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2008-4 REISE und PREISE

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CHILE OSTERINSEL DIE

CHILE OSTERINSEL DIE REPORTAGE Stippvisite Vogelmann beim Fünf Stunden geradeaus übers Meer fliegen und im gleichen Land landen.Das geht nur in Chile, zu dem die Osterinsel gehört. Seit Kevin Costners Film »Rapa Nui« hat die Insel mit den monumentalen Steinskulpturen touristisches Interesse geweckt. REISE & PREISE-Autorin Kiki Baron ist dem Mysterium der 1.000 Moai und der Vogelmannkultur nachgegangen. Bei Google Earth erkennt man es am besten: ein Dreieck im weiten Meer, knapp 164 Quadratkilometer groß, an jeder Ecke ein Vulkan, fast menschenleer bis auf den einzigen Ort. Hanga Roa hat 3.300 Einwohner und eine Runway, die die Amerikaner als Notlandebahn für ihre Space Shuttle anlegten. Der kleine Flughafen ist Familientreff. Mit Blumenketten werden lang vermisste Mitglieder unter Freudentränen begrüßt, andere mit Muschelketten und Abschiedstränen auf die Reise geschickt. Polynesische Rituale, wie man sie von Tahiti kennt. Aus dieser Richtung, 4.000 Kilometer entfernt, wurde die Osterinsel nach letzten Erkenntnissen vor etwa 800 Jahren kolonisiert. Was die erste Frage aufwirft. War es Zufall oder navigatorische Meisterleistung, das einsame Eiland zu finden? Polynesier hatten keine Schrift. Seemännische Erfahrungen wurden mündlich überliefert. Die Rapa Nui waren Gefangene der Chilenen »Die Osterinsel«, sagt Javier, »ist der Nabel der Welt«. Te pito o te henua haben seine Vorfahren sie genannt. Der holländische Seefahrer Jakob Roggeveen, Ostern 1722 gelandet, 104 REISE & PREISE 4/2008

Die bis zu 20 Meter hohen Moai-Statuen bewachen die Gebeine verstorbener Häuptlinge taufte sie um. Der Nabel leuchtet grün. Wohin man blickt, nichts als Grasland. Früher war die Insel dicht mit Palmwald bewachsen. Heute wölbt sich das Gras über flache Vulkankegel und reißt am steinigenKüstensaum ab. Im Meer stehen Pferde und saufen. Eine Mutation, die mit Salzwasser klarkommt? Javier schüttelt die hüftlangen Rastalocken und biegt seinen muskulösen Körper vor Lachen. So blöde Fragen stellen nur Touristen. Süßwasserquellen sind es, die sie aufgespürt haben. Pferde gibt es auf Rapa Nui mehr als Menschen. Halbwild, die Insel ohne Zäune, stehen sie in Wiesen, Kratern und Gemüsegärten, traben in Trüppchen am Straßenrand entlang oder grasen in aller Seelenruhe zwischen Petroglyphen und Moai und schuppern ihr Hinterteil daran. Umwelt- und Kulturschützer würden die Pferde am liebsten in Ställe sperren. Für Rapa Nui sind sie Symbole von Status und Freiheit. Bis vor 40 Jahren stand die Insel unter chilenischem Kriegsrecht. Bis dahin besaßen Rapa Nui keine chilenische Staatsbürgerschaft und waren in einem mit Stacheldraht umzäunten Kral gefangen. Ihre Insel wurde seit 1895 als private Schaf- und Rinderfarm betrieben. Nicht weiter verwunderlich also, dass sie mit Chilenen nicht auf Freundschaftsfüßen stehen. Auch Thor Heyerdahl, der in den 50er Jahren die Osterinsel mit ihren Steinskulpturen weltweit bekannt machte, wird nicht unbedingt geschätzt. Er publizierte zwar viel über die mysteriösen Moai, aber kaum über das tragische Los der Eingeborenen. Strebsamkeit ist den Insulanern fremd Im Hotel »Explora« werden wir in lupenreinem Deutsch begrüßt. Die junge Frau stellt sich als Adrienne vor. Später erzählt sie freimütig, sie sei das Produkt einer deutsch-polynesischen Lie- REISE & PREISE 4/2008 105

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