185; Janz, 2009, S. 481. 73 Sprachlich ungenau insoweit Kniesel, 2018, S. 172. © VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb, Hilden Brenneisen/Wilksen/Staack/Martins, Versammlungsrecht, 5. Auflage 2020, ISBN 978-3-8011-0889-2