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Beschaffung aktuell 06.2022

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» MANAGEMENT Interview mit Isabel Hochgesand, CPO Beiersdorf AG Zentral, regional, global: die neue Einkaufsorganisation von Beiersdorf Drei Jahre hat Isabel Hochgesand die Beschaffung von Beiersdorf reformiert. Heraus kam eine zentrale Organisation in einem dezentral aufgestellten Konzern und ein Einkauf , der als Partner wahrgenommen wird. 70 Prozent der Einkäuferinnen und Einkäufer haben neue Funktionen und Rollen. Innovation, Beschaffungssicherheit, Nachhaltigkeit sind die Kernziele. Frau Hochgesand, bevor Sie 2017 bei Beiersdorf die Funktion des CPO übernahmen, waren Sie 25 Jahre bei Procter & Gamble in verschiedenen Positionen im Einkauf und im Supply Chain Management. Mit welchem Blick kommt man nach so langer Zeit in ein anderes Unternehmen? Isabel Hochgesand: Ich bin offen an die neue Aufgabe herangegangen. Den Unternehmenswechsel habe ich als Möglichkeit gesehen, mich neu zu definieren, mich zu hinterfragen: Was möchte ich selbst erreichen? Welche meiner fachlichen Erfahrungen lasse ich zurück, was möchte ich mitnehmen und was hinzufügen? In allen meinen beruflichen Stationen habe ich wahnsinnig viel lernen dürfen – wofür ich sehr dankbar bin. Die neue Rolle als CPO bei Beiersdorf bot mir die wunderbare Gelegenheit, mit allen meinen bisherigen Erfahrungen und entwickelten Kompetenzen mein eigenes Team aufzubauen, meine Vision und Strategie für den Einkauf zu entwickeln und so den Bereich auf eine neue Ebene zu heben. Und das funktioniert bis heute. Wie würden Sie die damalige Einkaufsorgani sation bei Beiersdorf beschreiben? Hochgesand: Der Einkauf war damals stark mit Kosteneinsparungen assoziiert und wurde teilweise als Blackbox empfunden. Ich vertrete die Ansicht, dass eine moderne Einkaufsorganisation mehr ist. »Ich vertrete die Ansicht, dass eine moderne Einkaufsorganisation mehr ist. Es geht nicht nur um Verhandlung, sondern um die Leistung von Wertbeiträgen über Einsparungen hinaus.« Isabel Hochgesand, CPO Beiersdorf AG Bild: Beiersdorf

Es geht nicht nur um Verhandlung, sondern um die Leistung von Wertbeiträgen über Einsparungen hinaus. Der Einkauf hat zum Beispiel einen großen Einfluss auf Risikomanagement, Innovation oder auch Nachhaltigkeit. Diese Themenfelder gilt es zu besetzen und auch in der Diskussion mit den Stakeholdern zu thematisieren. Um das damals vorherrschende Bild vom Einkauf zu revidieren, haben wir unsere Transformation gestartet. Unser Ziel war es, bereits bei der Entstehung von Ideen und Strategien eingebunden zu werden, um die richtigen Weichen stellen zu können. Die Transformation hat drei Jahre gedauert. Was waren Gründe für die Neuausrichtung? Hochgesand: Einer der Hauptgründe, war das dezentrale Set-up, welches uns teilweise langsam gemacht und zu ineffizienten, nicht harmonisierten Prozessen beigetragen hat. Weiterhin hat uns die Organisationsstruktur daran gehindert, mit der ganzen Mannschaft an einheitlichen Prioritäten zu arbeiten und schnelle Entscheidungen zu treffen. Um den Einkauf neu zu positionieren und als moderner Einkaufsbereich wahrgenommen zu werden, der mehr als Einsparungen erwirkt, haben wir das Transformationsprojekt gestartet. Der Prozess war intensiv, aber zusammen mit dem Management haben wir alle Leitlinien für die Neuausrichtung gemeinsam beschlossen. Mit dem Aufbau neuer Organisationsstrukturen, Strategien sowie Arbeitsweisen und Prozessen konnten wir eine vollständige und frühzeitige Integration des Einkaufs erwirken, Themengebiete bündeln, Prozesse standardisieren und ganz neue Karrierechancen schaffen. Durch ein klares Bild vom Einkauf und definierte Standpunkte zu Themen wie Innovation, Beschaffungssicherheit und Nachhaltigkeit werden wir intern jetzt anders wahrgenommen und können auch extern klarer auftreten. Was war die größte Veränderung? Hochgesand: Die größte Veränderung im Einkauf war der Übergang von einer dezentralen zu einer zentral geführten Organisation mit Berichtslinien der Länder zum CPO. Konkret bedeutet das, dass der direkte Einkauf zentral gesteuert wird und der indirekte sowie der Marketingeinkauf als Matrixorganisation aufgestellt sind. Dabei haben wir viele neue globale und regionale Rollen geschaffen und kaufen heute deutlich mehr regional oder global ein. Um eine gute Basis für eine strategischere und langfristigere Arbeitsweise zu legen, haben wir auch an Themen wie Supplier Performance Management, e2e Supply Chain Integration, Business Continuity Planning gearbeitet und eine digitale Roadmap aufgesetzt. Parallel haben wir umfassendes Expertenwissen in unseren Teams aufgebaut, um auf Augenhöhe mit unseren internen, aber auch externen Verhandlungspartnern agieren zu können. Wie nimmt man die Menschen in einem solchen Wandel mit? Management, Team, Fachbereiche … Hochgesand: Das A und O ist es, direkt am Anfang eine klare Vision zu definieren und den Mitarbeitenden eine Orientierung zu geben. Wir haben deshalb zuerst einen einfachen Überblick in acht Punkten entwickelt, um der Einkaufsorganisation zu zeigen, wofür wir als Managementteam stehen. Darauf aufbauend haben wir die Vision und die Strategie erarbeitet. Diese Dokumente waren sowohl für die einkaufsinterne als auch die crossfunktionale Kommunikation unsere Eckpfeiler. Um den Wertbeitrag der neuen Strategie für das gesamte Unternehmen aufzuzeigen, sind wir in der Kommunikation sprachlich auf unsere Zielgruppen zugegangen, zum Beispiel reden wir heute mehr über „Protect Revenue“ statt über „Compliance“ und „Risk Management“. Welches Zielbild verfolgt der Einkauf heute, wofür steht die Beiersdorf- Beschaffung? Hochgesand: Wir haben den Einkauf als Business Partner auf Augenhöhe positioniert. Wir unterstützen das Geschäft und leisten einen Wertbeitrag entlang unserer drei definierten Dimensionen „Protect Revenue“, „Drive Efficiency“ und „Enable Growth“. Was sind Ihre wichtigsten Ziele 2022/23? Hochgesand: Unser kurzfristiges Ziel ist, die Materialverfügbarkeit zu wettbewerbsfähigen Preisen zu gewährleisten. Wir dürfen dabei aber die mittelfristigen Ziele und die Weiterentwicklung des Einkaufs nicht aus den Augen verlieren. Neben der Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden und ihrer Fähigkeiten sowie unsere Partnerschaften sind die Digitalisierung des Einkaufs und Nachhaltigkeit Themen, die bei uns mit hoher Priorität vorangetrieben werden. Wie gut ist Ihre Organisation im Risikomanagement aufgestellt? Welche Ansätze verfolgen Sie? Isabel Hochgesand ... hat 25 Jahre bei Procter & Gamble in verschiedenen Positionen und Standorten gearbeitet. 1992 hat sie nach einem MBA-Abschluss in den USA bei P&G in Schwalbach/Ts im Europäischen Zentraleinkauf ihren ersten Einkaufsjob angetreten. Sie hat daraufhin verschiedene Stellen im Einkauf bekleidet und Führungsrollen übernommen. 2017 wechselte Isabel Hochgesand zu BDF, um die Rolle des CPOs einzunehmen und eine globale Transformation zu gestalten. Des Weiteren ist sie Mitglied in mehreren Frauennetzwerken, war mehrere Jahre im Vorstand der AmCham Germany und ist heute im Aufsichtsrat von Ontex, Belgien. Beschaffung aktuell » 06 | 2022 15

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