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Beschaffung aktuell 04.2023

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» MANAGEMENT Asmus Wolff, Vorstand Supply Chain, Ritter Sport „Beim Kakao können wir im globalen Maßstab etwas bewirken“ Ritter Sport denkt langfristig und investiert konsequent in Nachhaltigkeit – beim Kakao durch Partnerschaften mit Kooperativen und eine eigene Kakaoplantage. Ähnlich tief steigt man in die Lieferkette anderer Rohstoffe ein, wie Asmus Wolff, Geschäftsführer Supply Chain, im Interview berichtet. Beschaffung aktuell: Herr Wolff, wie managt das Familienunternehmen Ritter Sport seine Liefer beziehungen? Asmus Wolff: Stabile langfristige Lieferantenbeziehungen sind uns als Familienunternehmen extrem wichtig. Durch die Krisen seit 2020 sind wir durch unser langfristiges Handeln sehr gut durchgekommen. Wir hatten keinerlei Lieferausfälle. Dazu kommt unsere Rückwärtsintegration. Ritter Sport produziert z. B. seinen eigenen Kakao. Dadurch haben wir nicht nur ein großes Wissen über den gesamten Anbau des Kakaos als solches, sondern auch darüber, was vor Ort benötigt wird, um effizient zu produzieren und eine hervorragende Qualität zu erzielen. Wir wissen, welche Rahmenbedingungen notwendig sind, damit die Erträge stabil bleiben und es den Menschen, die für uns arbeiten, gut geht. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in Ihren Lieferketten? Wolff: Daran arbeiten wir seit Jahrzehnten und kommunizieren dies für die Marke künftig noch sehr viel stärker. Um diese Aussagen treffen zu können, Ritter Sport Das 1912 gegründete Familienunternehmen beschäftigt heute rund 1750 Mitarbeiter und erzielte 2021 einen Umsatz von 505 Millionen Euro. Ritter Sport bezieht laut eigenen Angaben als erster großer Tafel schokoladehersteller für das gesamte Sortiment ausschließlich zertifiziert nachhaltigen Kakao. Zusätzlich zum Aufbau der eigenen Kakaofarm El Cacao investiert das Unternehmen jährlich rund 7 Millionen Euro in Kakaoprogramme in Mittel- und Südamerika sowie in Westafrika. entwickeln wir seit 30 Jahren unsere Supply Chain und unser Unternehmen in diesem Sinne. Glaubwürdigkeit steht für uns an erster Stelle. Deshalb lassen wir alle Schritte durch externe Expertise begleiten. Für die Messung unserer CO 2 -Emissionen arbeiten wir zum Beispiel mit der Science Based Targets Initiative. Die SBTI ist die von der UN akkreditierte Gesellschaft, die auf wissenschaftlich basierten Daten unsere Emissionen und die unserer Lieferkette berechnet, sodass wir vom Feld bis zum Konsumenten unsere CO 2 -Bilanz haben. Ist das nicht deutlich aufwändiger als andere Verfahren? Wolff: Wir glauben nicht daran, dass wir einen Schalter umlegen können und morgen die Welt ganz anders ist. Wir haben ein Commitment abgegeben, dass wir das 1,5 Grad Ziel durch unsere Aktivitäten unterstützen. Das ist ein extrem hartes Ziel. Das bedeutet, dass wir unsere gesamte Emission über alle Scopes um 42 Prozent absolut reduzieren müssen. Das heißt also, wenn wir weiterwachsen, was wir hoffen, sind diese 42 Prozent der Deckel. Damit betreten wir eine neue Welt, in der wir nicht mehr nur relative Parameter anschauen, also die CO 2 -Emissionen pro Kilogramm Schokolade. Sondern absolut, bezogen auf all unsere Aktivitäten und die unserer Lieferanten. All das muss 42 Prozent runter. Und das wollen wir bis 2030 erreichen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hat Ritter Sport ausdrücklich begrüßt. Warum? Wolff: Für uns ist ein Geschäft, das nur für eine Seite ein Geschäft ist, kein Geschäft. Auch unsere Lieferanten aus Afrika, Asien, Südamerika müssen ein Geschäft machen und mit ihren Familien davon leben können. Das ist uns von jeher extrem wichtig, deshalb haben wir die Gesetzesinitiative von Anfang an unterstützt und bei der Ausarbeitung des Geset- 14 Beschaffung aktuell » 04 | 2023

zes mit Ansätzen, die das in die Realität bringen, geholfen. Alles fängt mit der Risikoanalyse an. Genauso sind wir für unsere Lieferketten vorgegangen. Für unser Geschäft bedeutet dies, dass 95 Prozent unseres Impacts, dort, wo wir etwas bewirken können, in vier Rohstoffen, Kakao, Milchpulver, Palmfett, Haselnüsse und in den Packstoffen stecken. Was bedeutet dies für Ihr Lieferanten- und Warengruppenmanagement? Wolff: Wir haben unseren Fokus auf diese Warengruppen gelegt. Ganz vorne steht der Kakao, weil dieser für unsere Produkte der geschmacksgebende Inhaltsstoff ist und weil wir dort im globalen Maßstab jemand sind, der etwas bewirken kann. Dann kommen Fette, Milchprodukte, Zucker und Packstoffe und damit insgesamt rund 50 direkte Lieferanten. Die übrigen 1000 bearbeiten wir in anderer Form. Wir haben drei Risikostufen, für die wir unterschiedlich in die Tiefe gehen. Das wurde in den Handreichungen zum LkSG genauso abgebildet. Der Vorschlag kam von Ritter Sport? Wolff: Ja, der Vorschlag die Risikoanalyse so aufzubauen, kam von uns. Weil wir wissen, dass man so einen ganz großen Teil seines Einflusses auf die 17 SDG (Sustainable Development Goals) der UN managen kann. Für alle wesentlichen Rohstoffe haben wir mit Wissenschaftlern und Nichtregierungsorganisationen Zielbilder erarbeitet. Wie sehen diese Zielbilder aus? Wolff: Wir haben umfassend beschrieben, was wir von einem Lieferanten in zehn Jahren erwarten, damit wir ihm glauben können, dass er nachhaltig arbeitet. Für die Milch haben wir das mit dem Thünen Institut erarbeitet. Wir waren vor Ort, haben uns ein Bild gemacht, Experten befragt, was ist wichtig für die Haltung einer Milchkuh, welche Themen müssen wir an Bord nehmen. Wenn wir einem Schwarzwälder Milchbauern sagen, er müsse seine Kühe auch bei extremem Minusgraden auf der Weide lassen, funktioniert das nicht. Es geht um realistische Zielbilder. Diese haben wir für alle strategischen Roh- und Packstoffe entwickelt, kommunizieren und auditieren sie und es gibt Benefits für Lieferanten, die in diese Richtung arbeiten. Wie sieht es mit den CO 2 -Zielen aus? Wolff: Für CO 2 haben wir seit zwei Jahren Ziele für die Lieferkette formuliert. Für unser strategisches Ziel, nämlich CO 2 -neutrale Rohstoffe, gibt es eine stringente Zeitlinie, die wir mit den 50 Top-Lieferanten durcharbeiten. Können alle Lieferanten schon eine CO 2 -Billanz vorweisen? Wolff: Das ist sehr unterschiedlich. Es hängt jedoch weder an Regionen, noch Branchen, noch an der Unter nehmensgröße, wie eine Firma hier aufgestellt ist, sondern einzig am Unternehmen selbst. Von manchen bekommen wir ganze Dossiers, extern zertifiziert. Von anderen noch nichts. Bei diesen Lieferanten müssen wir sehen, ob wir uns gemeinsam in die gleiche Richtung bewegen können. Asmus Wolff, Vorstand Supply Chain, bei der Alfred Ritter GmbH & Co. KG. »Glaubwürdigkeit steht für uns an erster Stelle.« Bild: Ritter Sport Beschaffung aktuell » 04 | 2023 15

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