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2014-4 REISE und PREISE

Der Nashornbulle bewegt

Der Nashornbulle bewegt sich langsam und fast lautlos durch den lichten Busch. Nur ein leises Rupfen ist zu hö ren, wenn er hier und da ein Maul voll trockenes Gras nimmt. Die Morgensonne malt abstrakte Muster auf den Boden und im Schatten hängt noch die Kühle der Nacht. Nur zehn Meter und ein Mopanebäumchen sind noch zwischen uns und dem grauen Koloss. Der Instinkt sagt »Lauf!«. Aber Ranger Chris hatte uns gewarnt: »Was auch immer passiert, nicht wegrennen.« Unser Grüppchen steht also stocksteif, keiner wagt sich zu rühren. »Nashörner sehen schlecht. Wenn sie dich nicht riechen und du dich nicht bewegst, kann nichts passieren«, so Chris. Rhinotracking, also zu Fuß auf Nashorn- Pirsch gehen, ist ein Highlight im Matobo National Park. Hier lebt die vermutlich größte Population in Afrika. Das wissen selbstverständlich auch die Wilderer. Bis zu 50.000 US- Dollar bringt ein Kilo Nashornhorn in Asien als vermeintliches Potenzmittel. Für die hiesigen Wilderer sind immerhin noch einige hundert Dollar drin – bei einer Arbeitslosenrate um die 80 Prozent eine Versuchung. Deshalb werden den vom Aussterben bedrohten Tieren seit einigen Jahren die Hörner abgeschnitten. »Sie sind wie Fingernägel oder Haare – sie wachsen wieder nach. Aber ohne Horn sind die Tiere für Wilderer wertlos«, erklärt Chris. Aber nicht nur wegen der Nashörner ist der älteste Nationalpark des Landes eine Reise Wert. Matobo Hills, seit 2003 UNESCO-Weltkulturerbe, ist eine sensationelle Landschaft mit weiten Tälern, gesäumt von riesigen Granitbergen und kahlen Erhebungen. Obenauf balancieren Steinblöcke, zwischendrin wachsen Mopanebäume und Kapfeigen. Außerdem ist die Region reich an Kultur und Geschichte. Buschmänner hinterließen ihre Zeichnungen, die Shona huldigten hier ihrem Gott Mwari. Das Grab des mächtigen Matabele- Königs Mzilikazi ist hier zu finden und auch Cecil John Rhodes wurde in Matobos Hills zur letzten Ruhe gebettet. Sein Grab liegt auf einem Hügel mit 360-Grad-Blick, dem sogenannten Worlds View. Das schwere Erbe der Kolonialzeit Der Brite Rhodes kam 1870 nach Südafrika, machte ein Vermögen mit Gold und Diamanten und wechselte dann als Premierminister ➔ REISE & PREISE 4-2014 9

SIMBABWE DIE REPORTAGE Noch kann man die von Wilderern stark bedrohten Nashörner in freier Wildbahn beobachten Freundlicher Verkäufer auf dem Markt in Mbane (links). Der Sprühnebel der Viktoriafälle steigt in bis zu 300 m Höhe auf und ist manchmal noch in 30 km Entfernung zu sehen (rechts) TIPP DER REDAKTION Mit dem Kanu auf dem Sambesi Leise gleitet das Kanu durch das träge dahinfließende Wasser des Lower Zambezi. Vorbei an Krokodilen, die mit offenen Mäulern am Uferrand dösen. Dahinter liegen ein paar Wasserbüffel träge im Gras. Riesige Elefanten kommen zum Trinken an den Fluss. Auf dem Sambesi herrschen angenehme Temperaturen. Es ist absolut still, für Tage! Immer wieder tauchen Köpfe von Flusspferden auf, die uns anfangs ein bisschen nervös machen. Aber unser Guide bleibt gelassen, lässt uns eine Kette bilden und lenkt uns in Ufernähe sicher an den »meckernden« Kolossen vorbei. Sie sehen schlecht und halten unsere Kanukette für ein größeres Tier. Eine Kanutour auf dem Unteren Sambesi gehört zu den absoluten Highlights einer Simbabwe-Reise. Die Touren von Chirundu in den Mana Pools National Park, eine weite Flusslandschaft mit Lagunen und grünen Auen, sind ein Erlebnis für Naturfreunde: Übernachtet wird in einfachen Camps am Ufer und auf Inseln im Fluss, ohne Duschen und Toiletten. Das Wasser des Sambesi ist so sauber, dass es zum Trinken genutzt wird. Die klassische viertägige Kanutour Chirundu–Mana Pools (75 km) ist bei der erfahrenen britisch-simbabwischen Agentur Zambezi Safari & Travel für US$ 750 buchbar (Tel. 0044- 1548-830059, www.zambezi.com). Im Preis enthalten: die Transfers von Kariba, Verpflegung, zwei Guides und Campingausrüstung. Hinzu kommen Fluss- und Parkgebühren(US$ 100). Nach Kariba gibt es dreimal wöchentlich Flüge mit Air Zimbabwe von Harare (ab US$ 210) und Victoria Falls (ab US$ 260). der Kapkolonie in die Politik. Als Gründer der Britischen Südafrika-Gesellschaft trieb er die Kolonialisierung skrupellos voran. Nach ihm wurden die neuen Kolonien Nord- und Südrhodesien be - nannt. In der Stadt Bulawayo erinnern noch breite Straßen und viktorianische Villen an diese Zeit. Als eines der letzten afrikanischen Länder wurde Simbabwe, das ehemalige Südrhodesien, 1980 unter Robert Mugabe unabhängig. Der Übergang glückte, das Land blieb »Kornkammer des Kontinents« und beliebte Safaridestination. Allerdings besaßen die 5 Prozent weißen Großgrundbesitzer immer noch 60 Prozent des Landes. Dann führten Dürreperioden, teures militärisches Engagement, Vetternwirtschaft und massive wirtschaftliche Probleme zu starker Unzufriedenheit im Land. Im Bemühen, seine Macht zu retten, begann Mugabe Anfang der 2000er seine lang angekündigte Landreform gewaltsam durchzusetzen. Weiße Farmen wurden besetzt und zwangsenteignet. Bigi Eggert hat vor 20 Jahren Grund in den Eastern Highlands gekauft und eine Lodge aufgebaut. Die Berglandschaft ist mit ihren weiten Hügeln und klaren Bächen ein echtes Outdoorparadies zum Wandern, Klettern, Biken. Und sie ist das Kerngebiet der Agrarwirtschaft. »Wir haben in der Vergangenheit mehrere Enteignungsbescheide erhalten«, erinnert sie sich. »Unserem Einspruch wurde aber schließlich stattgegeben. Allerdings ist unser Land auch nicht zum Ackerbau geeignet.« Viele ihrer Nachbarn hatten weniger Glück. Seit 2009 ist der US-Dollar nun offizielle Währung und Simbabwe erholt sich langsam. Natürlich liegt immer noch einiges im Argen, aber die Versorgung ist gesichert und Feindseligkeiten müssen Besucher garantiert nicht befürchten. Ganz im Gegenteil: Sie werden warm und herzlich willkommen geheißen. Donnernder Rauch und ein Luxushotel Es rauscht, tost, braust, schäumt – auf 1,7 Kilometern Breite fällt eine weiße Wand aus Wasser über hundert Meter in die Tiefe. Manchmal ist vor lauter Gischt die eigentliche Attraktion kaum zu sehen: die Victoriafälle, eines der sieben Weltnaturwunder und ebenfalls UNESCO-Welterbestätte. Wir spazieren, trotz bunter Regenponchos schon patschnass, an der gegenüberliegenden Seite entlang. 1855 hat der schottische Missionar David Livingstone die Fälle »entdeckt« und nach seiner Königin benannt. Natürlich waren sie schon vorher bekannt, als Mosi-oa-tunya: donnernder Rauch. In der Tat kann der Wassernebel bis zu 300 Meter hoch reichen und hängt dann über dem Land wie eine Wolke über einem gewaltigen Waldbrand. Das Besondere an den Fällen: Der Sambesi ergießt sich in eine tiefe Schlucht, die sich unerwartet in dem an sich flachen Land öffnet. Zu 10 REISE & PREISE 4-2014

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