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mav 04.2022

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03 Automation

03 Automation strukturdynamische Verhalten der Vorschubachse wird daher in X-Richtung als Zwei-Massen-Schwinger mit der Masse des Maschinengestells m G und der Masse des REK-Schlittens m REK mit den entsprechenden Steifigkeiten k G und k REK und den Dämpfungsparametern d G und d REK vereinfacht. Der Achsregler (Bild 3, Task 1) sowie der Schwingungsregler (Bild 3, Task 2) sind innerhalb eines Beckhoff-Systems über eine Twincat-Steuerung umgesetzt. Im Reglertask des Schwingungsreglers erfolgt zunächst die Signalaufbereitung des Beschleunigungssignals eines auf dem REK-Schlitten applizierten Beschleunigungssensors. Ein Zustandsbeobachter schätzt auf Grundlage des Mehrkörpermodells und des Sensorsignals die dominanten Schwingungen der Maschinenstruktur. Anhand eines modellbasierten Reglers G R wird die erforderliche Soll-Aktorkraft F A,soll zur Kompensation der Strukturschwingungen berechnet. Der Regelalgorithmus zur Schwingungskompensation ist hierbei als SPS- Code umgesetzt. Das Potenzial des Ansatzes der aktiven Ruckentkopplung ist anhand des Positionierverhaltens bei einem definierten Positioniersprung ersichtlich. Dafür wurde das Positionierverhalten nach einem Positionssprung mit einem Verfahrweg von ∆X = 30 mm gemes- sen. Dabei ist der maximale Ruck auf 45 000 m/s 3 bei einem trapezförmigen Beschleunigungsprofil begrenzt. In Bild 4 ist die mittels Laservibrometer gemessene Auslenkung des Maschinengestells X G über der Zeit dargestellt. Es zeigt sich, dass die maximale Auslenkung des Maschinengestells bei aktiver Ruckentkopplung im Vergleich zur starren Anbindung um 39 % geringer ist. Zudem ist die Ausschwingzeit des Gestells gegenüber der starren Anbindung um 42 % verkürzt (von 0,38 s auf 0,22 s). Die Auswirkungen der Strukturschwingungen auf die Positioniergenauigkeit des Antriebs sind anhand des Überschwingens des Verfahrwegs um die Sollposition erkennbar (Bild 4, oben). Bei der starren Anbindung resultiert eine Überschwingung mit einer Amplitude von 10 µm, die erst bei ca. 0,28 s abklingt. Bei der aktiven Ruckentkopplung wird die Zielposition innerhalb eines Toleranzbands von 0,5 µm nach 0,13 s erreicht. Für Anwendungsfälle, in denen es auf eine hohe Präzision bei gleichzeitig hoher Achsdynamik ankommt, zeigt die aktive Ruckentkopplung somit entscheidende Vorteile. Durch ein im Vergleich zur starren Anbindung um 95 % (von 10 µm auf 0,5 µm) verringertes Überschwingen erhöht sich bei der aktiven Ruckentkopplung die Positionier- und Bahngenauigkeit potentiell deutlich. Bild 3: Regelkreisstruktur der aktiven Ruckentkopplung. Bild: IFW 66 Juli 2022

Bild 4: Verfahrweg der Vorschubachse und resultierende Gestell - auslenkung. Bild: IFW Wirtschaftlicher Vorteil Der wirtschaftliche Vorteil hinsichtlich der Erhöhung des maximalen Rucks durch die aktive Ruckentkopplung kann beispielhaft anhand des in Bild 4 dargestellten Punkt-zu-Punkt (PtP) Positioniervorgangs gezeigt werden. Wird zunächst ein für die HSC-Bearbeitung üblicher Ruckwert von 100 m/s 3 herangezogen, resultiert eine Positionierzeit von 280 ms für den Verfahrweg von ∆X = 30 mm. Wird der Einschwingvorgang bei der aktiven Ruckentkopplung berücksichtigt, ergibt sich nach Bild 4 eine Positionierzeit von 130 ms bei einem Ruck von 45 000 m/s 3 . Der Positioniervorgang mit aktiver Ruckentkopplung und einem Ruck von 45 000 m/s 3 ist somit um 54 % kürzer als bei einer Werkzeugmaschine mit konventionellen Ruckwerten von 100 m/s 3 . Bei der Herstellung von Bauteilen mit z. B. sich wiederholendem Bohrmuster ergibt sich bei 100 000 identischen Positioniervorgängen eine Zeitersparnis von mehr als vier Stunden. Danksagung Das Forschungsprojekt „Aktive Ruckentkopplung für Werkzeugmaschinen“ (Projektnummer: 269666724) wird mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Das IFW bedankt sich für die finanzielle Unterstützung in diesem Projekt. ■ Institut für Fertigungstechnik und Werkzeug - maschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover www.ifw.uni-hannover.de Literaturverzeichnis [ALT11] Altintas Y, Verl A, Brecher C, Uriarte L, Pritschow G (2011) Machine tool feed drives. CIRP Annals 60(2):779–796. [BRE17] Brecher C, Weck M (2017) Werkzeugmaschinen Fertigungssysteme. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg. [ERK01] Erkorkmaz K, Altintas Y (2001) High speed CNC system design. Part I: jerk limited trajectory generation and quintic spline interpolation. International Journal of Machine Tools and Manufacture 41(9):1323–1345. [GÜM14] Gümmer O (2014) Produktivitäts- und Genauigkeitssteigerung von Fräsmaschinen durch ruckentkoppelte Vorschubantriebe und magnetische Führungseinheiten, Dissertation, Garbsen, Leibniz Universität Hannover, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen. [HES08] Hesse P (2008) Energieeffizientes Relativführungskonzept für ruckentkoppelte Vorschubachsen, Dissertation, Garbsen, IFW, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen. [MÜL09] Müller J (2009) Vergleichende Untersuchung von Methoden zur Verringerung der Gestellanregung durch linearmotorgetriebene Werkzeugmaschinenachsen, Dissertation, Dresden, Technische Universität Dresden, Institut für Werkzeugmaschinen und Steuerungstechnik. Juli 2022 67

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