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NK 01_2021

4 TITELSTORY Vor genau

4 TITELSTORY Vor genau elf Jahren, in der Net work- Karriere-Januar-Ausgabe 2010, bestritt Sven Gabor Janszky, Europas innovativster Trendforscher, das Titel-Interview und zeigte auf, wie wir im Jahr 2020 leben: wie wir arbeiten, welche Auswirkungen die Überalterung der Bevölkerung mit sich bringt, wohin sich die Familie entwickelt, was wir mit dem Internet anfangen, wie wir uns ernähren und wie sich das Gesundheits- und Bildungswesen entwickeln wird – das waren einige der Hauptthemen. LEBEN IM JAHR WIE VIEL MENSC DIE ZUKUNFT? In allen Bereichen zeigte Janszky schon 2010 auf, dass uns große Veränderungen bevorstehen und wir bereits zehn Jahre später in einer anderen Welt leben werden. Wohl die meisten von uns stellten sich die Frage, wie realistisch wohl die Prognosen Janszkys wären. Wer heute das Interview von 2010 liest, stellt fest, dass sein Blick in das Jahr 2020 exakt das Leben darstellt, das wir heute leben. Einzige Ausnahme: Janszky sprach damals noch nicht von einer weltweiten Corona-Pandemie, die unser Leben auf den Kopf stellt. Aber diese Pandemie ist ja kein berechenbarer Trend. Ein Beispiel aus einer Vielzahl seiner exakt eingetroffenen Prognosen: „Wir machen alles online, weil wir immer und überall online sind. Online zu sein heißt nicht mehr, vor einem Computer zu sitzen, sondern online zu sein heißt, dass wir einen Gegenstand um uns herumhaben, der eine permanente Onlineverbindung hat. Wir werden weit weniger durch die Gegend fahren und Termine mehr in virtuellen Welten abhalten. Und wir werden von jedem Ort aus arbeiten können, ob von zu Hause, aus dem Café oder vom Strand.“ Schon allein diese Entwicklung hätten wir uns vor zehn Jahren nicht einmal in unseren kühnsten Träumen vorstellen können. Ausführliche Trendanalysen für 2030 Nun machen wir mit Zukunftsforscher Sven Gabor Janszky einen Sprung in das Jahr 2030. Um die auf uns zukommenden Veränderungen nicht nur grob zu streifen, lesen Sie zu den einzelnen Themenbereichen jeweils eine Einführung in Kurzform und haben dann die Möglichkeit, mit einem Link auf eine fachlich fundierte Trendanalyse zuzugreifen. Fünf Corona-Szenarien für Deutschland Sven Gábor Jánszky: Die wissenschaftliche Zukunftsforschung basiert auf qualitativen, empirischen Daten, auf Tiefeninterviews mit Menschen, deren Entscheidungen unsere Zukunft bestimmen. Aber versuchen Sie mal heute einen dieser Entscheider zu fragen, was er in drei Wochen tun wird: Sie bekommen keine vernünftige Antwort. Die Wahrheit ist: Wir können auf wissenschaftliche Weise derzeit nicht die Zukunft des Landes mit Corona prognostizieren. Das ist der Grund, warum ich selbst in den letzten Wochen jegliche Interviewanfragen und Talkshow-Einladungen von ARD bis RTL abgesagt habe. Was soll ein Wissenschaftler schon sagen, wenn seine Wissenschaft ihm derzeit keine belastbaren Prognosen gibt? Doch unsere Zurückhaltung war wohl ein Fehler. Denn inzwischen geht es in der Diskussion schon lange nicht mehr um die Frage von Ansteckungswegen und Erkrankungssymptomen. Es geht um unsere Humanität und unser Menschenbild. Es geht um eine Frage, die sich kaum jemand offen zu stellen traut: Was hat mehr Wert, das Leben einiger Zehntausend von Corona hauptsächlich bedrohter, älterer Menschen in unserem Land? Oder das Funktionieren eines Lebens in bisheriger Freiheit und Wohlstand, mit funktionierender Wirtschaft, Bildung und Kultur für die mehr als 80 Millionen Menschen? Niemand, der auf den humanitären Werten der Menschenwürde steht, wird diese Alternative zwischen den wenigen Alten und den vielen Jüngeren jemals klar beantworten dürfen. Und dennoch beschreibt sie das Dilemma, auf dem sich in den kommenden Monaten jene Szenarien bilden werden, die uns aus der Krise herausführen. Schwarzmalerei auf der einen und subjektive Utopien auf der anderen Seite, das ist wohl die heutige Situation in Corona-Deutschland. Lassen Sie mich deshalb eine Alternative dazu skizzieren. Ich möchte Ihnen die wissenschaftliche Sichtweise der Zukunftsforscher aufzeigen, die es möglich macht, die Zukunft in verschiedenen Szenarien zu denken. Auf diese Weise lassen sich verschiedene Zukunftswege für Unternehmen und Gesellschaft nüchtern und strategisch vorausplanen. Die Zukunftsforschung hat für solche Dilemma-Situationen mit vielen Unbekannten, Variablen und unprognostizierbaren Entwicklungen eine sehr solide wissenschaftliche Methode: die Szenario-Methode. Sie beschreibt nicht eine wahrscheinliche Zukunft, sondern verschiedene mögliche Zukünfte. Und sie beschreibt, zu welchem Zeitpunkt und an welchen Stellen entschieden wird, ob das eine oder das andere Szenario zur Realität wird. Aber lesen Sie selbst! Trendanalyse: „Fünf Corona-Szenarien für die Zukunft Deutschlands“ Die Zukunft von Krankheit und Gesundheit Sven Gábor Jánszky: Ist es nicht komisch, dass wir Menschen den wertvollsten Gegenstand auf Erden noch nicht in Echtzeit durchmessen haben? Wir haben Echtzeitdaten aus Autos, Flugzeugen, Maschinen, beim Onlineshopping … und überall wird unser Leben besser, effizienter, billi­ 01.2021

TITELSTORY 5 2030: H VERTRÄGT Die Antworten finden Sie in dieser Trendanalyse Die Zukunft der Arbeit Sven Gábor Jánszky: Wir Zukunftsforscher beschäftigen uns mit vielen Bereichen: von Essen über Mobilität bis zur Ethik der Zukunft. Aber zu keinem Thema werde ich so oft zu Vorträgen eingeladen, wie zur Zukunft der Arbeit. Natürlich! In den Zeiten von Kurzarbeit und drohender Massenarbeitslosigkeit sind für die meisten Menschen die acht Stunden Lohnarbeit am Tag zum wichtigsten Faktor ihrer Identität geworden. nehmen. Doch all dies hat nichts damit zu tun, wie die Zukunft der Arbeit in Deutschland nach den Prognosen von uns Zukunftsforschern mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklich aussehen wird. Denn wir sprechen schon seit langem von einer kommenden Ära der Vollbeschäftigung. Warum? Ganz einfach! In den kommenden zehn Jahren erleben wir die Massenverrentung der Baby boo mer- Generation. Noch nie sind so viele Menschen in so kurzer Zeit in Pension gegangen wie in Kürze. Die Folge: Zu wenige Menschen für zu viele Jobs! Bis zu drei Millionen offene Stellen in Deutschland werden in unseren Zukunftsstudien prognostiziert. Dauerhaft! Dies ist die Zeit, in der alle zwei Wochen Headhunter und Personalberater bei Ihnen anrufen und Ihnen immer lukrativere Jobwechsel anbieten. Doch wie geht das weiter? Welche Rolle spielt die Arbeit in Zeiten von Vollbeschäftigung? Was geschieht, wenn große Teile unserer bisherigen Arbeit von ger. Doch ausgerechnet beim wertvollsten Gegenstand, dem menschlichen Körper, machen wir das nicht? Wir konnten es bislang nicht. Doch genau das wird sich in den nächsten zehn Jahren ändern. Der Umgang der Menschen mit Krankheit und Gesundheit ist einer jener Bereiche, in denen wir Zukunftsforscher bis zum Jahr 2030 einen beispiellosen Wandel erwarten. Nicht zufällig ist das auch der Bereich, in den aktuell die meisten Investitionen von Technologie-Unternehmen und Start-up-Investoren fließen. Ihre Erwartung ist einfach: Gesundheit wird messbar, optimierbar und käuflich! Und damit sind nicht die ewigen Warnungen vor privaten Krankenkassen und einer Zwei-Klassen-Medizin gemeint. Wenn überhaupt, dann müsste man von Millionen-Klassen sprechen. Denn einer der großen Trends des Jahres 2030 heißt: individuelle Medizin. Den Ablauf der kommenden Jahre schildert eine Zukunftsstudie aus dem 2b AHEAD ThinkTank sehr genau. Sie beschreibt die Zukunft der deutschen Krankenversicherungen bis zum Jahr 2030 und erläutert, dass mit der Digitalisierung die Möglichkeiten medizinischer For schung, Diagnostik, Therapie, Rehabilitation und Prävention mit exponentieller Geschwindigkeit wachsen. Das Wissen über die Funktionsweise des menschlichen Körpers, seine Stärken und Schwachstellen verdoppelt sich etwa alle vier Jahre. Dies stellt jeden Mediziner vor ungeahnte Prob­ leme. Das Feld von Medizin, Health- Care und Gesundheit gehört deshalb zu den vermutlich stärksten Veränderungsfeldern bis 2030. Übrigens auch zu den lukrativsten. Kein Wunder, dass gerade jeder Technologiekonzern in Health- Care investiert. Wie sieht also die Zukunft von Krankheit und Gesundheit aus? AdobeStock/© Ivan Traimak Entsprechend dramatisch sind die Schlagzeilen in den Zeitungen, wenn sich Veränderungen an der täglichen Arbeitsroutine ankündigen. Heute ist es die Gefahr der Rezession, morgen die künstlich intelligenten Computer, die uns angeblich die Arbeit weg­ Trendanalyse Maschinen über nommen werden können? Und wieso schaut ein Zukunftsforscher so optimistisch in die Zukunft der Arbeit, obwohl in den Medien von Konjunkturkrisen und Rezession die Rede ist?

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