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KEM Konstruktion Automobilkonstruktion 02.2019

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Themenschwerpunkte: Messe IAA 2019, Elektromobilität,Testen, Fahrassistenz, Antrieb sowie Karosserie; KEM Konstruktion Porträt: Dr. Akira Yoshino, Honorary Fellow Asahi Kasei, Tokio, Japan; KEM Konstruktion Perspektiven: Experten sehen in Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie Vorteile bei der Sicherheit

TRENDS PERSPEKTIVEN

TRENDS PERSPEKTIVEN Bild: Continental Jürgen Schweiger, Leiter des Bereichs „Map & Parking“ im Geschäftssegment Intelligent Transportation Systems (ITS), Continental AG, Hannover „Der Einsatz von Blockchain-Technologie in unserer Data Monetization Platform beseitigt Hürden, die bisher einem gesicherten und transparenten Austausch von Daten im Weg standen. So ermöglichen wir neue digitale Dienste für sichere Mobilität.“ Mit der Datenhandels-Plattform können Autohersteller untereinander Daten kaufen und verkaufen – um entweder die digitalen Dienste für ihre Kunden zu verbessern oder mit ihren Daten Geld zu verdienen Bild: Continental Rückrufen betroffenen Parteien, bei der Lokalisierung fehlerhafter Chargen sowie beim Erbringen des Nachweises, dass ein Produkt nachhaltig gewachsen und / oder hergestellt wurde. „Einfach gesagt, wird jede Zustandsänderung, jeder Schritt in einem Prozess in Form von Transaktionen öffentlich protokolliert“, bringt es Continentals Blockchain-Experte Dehm auf den Punkt. Blockchains reduzieren Kosten Betrachtet man eine Lieferkette, geht es darum Waren von einem Ort A zu einem Ort B zu transportieren, was mit Kosten beziehungsweise Zahlungen verbunden ist. Blockchains können hier wie bereits erwähnt den administrativen Aufwand verringern und damit die Frachtkosten reduzieren. Dehm zeigt anhand eines Beispiels aus der Automobilindustrie einen weiteren Vorteil hinsichtlich der Kostenreduktion auf: „In unserer Industrie werden Bauteile zu Fahrzeugkomponenten und diese werden zu Fahrzeugen. Ein Auto besteht aus hunderten Komponenten und zigtausenden von Bauteilen. Wenn man nun Kenntnisse über all diese Teile und ihre Produktionsumstände hat und eindeutig nachvollziehen kann, welche individuellen Bauteile in welchen Komponenten in welchem Fahrzeug verbaut wurden, können zum Beispiel Rückrufe sehr viel gezielter und kostengünstiger durchgeführt werden.“ Für Oracle-Experten Stähle lassen sich die Kosten in der Logistik vor allem durch das Pflegen sogenannter Common Ledger senken. „Mithilfe der Blockchain können alle Beteiligten auf einen Auftrag und dazugehörende Dokumente zugreifen. Doppelte Arbeit kann durch das Pflegen der Common Ledger vermieden werden, mit dem sich intelligente Verträge verwalten und Prozesse drastisch rationalisieren lassen“, erklärt er. IBM- Experte Schultze-Wolters sieht darüber hinaus in der sogenannten Invoicing Efficiency eine zusätzliche Methode, um mittels Blockchain die Kosten entlang der Lieferkette zu senken. „Wir bieten unterschiedliche Invoicing-Module an. Dabei handelt es sich um Module, die wir mit der Basislösung Supply Chain/Logistik verbinden, komplettieren und erweitern können, um dann auch den gesamten darauf folgenden Zahlungsprozess, der aus einem Transport, aus einer Lieferkette heraus entsteht, zu optimieren“, erläutert er die Funktionsweise der Lösung. Denn analog zu den administrativen Kosten eines Transportes seien auch die zugehörigen Zahlungskosten unnötig hoch. Fälschungssichere Zahlungsabwicklung Zum Komplex Kosten gehört insbesondere im Bereich der Automobilität zudem, dass die Konnektivität zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur im Zusammenhang mit neuen Systemen, wie dem Fahren in Kolonnen, die Frage nach einer Abrechnung zwischen den Verkehrsteilnehmern sowie fälschungssicheren Möglichkeiten zur Zahlungsabwicklung aufwirft. „Eine große Herausforderung bei der Vernetzung von Fahrzeugen und der Infrastruktur ist die große Anzahl und Diversität der Teilnehmer – mobile Teilnehmer, statische Teilnehmer, leistungsbeschränkte Teilnehmer – die trotzdem verlässlich interagieren können müssen, ohne bereits vorher miteinander in Kontakt gekommen zu sein“, beschreibt Jürgen Schweiger, Leiter des Bereichs „Map & Parking“ im Geschäftssegment Intelligent Transportation Systems (ITS) bei Continental die Situation. Es müsse also ein einheitliches und allgemeingültiges System geben, über das sich alle Teilnehmer identifizieren und austauschen können. „Natürlich insbesondere, wenn Zahlungsvorgänge involviert sind und das Vertrauen in diese Zahlungen sichergestellt werden muss. Dass man mit der Blockchain-Technologie sichere Zahlungen realisieren kann, ist bekannt. Aber vor allem auf die Frage nach grundlegender Interoperabilität und Flexibilität bietet die Blockchain Technologie eine elegantere und effizientere Antwort als herkömmliche Technologien“, ergänzt er. „Ein einzelnes Datum stellt einen sehr kleinen Wert dar. Das liegt allein daran, dass Fahrzeuge so unglaublich viele Daten produzieren. Die Blockchain-Technologie bietet nun Möglichkeiten, Micropayments abzurechnen. Wenn Sie zum Beispiel Zehntel-Centbeträge überweisen wollen, sollten Sie das nicht mit dem Girokonto oder der Kreditkarte machen.“ Zulieferer ZF hat hier mit „Car eWallet“ eine Blockchain-basierte Mobilitätsanwendung entwickelt. Diese Technologie erlaubt es Fahrzeugen mit anderen Maschinen in Bezug auf technische Services zu interagieren und eigenständig verkehrsbezogene Services wie Park-, Maut- oder Ladegebühren zu bezahlen. Neben einzelnen Blockchain-basierten Lösungen setzen Anbieter von Blockchain-Technologie sowie Industrieunternehmen auch auf Blockchain-Plattformen. Digitale Handelsplattform mit 150 Teilnehmern So haben IBM und die Containerschiff-Reederei Maersk die Blockchain-basierte, digitale Handelsplattform Tradelens entwickelt und 56 K|E|M Konstruktion Automobilkonstruktion 02 2019

Bild: Continental Dr. Mathias Dehm, Leiter für Blockchain Technologien, Corporate Systems & Technology, Continental AG, Hannover „Der Vorteil der Blockchain ist es, ihre Fähigkeit, Daten und Transaktionen abzusichern. Konkret für Logistik könnten das Lieferpapiere, Durchlaufzeiten in Transport-Hubs, Positionsdaten und Kapazitäten oder Verbrauchsdaten sein, die sich von allen Beteiligten nachprüfen lassen.“ Die Partner Maersk und IBM gehen davon aus, bis Ende 2019 60% der weltweiten Seefracht-Container-Kapazität auf der Tradelens-Plattform zu vereinen Bild: Maersk im Spätsommer 2018 in Betrieb genommen. Die Plattform ermöglicht es den Teilnehmern, sich über das gesamte Ökosystem der Lieferkette hinweg zu verbinden, Informationen auszutauschen und digital zusammenzuarbeiten. Die Mitglieder erhalten einen Überblick über ihre Daten, während sich die Fracht bewegt. So kann eine transparente, sichere und unveränderbare Aufzeichnung der jeweiligen Transaktionen erstellt werden. „Die Plattform ist nun ein dreiviertel Jahr in Betrieb und wir haben mittlerweile mehr als 150 Unternehmen, die weltweit mitmachen und dabei ganz verschiedene Rollen innerhalb der Lieferkette einnehmen“, berichtet Schultze-Wolters. „Wir haben mit den großen Reedereien, den Häfen, den Terminal-Operatoren und den Zollbehörden als Kernstück der Supply Chain im Seefrachtbereich begonnen.“ Nun baue man das Ökosystem aus in Richtung der Logistik- und Transportunternehmen sowie der sogenannten Shipper, also denjenigen, die die Aufträge platzieren beziehungsweise die Waren am Zielort empfangen. „Seit Mai 2019 sind neben Maersk auch die beiden großen Reedereien CMA/ CGM und MSC dabei, seit Juli 2019 nun auch Hapag-Lloyd und ONE, dazu die israelische Reederei Zim. Insgesamt sind es mittlerweile 15 der größten Reedereien weltweit, davon 5 der Top 6“, so Schultze-Wolters. Das bedeute, man habe 60% der weltweiten Seefracht-Container-Kapazität bis Ende 2019 auf der Tradelens-Plattform. Und man befinde sich mit weiteren Reedereien in intensiven Verhandlungen.„In einem nächsten logischen Schritt arbeiten wir daran, Unternehmen vor allem aus der Fertigungs- und Automobilindustrie für Tradelens zu gewinnen“, gibt er einen Ausblick. Plattform für sichere, komfortable Mobilität Continental hat zusammen mit Hewlett Packard Enterprise eine Blockchain-Plattform für Datenhandel entwickelt. Schweiger: „Mit unserer Data Monetization Platform ermöglichen wir neue digitale Dienste für sichere und komfortable Mobilität. Gleichzeitig unterstützt die Plattform Automobilhersteller bei der Vermarktung ihrer Fahrzeugdaten und bei der Differenzierung ihrer Marke.“ Für Continental liege der Fokus hinsichtlich Entwicklung und Vermarktung derzeit auf der Automobilindustrie. „Grundsätzlich ist die Data Monetization Platform aber nicht auf diese Branche beschränkt“, ergänzt er. Die Vorteile der Plattform liegen laut Schweiger unter anderem darin, dass jeder Teilnehmer die Hoheit über seine Daten behält, die vollständige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Daten und die Nutzung von Kryptowährungen, um den Zahlungsverkehr, zum Beispiel bei sehr kleinen Gegenwerten wie etwa vom Fahrzeug erhobenen Daten, preiswert und effizient zu gestalten. „OEMs können Fahrzeughalter direkt in den Datenhandel einbinden – wie wir auf der IAA am Beispiel unserer Parkpocket-Anwendung zeigen werden“, nennt Schweiger einen weiteren Vorteil. Und auch die Blockchain-Technologie von Oracle ist bei ersten Kunden im Einsatz. „So versetzt unter anderem das Düsseldorfer Startup Retraced mithilfe von Oracle Blockchain-Technologie seine Kunden aus der Modebranche in die Lage, ihren Endverbrauchern ein Plus an Transparenz zu verschaffen“, sagt Stähle. Weitreichende Chancen für Mobilität und Logistik Sicherlich: Noch gibt es eine Reihe mit der Blockchain verbundene, technische Herausforderungen. Die Nachteile der Technologie wie der hohe Energiebedarf, die Begrenzung der Blockgröße auf 1 Megabyte oder die Skalierbarkeit, um nur einige zu nennen, müssen gelöst werden. Auf der anderen Seite stehen die vielen Vorteile wie die Transparenz verbunden mit Pseudonymität, Hash-Funktionen oder die Netzausfallsicherheit sowie die Möglichkeit zur Automatisierung der Zahlungsprozesse. Darüber hinaus scheinen Blockchain- Technologien in Sachen Cybersecurity nach Meinung vieler Experten das Zeug zum ‚Stein des Weisen‘ zu haben. Insgesamt eröffnet die Blockchain-Technologie die Chance, die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen zu steigern. Insbesondere für die Bereiche Mobilität und Logistik ergeben sich – einem Gutachten des Fraunhofer FIT zufolge – weitreichende Chancen. www.continental.com www.ibm.com/de-de www.oracle.com/de Details zum Thema Blockchain: hier.pro/XXR2C Messe IAA: Continental AG: Halle 8, Stand A39 IBM Corporation: Halle 5, Stand B25 K|E|M Konstruktion Automobilkonstruktion 02 2019 57