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Beschaffung aktuell 04.2023

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» INTRALOGISTIK Dr. Kerstin Höfle, VP R&D and Product Management, Körber Supply Chain „Mobile Roboter sind keine Allzweckwaffe“ Sind mobile Roboter die bessere Alternative zu klassischer Fördertechnik? Surren bald Drohnen durch die Lager? Dr. Kerstin Höfle treibt mit ihrem Team die Implementierung neuer Technologien in das Portfolio von Körber Supply Chain voran. Im Interview spricht sie über Herausforderungen im Warehouse Management, die Nachhaltigkeitsziele des Konzerns und den Einsatz neuer Technologien in der Intralogistik. Erweiterungen und Veränderungen sollen mithilfe mobiler Roboter einfacher möglich sein als bei klassischer Automatisierung. Bild: Körber Supply Chain Beschaffung aktuell: Frau Dr. Höfle, wie kann Automatisierung Unternehmen dabei helfen, die Herausforderungen im Supply Chain und Warehouse Management anzugehen? Dr. Kerstin Höfle: Zunächst einmal müssen wir klar abgrenzen, was wir unter Supply Chain und Warehouse Management verstehen. Supply Chain Management ist ein sehr weiter Begriff. Gerade im Zuge der Lieferkettenthematik der vergangenen Jahre wurden unterschiedliche Definitionen des Begriffs genutzt. Grundsätzlich geht es jedoch um die Pla- nung und Steuerung von Waren-, Informations- und Geldflüssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Diese Lieferketten waren und sind verschiedenen Herausforderungen ausgesetzt, die wir am Ende alle gespürt haben – sei es durch fehlende Teileverfügbarkeit in der Industrie, als auch leere Regale im Supermarkt. Die Gründe dafür sind vielfältig: die Pandemie, geopolitische Spannungen, demografischer Wandel, um nur einige zu nennen. Schauen wir auf das Wirkungsfeld des Körber-Geschäftsfelds Supply Chain, sprechen wir vor allem über Warenflüsse, genauer gesagt die Lagerung von Waren in Lagerhäusern oder Distributionszentren und wie man diese automatisieren kann. Körber agiert als Systemintegrator bzw. Generalunternehmer, bietet Kunden also Lösungen aus einer Hand. Dabei bedienen wir uns unserer eigenen Automatisierungsprodukte im Hardware- und Softwarebereich, integrieren aber auch Technologien von Drittanbietern. So individuell diese Herausforderungen im Einzelnen sind, lässt sich im Allgemeinen festhalten, dass Automatisierung 46 Beschaffung aktuell » 04 | 2023

hilft, den Fachkräftemangel zu überwinden und somit sicherstellt, dass der entsprechende Prozessschritt einer Lieferkette verlässlich abgebildet werden kann. War Automatisierung früher oftmals eine Frage von Effizienz- oder Profitoptimierung, stellt sich heute auch die Frage: Sind wir noch handlungsfähig oder müssen wir das Geschäft einstellen oder verlagern, wenn wir nicht automatisieren? Ferner geht Automatisierung immer mit entsprechenden Softwarelösungen einher. Einerseits um die Anlagen zu steuern, aber auch um Planungen und Forecasts zu verbessern, auch mit Hilfe von Algorithmen und künstlicher Intelligenz, die einen weiteren Beitrag leisten, den Herausforderungen der Supply Chains von heute zu begegnen. Wo sehen Sie die aktuellen Trends in der Lagerautomatisierung? Höfle: Einen großen Trend stellt die mobile Robotik dar. Dahinter liegt aber der eigentliche Trend zu höherer Flexibilität von automatisierten Anlagen. Komplexe Logistikanlagen sind relativ starr, Erweiterungen gehen mit größeren Umbauten einher – was der Technologie und teilweise auch der Physik geschuldet ist –, da braucht es feste Bodenverankerungen. Mobile Roboter begegnen dem Trend „keine Schrauben im Boden“, Erweiterungen und Veränderungen sind wesentlich einfacher möglich als mit klassischen Automatisierungslösungen. Aber mobile Roboter sind keine Allzwecklösung und auch altbewährte Technologien sind in sehr vielen Fällen immer noch die beste Lösung. Weiter im Trend bleiben künstliche Intelligenz und Machine Learning. Zwar nicht neu, zeigen sie aber immer größere Erfolge und sind wesentliche Technologien, die zum Teil schon heute in unseren Produkten zum Einsatz kommen. Dabei geht es um Effizienzsteigerungen, aber auch um die Unterstützung von Lagerarbeitern oder Maschinenführern, mit Empfehlungen, wie Maschinenparameter besser einzustellen sind oder die automatische Behebung von Störungen, wenn ein Sensor fälschlicherweise Alarm geschlagen hat. Um nur zwei Beispiele zu nennen. Woher kommt der Hype um autonome mobile Roboter? Wie stellt sich der Markt aktuell auf? Höfle: Die Nachfrage nach immer flexibleren und modularen Lösungen befeuert den Trend hin zu mobilen Robotern. Auch haben sich benötigte Basistechnologien, die beispielsweise zur Navigation und Steuerung benötigt werden, stark weiterentwickelt, was sie auch preislich erschwinglicher und „massentauglich“ macht. Wie bei vielen neuen Technologien ist der Markt aktuell sehr fragmentiert. Wir sehen viele Start-ups, aber auch gewachsene Unternehmen aus dem asiatischen Raum, die vor allem vom asiatischen Massenmarkt profitieren und so enorm schnell wachsen. Genauso sehen wir Firmen in den USA, Europa wie auch an fast allen anderen Technologiestandorten entstehen. Und das mit technisch sehr ausgereiften Lösungen, die jedoch preislich nicht immer mit den asiatischen Wettbewerbern, mithalten können, aber besonders in puncto Technologie auftrumpfen. Für Nutzer dieser Technologien bringt diese Marktsituation sowohl Vor- als »Bei Sortier- und Kommissionierprozessen haben wir immer häufiger mobile Roboter im Einsatz.« Bild: Körber Supply Chain Dr. Kerstin Höfle ist VP R&D and Product Management bei Körber Supply Chain. auch Nachteile. Die Auswahl ist groß, zugleich erschwert das zum Teil die Wahl der richtigen Technologie und des richtigen Partners. Auf der anderen Seite gibt es viel zu erkunden, viele spannende Pilot projekte und Installationen, aber auch sehr ausgereifte Lösungen. Wie sieht das Einsatzspektrum mobiler Roboter in der Intralogistik aus? Höfle: Das Anwendungsgebiet steckt schon im Namen – mobil, sprich überall dort, wo Waren transportiert werden müssen. Die einzelnen Anwendungsfälle, in denen mobile Roboter zum Einsatz kommen, variieren jedoch sehr. Bei reinen Transportaufgaben sind mobile Roboter oftmals für den Transport von Paletten und das bei mittlerem bis geringem Durchsatz im Einsatz – ansonsten ist eine klassische Fördertechnik die bessere Lösung. Natürlich gibt es auch Lösungen für höheren Durchsatz und kleinere Pakete. Sortier- und Kommissionierprozesse – hier sind wir eher im Paket- bzw. Kleinteile bereich unterwegs – sind ebenfalls Prozesse, bei denen wir immer häufiger mobile Roboter im Einsatz haben. Beschaffung aktuell » 04 | 2023 47

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