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KEM Konstruktion Automobilkonstruktion 02.2019

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Themenschwerpunkte: Messe IAA 2019, Elektromobilität,Testen, Fahrassistenz, Antrieb sowie Karosserie; KEM Konstruktion Porträt: Dr. Akira Yoshino, Honorary Fellow Asahi Kasei, Tokio, Japan; KEM Konstruktion Perspektiven: Experten sehen in Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie Vorteile bei der Sicherheit

TRENDS PERSPEKTIVEN

TRENDS PERSPEKTIVEN Blockchain-Technologie macht Transaktionen sicher Bessere Transparenz Mit der Bitcoin-Blockchain fing alles an – sozusagen als Ergebnis der Finanzkrise 2008 und dem Vertrauensverlust der Banken. Da auch für geschäftliche Transaktionen in anderen Branchen das Vertrauen in Sicherheit und Verlässlichkeit eine entscheidende Rolle spielt, steht die Technologie mittlerweile vor dem Durchbruch. In unserem Trendbeitrag erläutern Experten, warum insbesondere die Bereiche Mobilität und Logistik von der Blockchain profitieren werden. Johannes Gillar, stellvertretender Chefredakteur KEM Konstruktion Experten meinen, dass die Blockchain die Fähigkeit besitzt, gewaltige Veränderungen in fast allen Branchen herbeizuführen. Insbesondere die Logistik, sowie die Lebensmittel- und die Automobilindustrie gehören zu den Profiteuren Bild: Production Perig/fotolia.com Die Digitalisierung von Industrie und Gesellschaft bringt nicht nur neue Technologien mit sich, sondern erfordert vielfach auch neue Geschäftsmodelle. Eine dieser Neuerungen ist die Blockchain-Technologie, die nach Meinung von Experten das Zeug dazu hat, in nur wenigen Jahren fast jede Branche fundamental zu verändern, unter anderem die Automobil- oder die Lebensmittelindustrie. Vor allem Themen wie Transparenz, Revisionssicherheit, effizientere Prozesse, Datenintegrität oder Cybersecurity gehören zu den Vorteilen einer Blockchain. Ganz neu ist das Prinzip der Blockchain allerdings nicht. Erste Grundlagen zur kryptografisch abgesicherten Verkettung einzelner Blöcke wurden bereits 1991 von Stuart Haber und W. Scott Stornetta beschrieben. Die Ursprünge der Blockchain liegen in der Kryptowährung Bitcoin. Im November 2008 publizierte eine unbekannte Person unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto ein technisches Konzept für digitales Bargeld unter dem Titel „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System”. Im Jahr darauf wurde die erste Implementierung der Bitcoin-Software veröffentlicht und dadurch die erste öffentlich verteilte Blockchain gestartet. Gerade durch die Nähe zu Kryptowährungen wurde und wird die Blockchain-Technologie in der Industrie aber bisher eher negativ wahrgenommen. Christian Pedersen, Chief Product Officer der IFS Deutschland GmbH & Co. KG, ist aber davon überzeugt: „2019 wird es der Blockchain zunehmend gelingen, dieses Image abzuschütteln und als das wahrgenommen zu werden, was sie wirklich ist: ein grundsolides und höchst vertrauenswürdiges Instrument für die Ve- 54 K|E|M Konstruktion Automobilkonstruktion 02 2019

Bild: IBM Christian Schultze-Wolters, Geschäftsbereichsleiter Blockchain Solutions DACH, IBM Deutschland GmbH, Berlin „Ein wesentlicher Mehrwert der Blockchain ist das Schaffen von Transparenz. Wir verfolgen bei IBM die Strategie des Einsatzes von sog. Private Blockchains, da diese im Gegensatz zu Public Blockchains u.a. für eine noch größere Transparenz sorgen. Hier wissen alle Teilnehmer im Detail, wer an der Plattformlösung partizipiert.“ Bild: Oracle Tobias Stähle, Sales Director SCM & PLM Applications bei Oracle Deutschland, München „Durch die Verwendung von Blockchains als gemeinsame und sichere Plattform können wir nicht nur den Endzustand eines Produkts sehen, sondern auch alle Transaktionen, die während der Entstehung des Produkts vorgenommen wurden.“ rifizierung von Produkten.“ Auch wenn der umfassende Durchbruch der Blockchain eher für die Jahre 2020 und 2021 zu erwarten sei, werde dieses Jahr der Grundstein für den endgültigen Durchbruch gelegt. Und somit werde 2019 auch die Zahl der erfolgreichen Blockchain-Anwendungsfälle steigen. Die Experten des Beratungsunternehmens Deloitte um Dr. Dirk Siegel, Leiter des Deloitte Blockchain Institute, nennen unter anderem Anwendungen in der Fischereiwirtschaft, der Automobil-, der Medien- und Telekommunikationsindustrie sowie dem Gesundheitswesen. Tranzparenz grundsätzlicher Vorteil Warum ist ausgerechnet die Logistik so gut für die Blockchain-Technologie geeignet? Die Antwort darauf gibt Christian Schultze-Wolters. „Zu den grundsätzlichen Vorteilen der Blockchain gehört in Bezug auf die Lieferkette die Transparenz“, erklärt der Geschäftsbereichsleiter Blockchain Solutions DACH bei der IBM Deutschland GmbH, Berlin. So könne man in Echtzeit Informationen darüber erhalten, wo sich beispielsweise ein Container gerade befindet. „Das heißt nicht, dass heutige Logistikketten nicht funktionieren, aber wir können schneller, besser, kostengünstiger und effizienter werden“, macht er klar und verdeutlicht seine Aussage an einem Beispiel: „Ein Großteil der Logistikkette arbeitet immer noch Papier-gestützt und das ist teuer, ineffizient, erzeugt viele Medienbrüche und ist fehleranfällig.“ Eine papierlose Logistik helfe dabei, schneller, besser sowie effizienter zu werden und damit auch die Frachtkosten zu reduzieren. „Denn die administrativen Kosten für den Transport eines Containers sind doppelt so hoch wie die eigentlichen Transportkosten“, so Schultze-Wolters. Für Dr. Mathias Dehm, Leiter für Blockchain Technologien, Corporate Systems & Technology bei Continental in Hannover, ist der Vorteil der Blockchain ihre Fähigkeit, Daten und Transaktionen abzusichern. „Konkret für Logistik könnten das Lieferpapiere, Durchlaufzeiten in Transport-Hubs, Positionsdaten und Kapazitäten oder Verbrauchsdaten etc. sein, die sich nachvollziehbar und vor Manipulation geschützt von allen Beteiligten nachprüfen lassen.“ Verbesserungspotenzial in Lieferkette und Logistik bestehe heute vor allem dann, wenn es zu Fehlern oder Problemen kommt. Lücken im Informationsfluss und widersprüchliche Informationen zwischen den Partnern können laut Dehm sehr schnell hohen Aufwand für die Klärung der Situation bedeuten. „Das Hauptpotenzial der Technologie liegt darin, die heute isolierten Sichtweisen und Informationsflüsse in einer gemeinsamen Blockchain zu konsolidieren. Die dezentrale Natur der Technologie sorgt dafür, dass alle Teilnehmer gleichberechtigt zusammenkommen können und gleichermaßen für den Nutzen und Erfolg des Systems verantwortlich sind, während sie gleichzeitig die Souveränität über ihre Daten behalten“, betont er. Revisionssichere Supply Chains Auch Tobias Stähle, Sales Director SCM & PLM Applications bei Oracle Deutschland sieht in der Blockchain-Technologie eine grundlegende Innovation, die das Wirtschaftsleben in den kommenden Jahren transformieren wird. „In der Logistik ermöglicht die Blockchain, das Management von Supply Chains effizienter und revisionssicher zu machen. Anwender sehen auf einen Blick, wo entlang der Lieferkette Transaktionen stattfinden, wo sich Waren befinden und welche Handelspartner involviert sind“, erläutert er. Für Branchen wie die Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie das Transportwesen, aber auch für viele andere sei es wichtig, Zertifizierungen und die Einhaltung von Produktions- sowie globalen Handelsvorschriften zu gewährleisten. „Die Blockchain bietet hierfür ein geeignetes Mittel, da sie die Nutzer in die Lage versetzt, ein Netzwerk von Handelspartnern effizient zu verwalten, die wiederum selbst Teil eines verlässlichen Netzwerks in einer Lieferkette sind“, so der Logistik-Experte weiter. Wie erreicht man aber nun sichere Transparenz entlang einer Lieferkette? „Transparenz wird geschaffen, indem die Teilnehmer eines Blockchain-Systems Daten zur Verfügung stellen“, erklärt Schultze-Wolters und fährt fort: „Über die Blockchain- Technologie werden diese mittels sogenannter Hash-Algorithmen verschlüsselt, womit sie eindeutig und unveränderlich werden, sie können auch nicht gelöscht werden und alle Beteiligten können aufgrund von Schreib- und Leserechten, die jeder Teilnehmer mit Bezug auf seine eigenen Daten definiert, maximale Transparenz über ein Produkt in der Lieferkette erlangen.“ Oracle-Experte Stähle ergänzt: „Durch die Verwendung von Blockchains als gemeinsame und sichere Plattform können wir nicht nur den Endzustand eines Produkts sehen, sondern auch alle Transaktionen, die während der Entstehung des Produkts vorgenommen wurden – vom Rohstoff bis zum Endprodukt.“ So könne man sicherstellen, dass alle Eigentumsübertragungen ausdrücklich von den jeweiligen Verantwortlichen genehmigt wurden. Diese Transparenz helfe bei der Ermittlung der von K|E|M Konstruktion Automobilkonstruktion 02 2019 55