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GESUNDHEIT Pflanzen für

GESUNDHEIT Pflanzen für alle Nicht nur der Medizin kann CRISPR Fortschritte bringen, auch der Landwirtschaft. Dr. Inge Broer, Professorin für Agrobiotechnologie und Begleitforschung zur Bio- und Gentechnologie an der Universität Rostock, erläutert Susann Moll, wieso das so ist. Impressum Verleger Nordkurier Mediengruppe GmbH & Co. KG Geschäftsführung Lutz Schumacher (V.i.S.d.P.) Friedrich-Engels-Ring 29 17033 Neubrandenburg Redaktion Sirko Salka (Leitung) Gerlinde Bauszus, Dana Skierke, Stefanie Lanin Anzeigen Nordkurier Media GmbH & Co. KG Friedrich-Engels-Ring 29 17033 Neubrandenburg Nicole Hirscher (Leitung) 0395 4575-320 Druck optimal media GmbH Glienholzweg 7 17207 Röbel (Müritz) Kontakt kerngesund@nordkurier.de kerngesund.nordkurier.de Einzelverkaufspreis: 3,99 Euro Abonnement: 19,00 Euro für 1 Jahr (4 Ausgaben, inklusive Versandgebühren) Alle Rechte vorbehalten. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos kann keine Haftung übernommen werden. Hört oder liest man von CRISPR im Zusammenhang mit Landwirtschaft, ist immer wieder von einer neuen grünen Revolution die Rede. Sprechen Sie der Entdeckung auch diese Bedeutung zu? Ja, auf jeden Fall. Mit CRISPR können wir erstmals das Erbgut einer Pflanze gezielt mutieren. Die Veränderung von Genen ist die Basis für Evolution. Ungezielt passiert das die ganze Zeit, so entstehen neue Eigenschaften. Bisher behandeln wir die Pflanzen beispielsweise mit Chemikalien oder radioaktiver Strahlung, um Gene zu mutieren und so Varianten für die weitere Züchtung zu erzeugen. Diese Methoden wirken natürlich auf das gesamte Erbgut und nur mit Glück verändert sich der gewünschte Teil. Im Anschluss muss bei den Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften geprüft werden, ob sich auch noch andere, unerwünschte Veränderungen ergeben haben. Welcher Teil der DNA verändert wurde, weiß man in der Regel aber nicht. Das ist ein unglaublicher Arbeitsaufwand, aber auch ein bewährtes und sicheres Verfahren. Was kann die neue Methode leisten? Damit können wir genau den Teil der Erbinformation ausschalten, der eine erwünschte Eigenschaft verhindert oder eine unerwünschte Eigenschaft auslöst. Ein Beispiel für ein Anwendungsgebiet wären Leguminosen wie Erbsen oder Lupinen. Die Pflanzen werden in der Landwirtschaft gern als Gründünger eingesetzt, weil sie Stickstoff Dr. Inge Broer © privat im Boden anreichern und ihn damit verbessern. Allerdings sind sie sehr krankheitsanfällig, und obwohl ihr Eiweiß eigentlich perfekt für die Tierfütterung geeignet ist, enthalten sie spezielle Zucker, die in größeren Mengen abführend wirken. Der Landwirt kann dem Futter also nicht soviel Erbsen beimischen, wie er gern möchte. Zudem liefern sie im Vergleich zu anderen Kulturarten nicht die gewünschten Erträge und sind deshalb weniger wirtschaftlich für den Landwirt. Mit der CRISPR-Methode könnte man in der Erbse gleichzeitig all die Gene ausschalten, die für die unerwünschten Eigenschaften zuständig sind. Diese gleichzeitige Veränderung ist nur möglich, weil wir es jetzt gezielt tun können und nicht erst für jede Eigenschaft Pflanzen suchen müssen, die eine der Veränderungen zufällig enthalten und diese dann miteinander kreuzen. Mit den konventionellen Methoden wären niemals drei Veränderungen auf einmal möglich, sondern man würde mit viel Mühe nach der einen suchen. Was ist der Unterschied zur Gentechnik? Grüne Gentechnik bedeutet, dass 54 | 55 kerngesund

kerngesund-Debatte wir erwünschte Eigenschaften anderer Organismen auf Pflanzen übertragen. Das kann ein Gen aus einer Alge sein, aus dem Menschen, aus einem Bakterium ... Forscher können das natürlich mit CRISPR jetzt auch gezielt tun. Denn bisher konnten sie nicht festlegen, an welcher Stelle im Erbgut das neue Gen andockt. Gentechnik-Verfahren sind streng reglementiert. Es gibt aufwendige Zulassungsverfahren, weil wir natürlich erst umfangreich prüfen müssen, was diese neue Eigenschaft in der Pflanze macht. Bei der Mutagenese, wie ich sie eingangs beschrieben habe, bringen wir aber keine neuen Gene in die Pflanzen. Wie in der konventionellen Züchtung inaktivieren wir nur bestimmte Gene, die Pflanzen sind also nicht gentechnisch verändert. Es gibt auch Kritiker. Was sind deren Befürchtungen? Ein Argument ist, dass die Methode auch Mutationen an anderen Stellen im Erbgut verursachen kann. Man kann sich bisher nicht sicher sein, dass die Veränderung nur an der gewünschten Stelle passiert. Aus diesem Grund darf die Methode zur Therapie von Krankheiten bei Menschen noch nicht verwendet werden. Dort ist das sicher ein berechtigtes Argument, aber in der Pflanzenzüchtung ist das eine völlig andere Geschichte. Da erzeugen wir ja schon immer Mutationen, um verbesserte Eigenschafen zu erhalten, ohne genau zu wissen wo. Die mit Chemikalien oder Strahlen behandelte Pflanze wird in der Sortenprüfung darauf kontrolliert, ob sie die gewünschte Eigenschaft aufweist, ob sie Gifte enthält usw. Erst danach können wir sie anbauen und auch essen. Nichts anderes würden wir mit der CRISPR-Methode machen. Auch wenn unerwünschte zusätzliche Mutationen auftreten sollten, ist das Risiko das gleiche wie in der konventionellen Züchtung. Die Chance das richtige Gen zu treffen, ist aber extrem höher. Diese Bedenken sind aus meiner Sicht also nicht gerechtfertigt, denn sie ignorieren, dass wir die Unsicherheit in der konventionellen Züchtung immer schon in Kauf nehmen müssen. Das Argument greift dann, wenn es darum geht, mit der Methode neue Gene zu integrieren. Dann haben die Kritiker vollkommen recht, denn wir bringen – wenn auch gezielt – neue Eigenschaften in die Pflanze und deren Folgen müssen erforscht werden. Die Bundesregierung hat noch keine Entscheidung getroffen, die EU-Kommission noch keine Empfehlung abgegeben: Was wären die Folgen, wenn die CRISPR- Methode als Gentechnik eingestuft würde? Das würde uns ein wichtiges Mittel nehmen, um uns in der Landwirtschaft für die Zukunft zu wappnen. Die Methode ist ein Geschenk, in einer Zeit, da Pflanzenzüchtung außerordentlich wichtig ist. Im Zuge von Klimawandel und all den Anforderungen, die an Pflanzen gestellt werden, benötigen wir ganz dringend Wege, um schnell Pflanzen mit den richtigen Eigenschaften zu bekommen. Wenn eine Methode als Gentechnik eingestuft wird, ist das Zulassungsverfahren für die entstandenen Sorten schwierig, langwierig und teuer. Können wir die Supertomate züchten? Mit CRISPR stehen die Chancen dafür gut. © lily - Fotolia.com

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