KAMBODSCHA Pick-up im Dauertest: Arbeiter auf dem Weg in den wohlverdienten Feierabend AUF ABENTEUERLICHEN WEGEN Im Land der Khmer Kambodscha hat mehr zu bieten als die grandiosen Tempel von Angkor. Wer das Land auf entlegenen Pfaden bereist, wird es in all seiner faszinierenden Ursprünglichkeit erleben. Die knapp 400 Kilometer lange Strecke von Pailin nach Phnom Penh jedenfalls garantiert Abenteuer und Exotik. TEXT & FOTOS: VOLKER KLINKMÜLLER Eine lange Staubfahne im Schlepptau, rast der weiße Toyota Camry über die zerfurchte Schotterpiste zwischen Pailin und Battambang, als wäre sie ein asphaltierter Highway. Auf dem Beifahrersitz quetschen sich drei Passagiere. Aber obwohl die Limousinemitacht Personenund Gepäck voll ist bis zum Dach, schluckt sie selbst die tiefsten Schlaglöcher mit einer verblüffenden Souveränität. Die großen, schmucken Limousinen stammen fast alle aus den USA und wollen irgendwie nicht recht zu einem der ärmsten Länder der Welt passen. Doch als Billigimporte bilden sie das Rückgrat des kambodschanischen Überlandverkehrs. Das Geheimnis ihrer Unverwüstlichkeit liegt darin, dass das Fahrwerk für den strapaziösen Dienst als Sammeltaxi zusätzlich stabilisiert wird… Die Reise von der thailändischen Grenze über die einstige Rebellen-Hochburg Pailin bis Phnom Penh ist spannend. Die Strecke führt zunächst zu den Kolonialbauten von Battambang, dann am Ufer des sagenumwobenen, meeresartigen Tonle-Sap-Sees entlang durch herrliche Landschaften über Pursat nach Kompong Chhnang. Für reichlich Abwechslung sorgen Bootstouren durch schwimmende Dörfer, faszinierende Trips über abenteuerliche Schienenstränge oder vielleicht sogar ein Abstecher in die legendären Kardamon-Berge, das letzte große Naturgeheimnis der Region. Zwischen den einzelnen Etappenzielen liegen jeweils rund 100 Kilometer, die an einem Tag locker zu schaffen sind. Am Ende wartet die Hauptstadt Phnom Penh. Von hier lassen sich die weltberühmten Tempelruinen in Siem Reap mit dem Bus für zehn US-Dollar erreichen, schnell auch die Nachbarländer Laos und Vietnam. 54 REISE & PREISE 1/2010
PAILIN Ehemalige Bastion der Roten Khmer Noch in den 90er-Jahren war Pailin zu Beginn der Trockenzeit regelmäßig in den Schlagzeilen asiatischer Medien. Denn dann versuchten die Regierungstruppen stets aufs Neue, diese Bastion der Roten Khmer zu Fall zu bringen. Gelungen ist das nie, so dass die Rebellen-Hochburg 1996 schließlich durch eine Amnestie befriedet wurde. Auch wenn hier heute noch ehemalige Pol-Pot-Kader das Sagen haben und auf dem Tempelberg Phom YatSteinbunker aus unseliger Vergangenheit erzählen, macht die rund 35.000 Einwohner zählende Stadt einen eher harmlosen Eindruck, wirkt wie ein spartanischer Wildwest- Verschnitt. Sie lebt von der Landwirtschaft, von den Spielkasinos an der nahen Grenze zu Thailand und noch immer vom Geschäft mit Edelsteinen, obwohl die Schürfgründe fast erschöpft sind. Ein letztes Stück Urwald findet sich noch rund um den fünfstufigen, ganzjährig rauschenden Wasserfall am Berg Phnom Kliu (8 km, Moped-Taxi US$ 5). BATTAMBANG Die Unbekannte mit dem großen Reiz Bis vor kurzem lag Battambang im touristischen Dornröschenschlaf. Dabei ist die nach Phnom Penh und Siem Reap drittgrößte Stadt des Landes (ca. 180.000 Einwohner) ideal, um sich auf das authentische Kambodscha einzustimmen. Zu den Attraktionen Battambangs zählen Gebäude aus der französischen Kolonialzeit, mit Stuckfassaden, Balustraden und schrägen Ziegeldächern – ob noch original, verfallen oder restauriert und mit knallgelben Farbtönen in Szene gesetzt. Vergnüglich ist eine Fahrt mit den Bambuszügen, die in die Umgebung ausschwärmen. Rund 15 Kilometer südwestlich lockt der noch mit zwei Haubitzen aus dem Bürgerkrieg bestückte, doppelgipfelige Phnom Sampeun. Seine Höhlen beherbergen Milliarden Fledermäuse, die allabendlich in einem grandiosen Naturschauspiel zur Insektenjagd ausschwärmen, aber auch verblicheneGebeine von Pol-Pot-Opfern, die hier zu Tode gefoltert wurden. Nördlich von Battambang finden sich die Ruinen von Wat Ek Phnom, Überreste eines Sandstein- Heiligtums aus dem 11. Jahrhundert. UNTERKUNFT Um wirklich in die Atmosphäre einzutauchen, sollte man direkt in Pailin übernachten. Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet das 4- stöckige »Pailin Ruby Guest House« (Tel. 00855-97-7474933, DZ US$ 5–15). Beliebteste Ausländer-Unterkunft sind die Bungalow- Zimmer des motelartig angelegten, begrünten »Bamboo Guest House« (Tel. 00855-12- 405818, DZ US$ 12–25, VIP US$ 25). Den meisten Komfort bieten die 3 Hotels im Bereich der Spielkasinos, als bestes das neue »Victoria« (Tel. 00855-11-550001, victoria hotel@ymail.com; DZ US$ 50–120). GUT ESSEN Die beste Küche hat das Restaurant des »Bamboo Guest House« (s.o.), wo große Baumscheiben-Tische und nettes Personal für Atmosphäre sorgen. Neben Bratreis(US$ 2,50) und Tintenfisch (US$ 4,30) gibt es sogar Hamburger (US$ 3,80) und Pizza (US$ 9,50). VON THAILAND NACH KAMBODSCHA Zum Grenzübergang Ban Pakkard/Pailin (geöffnet 7–20 Uhr) gelangt man von Bangkok über Chantaburi (Linienbus US$ 5–6, ca. 4,5 Std.), von dort weiter mit Minibus (US$ 6) oder Tuk Tuk/ Taxi (US$ 12) zur Grenze (80 km). Von Trat bzw. Koh Chang geht’s per Minibus Richtung Siem Reap bis Pong Nam Ron (US$ 14); die verbleibenden 18 km legt man mit Tuk Tuk/Mopedtaxi zurück (US$ 6–9). Von der Grenze bis Pailin (20 km) fahren Taxis (20 Min., Moped US$ 3, Auto US$ 8). UNTERKUNFT Das Angebot hat sich vervielfacht. Eine neue Travellerherberge ist das »Seng Hout Hotel« (Tel. 00855-53-952900, www.senghouthotel. com, DZ US–15; Tipp: die Eckzimmer), mit zwei Dachterrassen. 130 komfortable Zimmer, eine feudale Lobby und ein Schwimmbad hat das »Stung Sangke Hotel« (Tel. 00855- 53-953-495, www.stungsangkehotel.com, EZ/ DZ US$ 30). Nostalgisch im Kolonialstil präsentiert sich das 2005 eröffnete »La Villa« mit nur 7 Zimmern (Tel./Fax 00855-53-730151, www.lavilla-battambang.com, EZ/DZ US$ 55–80/60–85, rechtzeitig reservieren!). GUT ESSEN Große Auswahl an Restaurants. Authentische Khmer-Küche und günstiges Angkor- Bier (Glas US$ 0,50) wird im »Phkay Proek« serviert. Beliebtestes Ausländer-Restaurant ist das »White Rose« (Gerichte um US$ 2,50). Kreationen wie denBattamburger(US$ 2,75) oder das leckere Chicken in the basket (US$ 3,50) gibt es im »Khmer Delight«. BATTAM BANG PAILIN Stark überladenes Moped auf dem Weg nach Pailin 1. ETAPPE PAILIN–BATTAMBANG Distanz: 86 km, Dauer: 2–3 Stunden Die Route National 10, im Bürgerkrieg eine Hauptkampflinie, soll bis Ende 2010 ausgebaut sein; bis dahin verkehren zwischen Pailin und Battambang lediglich Toyota-Sammeltaxis (bei 6–7 Fahrgästen US$ 6/Pers., ge chartert US$ 30). Im Dorf Sneng erheben sich direkt an der Straße die Ruinen eines Angkor- Tempels aus dem 10. Jahrhundert. Im Zentrum von Battambang geht’s trubelig zu Ein Ausflug zum Wat Ek Phnom gehört zu den Highlights bei Battambang REISE & PREISE 1/2010 55
