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Centurion Germany Spring 2019

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KKrua Sa Ros Chad –

KKrua Sa Ros Chad – das kann man übersetzen als „scharfe Küche“ oder „wohlschmeckende Küche“, denn auf Thai bedeutet beides dasselbe. Das gleichnamige Restaurant liegt an einer begrünten Seitenstraße im Bangkoker Viertel Lat Yao, ist sehr gut klimatisiert und gilt als Geheimtipp für authentische, gepflegte Thai-Speisen. Zum Mittagessen haben sich 16 Gäs te eingefunden, bewirtet vom indischen Chefkoch Gaggan Anand. Er ist die treibende Kraft hinter dem Bangkoker Restaurant Gaggan. Hüben wie drüben steht er im Mittelpunkt, lachend, strahlend, alle Blicke auf sich lenkend. Anand ist nicht nur in Bangkok, sondern auch welweit bekannt. Seine von ihm so getaufte „progres sive indische Küche“ trug ihm 2018 in der Rangliste „World’s 50 Best Restaurants“ Platz eins in Asien ein, weltweit belegt er Platz fünf. Seit Vorstellung des Guide Michelin für Bangkok im Jahre 2017 trägt Anands Restaurant zwei Sterne, und natürlich ehrte ihn Netflix in der Doku-Soap Chef’s Table mit einer ganzen Episode. Anand ist in Kalkutta geboren. 2007 zog er nach Bangkok, um ein traditionell-indisches Restaurant zu eröffnen, doch die Thai-Zutaten und zwei Monate Tätigkeit im El Bulli in Spanien regten ihn zum Experimentieren an. Das Restaurant, dem er seinen Namen gab, hat seit der Eröffnung 2010 den Blick auf die kulinarische Szene in Bangkok verändert. Ganz deutlich merkt man das an den Scharen junger Praktikanten, die aus aller Welt eintreffen, um in Anands Küchenbrigade unbezahlt zu arbeiten. Der Erfolg ermunterte Anand, in weitere Restaurants zu investieren. In Bangkok ist er der Star Nummer eins, das Berühmt sein genießt er ganz offen. Nun erhebt er sich im Krua Sa Ros Chad vom Tisch, das Haar zu einem Männerdutt zusammengerafft (der bei häufiger Küchentätigkeit recht praktisch ist) und weist die umtriebige Bedienung an, die von ihm irrtümlich nur 14 aufgetragenen gegrillten Riesengarnelen – eine wiegt etwa ein halbes Kilo – auf 16 zu erhöhen, denn man könne die Gäste doch nicht brüskieren. Unter selbigen befinden sich Starköche aus Deutschland, Italien und Argentinien. Anands Protegée Garima Arora (Chefköchin im Restaurant Gaa) befindet sich darunter, außerdem Mathias und Thomas Sühring, Anands deutsche Kollegen vom Restaurant Sühring in Bangkok. 16 Gäste zu bewirten ist für Anand nichts Ungewöhnliches: „Wenn einer kommt, kommen gleich mehrere“, sagte Arora dazu gleich frühmorgens, als Anand uns in der Markthalle Or Tor Kor durch die Imbissstände führte, um Probierhäppchen mit grüner Mango und Durian zu verteilen. Hier hatte er uns einberufen, damit wir echte Thai-Kochkunst kennenlernen. Warum hier und nicht in einem von Bangkoks zahllosen Speiselokalen oder Imbissbuden auf der Straße? Zwei Gründe: Erstens sei es draußen zu heiß, Essen schmecke in klimatisierter Umgebung besser. (Das wird mir an einem der kommenden Tage schmerzlich bewusst, als ich in einem stickigen Speiselokal mühsam einen Platz auf einem 78 CENTURION-MAGAZINE.COM

Plastikstuhl ergattere und mir der Schweiß heruntertropft, noch ehe die Suppennudeln vor mir anlanden.) Zweitens würden Bangkoks Straßenimbisse ihrem Ruf nicht ganz gerecht. Laut Anands Schätzung werden 80 Prozent von Großhändlern beliefert, die Qualität sei entsprechend industriell und mittelmäßig. Nur wenige Speiselokale und Imbissbuden stünden im Ruf guter Qualität – so erlangte die Garküche Jay Fai für die Krabbenomeletts ihrer schutzbrillenbewehrten Eigentümerin einen Michelin-Stern – aber der Ruhm hat seinen Preis. Ein malaysischer Gastrotourist aus Kuala Lumpur, mit dem ich ins Gespräch kam, wartete für sein Krabbenomelett viereinhalb Stunden. Die bessere Wahl sind da familiäre Restaurants wie das Krua Sa Ros Chad, wo die traditionellen Geschmäcker und Zutaten der Thai-Küche in Ehren gehalten werden. „Wer 30 Dollar pro Tag zur Verfügung hat, für den sind Straßenimbisse ganz gut“, meint Anand zu dem Thema, „aber bei uns in Thailand gibt es längst auch Besseres.“ Wie aufs Stichwort schwärmen Kellner um den Tisch und tragen Speisen auf: gedünstete Herzmuscheln in einem Sud aus Korianderpüree und Limettensaft; Krabbenpfanne mit Brechbohnen; Garnelen in rotem Curry; Thai-Rohgemüse mit Kräutern. „Und nun zum Einmaleins der Thai-Küche“, sagt Anand und hebt zu grundlegenden Ausführungen an: In Thailand verlassen Gerichte die Küche, sobald sie fertig sind. Jeder Gast bestimmt also durch sein Bestellverhalten, wann und wie ihm seine Speisen serviert werden. Da geht ein Raunen durch die Zuhörerschaft, als Sardellensuppe in einer erwärmten Terrine direkt aus der Küche aufgetragen wird. Die Leute lachen, Bier kommt nach, Anand sitzt und speist. So gefällt’s ihm. Seinem Adlatus steckt er: „Mach daraus einen Google-Maps-Eintrag und zeig ihn Köchen und Journalisten. Die wollen immer zu den berühmten Lokalitäten, aber denen bieten wir lieber mal was Ordentliches.“ Ganz ehrlich: Dies war mein erster Thailandtrip, und schon gleich beim Ankunftsdinner im Khua Kling Pak Sod (als Jetlag-Kur angelegt mit Blockbohnen aus der Pfanne und Garnelen mit Schrimpbrei) sanken alle Vorbehalte, so ich welche hatte, auf Null und verkehrten sich in etwas, das man Verzückung hätte nennen können. Daher erhebt dieser Artikel keinen Anspruch auf Unvoreingenommenheit. Weitaus sprödere, objektivere Szenebeobachter als meine Wenigkeit fanden in den vergangenen Jahren Grund genug dafür, Bangkoks Restaurants sensationell gute Noten zu geben. Natürlich gibt es in Bangkok seit jeher billige Straßenimbisse wie auch exquisite Hotelrestaurants mit Menüs, die Touristen thailändische Küche suggerieren, ohne dass sie ihr steriles Wohlstandsgetto verlassen und die sinnesfrohe Geschmackswelt außerhalb kennenlernen müssten. Doch das ist nicht die Bangkoker Restaurant-Szene von heute. Im heutigen Bangkok, dieser Achteinhalbmillionenstadt mit aufkommender Mittelschicht und weltoffenem Tourismus, liefern sich die Köche ein wahres Kreativitäts-Stelldichein. Die Restaurants haben großartige Speisen für jeden Geldbeutel, vom Straßenlokal bis zum Palasthotel. Am günstigsten sind Lokale wie das Krua Apsorn, hier gibt es Von ganz links: das angesagte Sri Trat, wo die feurige Küche der südöstliche Küstenprovinz serviert wird; Pilze, Ei- Naem und falscher Hefe-Eischnee im Gaa; Shoppingmeile im Creative District; Gaggan Anand bei der Präsentation seines 25-gängigen Degustationsmenüs CENTURION-MAGAZINE.COM 79

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