09.12.2017 Views

mt 11 2012

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Geheimnisse aus Aksum und Nachbargebieten<br />

Diese Bemerkungen sind nur ein erster Versuch, Interpretationshilfen<br />

für die Verschiedenheit der Funde zu geben. Jedenfalls<br />

werden Münzen nur an ganz bestim<strong>mt</strong>en Stätten gefunden,<br />

nicht quer durch Tigray und auch nicht einmal überall in<br />

Aksum und Umgebung. Die Fundstätten sind sicherlich als<br />

Teile eines antiken Netzwerkes von Geldflüssen zu sehen;<br />

einen ersten Interpretationsversuch in diese Richtung habe ich<br />

versucht mit der Deutung der beiden größten Fundstätten<br />

„schlechter“ Münzen im Osten und Westen Aksums als Marktstätten<br />

am Ende der östlichen und der westlichen Handelsstraßen.<br />

Eine solche Mehrzahl von Märkten ergäbe durchaus Sinn,<br />

da von den verschiedenen Handelswegen auch verschiedenartige<br />

Produkte zu erwarten sind (im Osten z.B. Salz). Noch<br />

heute werden an größeren Siedlungen mehrere Märkte mit<br />

verschiedenen Produktspezialisierungen abgehalten.<br />

Weitere Berichte von Fundstätten –<br />

von aksumitischen bis arabischen Münzen<br />

Bisher war nur die Rede von Aksum selbst als Ort von<br />

Münzfunden gemäß lokaler Überlieferung. Es gibt allerdings<br />

weitere bekannte Münzfundstätten, die im kleinen lokalen<br />

Münzhandel gut bekannt sind. Zunächst wollen wir weiter bei<br />

Funden aksumitischer Münzen bleiben. Funde außerhalb Aksums<br />

sind selbst in Tigray recht selten, zumindest muss man<br />

dies aus dem Mangel an Münzangeboten außerhalb Aksums<br />

schließen. Man kann sich also das antike Aksum kaum als überall<br />

„durchmonetarisiertes“ Staatswesen vorstellen. Das Münzwesen<br />

war jedenfalls stark auf Aksum selbst konzentriert. In<br />

Inderta in Ost-Tigray, wo heute nahe einer alten Handelsstraße<br />

vom Roten Meer in das Landesinnere die tigrayische Hauptstadt<br />

Meqele liegt, gibt es Angebote, doch wesentlich seltener,<br />

und gelegentlich auch aus Aksum stammend. 13<br />

Münzfunde werden jedoch, nach meinen Informanten, auch<br />

aus anderen Zentren berichtet, die offenbar in der Antike eine<br />

Rolle für den Außenhandel spielten und sicherlich auch für den<br />

Innenhandel. Im Westen von Aksum gibt es regelmäßig Funde<br />

aus der Umgebung von Shiré Indasellasé, einer recht neuen<br />

Stadt im Westen des Hochlandes, die allerdings in der Nähe antiker<br />

Stätten liegt. Besonders viele Funde scheinen aus dem<br />

nahen May Adrasha zu stammen, einer voraksumitischen und<br />

aksumitischen Stätte, die vor Jahren ausgegraben wurde, so das<br />

Interesse der lokalen Bevölkerung weckte und seither Gegenstand<br />

privater Suchaktionen und kleiner Raubgrabungen geworden<br />

ist. Wegen der starken Tradition in Tigray, antike Ruinenreste<br />

nicht aufzustören, ist jedoch eine starke Raubgrabungstätigkeit<br />

in Tigray sehr selten – das soll hier zur Vermeidung<br />

falscher Vorstellungen angemerkt werden. Diese Gewohnheit<br />

ist teilweise verbunden mit der tief im Land populären<br />

Idee, dass alte Mauerreste möglicherweise auf machtvolle<br />

Boden- oder Felsgeister hindeuten – oder auch mit der verbreiteten<br />

Befürchtung, es sei verboten, da die Regierung Besitzansprüche<br />

haben könnte. Wo aber einmal eine größere Ausgrabung<br />

ohne folgende Sicherung und konsequente Einbeziehung<br />

der lokalen Gemeinden stattgefunden hat, bricht diese Tradition<br />

in sich zusammen. Der größte Teil der Funde, das ist den<br />

Berichten zu entnehmen, wird allerdings von Bauern beim<br />

Pflügen gemacht (vgl. Abb. 3, 4) Man darf wahrscheinlich auch<br />

aufgrund der Münzfunde annehmen, dass May Adrasha der<br />

wichtigste Handelsaußenposten im Kerngebiet Aksums war,<br />

am Rande des westlichen Hochlandes, und damit an der<br />

Schnittstelle zu den Handelsrouten des nördlichen Sudan und<br />

der nördlicher gelegenen Rotmeerhäfen, wie Aidhab.<br />

Abb. 3: Goldmünze des Ezana H.21b (posthum, spätes 4.Jh.), in Privatbesitz,<br />

May Adrasha vor 2008 (M = 1,5:1)<br />

Abb. 4: anonyme Silbermünze H.32 (frühes 5.Jh.), May Adrasha 2001,<br />

Photo Paul Henze (M = 1,5:1)<br />

Im Osten werden Funde regelmäßig aus Ich’maré bei Fatsi<br />

in der historischen Provinz Agame berichtet, nördlich von Addigrat<br />

und an der östlichen Handelsstraße, die das Rote Meer mit<br />

dem Hochland verbindet, am östlichen Rand des tigrayischen<br />

Hochlandes gelegen – und damit offenbar an der östlichen<br />

Grenze des Kerngebietes des aksumitischen Königreiches. Die<br />

orale Überlieferung schreibt Ich’maré ein hohes Alter zu: es soll<br />

bereits lange vor Aksum ein bedeutendes politisches Zentrum<br />

gewesen sein. Tatsächlich sind dort antike Ruinen bekannt, die<br />

bisher aber erst wenig erforscht sind. Die Fundmünzen lassen<br />

jedenfalls daran denken, dass hier das wichtigste nordöstliche<br />

Handelszentrum Aksums gewesen sein dürfte. Von hier aus<br />

wurde der Kontakt zum antiken Hafen von Gebez bei Adulis<br />

(heute Zula) aufrechterhalten, der vor dem Aufstieg von Massawa<br />

der „internationale“ Hafen Aksums war. Von dieser Route<br />

und den damit verbundenen internationalen Handelsplätzen<br />

zeugt die große Zahl an Fundmünzen in Met‘era bei Sen‘afe in<br />

Eritrea, gleich nördlich von Fatsi hinter der heutigen eritreischäthiopischen<br />

Staatsgrenze, sowie etwas weiter nördlich an der<br />

gleichen Route in Qohayto. Letzteres ist eines der bedeutendsten,<br />

bis heute kaum erforschten, antiken Fundplätze der Region<br />

und wahrscheinlich identisch mit dem in antiken griechischen<br />

Quellen genannten Handelsplatz von Coloë.<br />

198 <strong>mt</strong> <strong>11</strong>/<strong>2012</strong>

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!