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Beschaffung aktuell 7-8.2022

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MANAGEMENT » Interview

MANAGEMENT » Interview tigt wird. Unsere Lösung erfasst zudem Daten und Informationen in Sachen Warenlager und Abrechnungssystem mit den Krankenkassen. Wir visualisieren den gesamten Prozess von der Aufnahme des Patienten bis zu seiner Entlassung, natürlich unter Datenschutzgesichtspunkten. Aus all diesen Erkenntnissen heraus ergeben sich dann für uns zuweilen auch Beratungsaufgaben zur Optimierung, Steuerung, Restrukturierung oder auch den Einsatz von Interim-Managern. Was will die Prospitalia-Gruppe mit Ihrer Hilfe in Zukunft anstoßen? Vollmer: Wir überlegen generell: Wie lassen sich alle Einkaufsdaten mit anderen analytischen Informationen intelligent verbinden? Wir wollen die gesamte Erfahrungswelt der Patienten verbessern. Dazu gehört auch, dass medizinisches Personal wesentliche Informationen nur einmal einzugeben braucht. Derzeit geschieht das noch an diversen Orten, was unproduktiv und nervig für alle Beteiligten ist. Medienbrüche und damit einhergehende Datensilos sind ja der Grund für Intransparenz und Verschwendung wertvoller Zeit. Entscheidender ist aber die Frage, ob alle meine Gesundheitsdaten bei allen Ärzten dezentral lagern oder ob man sie zentral steuern und pflegen kann. Sie analysieren auch Verbräuche. Welche Erkenntnisse haben Sie? Vollmer: Ja, die können wir selbstverständlich benchmarken. Ein Beispiel sind »Wie lassen sich alle Einkaufsdaten mit anderen analytischen Informationen intelligent verbinden?« Anker, die bei Schulteroperationen gesetzt werden. Die kosten einzeln etwa 230 Euro. Wir wissen aus Erfahrung, dass manche Ärzte viele Anker setzen oder immer die teuersten Produkte verwenden, obwohl preiswertere und weniger Anker bei gleicher Qualität verwendet werden könnten. Die Anzahl ist dabei natürlich immer in Relation zur jeweiligen Verletzung und der Operationsmethode zu setzen. Wir zeigen durch unsere analytischen Lösungen Tendenzen auf und generieren über die reinen Einkaufskosten hinaus Muster zu den Operationen selbst. Daraus können Kliniken, Praxen und einzelne Ärzte Schlüsse ziehen und gegebenenfalls ihre Behandlungsmethoden anpassen. Darüber hinaus können wir mit unseren medizinischen Doktoren die Fachärzte auch praktisch beraten. Sie verhandeln mit den Lieferanten Ihrer Plattformen Preise. Was geht über Bündelung hinaus? Vollmer: Wir schließen Verträge mit einem oder mehreren Lieferanten, zum Beispiel für Kanülen. Wir suchen den Supplier aus, verhandeln alle Preise und Rabatte komplett. Das entlastet den Einkauf auf unserer Kunden- bzw. Klinikseite. In manchen Fällen werden uns bestimmte Lieferanten auch mal vorgegeben. Das Angebot bilden wir via Plattform über Kataloge ähnlich wie bei Amazon ab. Die Basiskonditionen sind für alle Kunden meist gleich, Differenzierungen gibt es bei den abgenommenen Volumina. Das Krankenhaus weiß, was es vorher für einzelne Waren körbe via Ausschreibung bezahlt hat. Unser Vorteil ist, dass wir für über 600 Kunden – das sind kommunale, konfessionelle, privatwirtschaftliche Krankenhäuser und Unikliniken – Updates bei Standards wie eclass einpflegen, Lieferantenmanagement betreiben, Preise weiterverhandeln, Bündelungseffekte und Transparenz schaffen. Wir stellen auch sicher , dass die Daten ins ERP-System laufen und die Anbindung an die Lieferanten klappt. Unsere analytischen Lösungen sind Zusatzservices. Wie sieht Ihr Risikomanagement-System aus? Vollmer: Der Health-Sektor ist seit Langem streng reguliert. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist also keine große Hürde. Risiken sind in unserem Bereich Lieferverzögerungen. Wir beobachten den Markt sehr genau und brauchen dazu auch Echtzeitdaten der Lieferanten. Wir haben eine Cockpit-Lösung, die Verknappungen sofort via Dashboard anzeigt. Darüber wird auch informiert, ob Operationen zum geplanten Zeitpunkt durchgeführt werden können. Diese digitale Lösung haben wir selbst entwickelt. Bestehende Tools von Dienstleistern, auch die bekannten, sind nicht auf unsere ganz speziellen Bedürfnisse bzw. Anforderungen zugeschnitten. Dr. Marcell Vollmer ist seit Januar 2022 CEO der Prospitalia-Gruppe; zuvor war er Partner & Director bei der Boston Consulting Group. Davor war er Chief Innovation Officer bei Celonis. 2005 begann er bei SAP, 2011 wurde er hier zum SAP CPO und später zum COO sowie Chief Digital Officer ernannt. Vollmer studierte an der Uni Hamburg (Abschluss Diplom-Kaufmann BWL). Seine Dissertation schrieb er parallel zu seiner Tätigkeit als Manager Integration Projects and Sales Processes bei DHL Express in Brüssel (2005). Spielen für Prospitalia die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine eine Rolle bei der Versorgung? Vollmer: Wir haben aus diesem Teil Osteuropas keine Lieferanten, die kritische Materialien und Produkte liefern. Allerdings wirken sich die gestiegenen Energiekosten durch den Krieg in der Ukraine auf alle Unternehmen und Preise aus. Das Interview führte Sabine Ursel, Journalistin . 16 Beschaffung aktuell » 7-8 | 2022

ANZEIGE ©iStock.com/SDI Productions Einkauf digitalisieren – aber wie? Wir befinden uns in schwierigen Zeiten. Wer im Einkauf tätig ist, merkt das besonders. Vielerorts treffen veraltete Beschaffungssysteme und Personalmangel auf Lieferengpässe und steigende Preise. Kein Wunder also, dass Unternehmen alles an eine zügige Digitalisierung setzen. Doch oft wissen sie nicht, wo sie anfangen sollen. Kommentar von Marco Schulten, Market Director bei Proactis DACH Der aktuelle Digital Procurement Survey von PwC zeigt, dass 37 Prozent der Einkaufsabteilungen in der DACH-Region Kostenreduzierung für die wichtigste strategische Priorität halten. Gefolgt von 18 Prozent, bei denen die digitale Transformation ganz oben auf der To-do-Liste steht. Tatsächlich hängen Kostenreduzierung im Einkauf und digitale Transformation unmittelbar zusammen. Prozesse werden automatisiert und optimiert – beides verheißt mehr Ressourceneffizienz. Folgerichtig haben mittlere und große Unternehmen in Deutschland ihre Digitalisierungsinvestitionen gegenüber 2021 verfünffacht, wie der Proactis eRecovery Report 1 zeigt. Priorisierung und Budgetierung sind wichtig, doch bei Proactis erleben wir regelmäßig, dass den Unternehmen nicht klar ist, wie man die Digitali sierung des Einkaufs am besten angeht. Dabei sind Strategie und Struktur das A und O, denn nur so können am Ende effizientes Lieferantenmanagement und reibungslose Betriebsabläufe das Geschäftswachstum unterstützen. Entsprechend helfen wir Kunden mit unseren SaaS-Lösungen, ihr Procurement schnell und zielgerichtet zu transformieren. Immer mit Fokus darauf, das volle Potenzial auszuschöpfen und angesichts begrenzter Ressourcen, steigender Preise und Fachkräftemangel wettbewerbsfähig zu bleiben. 1 https://www2.proactis.com/erecovery KONTAKT Proactis GmbH Brühler Straße 53119 Bonn Telefon: +49 (0)228 61 950 E-Mail: info_de@proactis.com www.proactis.com Beschaffung aktuell » 7-8 | 2022 17

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