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Beschaffung aktuell 7-8.2023

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» BUSINESS TRAVEL Claudia Kölmel, Leiterin Travel Management bei SEW-Eurodrive „Im Risikomanagement ist immer noch der Mensch gefragt“ Vor der Pandemie haben die Mitarbeitenden des global agierenden Antriebstechnikherstellers SEW-Eurodrive allein aus Deutschland 20.000 Reisen unternommen. Wie sich das Sicherheits- und Nachhaltigkeitsbewusstsein in den letzten Jahren verändert hat, welche Herausforderungen das mit sich bringt und wie digitale Tools hierbei unterstützen, erzählt Claudia Kölmel, Leiterin Travel Management, im Interview. Beschaffung aktuell: Frau Kölmel, würden Sie Ihre Abteilung und Ihre Arbeit im Travel Management einmal vorstellen? Claudia Kölmel: Ich arbeite seit 2004 bei SEW- Eurodrive und bin dort mit meinem Team im HR- Bereich angesiedelt. Wir sind eine Einkaufs- sowie Organisationsabteilung und wickeln einen End-to-End-Prozess ab. Wir kümmern uns im Anschluss an Reisen auch um den nachgelagerten Prozess, unter anderem die Reisekostenabrechnung. Wir sind also auch eine Art Finanzabteilung. Die Organisation innerhalb des HR-Bereichs passt gut, weil wir es mit Menschen zu tun haben. Wir lernen die Mitarbeiter anders kennen. Ich sage immer zu meinen Recruiting-Kollegen: „Bevor wir jemanden einstellen, schicken wir ihn zwei Wochen auf Reisen. Danach wissen wir, wie er tickt.“ Zu wievielt arbeiten Sie in Ihrem Team? Wir sind sechs Personen mit ganz individuellen Aufgaben. Ich habe Kollegen im Team, die für unsere Claudia Kölmel ... arbeitet seit 2004 bei der SEW-Eurodrive GmbH & Co KG in Bruchsal und leitet dort das Travel Management . Die erfahrene Spezialistin für Reisemanagement hat Tourismus studiert. Kölmel ist im Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) organisiert und in mehreren Fachausschüssen zu Sicherheit , Mittelstand und Ground Mobility vertreten. »Wenn für ein Zwei-Stunden-Meeting vier Stunden geflogen wird, stellen wir uns die Frage, ob das nicht virtuell durchgeführt werden kann.« Mitarbeiter Reisen buchen oder sich um Kreditkarten und Langzeitmieten kümmern. Wir haben Spezialisten für Lohnsteuer- oder Immigration-Themen – also alles rund um den Kontakt zu Botschaften und das Thema Arbeitserlaubnis. Zusätzlich kümmert sich ein Kollege um das Projektmanagement. Ich selbst steuere den Bereich und helfe dort, wo es Engpässe gibt. Zu meinen Hauptaufgaben gehört der Einkauf von Reiseleistungen. Dabei gilt es, die Servicequalität hochzuhalten und gleichzeitig die Kosten zu reduzieren. Wir arbeiten mit circa 200 Dienstleistern zusammen. Ich verhandle mit Airlines, Hotels, Visa - und Mietwagen-Anbietern oder mit der Bahn. Nutzen Sie Tools, um die Servicequalität hochzuhalten und gleichzeitig auf die Kosten zu achten? Es gibt verschiedene Quellen, die wir heranziehen. Ein Beispiel: Ich werte mit unserem Hotelbuchungstool aus, dass wir 200 Übernachtungen in München in zwanzig verschiedenen Hotels hatten. Irgendwas stimmt da also nicht. Dann überlege ich, ob und wie wir konsolidieren können. So finden wir neue Kooperationen und trennen uns von alten. Ich bin im Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) organisiert und dort sehr gut vernetzt. Seit vielen Jahren sitze ich in den Fachausschüssen Sicherheit, Ground Mobility und Mittelstand. Travel Management in einem Industrieunternehmen ist eher exotisch. Als ich zu SEW kam, gab es keine Konsolidierung der Reiseströme. Deshalb bilde ich heute Benchmarks mit Unternehmen vergleichbarer Größe. 54 Beschaffung aktuell » 7/8 | 2023

Das hilft, ein Gefühl dafür zu bekommen, ob wir gut unterwegs sind oder wo wir noch Optimierungsbedarf haben. Oder nehmen Sie unsere Entwicklung im Mietwagenbereich. Dort sind die Anbieter dazu übergegangen keine festen, sondern je nach Angebot, dynamische Raten zu verhandeln. Darauf müssen wir natürlich reagieren, uns Gedanken machen und schlussendlich neu ausschreiben. Sie sind bei Geschäftsreisen also noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau? 2019 wurden 20.000 Reisen von Deutschland aus unternommen. Jetzt sind wir bei ungefähr 60 Prozent davon. Gefühlt haben wir aber mehr Arbeit, da das Thema Reisesicherheit eine ganz andere Rolle spielt und sich unsere Prozesse durch die Pandemie verändert haben. Wir müssen jede Auslandsreise einer Gefährdungsanalyse unterziehen und prüfen, wie die Einreisebestimmungen sind. Das gab es vor Corona nicht. Wir hatten zwar schon ein Risk-System, aber das war im Prinzip automatisiert und nicht so umfangreich. Geht das Reisevolumen durch die Etablierung virtueller Meetings während der Pandemie zurück? Ja, das ist ein Thema. Und trotzdem ist der Wunsch nach Präsenztreffen in vielen Fällen wieder groß. Allerdings haben wir natürlich das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. Das hat einen großen Einfluss auf unsere Arbeit. Wenn früher für ein Zwei-Stunden-Meeting vier Stunden geflogen wurde, stellen wir uns heute die Frage, ob das nicht besser virtuell durchgeführt werden kann. Wir haben in einigen Ländern eine neue Abrechnungslösung eingeführt. Während Corona habe ich mich wirklich gefragt, wie wir das ohne Reisen machen sollen. Wöchentlich stundenlang mit internationalen Kollegen telefonieren? Und siehe da, es hat funktioniert. Es gab ein paar Anlaufschwierigkeiten. Schlussendlich haben wir aber die Niederlande, Italien sowie Spanien auf dieses System umgestellt, ohne die Kolleginnen und Kollegen tatsächlich gesehen zu haben. Ohne Corona wären wir in diese Länder gereist oder die Kollegen eben zu uns. Welche Hebel zur Reduzierung der CO 2 -Emissionen sehen Sie im Travel Management? Wir wurden beauftragt, die aktuell auf Wirtschaftlichkeit ausgelegte Reiserichtlinie auf Nachhaltigkeit auszurichten. Das heißt beispielsweise, dass wir bei Mietwagen schauen, wo es vollelektrische oder Hybrid-Autos gibt. Oder, dass wir innerdeutsche Flüge streichen und den Kolleginnen und Kollegen dafür eine Fahrt mit der Bahn anbieten. Derzeit bieten wir auch Shuttles von zuhause an die Flughäfen an. Die Claudia Kölmel ist Leiterin des Travel Managements bei SEW-Eurodrive. Bild: SEW Beschaffung aktuell » 7/8 | 2023 55

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