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KEM Konstruktion Mobile Maschinen 2017

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Trendthemen: Mobile Maschinen, Baumaschinen, Landwirtschaftstechnik; Messe Agritechnica 2017; KEM Porträt: Dr. Michael P. Schmitt, Geschäftsführer STW; KEM Perspektiven: Landwirtschaft 4.0

TRENDS PERSPEKTIVEN

TRENDS PERSPEKTIVEN PERSPEKTIVEN Bild: Claas Fotohinweis Mit dem Pflanzensensor erkennt der Traktor, wo wie viel Dünger gebraucht wird und bringt nur die entsprechende Menge aus Dank digitaler Vernetzung konzentrieren sich Landwirte künftig auf die Optimierung eines ganzen Ernteprozesses, statt die Maschinen nur einzeln zu betrachten Innerhalb der Plattform werden landwirtschaftliche Informationen, Softwareanwendungen, Maschinendaten und Agrardienstleistungen verschiedener Anbieter verknüpft. Hier stehen nicht mehr Hersteller und Maschinen im Vordergrund, sondern die betrieblichen Prozessketten auf dem Hof. Das System kann als eine Art SAP für den Landwirt gesehen werden: Neben der reinen Prozessüberwachung – was macht der Melkstand gerade, während ich auf dem Mähdrescher sitze – und Dokumentation zur Abrechnung soll vor allem eine ganzheitliche Analyse von Prozessen möglich werden: Der Düngerstreuer muss sich dann nicht alleine auf den Sensor am Traktor verlassen, sondern es werden auch noch die positionsgenauen Ertragsdaten des Mähdreschers aus den Vorjahren, vielleicht Daten aus einer Bodenbeprobung und das bisherige Saison-Wetter mit einbezogen. „Je multidimensionaler das Bild eines Quadratmeters Acker wird, desto besser“, sagt Claas-Sprecher Wolfram Eberhardt. „Natürlich kann auch ein nicht digital agierender Landwirt sehr gut arbeiten, einfach aufgrund seiner Erfahrung. Die Frage ist immer nur: Wie lange? Zwei Stunden sicherlich. Bei acht Stunden ist das digitale System durch seine immer gleiche Prozessqualität aber schon längst besser.“ Um möglichst viele Landwirte von den digitalen Vorzügen überzeugen zu können, müssen nach Einschätzung des VDMA Insellösungen unbedingt vermieden werden, denn kein Landwirt wird sich mit mehreren Plattformen herumschlagen, um den Maschinenpark komplett unter einen digitalen Hut zu bekommen. Claas hat seine Plattform daher für alle Marken offen gestaltet, Anbaugerätehersteller wie Horsch, Lemken, Rauch oder Amazone und über 20 andere Firmen sind bereits als Partner mit an Bord. Keine Funktion und kein Betriebszweig werden dabei exklusiv besetzt. „Wir sind aber realistisch und sehen ähnliche Bestrebungen natürlich auch bei Mitbewerbern. Langfristig werden sich aber nur eine Handvoll am Markt durchsetzen, die sich dann über einen einheitlichen Standard untereinander austauschen können. Ebenso werden die Maschinendaten langfristig wohl selbst auf einem einheitlichen Format laufen, sodass irgendwann jede Plattform mit jeder Maschine kompatibel ist. Eine direkte Partnerschaft ist aber natürlich immer noch einen Schritt besser“, erklärt Wolfram Eberhardt. „Der Erfolg von 365Farm- Net lebt vom Mitmachen möglichst vieler Partner – ausdrücklich auch der Wettbewerber – um Kunden mit unterschiedlichen Bedürfnissen die beste digitale Lösung an die Hand zu geben“, verdeutlicht auch Thomas Böck. Claas handelt dabei nach dem Grundsatz, dass alle Daten dem Kunden gehören und nur er über eine weitere Nutzung durch Andere entscheidet. „Die Sicherheit und Verfügbarkeit der Kundendaten ist ein entscheidender Schlüssel für die Akzeptanz in der Praxis“, sagt Joachim Stiegemann, Leiter Produktmanagement der Claas E-Systems. Die Realität ist analog – noch Auch wenn Landwirtschaft 4.0 heute bereits in den oben beschriebenen Teilbereichen Realität ist, die vollkommen durchgängige Vernetzung und die automatisierte Datenverarbeitung sei laut VDMA eher noch als eine Perspektive für Landwirtschaft und Landtechnik zu sehen, für deren Realisierung noch Handlungsbedarf auf Seiten aller Beteiligter bestehe. „Um eine Teilhabe aller an den Chancen der Landwirtschaft 4.0 zu ermöglichen, müssen praktikable und bezahlbare Lösungen generiert werden, die auch bestehende analoge Maschinenbestände in das digitale Zeitalter integrieren. Denn obwohl nicht jeder die finanziellen Mittel hat, modernste Landtechnik einzusetzen, so sollte doch jeder Landwirt die Reise in die Landwirtschaft 4.0 antreten können“, so Ulrich Adam, Generalsekretär des europäischen Agrarmaschinenhersteller-Verbands CEMA. Im Jahr 2012 waren insgesamt über 1,2 Millionen landwirtschaftliche Zugmaschinen in Deutschland zugelassen, ihr Durchschnittsalter lag bei 27,5 Jahren. Im Vergleich zu anderen Fahrzeugklassen, zum Beispiel Pkws, ist ihr Alter um ein Vielfaches höher: „Für den deutschen Markt würde ich ungefähr schätzen, dass die Maschinenbestände zwischen 60 und 70 Prozent noch klassisch analog und 30 bis 40 Prozent mit Digitaltechnik ausgestattet sind. Aber das steht und fällt mit dem Kaufdatum, also dem Alter der Maschinen“, erklärt Wolfgang Büscher vom Institut für Landtechnik an der Universität 20 K|E|M Konstruktion MOBILE MASCHINEN 2017

PERSPEKTIVEN PERSPEKTIVEN TRENDS Bonn. Das Durchschnittsalter von Zugmaschinen hat sich in den letzten 30 Jahren stetig erhöht. Hauptgründe sind die die Langlebigkeit der Maschinen, aber auch die hohen Anschaffungskosten. Große Landtechnik, insbesondere Zugmaschinen, stellen für Betriebe langlebige Investitionsgüter dar. Daher ist eine große Anzahl der genutzten Zugmaschinen aktuell nicht auf dem neuesten technologischen Stand und nicht vernetzungsfähig. Sogenannte Bluetooth-Beacons sind hier eine praktikable Lösung, die immer breiter akzeptiert und angeboten wird. Sie ermöglichen eine herstellerübergreifende Digitalisierung älterer Maschinenbestände. In einem Umkreis von knapp 30 Metern senden sie ihre Signale und werden von einer kompatiblen Software, etwa auf einem Smartphone, erkannt und dekodiert. Geräte, Traktoren, Mähdrescher oder Lkws werden so eindeutig identifiziert. Jedes Fahrzeug, unabhängig von Alter, Hersteller oder Einsatzzweck, kann mit einem solchen Sender ausgerüstet werden. Aufgrund des geringen Stromverbrauches, ist ein Batteriewechsel nur etwa alle vier Jahre nötig. Auf einen analogen Anhänger montiert wird so der Weg des Getreides vom Acker bis zum Lager lückenlos dokumentiert. Neigungsund Beschleunigungssensoren sowie einen Speicher ermöglichen unterschiedlichste Szenarien, so kann etwa die Betätigung einer Klappe gezählt werden, womit die Beacons so auch kontinuierlich Füllstände erfassen und Betriebsstunden zählen können. Auch das Neues Entwicklungszentrum INFO Mit der Gründung der Tochtergesellschaft Claas E-Systems wurde 2014 die gesamte Elektronikkompetenz der Claas-Gruppe neu gebündelt. Ziel ist es, fahrzeugübergreifende Technologien zu entwickeln, um Maschinen auch herstellerübergreifend in Systeme und Subsysteme zu integrieren. Ein Beispiel dafür sind Milcherzeugung und Futterente. Daher sollte die neue Business Unit auch explizit nicht an einen anderen Standort angegliedert werden, sondern bekam ihr eigenes Zuhause. Im Oktober 2017 ist die Claas E-Systems im südniedersächsischen Dissen daher in ein neu gebautes Elektronikentwicklungszentrum samt Testgelände und Labor gezogen. Mehr als 170 Mitarbeiter – Tendenz steigend – arbeiten dort an den Themen Spurführungssysteme, Automatisierung, übergreifende elektronische Fahrzeugarchitekturen, Fahrerinformationssysteme und Datenaustausch für eine zunehmend digital vernetzte Landwirtschaft. Schwaden, das Pressen von Rundballen und deren Abtransport haben entsprechende Gerätehersteller selbst schon durch Beacons digitalisiert. Das französische Telekommunikationsunternehmen Sigfox baut zudem ein eigenes, globales Funknetzwerk auf, um Objekte mit geringem Energiebedarf drahtlos mit dem Internet zu verbinden. Entsprechend ausgerüstete Beacons nutzen das Netz bereits und sind so unabhängig von einem Smartphone in der Nähe, meist muss das noch der Fahrer der Maschine in der Tasche haben. Elektrifizierung steht bevor Auch in der Agrartechnik tauchen in den Entwicklungsabteilungen für Anbeugeräte zunehmend E-Motoren auf, da auch hier deren Effizienzvorteil gegenüber anderen Antriebsformen genutzt werden möchte. Sie sind einfacher zu steuern, da sie nicht an der Drehzahl einer Zapfwelle hängen, deren Drehzahl wiederum vom Gaspedal des Fahrers abhängt. Egal was die Zugmaschine gerade tut, der E-Motor kann ein- oder ausgeschaltet werden, langsamer oder schneller laufen, was auch die Automatisierung einzelner Prozessschritte wesentlich vereinfach wird. Künftige Traktoren sollen daher neben der mechanischen Zapfwelle und der Hydraulik auch eine Steckdose für starken Gleich- und Wechselstrom an Bord haben. Claas ist seit langem ein Verfechter von herstellerübergreifenden Standards und Gründungsmitglied der AEF (Agricultural Industry Electronics Foundation), die heute über 300 Unternehmen vereint. Die Initiative treibt neben dem Isobus auch die Entwicklung der allgemeinen Stromschnittstelle Powerbus an Off-Highway-Fahrzeugen voran. Einfachere Anbaugeräte übernehmen die intelligente Steuerelektronik dann einfach vom Traktor, die Steckdose liefert direkt 480-V-Wechselstrom ans Gerät. Komplexere Maschinen steuern ihre Stromverteilung selbst, sie bekommen quasi ungefilterten 700-V-Gleichstrom und verfügen über eigene Wechselrichter für den entsprechenden Bedarf. „Wir und andere Hersteller untersuchen derzeit Konzepte, wie man die Landtechnik mit elektrischen Systemen weiter optimieren kann. Die Ergebnisse sind zum Teil vielversprechend. Dennoch sind noch viele Themen wie Standards, Normierung oder Kabel zu bearbeiten, bevor ein echter Marktdurchbruch eintreten wird“, erklärt Wolfram Eberhardt. Die Geschwindigkeit, mit der Arbeitsprozesse durch digitale Fähigkeiten verändert werden, wird sich im globalen Maßstab mit unterschiedlicher Dynamik entwickeln. Darauf will Claas mit einem skalierbaren Angebot antworten und regional sinnvolle Partnerschaften eingehen. Sämtliche digitalen Hilfssysteme bringen aber nichts, wenn der Bediener nicht damit umgehen kann: Denn Studien haben gezeigt, dass die Leistung moderner Mähdrescher je nach Fahrer um bis zu 40 % schwanken kann. Qualifizierte Arbeitskräfte und Erfahrung sind daher ebenso wichtig wie die Fortführung der Digitalisierung. www.claas.de Details zur Funktionsweise des Claas Pflanzensensors zur angepassten Düngerausbringung im Video: www.hier.pro/L5nJd K|E|M Konstruktion MOBILE MASCHINEN 2017 21

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