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Centurion Germany Spring 2019

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weiterhelfen: Gäste

weiterhelfen: Gäste werden nach allen Regeln der Kunst verwöhnt, es ist niemals zu früh oder zu spät im Miavana. Vor allem aber ist das Miavana abgeschieden. Knapp fünf Kilometer einsame Strände, vielfältige Korallengärten zum ungestörten Erkunden beim Schnorcheln oder Tauchen sowie wilde Winde, die quer über den Indischen Ozean fegten, bevor sie hier an Land trafen. Am Abend saß ich vor meiner Villa, die Türen zum Meer hin geöffnet, alle Lampen ausgeschaltet. Sternschnuppen regneten von einem Himmel, der so schwarz war, dass er wirkte wie aus dunklen Vorzeiten. Alles im Miavana war so eindrucksvoll – immer einen Schritt über das Erwartete hinaus. Meine Villa etwa war aus handbehauenen Steinen errichtet und mit Glasschiebetüren ausgestattet. Mir standen ein privater Pool und eine eingelassene Badewanne zur Verfügung – fast schon zu viel Luxus für eine Person. Draußen war der Gärtner des Resorts akribisch dabei, den Lebensraum von Nosy Anko wiederherzustellen. Tausende nicht endemischer Pflanzen wurden bereits entfernt und durch mehr als 60.000 einheimische Pflanzen ersetzt. All das geschieht im Einklang mit den Mikro-Jahreszeiten von Madagaskar. In bestimmten Wochen sorgt der Wind für Abrieb, dann wieder liegt die Hitze wie eine Decke über dem Boden. Nach und nach wurde der Landschaft wieder ein wildes Aussehen gegeben. An meinem vorletzten Tag auf der Insel wurden fünf bedrohte Kronenlemuren (zwei Männchen, zwei Weibchen und ein Baby) unweit von den Villen im Wald ausgewildert, um den ersten Schritt zum Wiederaufbau der Primatenpopulation auf der Insel zu machen. Auf diesem fragilen Boden, der häufig beschädigt wurde, fühlte sich das Auslöschen der von Menschen hinterlassenen Eindrücke an wie der größte Luxus überhaupt. Im Kuriositätenkabinett des Resorts, einer skurrilen Mischung aus Museum und Bibliothek, wo unter anderem ein Skelett des ausgestorbenen Madagassischen Flusspferds zu bestaunen ist, hielt eines Abends Russell Mittermeier ein beeindruckendes Referat. Er ist Verfasser eines Buchs über die Lemuren Madagaskars und leidenschaftlicher Wissensvermittler. Ganz nach dem Miavana-Motto: Zusammenbringen. Den im Südafrika vor der Apartheid spielenden Roman Cry, the Beloved Country (Denn sie sollen getröstet werden) von Alan Paton habe ich immer bei mir. Ich kann das Buch überall öffnen und darin lesen wie in einer Bibel. Teile davon haben sich wie bei der Heiligen Schrift in mein Gedächtnis eingebrannt: „Weine um das zerbrochene Volk, um die verschwundenen Gesetze und Gebräuche“, heißt es darin sinngemäß. „Weine, geliebtes Land, diese Geschichten sind noch nicht zu Ende.“ Anjajavy Le Lodge ist ein Resort im Nordwesten Madagaskars an der Straße von Mosambik. Die Anlage ist umgeben von rund 750 Hektar Naturschutzgebiet, eingerahmt von abgeschiedenen Stränden und Kalksteinfelsen und übersät mit wilden Affenbrotbaumwäldern, die seit Hunderten Jahren unberührt sind. Betreiber ist Cédric de Foucault, ein Nachkomme französischer Siedler, die vor drei oder vier Generationen auf die Insel kamen. Seine Mitarbeiter im Anjajavy sind nahezu vollständig Einheimische aus der hier ansässigen Volksgruppe der Sakalava. Rund um das Resort verläuft ein Wanderweg, den ich an einem Nachmittag erkundete. Ich sah Coquerel-Sifakas und Braune Lemuren; zudem waren überall Große Madagaskar-Baumleguane. Vielleicht habe ich, obwohl das unwahrscheinlich ist, auch eine Die Lounge des Miavana 70 CENTURION-MAGAZINE.COM

D I E T R A G Ö D I E B E S T E H T N I C H T D A R I N , D A S S D I N G E A U S D E N F U G E N G E R A T E N S I N D , S O N D E R N D A S S S I E N I C H T W I E D E R I N O R D N U N G G E B R A C H T W E R D E N . Von links: weiblicher Kronenlemur aus einer Gruppe, die kürzlich auf der Insel Nosy Anko angesiedelt wurde; Farmer mit einer Herde Zebu-Rinder nahe des Mandrare River Camp Fossa erblickt, das gefährdete katzenartige Raubtier, das es nur auf Madagaskar gibt. An einem anderen Nachmittag paddelte ich rund um die Halbinsel, um mich in einer nahe gelegenen Ortschaft mit einem der Dorfältesten zu treffen. Begleitet wurde ich von einer Anjajavy-Naturkundlerin, der jungen Tiermedizinstudentin Rasoanaivo Hoby Ambininitsoa, die für ihre Doktorarbeit zu Lemuren forscht. Der Älteste zeigte uns eine traditionelle Sakalava-Behausung – mit den Holzplatten zum Trennen der Spreu vom Reis, den Macheten zum Holzhacken, der Gitarre zum Musizieren und den Matten zum Schlafen. Dann entzündete er schnell ein kleines Feuer, indem er zwei Stäbe aneinanderrieb und behutsam pustete. Als die Flammen das Anzündholz erfasst hatten, lehnte er sich lächelnd zurück und sang uns ein Lied vor – so schön, dass ich davon einen Kloß im Hals bekam. Als er fertig war, bat ihn Rasoanaivo Hoby Ambininitsoa erfolgreich um ein weiteres Lied. Danach dankten wir ihn und traten wieder in das helle Sonnenlicht. „All sein Wissen …“, sagte Rasoanaivo Hoby Ambininitsoa und wandte sich mir zu, als wäre ihr das gerade erst klar geworden. „Wenn wir das verlieren, verlieren wir alles.“ Bei ihrer Kabary hatte Königin Ranavalona 1835 nicht die Absicht, ein Massaker an ihrem Volk zu entfachen. „Ich begrüße alle Weisheit und alles Wissen zum Wohle dieses Landes“, sagte sie. Alles, solange damit nicht Weisheit und Wissen ihres eigenen Volkes durchkreuzt würde. Diese Ausgewogenheit zwischen dem, was immer schon da war, und dem, was an diesen wilden Küsten von außerhalb ankommt, ist so empfindlich und ebenso unverzichtbar. Anjajavy strebt sie offenbar an. „Die Tragödie besteht nicht darin, dass die Dinge aus den Fugen geraten sind“, stellte Alan Paton vor 70 Jahren fest. „Die Tragödie besteht darin, dass die Dinge nicht wieder in Ordnung gebracht werden.“ Der auf das südliche Afrika spezialisierte Reiseveranstalter Explore Inc. stellt individuelle Madagaskar-Pakete zusammen; exploreinc.com. CENTURION-MAGAZINE.COM 71

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