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Bayreuth Aktuell Juli 2020

PiontEck Ein Blick ins

PiontEck Ein Blick ins Sommerlabor 4 Dr. Frank Piontek Eigentlich wäre mal wieder ein Sonderthema dran gewesen, aber was heißt in diesen Tagen schon „eigentlich“? Wo man „die Lage“ in Zyklen von 14 Tagen immer wieder neu bewertet, bleiben alle Veranstaltungen, die in irgendeiner Zukunft laufen sollen, spekulativ. Wie also umgehen mit einem Thema wie „Musik in Bayreuth“? Wo Abstandsregeln streng eingehalten werden müssen und plötzlich ein Musiker mehrere Quadratmeter benötigt, um zusammen mit anderen Musikern glücklich live zu sein, fallen nicht allein die Wagnerfestspiele in den Graben. Aber es gibt, jenseits von allen Video-Online-Podcast-Streaming-Spielereien, Hoffnung: einige Sommerkonzerte 2020 gingen bereits über die Bühnen. Wenn dieses Heft erscheint, wird am Kulturkiosk in der Wilhelminenaue bereits siebenmal aufgespielt worden sein, weitere fünf „Live acts“, wie es in korrektem Neudeutsch heißt, finden bis 11. Juli unter freiem Himmel statt: für jeweils 100 Besucher. Wem das zu wenig erscheint, mag sich vergegenwärtigen, dass manch Vor-Coronoa-Konzert weniger als einhundert Zuhörer anzog. Fällt auch das Festival „St. Georgen swingt“ diesmal ins buchstäbliche Wasser der Wilhelminenaue, so mischt es doch bei den letzten beiden Konzerten mit, die Coco Sturm und seine Crew ermöglicht haben. Fragt sich nur, was in der Aue nach Mitte Juli über die vorhandene Seebühne gehen wird. Der Klassikfreund hofft Mitte des Vormonats, dass nach „Play again Sam“, „Sebbo and the Washbordbellies“, „Blechboxx und Reinhold Hartmann“ (herrlich, diese Namen) nun auch älteres, darum doch nicht weniger vitales Repertoire über den dort lebenden Eisvogel kommen wird. Von keiner anderen Spielstätte aber war in den letzten Wochen so viel die Rede wie vom Volksfestplatz. Vielleicht muss man ein radikaler Autofreund sein, um es ideal zu finden, in einer Blechkiste zu sitzen und sich – freilich optimal übers Autoradio ausgesteuert – durch die Scheiben eine Band anzuhören, die vorn auf einer erhöhten Konzertbühne agiert und, wie's üblich ist, auf einer Leinwand betrachtet werden kann. Automusikkino eben. Ein beeindruckendes Hup-Signal war's auf jeden Fall, als Huebnotix Anfang Juni das erste Live-Konzert gab, das seit März in Bayreuth, unter anderem mit Unterstützung der BMTG, veranstaltet werden durfte. Und die sog. Klassik? Schwierig… Gilt das Abstandsgebot auch für Orchester, so dass manch Ensemble optimalerweise nur auf einer riesigen Bühne von der Größe der Hollywood Bowl auftreten könnte, so sind bereits den Proben Grenzen gesetzt, obwohl: Manch Musiker wird es genießen, den Posaunisten oder Trompeter nicht im Nacken, sondern erst drei Meter weiter zu wissen. Da ein Streichquartett so etwas wie eine kammermusikalische Band ist, fällt das Raumproblem nicht mehr ganz so ins Gewicht; es wäre also schön, wenn Beethovens Streichquartette im Saal von Wahnfried ihr ausgedünntes Publikum direkt erreichen würden. Kulturreferent Benedikt Stegmayer, der den Spagat zwischen ersehnter Performance und Aufführungsproblem, zwischen Publikumsbegrenzung und Popularität reflektiert hat, war Mitte Juni zuversichtlich (und wir fahren immer noch ein bisschen auf Sicht…). Bereits im Mai hatte die Bayreuther Musikagentur „Motion“ ein erstes Konzert quasi live spielen lassen und zugleich online gestellt. Ein weiteres Format machte von sich reden, als der 2019 gegründete Schöner-Lärm-Podcast den Bayreuther Musiker Steffen Krafft (von „Stevie & The Monstabass“ und „Waste“) engagierte, um mit ihm über Musik zu sprechen und ihn vor allem spielen zu lassen. Den Kulturraum stellte „Neuneinhalb“ zur Verfügung, das sonst im Forum Phoenix in der Kämmereigasse sitzt – doch traf man sich nicht im Gassenviertel, sondern im Internet; auf Youtube kann man das Ergebnis dieser musikalisch-diskursiven Sitzung genießen. Schließlich kann auf ein Online-Konzert hingewiesen werden, in dem Urbain N'Dakon in Jochen Schoberths Wendelhöfener Wohnzimmer spielte, was mehr war als ein musikalisches Ereignis. Denn in Zeiten, in denen der Rassismus immer noch eine Rolle spielt und sich die „Black Live Matters“-Bewegung über den Erdball ausbreitet, sind digitale Projekte wie diese mehr als der Versuch, die Musik unter die Leute zu bringen. Das Streaming mit dem afrikanischen Musiker diente also auch der Spendenaktion für die Gründung einer Investitionsgenossenschaft des Vereins „Gemeinwohl-Ökonomie Afrika“. Was unweigerlich zur Frage führt, was denn das Iwalewa-Haus in diesen Tagen so treibt. Es gibt tatsächlich wieder eine Ausstellung – per App und Handy. „Sommerlabor“, unter diesem Titel kann der Handybenutzer eine Schau betreten, in der die „Form“ im Mittelpunkt steht und die verschiedensten künstlerischen, ja: Ausdrucksformen im zugleich geschlossenen wie geöffneten Kunst-Raum betrachtet werden können. „Sommerlabor“ - ist dies nicht auch die passende Bezeichnung für all die Experimente, die uns die nächsten Wochen, mit Musik und Einfallsreichtum, begleiten werden? Jenseits der Festspiele, aber dafür vielleicht umso überraschender? Der Kolumnist Dr. Frank Piontek

Bayreuth Summertime Die aktuelle Corona-Pandemie bedeutet Verbot von Großveranstaltungen, Kultureinrichtungen haben temporär ihre Pforten geschlossen, selbst die Richard-Wagner-Festspiele fallen in diesem Jahr aus. Mittlerweile lockern sich Lockdown und Kontaktbeschränkungen, Theater, Konzerte, Ausstellungen und mehr sind unter Einhaltung strenger Hygienekonzepte wieder möglich. Diese Situation hat Kreativität gefordert und freigesetzt: Die Bayreuther Vereine und Initiativen suchen ihren Weg aus der Krise, auch wenn es noch viele Unklarheiten und Variablen wie beispielsweise Besucherzahlen oder Hygienevorgaben gibt. Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen: Es sind neue Konzepte entstanden, Sonderprogramme wurden für den Sommer aufgelegt. Bayreuth Summertime bündelt diese Initiativen. Der Wegfall der Festspiele ermöglicht einen neuen Fokus auf die Kulturszene Bayreuths. Bayreuth zeigt, was in ihm steckt – dieses Jahr auch ohne Festspiele! Entstanden ist ein breites, buntes, großartiges Programm, das sich durch den Sommer zieht. In der Wilhelminenaue wird mit einer Open-Air-Bühne ein sommerlicher Veranstaltungsort geschaffen, aber auch andere altbekannte Orte werden einbezogen. Freuen Sie sich auf Ihren Sommer in Bayreuth! summertime.bayreuth.de Die Scheinwerfer sind wieder an! Über 100 Veranstaltungen, eine Seebühne mit dem schönsten Sonnenuntergang Bayreuths, kulturelle Vielfalt für uns alle. 15. Juli – 15. September 2020 summertime.bayreuth.de 5 © raspirator, istockphoto.com

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